Matthäus Georg Chandelle

Matthäus Georg Chandelle

Matthäus von Chandelle (eigentlich Matthäus Georg von Chandelle) (* 10. Dezember 1745 in Frankfurt am Main; † 30. Juni 1826 in Speyer) war von 1818 bis 1826 Bischof von Speyer.

Bischof Matthäus von Chandelle, mit dem Dom von Speyer und seinem Wappen
Grabstein Bischof Matthäus von Chandelle, Domkapitelsfriedhof bei St. Bernhard, Speyer

Inhaltsverzeichnis

Jugend und Ausbildung

Matthäus Georg Chandelle war der Sohn des wohlhabenden Weinhändlers Nikolaus Chandelle, seine Mutter war Anna Gertrude geb. Donnet. Der kränkliche Junge war sehr begabt und studierte bei den Jesuiten in Mainz Theologie. Nach dem Abschluss als Doktor der Theologie trat er in das Klerikalseminar in Mainz ein und wurde dort am 6. Juni 1769 zum Priester geweiht.

Tätigkeit in Mainz und Aschaffenburg

Für eine Tätigkeit in der Seelsorge war Chandelle körperlich zu gebrechlich, so arbeitete er zunächst als Erzieher und dann als Domkaplan des Mainzer Fürstbischofs Emmerich Joseph von Breidbach zu Bürresheim. Nachdem er 1775 zum Assessor am Generalvikariat in Mainz und 1780 zum Domizellar am Stift St. Peter in Fritzlar ernannt wurde, wechselte er später als Scholaster nach St. Peter in Mainz. Gleichzeitig war er Kanonikus an St. Gangolf. Er arbeitete mehrere Jahre am Metropolitangericht.

Nach der Besetzung durch die Franzosen verlor er seine linksrheinische Pfründe, die geistliche Gerichtsbarkeit wurde aufgehoben. Daher wechselte er zu Erzbischof Friedrich Karl Joseph von Erthal nach Aschaffenburg und wurde dort Offizial für den westlichen rechtsrheinischen Teil des Erzbistums Mainz und Leiter des Vikariats in Aschaffenburg. 1804 wurde Chandelle zum Geheimen Rat ernannt und 1807 wurde er Direktor des Erzbischöflich Regensburgischen Generalvikariats in Aschaffenburg.

Chandelle erwarb sich in den folgenden Jahren große Verdienste, er wurde von Erzbischof Dalberg mit dem Komturkreuz des Concordia-Ordens beehrt und erhielt von der bayerischen Regierung das Ritterkreuz des Verdienstordens der bayerischen Krone und den Adelstitel.

Bischof von Speyer

1816 starb Weihbischof Kolborn von Aschaffenburg. Fürstbischof Karl Theodor von Dalberg schlug Chandelle zum Nachfolger vor, doch zeigte sich, dass bei der Neuordnung der Bistümer in Bayern kein Weihbischof mehr notwendig sein würde. Schließlich entschied König Max I. Joseph, Chandelle am 5. Februar 1818 zum Bischof von Speyer zu ernennen. Diese Ernennung wurde am 18. Mai 1818 von Papst Pius VII. bestätigt. Erst am 9. November 1821 wurde Chandelle in München durch Nuntius Francesco di Serra-Cassano zum Bischof geweiht, nachdem die Errichtung des Bistums rechtskräftig geworden war. Bis dahin war das Bistum durch den Mainzer Bistumsverweser Humann mitverwaltet worden.

Der Bischofsstuhl war vorher schon zunächst dem Würzburger Weihbischof Gregor von Zirkel angeboten worden, der aber kurz vor seiner Ernennung starb. Dann war das Amt dem Mainzer Bischof Joseph Ludwig Colmar angeboten worden, der dies jedoch ablehnte, weil er zu alt sei. Er schlug seinen Generalvikar Johann Jakob Humann vor. Dass König Max Joseph sich für den 72jährigen Chandelle entschied, war damals eine Überraschung.

Chandelle war schon bei seiner Bischofsweihe schwer krank. In Speyer erfolgte die Inthronisation am 20. Januar 1822 in der Klosterkirche St. Magdalena, weil der Speyerer Dom durch die Kriegsschäden (Speyer war von den Franzosen geplündert worden) noch nicht benutzbar war.

Chandelle wünschte sich, Aschaffenburg zum Sitz seines Bistums zu machen. Er schlug dem Nuntius vor, das Gebiet des Fürstentums Aschaffenburg, das durch das Konkordat dem Bistum Würzburg zugesprochen worden war, dem Bistum Speyer zuzuteilen. Seine Begründung war, dass der zerstörte Speyerer Dom sich als Kathedrale nicht eigne und die finanziellen Möglichkeiten der Diözese erschöpft seien. Es fehle an Räumlichkeiten und Personal zur Einrichtung eines Domkapitels und eines Priesterseminars. Außerdem sei der größte Teil der Bevölkerung protestantisch, was zu Spannungen führen müsse, während Aschaffenburg katholisch sei. Auf diese Vorschläge ließ sich die päpstliche Kurie jedoch nicht ein.

Die Verhältnisse in Speyer waren beim Amtsantritt des neuen Bischofs problematisch. Die Pfalz war den Behörden in München fremd, die Regierung in Speyer größtenteils mit Protestanten besetzt. Das neue Bistum musste aus mehr als 40 ehemaligen Territorien zusammenwachsen. Die ältere Priestergeneration stammte noch aus der Tradition der Reichskirche, die jüngeren Priester brachten aus Mainz eine eher aufklärungsfeindliche und strenge Kirchlichkeit mit.

Der Dom wurde innerhalb eines Jahres wieder als Bischofskirche für den Gottesdienst hergerichtet. Das erste Domkapitel, hauptsächlich Alumnen aus Mainz, war noch von Humann im Dezember 1821 vereidigt worden. Humann hatte alle Vorschläge gemacht, denn Chandelle kannte in seiner neuen Diözese noch niemanden. So waren das Domkapitel und der Bischof sich zunächst fremd. Zu den ersten Domkapitularen gehörten unter anderem die späteren Speyerer Bischöfe Johannes von Geissel und Nikolaus von Weis. Chandelle ernannte Dompropst Valentin Metz zum Generalvikar. Die Kapitulare waren teilweise schon in hohem Alter, teilweise noch sehr unerfahren. In den folgenden Jahren kam es zu starken Spannungen zwischen Bischof und Domkapitel.

Eine erste Herausforderung bestand auch in der Besetzung der vakanten Pfarrstellen, die etwa ein Viertel der über 200 Pfarreien des Bistums ausmachten. Es fehlte allerdings an Priesternachwuchs, so dass zunächst ein eigenes Seminar aufgebaut werden musste. Bisher waren die Kandidaten in Mainz ausgebildet worden. Ein eigenes Priesterseminar wurde dem Bistum Speyer von der Regierung zunächst nicht bewilligt, so dass Chandelle den Theologiestudenten befahl, nach Aschaffenburg zu gehen. Dies führte zu Spannungen mit dem Seminar in Mainz. Chandelle half dem Priestermangel zunächst dadurch ab, dass er Priester aus der Gegend von Aschaffenburg, die er aus seiner Zeit persönlich kannte, nach Speyer abwarb. Dies wiederum wurde sowohl vom Bistum Würzburg als auch vom Speyerer Klerus negativ aufgenommen.

Chandelle war ein geborener Bürokrat und ein geschickter Politiker, der jedoch mit der teils kirchenfeindlichen, teils gleichgültigen Regierung nicht immer erfolgreich verhandelte. Er erkannte allerdings das Recht der Regierung auf die Bestätigung kirchlicher Erlasse an und fragte diese immer um eine Genehmigung an. Auf diese Weise erreichte er, dass seine Erlasse mit staatlicher Autorität durchgesetzt wurden. Der Entscheidungsspielraum des Bischofs war in den herrschenden Verhältnissen jedoch nur klein.

Mit dem eigenen Domkapitel verkehrte Chandelle nur schriftlich, und er mied auch den Kontakt zu seinen Pfarrkindern. Reisen zu Firmungen unternahm er nur innerhalb der Rheinebene, wozu ihn seine körperliche Gebrechlichkeit auch zwang. So kannten ihn die meisten Katholiken im Bistum nicht persönlich. Auch der Klerus missachtete seine Anordnungen immer wieder. Dies führte zu starken Spannungen.

Nachdem der Nuntius im Januar 1826 zum wiederholten Male Klagen über die Amtsführung Chandelles erhalten hatte (es wird vermutet, dass Domkapitular Nikolaus von Weis der Verfasser war), versuchte er, Chandelle zum Rücktritt zu bewegen. Chandelle wehrte sich dagegen und drohte, sich an König Ludwig I. zu wenden. Der Nuntius jedoch weihte selbst den König in einer Audienz ein, was jedoch zu keinem Ergebnis führte.

Einer der Vorwürfe gegen Chandelle war, dass er keine Firmungen vornahm. Um dies zu entkräften, trat er am 6. Juni eine Firmreise in die Westpfalz an. Die Anstrengungen der Reise waren für ihn jedoch zu groß, so dass er schwer krank wurde und am 30. Juni 1826 starb.

Chandelle wurde zunächst auf dem städtischen Friedhof beerdigt. Erst später beantragte der Nuntius, dass die Bischöfe im Dom beigesetzt werden dürften, was Ludwig I. am 3. Oktober 1826 genehmigte. Chandelle wurde jedoch nicht umgebettet. Mit der Auflassung des Friedhofs verschwand das Bischofsgrab. Die Grabplatte befand sich zunächst in der Nähe des Königschores, wechselte danach mehrmals den Standort und befindet sich heute auf dem Friedhof der Domherren bei St. Bernhard.

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