Kurt Albrecht (Soldat)

Kurt Albrecht (Soldat)

Kurt Albrecht (* 4. Juni 1927 in Rodenbach; † 28. April 1945 in Osterholz-Scharmbeck) war ein deutscher fahnenflüchtiger Soldat im Zweiten Weltkrieg. Er gilt als einzig bekannter hingerichteter Deserteur, nach dem mehrere öffentliche Straßen und Plätze benannt worden sind.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kurt Albrecht wuchs in einer Arbeiterfamilie in Rodenbach bei Kaiserslautern in der Pfalz als einziges Kind des Formers Richard Albrecht und der Hausfrau Anna (geb. Lettemann) auf. Nach einer kaufmännischen Lehre wurde er im Sommer 1944 im Alter von 17 Jahre zum Kriegsdienst eingezogen und diente als Matrose in der Marine. Zuletzt war er an der Front als Melder im Marine-Grenadier-Regiment 5 eingesetzt. Kurz vor Kriegsende setzte er sich bei Rotenburg von der Truppe ab. Mit dem Fahrrad unterwegs, wurde er festgenommen. Nach einem Fluchtversuch wieder aufgegriffen, gestand er bei seiner Vernehmung ein, dass er nach Hause habe fahren wollen.

„Der junge Marinesoldat war kein Widerstandskämpfer oder hatte politische Motive, die ihn zum Deserteur werden ließen.“ Er wollte einfach kein Soldat mehr sein und wünschte sich nichts sehnlicher, „als zu seinen Eltern nach Rheinland-Pfalz zurückzukehren.“[1] Nach einem Augenzeugenbericht trat das Feldgericht der 2. Marine-Infanterie-Division am 28. April 1945[1] in einem Privathaus in Buschhausen – einem Ortsteil von Osterholz-Scharmbeck – zusammen. Ihm gehörte der Marineoberstabsrichter Dr. Kurt Göller an.[1] Zu diesem Zeitpunkt hatte die Rote Armee bereits den Stadtkern von Berlin erreicht[2] und mit der von Süden heranrückenden Front hatten die britischen Truppen Bremen eingenommen. Zum Schutz vor dem zu erwartenden Artilleriebeschuss wurde die Bevölkerung in Osterholz-Scharmbeck aufgefordert, sich in Kellern und Bunkern aufzuhalten. Ein paar Tage später war der Krieg vorbei.

Das Feldgericht verurteilte Kurt Albrecht unter Aberkennung der Wehrfähigkeit und Verlust der Bürgerliche Ehrenrechte zum Tode. Am Abend desselben Tages wurde er zum Schießplatz des Scharmbecker Schützenvereins geführt und standrechtlich erschossen. Wie es die Dienstvorschriften der Wehrmacht vorsahen, wurden die sterblichen Überreste am 1. Mai ohne militärische und religiöse Zeremonie auf dem Scharmbecker Friedhof beigesetzt.

Nachlass

Geschichtliche Aufarbeitung

Das Schicksal von Kurt Albrecht wurde erst durch die Projektarbeit von Schülern der Berufsbildenden Schulen Osterholz-Scharmbeck öffentlich bekannt. Der Geschichtsgrundkurs des 12. Jahrgangs der Fachgymnasien recherchierte 2005 den Fall und überzeugte den heimischen Stadtrat, eine öffentliche Straße, den fußläufigen Weg in Osterholz-Scharmbeck vom Bahnhof zum Schulgelände, nach Kurt Albrecht zu benennen.

Bei dem „n21-Wettbewerb www.internetatlanten.de 2005“ wurden die Schüler der BBS Osterholz-Scharmbeck für ihre Projektarbeit mit dem Sonderpreis ausgezeichnet.[3]

Gedenken an Kurt Albrecht

Im Heimatort kannten bis vor kurzem nur wenige die wahre Geschichte des zum Tode Verurteilten: Auf dem Grabstein, den seine Eltern nach der Umbettung von Osterholz-Scharmbeck an seinem Grab in Rodenbach aufstellen ließen, steht neben dem Todestag „gefallen“.[1] Auch am Ehrenmal der Heimatgemeinde findet er sich als gestorbener Soldat namentlich aufgeführt.[1]

Nach Kurt Albrecht wurde in Osterholz-Scharmbeck ein Weg benannt. In seinem Heimatort Rodenbach erhielt der Kurt-Albrecht-Platz seinen Namen. Dort wurde auch eine Skulptur aufgestellt und eine Inschriften-Tafel angebracht, auf der steht „Er suchte die Freiheit und fand den Tod“.[1]

Federführender Richter Dr. Göller

Bernd Göller, der seinen Vater Dr. Kurt Göller als „federführenden“[1] Richter bezeichnet, erfuhr durch Zufall im Internet von der Arbeit der Osterholz-Scharmbecker Schüler. Der Vater hatte ihm nie etwas von diesem Kapitel seines Lebens erzählt, was seinen Sohn Bernd später enttäuschte.

„Er hat immer wieder über seine Zeit bei der Marine erzählt. Wie er im Krieg so schnell wieder hierher kam und was er dann tat, darüber haben ich und meine Geschwister nichts erfahren. [Nach dem Krieg machte der Vater in 40 Berufsjahren als „Fürsten-Anwalt“ von sich reden.]... Er brachte es zu was, wie man so schön sagt... In Scham und Trauer verneige ich mich vor Kurt Albrecht, dem Opfer einer gnadenlosen Nazi-Justiz und seiner furchtbaren Juristen, deren Einer mein Vater war.“

Bernd Göller in einem Brief über seinen Vater Dr. Kurt Göller.[1]

Literatur

  • Sarah Freiberg, Sarah Pols und Tina Tapking. Hinrichtung des 17-jährigen Deserteurs Kurt Albrecht am 28. April 1945 auf dem Schützenplatz., in: Schröder, Ulrich (Red.): Stationen der Geschichte des 20. Jahrhunderts in Osterholz-Scharmbeck., Begleitheft zu einem historischen Rundgang durch die Kreisstadt, Verein zur Förderung der Berufsbildenden Schulen Osterholz-Scharmbeck (Hrsg.), Osterholz-Scharmbeck, 3. verb. u. stark erweiterte Aufl., 2004
  • Friederike Gräff: Geschichtsunterricht mit Folgen taz vom 27. Juni 2005
  • Lutz Rode: „Der Vater erzählte nichts von diesem Kapitel“, Osterholzer Kreisblatt, 28. April 2009, S. 3

Einzelnachweis

  1. a b c d e f g h Lutz Rode: „Der Vater erzählte nichts von diesem Kapitel“, Osterholzer Kreisblatt, 28. April 2009, S. 3
  2. Kriegstagebuch des Wehrmachtsführungsstabes Nord
  3. Pressemitteilung zur Preisverleihung am 8. Dezember 2005

Weblinks


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