Kreuzkirche (Hannover)

Kreuzkirche (Hannover)
Kreuzkirche in Hannover

Die evangelisch-lutherische Kreuzkirche (Schloss- und Stadtkirche St. Crucis) ist die nordwestliche der drei hannoverschen Altstadtkirchen (die beiden anderen sind Marktkirche und Aegidienkirche). Sie steht im Kreuzkirchenviertel in der Altstadt von Hannover.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Kreuzkirche geht auf die 1284 von der hannoverschen Marktkirchengemeinde abgeteilte Pfarrei zurück. Ihre Gottesdienste fanden zunächst in der Kirche des nahen Heiligen-Geist-Spitals (an der nördlichen Mündung von Knochenhauerstraße und Schmiedestraße) statt, die heute nicht mehr vorhanden ist. Der heutige Bau wurde 1333 als Kirche St. Spiritus et Crucis geweiht in Form einer einschiffigen, gotische, 4-jochige Hallenkirche mit Kreuzgewölben und einjochigen 5/8-Chor.

1496/97 wurde an die Nordseite des Kirchenschiffes die St. Annenkapelle angebaut. Während die Kirche aus Naturstein gebaut war, entstand die Kapelle, bei gleicher Traufhöhe und ebenfalls steilem Satteldach, aus Backstein im sogenannten Klosterformat (etwa 8/13/28 cm.). Die Ostseite der St. Annenkapelle erhielt einen gotischen Treppengiebel als Abschluss. Hier befindet sich noch heute ein Stein, der ein von zwei Engeln getragenes Kleeblatt - ein Teil des hannoverschen Stadtwappens - zeigt. Neben dem Hauptportal der Kreuzkirche sind in Augenhöhe markante Steinmetzmarken zu sehen sowie auf der Südseite des Turmes weitere Marken und Spolien.

Blick in die Kreuzstraße

1560 erfolgte, um einen gestiegenen Platzbedarf zu decken, ein einschneidender Umbau der Kirche. Zwischen den Fenstern der Nordwand wurden schwere Pfeiler hochgemauert und die Nordwand zur Kapelle hin durchbrochen. Damit hatte man im Untergeschoss der Kapelle die Sakristei mit der bekannten Bibliothek sowie ein neues Seitenschiff mit der Empore für den Schülerchor geschaffen. 1591 war bereits eine Zwischendecke in die Kapelle eingebaut und auf der Ostseite ein runder Treppenturm errichtet worden. Dies war eine dringende Notwendigkeit für die neue lutherische Liturgie.

Die Turmspitze der Kreuzkirche wurde 1630 bei einem Sturm zerstört und 1652/53 auf Initiative und durch Finanzierung von Johann Duve als barocker Turm wieder errichtet. 1655 konnte sich Duve deshalb auch eine eigene Grabkapelle an die Südseite des Chors bauen lassen. Dabei handelte es sich um einen eingeschossigen Sandsteinbau mit prächtiger, aufwendiger Schaufassade. Außerdem hat der Bau eine mittige Rundbogentür, Muschelnischen, eingerahmt von Pilastern mit Puttenkapitellen, die oben von Schweifwerkgiebeln mit Spruchtafeln und den Wappen der Familien gekrönt sind.

Das Innere der Kreuzkirche, die anfangs bis zu 19 Altäre beherbergte, wurde im Laufe der Jahrhunderte häufig umgebaut. So wurde 1594 eine steinerne Renaissancekanzel durch Claus von Münchhausen errichtet, die jedoch schon 1658 wieder ausgebaut wurde. Die Kanzel kam später in die Kirche nach Lauenau, wo sie sich noch heute befindet.

1675 erhielt der Kirchenraum eine Chorschranke, 1692 eine Prieche im oberen Seitenschiff. Die durch den Hofbildhauer Ziesenis reich geschnitzte Hängekanzel von 1758 überstand den Zweiten Weltkrieg nicht. Die Neogotisierung verbrannte ebenso wie die Orgel von 1910. Bereits 1822/23 erlitten die übrig gebliebenen mittelalterlichen und nachreformatorischen Artefakte das gleiche Schicksal wie die der beiden anderen gotischen Kirchen. Sie wurden ausgeräumt, verkauft oder vernichtet. Lediglich das Taufbecken blieb erhalten.

Im Herbst 1873 wurde als Nachfolger von Ludwig Adolf Petri der Pastor F. Wilhelm Th. Höpfner aus Osterode gewählt.

1943 wurde die Kreuzkirche bei einem der großen Luftangriffe auf Hannover bis auf Mauern, Dachstuhl und Duvekapelle zerstört. Sie wurde zwischen 1959 und 1961 durch Ernst Witt wieder aufgebaut (ohne Seitenschiff und Annenkapelle). An der Nordseite wurde 1961 eine kleine Sakristei angefügt, in der die serbisch-orthodoxen Gemeinde der heiligen Salva bis 1995 Gottesdienst feierte. Weil eine Wiederherstellung der Schlosskirche ausschied, erhielt die Schlosskirchengemeinde die Kreuzkirche 1960 als neues Gotteshaus. Sie nennt sich seither „Schloss- und Stadtkirche St. Crucis“.

Da die Kreuzkirchengemeinde 1982 mit den anderen Altstadt-Kirchengemeinden (Marktkirche, Aegidienkirche) vereinigt wurde, wird der Bau heute vor allem von der Evangelischen Studentengemeinde genutzt. Ferner ist sie neben der Marktkirche der wichtigste Veranstaltungsort für Kirchenkonzerte in der Altstadt. So wirkt der international bekannte Knabenchor Hannover in der mittelalterlichen Tradition der Kurrende an Gottesdiensten mit und gibt dort, wie auch in der Marktkirche, Konzerte.

Baubeschreibung und Ausstattung

Der Baukörper ist knapp 23 m lang und 6,5 m breit. Die Traufhöhe des Schiffes beträgt etwa 10 m und die Turmhöhe rund 70 m. Der mittelalterliche, ursprüngliche Turm hatte eine schlanke achteckige Spitze.

Das Innere der Kreuzkirche ist schlicht gehalten. Wichtigster Schmuck ist das Altargemälde von Lucas Cranach d. Ä. (vor 1537). Es befand sich ursprünglich in der Schlosskirche im Leineschloss, für die es Herzog Johann Friedrich im Jahre 1675(?) aus dem Einbecker Alexanderstift erwarb. Das bronzene Taufbecken von etwa 1410 ist sehr wahrscheinlich eine Hildesheimer Arbeit. Es ist ein achteckiger Kessel, von drei knienden Männern getragen, bei denen es sich vermutlich die Bronzegießer aus Hildesheim handelt. Das Taufbecken zeigt plastisch gestaltete Heiligenfiguren und ein Kreuzigungsmotiv, wobei es sich eine Meisterarbeit des 15. Jahrhunderts handelt.

Die drei Kronleuchter stammen aus der Ägidienkirche, aus der sie vor den Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg noch rechtzeitig ausgelagert werden konnten. Sie wurden im 17. und 18. Jahrhundert in Messing gegossen. Auch die an den Wänden angebrachten Grabsteine sind von künstlerischer, historischer und besonderer ikonographischer Bedeutung. Dazu gehören zwei Grabplatten aus dem Mittelalter. Es handelt sich um einen Grabstein für den Stadthauptmann Dietrich von Rinteln († 1321), der den Verstorbenen in einem langen Mantel und mit seinem Wappenschild – die Umschrift in gotischen Majuskeln – zeigt. Es ist das älteste erhaltene Grabdenkmal in Hannover. Das andere Grabmal ist das von Stadthauptmann Johannes von Stenhus († 1332) und seiner Ehefrau Hildegardis († 1335) samt ihrer vielköpfigen Schar von Söhnen und Töchtern. Es ist eventuell das erste Grabdenkmal mit der Darstellung einer Familie in Deutschland. Die abgebildeten Personen weisen individuelle Züge auf und sind altersmäßig einzuordnen. Dies war im frühen 14. Jahrhundert bei menschlichen Abbildungen nicht üblich. Die Platten fand der hannoversche Stadtarchäologe und Museumsdirektor Helmut Plath 1949 in den Trümmern des Leineschlosses. Dort hatten sie in der Schlosskirche als Wand- sowie Fußbodenplatten gedient. Ein beeindruckender Stein an der äußeren Nordostseite ist das Epitaph für den Kaufmann Berendt Duve (* 1634), einen Neffen von Johann Duve. Im Familienwappen ist zweimal die Taube (niederdeutsch: Duve) zu erkennen.

Teile der mittelalterlichen Grüfte, in denen historische Knochenfunde aus Hannover verwahrt werden, sind erhalten geblieben. Sie dienten im Zweiten Weltkrieg als Luftschutzräume.

Orgel und Glocke

Die neobarocke Orgel wurde von der Firma Emil Hammer Orgelbau 1965 gebaut und hat 36 Register (III/P).

Das Geläut besteht aus vier Glocken des Glockengießers Friedrich Wilhelm Schilling aus dem Jahre 1961. Sie erklingen in der Schlagtonfolge e1–gis1–h1–cis2. Im gleichen Jahr goss er zwei Schlagglocken (e2 und gis2) zur vorhandenen alten Schlagglocke (h2), die noch aus der Schlosskirche stammt. Nach Lärmbeschwerden fungiert nur die größere Schlagglocke als Viertelstundenschlag, der Stundenschlag erfolgt über die kleinste Läuteglocke. Seit dem Ersten Weltkrieg hängen die beiden Barockglocken des 17. Jahrhunderts (Großer David, a0 und Georgenglocke, cis1) im Turm der Marktkirche.

Kreuzkirchenviertel

Um die Kreuzkirche entstand 1949–1951 das Kreuzkirchenviertel. Das Viertel wurde an Stelle der im Zweiten Weltkrieg völlig zerstörten Häuser neu errichtet. Dazu schlossen sich die Besitzer der Grundstücke zu einer Aufbaugenossenschaft zusammen. Die zuvor sehr kleinteilig parzellierten und eng bebauten Grundstücke wurden neu aufgeteilt und mit viel Grün- und Gartenflächen neu bebaut.

Literatur

  • Arnold Nöldeke: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. 1: Regierungsbezirk Hannover. Heft 2: Stadt Hannover. Teil 1: Denkmäler des "alten" Stadtgebietes Hannover. Hannover 1932, S. 130-153.
  • Wulf Schadendorf: Hannoversche Kirchen (Kleine Kunstführer für Niedersachsen, Heft 8). Göttingen 1954
  • Festschrift zur Einweihung der Schloß- und Stadtkirche Hannover St. Crucis - Kreuzkirche. Hrsg. von der ev.-luth. Kreuzkirchengemeinde und der ev.-luth. Schloßkirchengemeinde Hannover. Hannover 1960.
  • Waldemar R. Röhrbein: Die Schloßkirche wird katholisch. In: Geschichten um Hannovers Kirchen. Studien, Bilder, Dokumente. [Hrsg.:] Hans Werner Dannowski und Waldemar R. Röhrbein. Hannover: Lutherhaus-Verlag 1983, S. 166–169 (über die Herkunft des Cranach-Altars). ISBN 3-87502-145-2
  • Ulfrid Müller: Die Schloß- und Stadtkirche St. Crucis (Kreuzkirche) in Hannover (Große Baudenkmäler, Heft 373). München: Deutscher Kunstverlag 1985
  • Klaus Eberhard Sander: Der Cranach-Altar in der Kreuzkirche, seine Geschichte und Eigenart. In: Marktkirche. Hrsg. vom Kirchenvorstand der Marktkirchengemeinde Hannover. Jg. 1990, S. 41-46.
  • Heinrich Emmendörffer: Die Kreuzkirche in neuem Glanz. Die Renovierung der Kreuzkirche im Sommer 1991. In: Marktkirche. Hrsg. vom Kirchenvorstand der Marktkirchengemeinde Hannover. Jg. 1991, S. 31-33.
  • Helmut Knocke, Hugo Thielen: Hannover Kunst- und Kultur-Lexikon, Handbuch und Stadtführer, 3., rev. Aufl. Hannover: Schäfer 1995, S. 142-144.
  • Albrecht Weisker: Schloss- und Stadtkirche St. Crucis (Kteuzkirche). In: Hannovers Kirchen. 140 Kirchen in Stadt und Umland. Hrsg. von Wolfgang Puschmann. Hermannsburg: Ludwig-Harms-Haus 2005, S. 16-19. ISBN 3-937301-35-6
  • Martin-G. Kunze: Marktkirche - Aegidienkirche - Kreuzkirche - Nikolaikapelle. Merkmale mittelalterlicher hannoverscher Stadtgeschichte. In: Kirchen, Klöster, Kapellen in der Region Hannover. Sascha Aust (u.a.). Fotografien von Thomas Langreder. Hannover: Lutherisches Verlagshaus 2005, S. 13 - 22. ISBN 3-7859-0924-1

Weblinks

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