Winterfeldtplatz

Winterfeldtplatz
Wohnhaus von Hinrich Baller aus dem Jahr 1999

Der Winterfeldtplatz ist ein Wochenmarktplatz im Norden des Ortsteils Schöneberg des Berliner Bezirks Tempelhof-Schöneberg. Der in Nordsüdrichtung angeordnete, langrechteckige Platz mit einer Abmessung von rund 280 Metern × 80 Metern ist über die Maaßenstraße mit dem nur 200 Meter weiter nördlich angrenzenden Nollendorfplatz samt U-Bahnhof der Linien U1, U2, U3 und U4 verbunden. Diese Achse verlängert sich im weiteren Verlauf über den Lützowplatz bis hin zum Großen Stern mit der Siegessäule.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Winterfeldtplatz mit der St. Matthias-Kirche auf einer Postkarte von 1909 von Norden her gesehen

Der Platz C des Berliner Bebauungsplanes (Hobrecht-Plan) wurde 1862 in seinen städtebaulichen Konturen geplant, 1890 angelegt und bis zur Wende zum 20. Jahrhundert mit gründerzeitlichen Wohnhäusern und einer katholischen Kirche bebaut. Benannt wurde er 1893 nach dem preußischen General Hans Karl von Winterfeldt. Die östliche Seite gehörte damals zu Berlin, die westliche bis zur Bildung von Groß-Berlin im Jahr 1920 zu Schöneberg.

Pfarrer an der katholischen Kirche war von 1919 bis 1929 der spätere Kardinal und Bischof von Münster Clemens August Graf von Galen und von 1929 bis zu seiner Ausweisung 1941 Albert Coppenrath, der „Dickkopf vom Winterfeldtplatz“.

In den späten 1970er- und 1980er-Jahren befanden sich mehrere besetzte Häuser in direkter Nähe des Platzes. Eines davon war das Haus Winterfeldtstraße 25, in dem sich noch heute ehemalige Besetzer gegen die Vertreibung durch die Hauseigentümerin zur Wehr setzen.

Zeitweise betrug der Anteil der Wähler der Alternativen Liste (ein Berliner Vorläufer der Grünen) mehr als 50 Prozent. Nach Sanierungsmaßnahmen in den späten 1980er und 1990er Jahren hat sich der Platz mit der benachbarten Umgebung wieder als ein beliebtes Wohngebiet etabliert.

Die Literaturnobelpreis-Trägerin Nelly Sachs wurde 1891 im Haus Maaßenstraße 12 (Gedenktafel) und der Dirigent Wilhelm Furtwängler im Jahr 1886 im Haus Maaßenstraße 1 geboren (Gedenktafel).

Der Platz und seine Bebauung

Puppentheater „Hans Wurst Nachfahren“
Nollendorf- Ecke Maaßenstraße
Katholische Kirche St. Matthias

Dominiert wird der Winterfeldtplatz von einer der wenigen freistehenden katholischen Kirchen Berlins, St. Matthias. Die nach Plänen von Engelbert Seibertz im Stil der Neogotik errichtete und nach zweijähriger Bauzeit 1895 geweihte Kirche wurde nach der starken Beschädigung im Zweiten Weltkrieg vereinfacht wieder aufgebaut und in den letzten Jahren restauriert. Der vor dem Krieg weithin sichtbare 93 Meter hohe Turm der Kirche ist heute entscheidend verkürzt. An den Rändern der Grünanlage hinter der Kirche befindet sich seit 1995 eine filigrane, dekorative Metallkonstruktion des Berliner Architekten Hinrich Baller.

Während sich in der unmittelbaren Umgebung viel Bausubstanz aus der Gründerzeit mit mehreren Einzeldenkmälern (vergleichlich auch in der Winterfeldtstraße) bewahrt hat, wurde beinahe die gesamte Randbebauung des Platzes im Krieg zerstört und durch Neubauten ersetzt. Von den erhalten gebliebenen Gebäuden am Platz sind die denkmalgeschützten Mietshäuser an der Goltz- Ecke Winterfeldtstraße von 1887 und an der Goltz- Ecke Hohenstaufenstraße (genannt „Kacheleck“) samt Nachbarhaus Hohenstaufenstraße 69 (beide aus dem Jahr 1895) mit ihren ungewöhnlichen Fassaden aus glasierten, teils farbig dekorierten Klinkern erwähnenswert. Der westliche Platzrand (Goltzstraße) ist überwiegend mit Nachkriegsbauten der Kirchengemeinde bebaut: dem Graf von Galen-Jugendheim, dem Caritas-Wohnhaus „Kardinal Galen“ und der 1960 fertiggestellten katholischen Grund- und Oberschule Sankt Franziskus mit Montessori-Zug an der Ecke Hohenstaufenstraße, das bereits unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Der östliche Rand des Winterfeldtplatzes (Gleditschstraße) wurde in den 1990er-Jahren nach einem Konzept von Hinrich Baller wieder bebaut, mit dem die einst raumbildende Platzkante der Zeit vor dem Zweiter Weltkrieg aufgelöst wurde. Markante Eckpunkte dieser Bebauung von Baller sind das Wohnhaus an der Ecke Winterfeldtstraße und die Sporthalle der Spreewald-Grundschule an der Ecke Pallasstraße. Dazwischen befinden sich, vom Platz etwas abgerückt, eine gleichfalls von Baller entworfene Kindertagesstätte und das 1884 errichtete Hauptgebäude der Spreewald-Grundschule, einer ehemaligen Hinterhof-Volksschule. Daneben zieht das Puppentheater Hans Wurst Nachfahren – Theater am Winterfeldtplatz auf dem Gelände der ehemaligen Kultkneipe Ruine nicht nur Kinder und Sonnenhungrige auf der großen Terrasse an.

In der Nähe des Platzes wurde zwischen 1923 und 1929 in der Winterfeldtstraße 19–23 das damals größte Fernmeldeamt Europas im Stil des Backsteinexpressionismus errichtet. In der Zeit des Kalten Krieges führten alle Telefonleitungen aus West-Berlin durch dieses Fernamt, in dem die Westalliierten eine Etage für sich reserviert hatten, deren Zutritt den Mitarbeitern der damaligen westdeutschen Bundespost verwehrt war. Von dort gingen die Leitungen über den Fernmeldeturm auf dem Schäferberg im Berliner Forst Düppel (Berlin-Wannsee) per östlich abhörbarem Richtfunk nach Westdeutschland.

Wirtschaft und Gastronomie

Marktszene auf dem Winterfeldtplatz

Auf dem bereits früher als Wochenmarkt genutzten Platz findet seit 1990 wieder jeden Mittwoch von 8 bis 13 Uhr und jeden Samstag bis 15 Uhr der größte Gemüse- und Wochenmarkt Berlins statt. An Samstagen hat sich der Markt mit seinen rund 250 Ständen zu einem überaus beliebten Magnet für Besucher von nah und fern entwickelt. An den anderen Tagen skaten und spielen dort Fußberollte Rollhockey.

Rund um den Platz floriert seit Jahrzehnten ein umfangreiches Angebot verschiedener Antiquariate.

Querstraßen wie die Winterfeldtstraße, Maaßenstraße, Pallasstraße und Goltzstraße bieten traditionsreiche Kneipenszenen und multikulturelle Restauration. Café Berio, Slumberland und das Habibi gehören seit vielen Jahren zu beliebten Institutionen. Seit einigen Jahren wächst das gastronomische Angebot beständig. Neben dem Hackeschen Markt, der Bergmannstraße, der Oderberger Straße, der Oranienburger Straße, der Oranienstraße, dem Kollwitzplatz und der Simon-Dach-Straße ist der Winterfeldtplatz ein Zentrum der Berliner Kneipen- und Café-Szene. Der angrenzende Nollendorfplatz ist das westliche Zentrum der Lesben- und Schwulenszene Berlins.

Literatur

Weblinks

 Commons: Winterfeldtplatz – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
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