Anschluss- und Benutzungszwang

Anschluss- und Benutzungszwang

Der Anschluss- und Benutzungszwang ist eine kommunalrechtliche Pflicht, womit Gemeinden den Anschluss an gemeindliche Anstalten, wie der Wasserversorgung, der Abwasserbeseitigung, der Abfallentsorgung, der Straßenreinigung vorschreiben sowie deren Benutzung und die Benutzung von Schlachthöfen, Leichenhäusern und Bestattungseinrichtungen durch Satzung aus Gründen des öffentlichen Wohls vorschreiben können. Gleiches gilt für Fernwärmeversorgungsanlagen. Die Gemeinden sind insoweit ermächtigt, diese der Gesundheit dienenden Aufgaben und den Fernwärmebezug auf dem Gemeindegebiet zu monopolisieren und damit den Wettbewerb auszuschalten. Für die Benutzung dieser Anstalten werden in der Regel Benutzungsgebühren verlangt. Die Möglichkeit die Gemeindebürger von Rechts wegen zu der Benutzung gemeindlicher Anstalten anzuhalten liegt darin begründet, dass viele gemeindliche Einrichtungen nur in dieser Weise kostendeckend und auslastungsgerecht betrieben werden können. Die Gemeinden erheben für einen eventuell anfallenden Erschließungsaufwand bei einem Anschluss einer Anstalt Beiträge.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung

Der Benutzungszwang bezieht sich auf Personen, die dadurch verpflichtet werden auf dem Gemeindegebiet nur die gemeindliche Anstalt zu nutzen (z. B. Leichenhaus, Schlachthöfe) und die Nutzung privater Einrichtungen zu unterlassen. Der Anschlusszwang betrifft dagegen den Anschluss gemeindlicher Anstalten an Liegenschaften von Bürgern. Er umfasst die Verpflichtung, alle für den Anschluss notwendigen Vorkehrungen zu treffen oder die Vornahme solcher Vorkehrungen auf dem eigenen Grundstück kostenpflichtig zu dulden. Dem Zwang, eine gemeindliche Anstalt an sein Grundstück anzuschließen, folgt auch immer der Zwang diese Anstalt ausschließlich zu nutzen. Der Benutzungszwang kann daher ohne Anschlusszwang, der Anschlusszwang aber nicht ohne Benutzungszwang vorgeschrieben werden.

Ein Anschlusszwang besteht vor allem bei leitungsgebundenen Einrichtungen (Abwasserbeseitigung, Wasserversorgung, Fernwärme). Aber auch die Reinigung der Straßen durch eine gemeindliche Straßenreinigungsanstalt fällt, soweit zuvor eine Pflicht der Eigentümer oder anderer dinglich Berechtigter als Anlieger (Vor- und Hinterlieger) die öffentlichen Straßen und Wege reinzuhalten, zu reinigen und zu räumen verordnet ist, unter den Anschlusszwang, da zwischen der Nutzung des Grundstücks und dem Austrag des Kehrichts auf der Fahrbahn ein Ursachenzusammenhang besteht. Gleiches gilt sinngemäß für die Abfallentsorgung. Die gemeindlichen Anstalten werden als Eigenbetriebe geführt. Umstritten ist, ob diese Anstalten auch in den Rechtsformen des Privatrechts (z. B. als eine GmbH) bereitgestellt werden können. Diese Anstalten stellen öffentliche Sachen dar. Diese gemeindlichen Unternehmungen können auch im Rahmen der kommunalen Zusammenarbeit betrieben werden.

Rechtmäßigkeit eines Anschluss- und Benutzungszwangs

Politisch ist die Verhängung eines Anschluss- und Benutzungszwanges immer wieder Gegenstand lebhafter Diskussionen. Ziel ist vor allem die Pflege der Volksgesundheit. Fiskalische Interessen reichen alleine nicht aus. Bei der Frage, ob ein solcher verhängt werden soll und wie er ausgestaltet werde soll, sind die Eigentumsfreiheit, die Berufsfreiheit und die allgemeine Handlungsfreiheit der betroffenen Bürger zu beobachten und möglichst schonend mit den Gesichtspunkten des gemeinen Wohles in Ausgleich zu bringen. Die Einschränkung dieser persönlichen Rechte der Bürger ist immer dann gerechtfertigt, wenn eine solche Satzung aus Gründen des öffentlichen Wohls im Allgemeinen geboten ist und der Anschluss- und Benutzungszwang im Einzelfall zumutbar ist.

Allgemeine Gebotenheit

In Bezug auf die allgemeine Handlungsfreiheit der Bürger wird bezüglich der Erforderlichkeit solcher Maßnahmen immer wieder vorgetragen, dass die Bürger die Ziele, die mit einem Anschluss- und Benutzungszwang verbunden sind (Wahrung der Volksgesundheit, Umweltschutz), durch private Initiative kostengünstiger oder effektiver erreichen könnten (z. B. Reinigungsstandard einer dezentralen Abwasserbehandlungsanlage im Vergleich zu einer kommunalen Kläranlage). Maßgeblich ist aber, ob der Benutzungszwang oder der Anschluss- und Benutzungszwang bei einer Gesamtschau für die gesamte Gemeinde geboten ist; eine Erforderlichkeit dieser Maßnahme bei jedem einzelnen Bürger ist nicht notwendig. Eine gebührenpflichtige Benutzung und ein gebührenpflichtiger Anschluss für einen möglichst großen Kreis der Verpflichteten ist schon deshalb sinnvoll, weil nur dadurch ein kostendeckender und auslastungsgerechter Betrieb der Anstalt ermöglicht wird.

Gelegentlich kommt es auch vor, dass Gemeindebürger ihrem Beruf nicht mehr oder nicht mehr wie bisher nachgehen können, weil die Gemeinde infolge des Anschluss- und Benutzungszwanges ihr Tätigkeitsfeld monopolisiert hat. Vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls reichen für die Einschränkung der Berufsfreiheit aus, wenn die Ausübung des Berufes durch die betroffenen Bürger nicht gänzlich unterbunden wird, sondern nur die Art und Weise, wie dieser Beruf durch die Bürger ausgeübt werden kann, beeinflusst wird. So wird z. B. der Wirkungskreis privater Reinigungsunternehmungen durch den Anschluss- und Benutzungszwang an eine kommunale Straßenreinigungsanstalt nicht gänzlich unterbunden, da die Reinigung von Gebäuden weiterhin möglich bleibt. Anders sieht es z. B. bei dem Benutzungszwang für eine städtische Bestattungsanstalt aus. Hier ist der Beruf des Leichenbestatters auf dem Gebiet der Gemeinde objektiv nicht mehr ausübbar. Deshalb müssen für einen solchen Benutzungszwang erhebliche Gefahren für überragend wichtige Gemeinschaftsgüter vorliegen (z. B. Gesundheit der Gemeindebürger).

Zumutbarkeit für den Bürger

Ist die Verhängung eines Anschluss- und Benutzungszwangs aus Gründen des öffentlichen Wohls allgemein geboten, muss dieser im Einzelfall noch zumutbar sein. Häufig haben sich Bürger private Kläranlagen/dezentrale Abwasserbehandlungsanlagen, Straßenreinigungsmaschinen und dergleichen angeschafft oder besitzen eigene Brunnen. Durch einen Anschluss- und Benutzungszwang ist das Eigentum an diesen Anlagen nicht mehr oder nicht mehr so wie bisher einsetzbar. Die durch den Anschluss- und Benutzungszwang bewirkte Nutzungsbeschränkung dieser Anlagen bildet die Sozialbindung des Eigentums ab. Kommt der nun fehlenden Nutzbarkeit enteignende Wirkung zu (Sonderopfer, besondere Schwere), wird eine solche Inhalts- und Schrankenbestimmung zur Wahrung der Zumutbarkeit unter Umständen ausgleichspflichtig.

Im Übrigen bestehen meist zur Vermeidung von Fällen der Unzumutbarkeit Härteklauseln in der jeweiligen Satzung. Denkbar ist z. B., dass für bestimmte Grundstücke, auf denen weil sie nicht bewohnt sind keine Abfälle anfallen, Ausnahmen von einem gebührenpflichtigen Anschluss- und Benutzungszwang an die Abfallentsorgung vorgesehen werden. Unzumutbar wäre auch ein Anschluss- und Benutzungszwang einer Brauerei an die gemeindliche Wasserversorgung, wenn der charakteristische Geschmack des Bieres gerade auf den hauseigenen Brunnen zurückzuführen ist.

Rechtsmittel

Grundsätzlich muss der betroffene Bürger abwarten, bis die Gemeinde den Benutzungszwang oder den Anschluss- und Benutzungszwang auf der Grundlage der einschlägigen Satzung erlassen hat. Gegen den Verpflichtungsbescheid ist dann der Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten eröffnet, vor denen der Verpflichtungsbescheid angefochten werden kann. In dieser Anfechtungsklage wird dann nicht nur die Rechtmäßigkeit des Bescheids, sondern auch die Rechtmäßigkeit der Satzung inzident überprüft. Nach Erschöpfung des Rechtswegs bleibt die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde. In einigen Bundesländern besteht darüber hinaus ein Antragsrecht auf ein Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO. In Bayern kommt noch die Popularklage in Betracht.


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