- Marsmission
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Der bemannte Marsflug ist ein erklärtes Fernziel der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA und der europäischen Raumfahrtagentur ESA und gilt allgemein als das bisher ehrgeizigste Zukunftsprojekt der Raumfahrt.
Die ersten Planungen zu einem bemannten Flug zum Mars entstanden im Vorfeld und im Verlauf des Apollo-Programms der USA. Nach der Mondlandung 1969 und dem Ende des Apollo-Programms wurde dieses Ziel aber nicht weiter verfolgt.
Inhaltsverzeichnis
Planungen einzelner Nationen und Organisationen
In der Vergangenheit haben immer wieder einzelne Nationen oder Organisationen Absichtserklärungen zu Planung und Durchführung einer bemannten Marsmission abgegeben. Für die USA ist es das erklärte Fernziel. Die Pläne von Russland und den Europäern sehen zurzeit eine internationale Kooperation vor. China hat bislang keine derartigen Planungen bekannt gegeben. In den USA sehen sich einige Raumfahrtexperten schon in einem Wettlauf mit der aufstrebenden Raumfahrtnation, deren Pläne aber bisher nur auf den Mond zielen.
Europa
Die europäische Raumfahrt-Agentur ESA setzte 2001 das Aurora-Programm auf, dessen Ziel unter anderem die Planung einer bemannten Mond- und Marsmission ist. Eine Landung von Astronauten auf dem Mars wird für das Jahr 2030 anvisiert. Da jedoch die finanziellen Möglichkeiten der ESA relativ gering sind, dürften diese Pläne nur in einer internationalen Zusammenarbeit umzusetzen sein.
USA
1992 stellte der damalige US-Präsident George H. W. Bush neue Pläne zu einer bemannten Marsmission vor und beauftragte die NASA, den Kostenrahmen zu kalkulieren. Angesichts der projektierten Kosten von 400 Mrd. US-Dollar wurde der Ansatz aber wieder verworfen.
Sein Sohn, der ehemalige US-Präsident George W. Bush stellte Anfang 2004 eine neue, langfristige Planung für die NASA vor, die den Schwerpunkt auf bemannte Missionen zum Mond und Mars setzte. Neu war hierbei ein Kostenplan, der die Finanzierung der Entwicklung mit Auslaufen der Shuttle- und ISS-Programme über einen Zeitraum von 30 Jahren plante.
Zur Umsetzung der Ziele wurde von der NASA das Raumfahrtprogramm Constellation gestartet. Im Rahmen dieses Programms soll im ersten Schritt bis 2010 mit dem Raumschiff Orion (früher Crew Exploration Vehicle genannt) ein neues bemanntes Raumfahrzeug konstruiert werden, mit dem die Astronauten zunächst zum Mond und später auch zum Mars fliegen könnten. Weiter soll ab 2024 nach den Plänen der NASA eine permanent bemannte Mondstation entstehen, die ausdrücklich auch als Vorbereitung für den Flug zum Mars benutzt werden soll. Einig ist man sich in dem Vorhaben, über unbemannte Missionen die Landung von Menschen auf dem Mars vorzubereiten; hier stimmen das US-amerikanische und das europäische Programm überein. Die mögliche Reise zum Mars könnte laut NASA 2037 stattfinden.
Russland
Im Raumfahrtprogramm Russlands ist bis 2015 eine unbemannte Mission zum Marsmond Phobos vorgesehen: Fobos-Grunt. Ein bemannter Flug ist im nationalen Raumfahrtprogramm ebenfalls vorgesehen. Optimistische Schätzungen gehen von einer Realisierung bereits im Jahr 2017/2018 aus. Innerhalb dieses Programms wurden bereits Bewerber für eine Testsimulation auf der Erde ausgewählt.
Indien
Indiens Präsident Abdul Kalam unternahm am 26. Juni 2004 einen ersten entsprechenden Vorstoß seines Landes, in dem er den USA anbot, ein US-amerikanisch-indisches Team bis zum Jahr 2050 auf den Mars zu schicken. Diese Offerte wurde im Rahmen einer kurz vorher vereinbarten engeren Zusammenarbeit im Bereich der Raumfahrt abgegeben. Kalam war früher bereits für die Entwicklungen indischer Raketenprogramme verantwortlich.
Ziele einer zukünftigen Mission
Neben dem eigentlichen Ziel eines bemannten Marsflugs, mehrere Menschen von der Erde auf die Oberfläche des Mars und wieder zurück zu bringen, gehört auch die Suche nach Ressourcen außerhalb der Erde zu den Zielen der Missionen.
Viele Wissenschaftler vertreten die Ansicht, dass die unbemannte Erforschung mit Raumsonden oder Landungsrobotern alleine nicht ausreichen wird.
Nur einen einzelnen Astronauten auf die Reise zu schicken, erscheint nicht realistisch, unter anderem wegen der Projektorganisation und der Weltraummedizin.
Einige Befürworter einer Marskolonisation wollen Menschen auf den Planeten senden, die den Rest ihres Lebens als Vorkolonisatoren dort verbringen sollen. Auf lange Zeit ist die Besiedlung des Mars dann durchaus denkbar, mit oder ohne Terraforming.
Auswirkungen auf die Astronauten
Physiologie
Kosmische und solare Strahlung zerstören das Gewebe und insbesondere die DNA eines Lebewesens. Teilweise sind die Schäden nicht reparabel und können zu Zellmutationen führen. Abschirmungen verringern die Strahlendosis, aber bisher gibt es keine Erfahrung mit Langzeitaufenthalten im interplanetaren Weltraum außerhalb des schützenden Erdmagnetfeldes. Eine Studie der Georgetown University bestätigt diese Gefahren; demnach sei das Krebsrisiko groß, vor allem im Bereich des Dickdarms. [1] Bei ruhiger Sonne schätzt man die Strahlenbelastung eines Astronauten für den 15-monatigen Hin- und Rückflug auf mindestens 1 Sv, bei heftigen Sonneneruptionen um Größenordnungen höher.
Daneben gilt die lang anhaltende Schwerelosigkeit während des Raumflugs als größtes medizinisches Problem. Muskeln, Knochen und Kreislauf werden durch die fehlende Schwerkraft geschwächt, wenn sie nicht laufend trainiert werden. Einige Konzepte setzen daher auf Raumschiffe, die durch Drehung eine künstliche Schwerkraft erzeugen.
Psychologie
Neben den körperlichen Auswirkungen eines Langzeitfluges rückten in einigen Studien auch psychologische Aspekte in den Blickpunkt. Der enge Raum und die Begrenzung sozialer Kontakte auf eine kleine Gruppe machen sich dabei bemerkbar.
Die Auswahl der Astronauten wird daher, wie jetzt schon bei den ISS-Besatzungen, nicht nur nach technischen und wissenschaftlichen Qualifikationen, sondern auch nach psychischer Stabilität und Belastbarkeit erfolgen.
Zurzeit laufen die Vorbereitungen des Experiments Mars-500, in dem während 520 Tagen ein Raumflug zum Mars simuliert wird.
Diskussion der Technik
Gefahren
Nach dem heutigen Stand der Technik würde ein Raumschiff unter optimalen Bedingungen etwa sechs Monate für den Hinflug und die gleiche Zeit für den Rückflug benötigen. Dabei wird etwa ein Jahr Aufenthalt auf dem roten Planeten kalkuliert, bis der Mars auf seiner Bahn wieder am erdnächsten Punkt angekommen ist. Durch die Missionsdauer von zwei Jahren steigt statistisch die Wahrscheinlichkeit von technischem Versagen lebenswichtiger Systeme, etwa durch Einschlag von Mikrometeoriten.
Ein weiteres Problem stellen immer wieder auftretende Sonneneruptionen dar, die für einige Tage eine stark erhöhte Strahlenbelastung für die Mannschaft mit sich bringen. Dann muss sich die Crew in einen strahlengeschützten Raum des Fahrzeugs zurückziehen. Mit Störungen, insbesondere der Computertechnik und der Kommunikation ist in dieser Zeit aber verstärkt zu rechnen.
Durch die große Entfernung ist eine Hilfeleistung von der Erde aus unmöglich. Eine Umkehr aus der Hinflugbahn ist - anders als etwa bei Apollo 13 - aus bahnmechanischen Gründen heraus nicht möglich, selbst wenn auf eine Landung auf dem Mars verzichtet würde.
Auf dem roten Planeten selbst bilden teilweise auftretende Sandstürme eine Gefahr, deren Entstehungsmechanismen noch nicht genau verstanden sind. Mangels eigener Wettersatelliten wäre die Vorwarnzeit vergleichsweise kurz. Schließlich sind auch andere Wetterphänomene sowie die Bodenbeschaffenheit des Planeten nicht vollständig bekannt.
Missionsszenarien
„Mars Direct“
„Mars Direct“ ist ein Missionsplan, der 1990 von Robert Zubrin erstellt wurde. Es werden Startraketen von der Kapazität der Saturn V benötigt. Bevor Menschen Richtung Mars geschickt werden, startet ein unbemanntes Raumfahrzeug, das auch das Raumschiff zur Rückkehr beinhaltet, von der Erde und landet auf dem Mars. Dieses führt einen kleinen Kernreaktor mit, der 100 kW elektrische Leistung liefert. Mit 6 Tonnen von der Erde mitgebrachtem Wasserstoff, dem Kohlendioxid der Marsatmosphäre und der elektrischen Energie aus dem Kernreaktor wird Methan und Wasser erzeugt (Sabatier-Prozess). Das Wasser wird elektrolytisch gespalten, der Wasserstoff wird wieder zur Methan- und Wasserherstellung verwendet. So entstehen aus 6 Tonnen Wasserstoff und Kohlendioxid aus der Marsatmosphäre 24 Tonnen Methan und 48 Tonnen Sauerstoff, die bei tiefen Temperaturen als Flüssigkeiten gespeichert werden. Zusätzliche 36 Tonnen Sauerstoff sollen durch Elektrolyse von Kohlendioxid gewonnen werden. Von den so erzeugten 108 Tonnen Treibstoff und Oxidationsmittel werden 96 Tonnen für die Rückkehr zur Erde benötigt, der Rest wird für Fahrzeuge auf der Marsoberfläche verwendet.
Beim nächsten Startfenster, also 26 Monate nach dem unbemannten Raumschiff, startet das bemannte Raumschiff. Damit während der sechsmonatigen Reise zum Mars keine Schwerelosigkeit herrscht (eine Adaption an die Marsschwerkraft würde danach Zeit kosten), wird die Oberstufe der Startrakete mit einem Seil mit dem bemannten Raumschiff verbunden, das System wird danach in Rotation versetzt, um Marsschwerkraft zu simulieren. Kurz vor der Landung, die in unmittelbarer Umgebung des 26 Monate früher gestarteten unbemannten Schiffs erfolgen soll, wird diese Seilverbindung wieder getrennt. Das bemannte Raumschiff bringt das Habitat mit, in dem die Astronauten auf der Marsoberfläche leben. Falls die Landung aufgrund von Fehlern weiter weg von der ursprünglichen Landestelle erfolgt, so sollen die Astronauten mit dem mitgeführten Fahrzeug bis zu 1000 km zu dieser fahren können. Nach ca. 1,5 Erdjahren auf der Marsoberfläche sollen die Astronauten mit dem bereitstehenden Rückkehrraumschiff den Mars wieder verlassen und zur Erde zurückkehren.
Ungefähr gleichzeitig mit dem Start einer bemannten Mission soll das nächste unbemannte Schiff zur Treibstofferzeugung gestartet werden, damit später die nächste Region der Marsoberfläche erforscht werden kann.
Die Kosten für drei solcher Missionen werden auf ca. 50 Milliarden US-Dollar geschätzt, wesentlich weniger als die 400 Milliarden US-Dollar, auf die die Kosten eines bemannten Marsflugs 1989 nach einer Initiative von US-Präsident George H. W. Bush geschätzt wurden.
Möglicher Nutzen der Mission
Durch die hohen Anforderungen in den Bereichen Antriebs- und Sicherheitstechnik, Lebenserhaltungssysteme und exobiologischer Forschung wird die Entwicklung neuer Technologien notwendig. Viele erwarten daher von einer Marsmission einen Innovationsschub, ähnlich dem durch die Mondlandung ausgelösten der 1960er Jahre. Insgesamt verspricht man sich davon eine wirtschaftliche Belebung, die die hohen Kosten aufwiegt. Daneben wird die Bedeutung für die menschliche Zivilisation angeführt, wenn erstmals ein Mensch einen anderen Planeten betritt und damit einer möglichen späteren Besiedlung den Weg bereitet.
Siehe auch
Weblinks
- Mars Society Deutschland
- Planetary Society
- Der deutsche Astronaut Ulrich Walter über die Durchführung des ersten bemannten Marsfluges, die Aufgaben für die Astronauten und die Ziele nachfolgender Missionen
- extrasolar-planets.com – Bemannte Marsmission
- Thomas Mütsch, „Bemannte Marsmission“
- Bernd Leitenberger, „Der Flug zum Mars“, (fundierte, skeptische Analyse)
- Raumfahrer.net: Planet Mars
- NASA: Human Mars Exploration (englisch)
- NASA: Studie über Risiken eines bemannten Marsflugs (englisch)
- Übersicht aller Studien zu bemannten Marsflügen der letzten 50 Jahre (englisch)
- urbin.de: The Next Step
- RIA Novosti: Die Anziehungskraft des Mars Teil 1, Teil 2, Teil 3
- Was sollen wir auf dem Mars?, Flash-Video aus der Fernsehsendung alpha-Centauri (JavaScript benötigt)
Einzelnachweise
- ↑ http://diepresse.com/home/panorama/welt/378742/index.do Die Presse.com: Krebsgefahr auf Mars-Flug
Marssonden„Mars“-Raumsonden (1960–1973) · Mariner 3,4,6–9 (1964–1971) · Zond 2 (1964) · Viking (1975) · Fobos (1988) · Mars Observer (1993) · Mars Global Surveyor (1996) · Mars 96 (1996) · Mars Pathfinder (1996) · Nozomi (1998) · Mars Climate Orbiter (1998) · Mars Polar Lander mit Deep Space 2 (1999) · 2001 Mars Odyssey (2001) · Mars Express mit Beagle 2 (2003) · Spirit (2003) · Opportunity (2003) · Mars Reconnaissance Orbiter (2005) · Phoenix (2007) · Fobos-Grunt (2009) · Mars Science Laboratory (2011) · Mars Science and Telecommunications Orbiter (2011 oder 2013) · ExoMars (2013) · MAVEN (2013) · Mars Sample Return (nicht vor 2016)
Gestrichene Missionen: Mars Surveyor 2001 · Mars Telecommunications Orbiter
(Siehe auch: Mars · Chronologie der Mars-Missionen · Bemannter Marsflug · Aurora-Programm)
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