- Albrecht Dihle
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Albrecht Dihle (* 28. März 1923 in Kassel) ist einer der renommiertesten deutschen Altphilologen.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Nach dem Abitur am Max-Planck-Gymnasium in Göttingen diente Dihle 1940–42 als Soldat im Zweiten Weltkrieg und wurde schwer verwundet. 1942–45 studierte er an der Universität Göttingen und an der Universität Freiburg Klassische Philologie. Einer seiner prägendsten und wegweisenden Lehrer war neben Kurt Latte[1] der Byzantinist und Theologe Alfons Maria Schneider, dessen "umfassende Gelehrsamkeit und ausgedehnte Sprachkenntnisse, einzigartige Vertrautheit mit den Monumenten und Territorien des Oriens Christianus sowie Scharfsinn, Ideenreichtum sowie enorme Arbeitsenergie" er rühmt.[2] 1946 wurde er in Göttingen promoviert, 1950 habilitiert, 1956 zum außerplanmäßigen Professor ernannt. 1958 folgte er einem Ruf an die Universität zu Köln, wo er den Lehrstuhl für Gräzistik innehatte. 1974 wechselte er nach Heidelberg, wo er bis zu seiner Emeritierung 1989, u. a. als Mitglied des Heidelberger Kirchenväterkolloquiums, lehrte und forschte. Schüler Dihles sind u. a. Klaus Thraede, Dieter Hagedorn, Hans-Jürgen Horn, Stefan Rhein[3] und der Leibnizpreisträger Oliver Primavesi. Schwerpunkt seiner dezidiert altertumswissenschaftlichen, kulturgeschichtlich und nicht rein philologisch-literaturwissenschaftlich angelegten Forschung sind die Kulturbeziehungen zwischen Antike und Orient, die Patristik und die Beziehungen zwischen Antike und Christentum, die antike Philosophie und Rhetorik, Grammatik und Fachschriftstellerei, Homer, die antike Biographie und das griechische Drama und die Begriffsgeschichte. Er ist Verfasser zweier vielgelesener und mehrfach in fremde Sprachen übersetzter Literaturgeschichten, einer Geschichte der griechischen Literatur und einer Geschichte der griechisch-lateinischen Literatur der römischen Kaiserzeit, deren innovative Leistung darin besteht, dass sie durch Preisgabe der unangemessenen Konzeption sprachlich gebundener Nationalliteraturen erstmals der Zweisprachigkeit der kaiserzeitlichen Kultur gerecht wird. Auch zur "Aufarbeitung" der NS-Vergangenheit der Altertumswissenschaften und der notwendigen Reflexion auf die eigene Rolle hat Dihle u. a. durch seine Mitwirkung als Zeitzeuge und in einer Umfangreichen Rezension des einschlägigen Buches von Cornelia Wegeler einen wichtigen Beitrag geleistet.[4]
Dihle war mehrmals Gastprofessor in Cambridge, Harvard, Stanford, Princeton, Berkeley, Perugia, Sydney und Durban.
Von 1964 bis 2004 wirkte Dihle als Mitherausgeber des Reallexikons für Antike und Christentum, für das er auch wichtige Artikel selbst verfasste. Zudem war er Mitbegründer der Schriftenreihe Hypomnemata. Untersuchungen zur Antike und zu ihrem Nachleben. Von 1976 bis 1996 war er Mitherausgeber der Zeitschrift Antike und Abendland.
Seit 1975 ist Dihle ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, von 1980 bis 1982 war er deren Sekretar, von 1990 bis 1994 ihr Präsident. Er ist korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste, der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres des Institut de France, der British Academy, Mitglied der Academia Europaea, ehemaliger Leiter der Kommission "Griechische christliche Schriftsteller" der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Ehrenmitglied der Patristischen Kommission der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften.
Auszeichnungen
Dihle erhielt die Ehrendoktorwürde der Universitäten Bern (Dr. theol. h. c.), Athen (Dr. phil. h. c.) und Sydney (Litt. D. h. c.). Er ist, seit 1994, Träger und Mitglied des Ordens Pour le mérite für Wissenschaften und Künste,[5] seit 1997 Träger des Österreichischen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst und erhielt 1997 den Reuchlin-Preis der Stadt Pforzheim.
Festschriften
- Philanthropia kai Eusebeia. Festschrift für Albrecht Dihle zum 70. Geburtstag, hg. von Glenn W. Most, Hubert Petersmann, Adolf Martin Ritter, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1993 (Verzeichnis der Schriften A. Dihles S. 482-493).
- Quaerite faciem eius semper. Studien zu den geistesgeschichtlichen Beziehungen zwischen Antike und Christentum. Dankesgabe für Albrecht Dihle zum 85. Geburtstag aus dem Heidelberger "Kirchenväterkolloquium", hg. von Andrea Jördens, Hans Armin Gärtner, Herwig Görgemanns, Adolf Martin Ritter, Hamburg: Dr. Kovač 2008 (Fortführung des Verzeichnisses der Schriften A. Dihles S. 404-410).
Werke
- Studien zur griechischen Biographie, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1956.
- Die Goldene Regel. Eine Einführung in die Geschichte der antiken und frühchristlichen Vulgärethik, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1962.
- Umstrittene Daten. Untersuchungen zum Auftreten der Griechen am Roten Meer, Köln: Westdeutscher Verlag 1965.
- Homer-Probleme, Opladen: Westdeutscher Verlag 1970.
- Der Prolog der "Bacchen" und die antike Überlieferungsphase des Euripides-Textes (Vortrag vom 18. November 1980), Heidelberg: Winter 1981.
- Antike und Orient. Gesammelte Aufsätze, Heidelberg: Winter 1984.
- Die Vorstellung vom Willen in der Antike, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1985.
- The theory of will in classical antiquity, Berkeley: University of California Press 1982.
- Die Entstehung der historischen Biographie, Heidelberg: Winter 1987.
- Die griechische und lateinische Literatur der Kaiserzeit. Von Augustus bis Justinia in der Google Buchsuche, München: C.H. Beck 1989.
- Philosophie als Lebenskunst, Opladen: Westdeutscher Verlag 1990.
- Griechische Literaturgeschichte, Stuttgart: Kröner 1967.
- Neuausgabe München in der Google Buchsuche: C.H. Beck ²1991; Taschenbuch ebd. 1998: ISBN 3-406-44450-4.
- Die Griechen und die Fremden in der Google Buchsuche, München: C.H. Beck 1994.
- Humanismus und Wissenschaft, Freiburg: Ploetz 1994.
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Albrecht Dihle: Worte des Gedenkens. In: Kurt Latte. Opuscula inedita zusammen mit Vorträgen und Berichten von einer Tagung zum vierzigsten Todestag von Kurt Latte, hg. von Carl Joachim Classen. Saur, München Leipzig 2005, S. 6-12.
- ↑ Artikel "Alfons Maria Schneider" von Albrecht Dihle in der Neuen Deutschen Biographie
- ↑ Eintrag "Stefan Rhein" auf der Webpage der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen Anhalt
- ↑ Vgl. Cornelia Wegeler: "... wir sagen ab der internationalen Gelehrtenrepublik". Altertumswissenschaft und Nationalsozialismus. Das Göttinger Institut für Altertumskunde 1921-1962. Böhlau, Wien u. a. 1996, rez. von Albrecht Dihle. In: Göttingische Gelehrte Anzeigen 249, 1997, S. 227-244; Albrecht Dihle: Bundesrepublik Deutschland. Die griechische Philologie. In: Graziano Arrighetti u. a. (Hrsg.): La filologia greca e latina nel secolo XX. Atti del Congresso Internazionale, Roma, Consiglio Nazionale delle Ricerche, 17–21 settembre, 1984 (Biblioteca di Studi Antichi 56), Bd. 1-3. Giardini, Pisa 1989, Bd. 2, S. 1019-1042.
- ↑ Eintrag "Albrecht Dihle" mit Vita, Laudatio und Foto auf der Webpage des Ordens Pour le mérite für Wissenschaften und Künste
Weblinks
- Literatur von und über Albrecht Dihle im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Autorenporträt bei Vandenhoeck & Ruprecht
- Festakt der Universität Heidelberg zum 85. Geburtstag
Gräzistik: Josef Kroll (1922–1956) | Albrecht Dihle (1958–1974) | Rudolf Kassel (1975–1991) | Bernd Manuwald (1992–2008) | René Nünlist (seit 2010)
Latinistik: Günther Jachmann (1925–1952) | Hellfried Dahlmann (1953–1971) | Clemens Zintzen (1972–1994) | Wolfram Ax (1996–2010)
Papyrologie: Reinhold Merkelbach (1961–1983) | Wolfgang Dieter Lebek (1984–2003) | Jürgen Hammerstaedt (seit 2004)
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