- Michel Warschawski
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Michel (Michael) Warschawski (* 1949 in Straßburg) ist ein israelischer Friedensaktivist und Publizist. Er war viele Jahre lang Vorsitzender der israelisch-palästinensischen Organisation Alternative Information Centre.
Inhaltsverzeichnis
Biografie
Michael Warschawski wurde 1949 als Sohn eines Oberrabbiners in Strasbourg geboren. 1965, im Alter von 16 Jahren, ging er nach Jerusalem, um den Talmud zu studieren. Er geriet jedoch unter kommunistischen Einfluss und schloss sich 1967 der trotzkistischen und antizionistischen Organisation Matzpen („Kompass“) an, deren gleichnamige Zeitschrift er 1971 bis 1984 herausgab. 1967 bis 1971 studierte er an der Hebräischen Universität in Jerusalem Philosophie. 1982 war er Mitbegründer der Organisation Yesh Gvul („Es gibt eine Grenze“). 1984 gründete er das Alternative Information Center (AIC), das Aktivisten der israelischen und palästinensischen Linken und der Friedensbewegung zusammenfasst. Bis 1999 war er Vorsitzender des AIC, seit 2000 stellvertretender Vorsitzender seines Leitungskomitees. 1985 bis 1987 war er gemeinsam mit Feisal Husseini Sprecher des Committee Against the Iron Fist.
Im Jahr 1987 wurde er wegen „Unterstützung illegaler palästinensischer Organisationen“ verhaftet und 1989 zu dreißig Monaten Gefängnis verurteilt, weil er Artikel über die palästinensische Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) von George Habash herausgegeben hatte, die in Israel als terroristische Organisation gilt. 1990 wurde die Strafe auf acht Monate gemildert. Seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis ist er weiter für das AIC aktiv und vertritt die Organisation seit 2001 im Weltsozialforum.
Seit 1992 ist er Mitglied der Organisation Gush Shalom (Friedensblock) von Uri Avnery.
2005 und 2005 hielt er gemeinsam mit Dominique Vidal von Le Monde diplomatique und mit Leila Shahid, der Vertreterin der Palästinensischen Autonomiebehörde bei der EU, mehrere Vorträge über den Nahostkonflikt in mehreren Städten und Banlieues in Frankreich. Diese Vorträge lösten heftige Diskussionen aus, darunter in Le Figaro; einige Veranstaltungen an Schulen wurden verboten.
Warschawski ist mit der Anwältin Lea Tsemel verheiratet und Vater zweier Söhne und einer Tochter.
Politische Positionen
Neben seinem Bekenntnis zum Kommunismus ist Michel Warschawski bekannt geworden als Vertreter der Idee eines binationalen Staates, in dem Juden und Palästinenser gemeinsam und gleichberechtigt leben – eine Vorstellung, die mit der zionistischen Idee eines jüdischen Staates nicht vereinbar ist und auch der Zweistaatenlösung kritisch gegenüber steht.
Die größte Bedrohung Israels sieht Warschawski in der Spaltung zwischen religiösen und nicht-religiösen Juden in Israel, im Widerspruch zwischen einem säkularen, westlich-liberalen und modernen und von der arabischen Welt abgewandten Israel und dem nach einer traditionalistischen, orientalischen und religiösen Ghettoexistenz.
Er fordert eine „Dezionisierung“ Israels und eine Integration des Landes in den arabischen Nahen Osten, eine Rückbesinnung auf das kulturelle Erbe und die Toleranz, die der Zionismus am Diaspora-Judentum stets verachtet habe.
Veröffentlichungen
Bücher
- (mit Gilbert Achcar) Der 33 Tage-Krieg. Israels Krieg gegen Hisbollah im Libanon und seine Konsequenzen, Edition Nautilus, Hamburg 2007. ISBN 978-3-89401-539-8.
- (mit Sopie Deeg/Michéle Sibony (Hrsg.)): Stimmen israelischer Dissidenten. Neuer ISP Verlag, Köln 2005. ISBN 3-89900-113-3.
- Le défi binational (Die binationale Herausforderung; Paris, Textuel 2001), ISBN 2845970188.
- Mit Höllentempo. Die Krise der israelischen Gesellschaft (Hamburg, Nautilus 2004), ISBN 3-89401-448-2 (Originaltitel: À tombeau ouvert); daraus online auf Englisch: The New Israel (Monthly Review)
- An der Grenze (mit einem Vorwort von Moshe Zuckermann; Hamburg, Nautilus 2004), ISBN 3-89401-431-8. (Originaltitel: Sur la frontière)
- Les banlieues, le Proche-Orient et nous (Die Vorstädte, der Nahe Osten und wir; gemeinsam mit Dominique Vidal und Leila Shahid; Paris, l’Atelier), ISBN 2-7082-3855-8. Daraus online: La révolte annoncée des banlieues, inquiétude et espoir (Le Monde diplomatique)
Artikel
- Antizionismus ist nicht Antisemitismus (AIK)
- Israeli Politics in a Post-Sharon Era (Monthly Review)
- The Israeli Text and Context of the Geneva Accord (gemeinsam mit Shiko Behar; MERIP)
- Artikel in International Viewpoint, Zeitschrift der Vierten Internationale:
- The future of Israel is at stake (Juli/August 2006)
- The drive to normality and separation (Juni 2006)
- Hamas election win - Ariel Sharon’s Last Victory (Februar 2006)
- The centrality of the Palestinian question (Dezember 2004)
- A destructive fury (Mai 2002)
- An end to immunity (Dezember 2001)
- A new escalation (Oktober 2001)
- Did the Israeli left disappear? (Januar 2001)
Literatur
- Freiheit für Michael Warschawski! Gegen die Schliessung des Alternativen Informationszentrums (Frankfurt/Main, ISP 1987).
Weblinks
Organisationen
- Alternative Information Centre
- Gush Shalom („Friedensblock“)
- Yesh Gvul („Es gibt eine Grenze“)
Interviews und Rezensionen
- Philipp Gessler: „Israel ist auf dem Weg in die Hölle“ Interview mit Michel Warschaswki (taz)
- Werner Pirker: „Ohne massiven Druck von außen kein Frieden“ Interview mit Michel Warschaswki (AIK)
- Ludwig Watzal: Israel rast ins Verderben (taz)
- Alexandra Senfft: Achtung der Differenz (taz)
- Endy Hagen, Gudrun Schroeter: „An der Grenze“ Interview mit Michel Warschawski (haGalil)
- Elisabeth Lindner-Riegler: Michael Warschawski: Mit Höllentempo (AIK)
- Elisabeth Lindner-Riegler: „An der Grenze“ (AIK)
- Die „israelische Linke“ Gespräch mit Sergio Yahni - stellvertretender Vorsitzender des Alternative Information Center in Jerusalem (AIK)
- Michel Warschawski: Israeli Democracy (ZNet)
- Jean-Louis Margolin: Vers l’Orient compliqué …
- Gaël De Santis: Vivre ensemble, en France et au Proche-Orient Buchrezension (l’Humanité)
- En Israël, ceux qui refusent (No pasaran)
- Roland Kaufhold [1] Rezension in haGalil
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