Lecanuet

Lecanuet

Jean Adrien François Lecanuet (* 4. März 1920 in Rouen; † 21. Februar 1993 in Neuilly-sur-Seine) war ein französischer Politiker.

Leben

Lecanuet entstammt bescheidenen Verhältnissen. 1942 war Lecanuet der jüngste Dozent Frankreichs (Philosophie). Gleichzeitig engagierte er sich in der Résistance von Capitaine Michele, spezialisiert auf Eisenbahnsabotage.

Nach Frankreichs Befreiung entschied sich der junge Philosophieprofessor für die Politik (MRP) und gehörte 1945 bis 1951 verschiedenen Kabinetten an. 1951 bis 1955 war er Abgeordneter seines Heimatwahlkreises Seine-Maritime in der Nationalversammlung. Als solcher übernahm er verschiedene Funktionen, unter anderem im Conseil d'État.

Von 1959 bis 1973 war er als Zentrist für den Wahlkreis Seine-Maritime im französischen Senat. Von 1963 bis 1965 war er Präsident seiner Partei MRP.

Als zentristischer Kandidat trat Lecanuet, unterstützt durch Paul Reynaud, 1965 bei den Präsidentschaftswahlen gegen den amtierenden Staatspräsidenten General Charles de Gaulle an. Im ersten Wahlgang am 5. Dezember 1965 erhielt er 15,6 % (3.777.120 Stimmen) und schied damit als Dritter mit deutlichem Abstand zu de Gaulle mit 44,6 % und François Mitterrand mit 31,7 % aus, zwang aber damit überraschend de Gaulle in einen zweiten Wahlgang gegen François Mitterrand.

In seiner Heimatstadt Rouen war er von 1968 bis zu seinem Tode 25 Jahre lang Bürgermeister. Dort führte er die erste Fußgängerzone Frankreichs ein.

Vor dem zweiten Wahlgang zu den Parlamentswahlen 1973 handelte Jean Lecanuet mit Pierre Messmer den taktischen Rückzug von Kandidaten der Zentristen und Gaullisten in Schlüsselwahlkreisen aus, der beiden Gruppierungen gemeinsam zu einer Mehrheit in der Nationalversammlung verhalf.

Lecanuet trat von seinem Senatssitz zurück, bewarb sich erfolgreich um einen Sitz in der Nationalversammlung, verzichtete jedoch im Folgejahr darauf, um von 1974 bis 1976 als Justizminister in das Kabinett von Jacques Chirac einzutreten. In dieser Zeit setzte er sich für die Herabsetzung des Wahlalters auf 18 Jahre ein. Er verteidigte die Verfassungsreform, die sechzig Abgeordneten ermöglicht, den Verfassungsrat in Beschlag zu nehmen.

Der Regierung Raymond Barre gehörte er 1976 bis 1977 als Staatsminister, chargé du Plan et de l'Aménagement du territoire an. 1977 bis 1988 war er wieder für den Wahlkreis Seine-Maritime im Senat, wo er ab 1979 die Kommission für Auswärtige Angelegenheiten, Verteidigung und die Streitkräfte leitete.

1978 gründete er mit anderen die UDF, deren Vorsitzender er für die folgenden 10 Jahre war. Als Atlantiker, überzeugter Europäer und Befürworter der Vereinigten Staaten von Europa wurde er 1979 außerdem zum Abgeordneten des Europäischen Parlaments gewählt. Das Referendum zum Vertrag von Maastricht befürwortete er energisch.




Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • LECANUET (J.) — LECANUET JEAN (1920 1993) Né à Rouen, dans un milieu modeste, Jean Lecanuet s’est orienté vers des études littéraires. Diplômé d’études supérieures de lettres et, à vingt deux ans, plus jeune agrégé de France, il est nommé professeur de… …   Encyclopédie Universelle

  • Lecanuet —   [ləka nɥɛ], Jean, französischer Politiker, * Rouen 4. 3. 1920, ✝ Neuilly sur Seine 22. 2. 1993; im Zweiten Weltkrieg in der Résistance aktiv, schloss sich politisch dem »Mouvement Républicain Populaire« (MRP) an (1963 65 dessen Vorsitzende).… …   Universal-Lexikon

  • Lecanuet — Nom fréquent en Normandie, formé sur Canuet, diminutif de Canu : qui a les cheveux blancs (en français chenu) …   Noms de famille

  • Lecanuet — Jean Lecanuet Jean Lecanuet Biographie Nom de naissance Jean Adrien François Lecanuet Date de naissance 4 mars 1920 …   Wikipédia en Français

  • Lecanuet, Jean-Adrien-Francois — ▪ 1994       French politician (b. March 4, 1920, Rouen, France d. Feb. 22, 1993, Neuilly sur Seine, France), challenged Pres. Charles de Gaulle in France s first direct presidential election in 1965 and forced an unexpected runoff between the… …   Universalium

  • Lecanuet, Jean — (1920 1993)    political figure    Born in Rouen, Jean Lecanuet, who served in the resistance, for many years represented Seine Maritime in the National Assembly and in the Senate. He was mayor of Rouen from 1968 until his death. A Christian… …   France. A reference guide from Renaissance to the Present

  • Jean Lecanuet — Jean Lecanuet, en 1959. Mandats Député de la Seine Maritime 2 avril 1 …   Wikipédia en Français

  • Jean Lecanuet — Jean Lecanuet, 1959. Jean Adrien François Lecanuet (* 4. März 1920 in Rouen; † 21. Februar 1993 in Neuilly sur Seine) war ein französischer Politiker. Leben Lecanuet entstammt bescheidenen Verhältnissen. 1942 war Lecanuet der jüngste Dozent… …   Deutsch Wikipedia

  • Jean Lecanuet — Jean Adrien François Lecanuet (March 4, 1920 February 2, 1993) was a French centerist politician. He was born to a family of modest means, and gravitated towards literature during his studies. He received his diploma at the age of 22, becoming… …   Wikipedia

  • Jean Lecanuet — Jean Adrien François Lecanuet, nacido el 4 de marzo de 1920 en Ruan, departamento de Seine Maritime, y fallecido el 2 de febrero de 1993 en Neuilly sur Seine, departamento de Hauts de Seine, fue un político francés que ocupó varias carteras… …   Wikipedia Español

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”