Michael Baumann

Michael Baumann

Michael „Bommi“ Baumann (* 1948 in Berlin-Lichtenberg) ist ein Buchautor und ehemaliges Mitglied der Bewegung 2. Juni.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Baumann ist gelernter Betonbauer. Seinen Spitznamen erhielt er nach eigener Aussage nach dem Getränk „Bommi mit Pflaume“. Fälschlicherweise wird die Herkunft des Spitznamens oft einer zeitweiligen Vorliebe für Sprengstoff zugeschrieben.

Baumann bekam in den 1960er Jahren Kontakt zur Westberliner Studentenbewegung und zur Kommune I. Durch verschiedene Erfahrungen mit Polizei, Medien und Behörden radikalisierte er sich zunehmend. Der Tod von Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 prägte ihn nachhaltig. Danach begann er, Sachbeschädigung als Mittel in den politischen Kampf einzubeziehen. Als Arbeiter mit praktischer Berufserfahrung legte er anders als viele intellektuelle Studenten im SDS großen Wert auf die „direkte Aktion“ und den praktischen „Kampf in den Metropolen“ als flankierende Unterstützung für Guerillakämpfe in der Dritten Welt.

Nach Brandanschlägen gegen eine britische Fluggesellschaft, die junge Bundeswehr-Deserteure von Westberlin in die BRD ausgeflogen hatte, musste Baumann vom Februar 1970 bis Sommer 1971 einige Monate im Gefängnis verbringen.

Später schloss sich Baumann mit seinem Freund Georg von Rauch dem Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen an, der sich später mit anderen Organisationen zur Bewegung 2. Juni zusammenschloss. Bei der „Umsetzung“ eines gestohlenen – und von der Polizei beobachteten – Fahrzeugs vom Berliner Winterfeldtplatz versuchte die Polizei, von Rauch festzunehmen. Dieser wurde dabei erschossen. Dies bewegte Bommi Baumann dazu, sich von der Stadtguerilla-Szene zu verabschieden. Doch er wurde als Mittäter polizeilich gesucht.

Ab 1972 begann seine Flucht in verschiedene Länder, unter anderem nach Syrien, Iran, Afghanistan und Indien. 1975 erschien seine Autobiographie Wie alles anfing, in der er seine persönliche Entwicklung zur Stadtguerilla schildert und sich kritisch mit dem bewaffneten Kampf auseinandersetzte. Diese Ausgabe im Münchner Trikont-Verlag wurde sofort nach dem Erscheinen wegen vermuteten „Aufrufs zur Gewalt“ polizeilich beschlagnahmt, eine bundesweite Durchsuchungsaktion wurde veranlasst. 1976 schlossen sich jedoch mehr als 300 teilweise prominente linke Schriftsteller und Verleger aus mehreren europäischen Ländern zusammen, die sich gegen diese Zensur zur Wehr setzen wollten. Sie veröffentlichten eine unveränderte Neuausgabe, die ohne Probleme verkauft werden konnte.

1981 wurde Baumann in London verhaftet und zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe wegen Bankraubes und Sprengstoffanschlägen verurteilt. Im Gefängnis schrieb er eine weitere autobiographische Schrift, die nach seiner Freilassung erschien.

Als nach der deutschen Wiedervereinigung Dokumente der DDR durch die Gauck-Behörde zugänglich gemacht wurden, wurde bekannt, dass Baumann 1973 im Auftrag der DDR-Staatssicherheit einen 125-seitigen handgeschriebenen Bericht über insgesamt 94 Personen des bewaffneten Kampfes verfasst hatte; Überfälle, Anschläge, Waffenkaliber, sexuelle Präferenzen wurden aufgeführt. Darüber hinaus existieren 165 Seiten Vernehmungsprotokolle. Innerhalb von sechs Wochen hatte Baumann insgesamt 114 Stunden lang sein Insider-Wissen weitergegeben.[1]

In dem Buch Rausch und Terror, seinem 2008 erschienenen „politischen Erlebnisbericht“, bekennt Baumann, von 1967 bis 1993 opiatabhängig gewesen zu sein. Seiner Auffassung nach folge der nach den Attentaten vom 11. September 2001 ausgerufene „Krieg gegen den Terror“ dem Ende der 1960er Jahre begonnenen „Krieg gegen die Drogen“ und schaffe „eine Gesellschaft der Angst“. Im Juni 2011 gab er im Prozess gegen Verena Becker an, seinen Drogenkonsum 2008 wieder aufgenommen zu haben, und begründete dies: „Irgend'n Hobby hat schließlich 'n jeder“.[2]

Belege

  1. Wolfgang Kraushaar: Unsere unterwanderten Jahre; Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 7. April 1998, S. 45
  2. Wolfgang Kraushaar, Eine Farce in Stammheim, in: die tageszeitung vom 8. Juni 2011, S. 15

Literatur

  • Bommi Baumann: Wie alles anfing; München: Trikont-Verlag, 1975; ISBN 3-920385-68-3 (ISBN wird bei unterschiedlichen Büchern benutzt) Das Buch wurde verboten und „illegal“ mit Unterstützung zahlreicher Herausgeber vertrieben.
  • Jürgen Arnold, Peter Schult: Ein Buch wird verboten. Bommi Baumann Dokumentation; München: Trikont-Verlag, 1979
  • Michael Baumann: Wie alles anfing. 30 Jahre „Deutscher Herbst“. Ein biografisches Dokument; Berlin: Rotbuch-Verlag, 20074; ISBN 3867890005
  • Bommi Baumann: HiHo. Wer nicht weggeht, kommt nicht wieder; Hamburg: Frölich und Kaufmann im Hoffmann und Campe Verlag, 1987; ISBN 3-455-08655-1
  • Michael „Bommi“ Baumann: HIHO. Die abenteuerliche Flucht eines Ex-Terroristen; Frankfurt am Main: Panama Publications, 2007; ISBN 3936732043
  • Bommi Baumann, Till Meyer: Radikales Amerika. Wie die amerikanische Protestbewegung Deutschland veränderte; Berlin: Rotbuch, 2007; ISBN 3867890102
  • Bommi Baumann: Rausch und Terror. Ein politischer Erlebnisbericht; Berlin: Rotbuch, 2008, ISBN 3867890366

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Michael Baumann (Mönch) — Michael Baumann (* vor 1460) war ein mittelalterlicher Zisterziensermönch im Kloster Bronnbach. Leben und Werk Er widmete 1478 dem Grafen Johann III. von Wertheim (1454–1497) eine deutschsprachige Enzyklopädie, die nur in einer einzigen… …   Deutsch Wikipedia

  • Michael Baumann — Michael Bommi Baumann (born 1948 in Berlin Lichtenberg) was one of the founders of the German organization Movement 2 June, a former terrorist, and informer for the East German secret service Stasi.BiographyBaumann was a construction worker. His… …   Wikipedia

  • Baumann (Familienname) — Verteilung des Namens Baumann in Deutschland Baumann ist ein verbreiteter Familienname, der sich von der mittelhochdeutschen Berufsbezeichnung buman (Bauer) ableitet. Varianten Bauman, Buman, Buhmann, Baurm …   Deutsch Wikipedia

  • Michael Linden — im Juni 2010 Michael Linden (* 30. Juli 1948 in Simmern/Hunsrück in Rheinland Pfalz) ist ein deutscher Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie Psychologischer Psychotherapeut …   Deutsch Wikipedia

  • Michael Ballack — Personal information Full name …   Wikipedia

  • Michael Ballack — Michael Ballack …   Wikipédia en Français

  • Michael Pan — (2007) Michael Pan (* 18. Oktober 1952 in Madrid als Michael Nathan) ist ein deutscher Schauspieler, Synchron – und Hörspielsprecher. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Michael Hoenig — (* 4. Januar 1952 in Hamburg) ist ein deutscher Musiker und Filmmusikkomponist, Stilrichtung elektronische Musik. Inhaltsverzeichnis 1 Biografie 2 Stil 3 Diskografie …   Deutsch Wikipedia

  • Michael Hoenig — (born January 4, 1952 in Hamburg) is a German composer who has composed music for several movies and games, in addition to two solo albums. In 1996, he was nominated for an Emmy award (best theme song) for his work on the short lived sci fi… …   Wikipedia

  • Michael Gross (swimmer) — Michael Gross Personal information Nickname(s) The Albatross Born 17 June 1964 (1964 06 17) (age 47) Frankfurt am Main, Hesse, Germany Height 2.01 m (6 ft 7 in) …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”