Königstädten

Königstädten
Königstädten
Stadtteil von Rüsselsheim
Wappen von Königstädten
Koordinaten: 49° 58′ N, 8° 27′ O49.9627777777788.449722222222292Koordinaten: 49° 57′ 46″ N, 8° 26′ 59″ O
Höhe: 92 m
Fläche: 8,8 km²
Einwohner: 8.516 (31. Dez. 2006)
Eingemeindung: 1956
Postleitzahl: 65428 (früher 6090)
Vorwahl: 06142

Königstädten ist ein Stadtteil von Rüsselsheim am Main im Bundesland Hessen und wurde 1956 eingemeindet. Es grenzt im Süden an Nauheim. Ursprünglich ein von der Land- und Forstwirtschaft geprägter Ort hat sich Königstädten im Laufe der Zeit (insb. durch Neuerschließungen im Blauen See in den achtziger Jahren) überwiegend zum Wohngebiet gewandelt.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Frühmittalterlicher Mainverlauf

Königstädten liegt rechtsrheinisch im nördlichen Teil der Oberrheinischen Tiefebene, grenzt an das Hessische Ried und ist Teil des Rhein-Main-Gebietes. Der Ort lag früher am alten Hauptmainlauf. Teile davon sind noch als Senken in der Königstädter Gemarkung zu sehen.

Geschichte

Eine Fundstelle endpaläolithischer Werkzeuge mit archäologischer Wichtigkeit für den gesamten südhessischen Raum, belegt, dass hier schon vor 13.000 Jahren eiszeitliche Jäger lebten.[1] Es fanden sich Spuren von Besiedlung aus der Glockenbecherzeit ca. 2000 Jahre v. Chr. und Flachbeile aus der Kupferzeit auf den heutigen Feldern zwischen Königstädten und Schönauer Hof westlich des heutigen Ortes.[2]

Im 1. Jhd. n. Chr. gehörte die Gegend um das heutige Königstädten zum Dekumatland im römisch besetzen Teil Germaniens. Ca. 1 km westlich verlief eine Römerstraße von Mogontiacum bzw. Hochheim am Main zum Kastel Groß-Gerau. Eine Besiedlung zu dieser Zeit ist jedoch nicht belegt. Nach dem Fall des Limes um das Jahr 260 n. Chr. strömten alamannische Siedler in die Oberrheinische Tiefebene und siedelten bis ins 5. Jhd. ausschließlich auf der rechtsrheinischen Seite. Ob Alamannen (womöglich alamannische Bucinobanten, die rund um den Niedermain sesshaft wurden) die Gründer Königstädten waren, oder ob erst den Franken diese Rolle zufiel, ist unbekannt. Allerdings deutet der alte Ortsname Stetin auf eine alamannische, vorfränkische Gründung.[3]

Im Jahre 800 nach Chr. lagerte König Karl der Große am Nordrand von Königstädten, als er sich auf dem Weg von Aachen nach Rom (zur Kaiserkrönung) befand. An dieses Ereignis erinnerte bis vor einigen Jahren noch der Straßennamen Am Burghof. Erstmals erwähnt wurde Königstädten 817 im Lorscher Codex, als Ludwig der Fromme den Ort durch Tausch mit der Abtei Fulda erwarb. In dieser Zeit war der Name des Ortes Steten, bis zum 14. Jahrhundert Stetin, dann Steden, Stethen und Konigsteden genannt. Begütert waren hier die Mönche des Klosters Eberbach.

In der Königstädter Kirche predigte, so die Legende, Martin Luther auf dem Weg zum Reichstag zu Worms 1521.

Die Königstädter Kirche wird 880 erwähnt, als Ludwig der Deutsche sie der königlichen Salvatorskapelle, heute Frankfurter Dom, schenkte. Ab dem 15. Jahrhundert übten vor allem die Grafen von Isenburg-Birstein die Herrschaft über Königstädten aus, bevor der Ort 1642 an Hessen-Darmstadt abgetreten wurde; faktisch allerdings erst durch den Entscheid einer kaiserlichen Kommission. Im Mittelalter erklärte sich die Bedeutung Königstädtens vor allem aus seinem Waldreichtum, der 1927 noch eine Fläche von rund 1.300 Hektar umfasste. Die königliche Jagd und die Holzwirtschaft bestimmten das Dorfleben. In der Reformationszeit evangelisiert, blieb Königstädten im Dreißigjährigen Krieg lange von Plünderung und Zerstörung verschont. Als aber das schwedische Heer in Mainz dauerhaft Quartier nahm, wurde ab 1634 auch Königstädten Opfer von Plünderungen und der Pest. Es ist überliefert, dass nur vier Häuser und neun Königstädter Einwohner die Kriegswirren überstanden. Die Kriegsjahre im Folge der französischen Revolution führten 1791 preußische Truppen, 1805 französische Truppen nach Königstädten.

In Königstädten überragte die Agrarwirtschaft bis weit in das 20. Jahrhundert hinein alle übrigen Gewerbe an Bedeutung. Als schwarzer Tag in der Königstädter Geschichte gilt der 12./13. August 1944, als das Dorf in einem nächtlichen Angriff britischer Bomber beinahe komplett vernichtet wurde. Beginnend mit dem Setzen der Zielmarkierungen um kurz nach Mitternacht dauerte es weniger als eine halbe Stunde, bis fast der ganze Dorfkern zu einem Inferno wurde. 22 Einwohner und Gäste kamen in den Flammen ums Leben. Auch 72 Pferde, 245 Rinder, 330 Schweine, 101 Ziegen und 2001 Stück Geflügel kamen im Feuer um. Insgesamt wurden in dieser Nacht nach amtlichen Angaben 86 % der Gebäude in Königstädten zerstört. Es wird vermutet, dass der Angriff eigentlich dem Opel-Werk Rüsselsheim galt. Mehr als 70.000 Brandbomben und ca. 500 t Sprengbomben fielen in dieser Nacht auf Königstädten.

Nach dem Wiederaufbau ist die Gemeinde, aus der ein großer Teil der Bevölkerung bei Opel Beschäftigung gefunden hatte, im Jahre 1956 mit damals rund 2500 Einwohnern nach Rüsselsheim eingemeindet worden. Heute besitzt Königstädten rund 8.500 Einwohner.

Öffentliche Einrichtungen

Das alte Schul- und Rathaus

Königstädten besitzt ein evangelisches Gemeindezentrum, eine evangelische Kirche und eine katholische Kirche (Johannesgemeinde).

Die Rüsselsheimer Gemeinde besitzt eine Grundschule (Grundschule Königstädten), eine Haupt- und Realschule (Gerhart-Hauptmann-Schule) sowie eine Schule für Behinderte (Helen-Keller-Schule).

Die Freiwillige Feuerwehr Königstädten, die im Jahr 1930 gegründet wurde, sorgt für den Brandschutz und die allgemeine Hilfe. Die Geschichte der örtlichen Feuerwehr reicht aber bis ins Jahr 1881 zurück.

Kulturelles Leben

Bismarckplatz. Die Eiche rechts im Bild wurde 1895 zu Ehren des ehemaligen Reichskanzlers Otto von Bismarck gepflanzt

Einmal im Jahr, nämlich im Herbst, findet die Königstädter Kerb statt, welche sich über zwei Wochenenden zieht.

In Kinsteere fällt die Kerb auf den Sonntag nach Gallus. Gallus ist der 16. Oktober, genannt nach dem Todestag des heiligen Gallus (550-645), der den Alemannen predigte. Ist Gallus selbst ein Sonntag, so ist dies der Kerbesonntag.

Der Verein Königstädter Hofkonzerte hat zum Zweck die Förderung von Kunst, Kultur und Brauchtum, insbesondere die Ausrichtung von Konzertveranstaltungen und die Veröffentlichung von Schriften.

Kinsteerer Kerweborsch

Die Kinsteerer Kerwebosch sind ein Verein junger Männer, die es sich zur Aufgabe gemacht haben eine Tradition aufrechtzuerhalten, die es schon seit über 570 Jahren in Königstädten gibt. Dabei handelt es sich nicht um Fastnacht oder Weihnachten, denn die gibt es schon länger; die Rede ist von der Kinsteerer Kerb.

Diese Tradition spiegelt sich jedes Jahr in einem großen Volksfest wider, das sich über zwei Wochenenden hin erstreckt. Die Kinsteerer Kerweborsch sind diejenigen, welche dieses Fest über das Jahr hin planen und organisieren. Sie agieren hinter und natürlich auch vor der Bühne, unterstützt von zahlreichen Helfern. Sie wollen den Kinsteerern ein Stück Tradition näher bringen und somit verhindern, dass diese vergessen wird; und jedes Jahr schließen sich über 500 Besucher pro Abend den Kerweborsch an, um sie dabei zu unterstützen, die Kinsteerer Kerb nicht zu vergessen und sie jedes Jahr aufs neue hochleben zu lassen.

Ehrenbürger

Literatur

  • Weilbächer, Walther, Einsiedel: 500 Jahre Kinsteerer Kerb. Neuigkeiten, Altbekanntes und sonstiges Gebabbel aus Kinsteere. Königstädten 1989.
  • Weilbächer, Walther, Einsiedel: Friedrich Höngen - Geschichte der Gemeinde Königstädten. Königstädten 1992.
  • Weilbächer, Walther, Einsiedel: Bombennacht. Königstädten - 12./13. August 1944. Media-Konzept, Rüsselsheim 1994. ISBN 3-929722-03-8
  • Weilbächer, Walther, Einsiedel: Königstädten von der Eiszeit bis zur Neuzeit. Media-Konzept Verlag, Rüsselsheim 2004. ISBN 3-9809940-2-3

Einzelnachweise

  1. Fundstelle 1989, ca. 1 km nördlich von Königstädten (49° 58′ 31,6″ N, 8° 26′ 14,2″ O49.9754549472228.4372854222222)
  2. vgl. Kurt Kibbert: Die Äxte und Beile im mittleren Westdeutschland. C. H. Beck 1980, ISBN 3406007775, S. 81 (Google Books)
  3. vgl. E. E. Metzner: Das alte „Königstädten“ zwischen Fluss und Fernstraße seit der Alemannenzeit – ein mittelalterliches Verwaltungszentrum und der zugehörige zentrale Versammlungsort. [1]

Weblinks

 Commons: Königstädten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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