Midlumer Kirche

Midlumer Kirche
Glockenturm der Midlumer Kirche

Die Midlumer Kirche steht in Midlum im Rheiderland, im südwestlichen Ostfriesland. Erbaut wurde die Kirche in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Der Turm, der wahrscheinlich vor 1300 gebaut wurde, gilt als schiefster Glockenturm der Welt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Baubeschreibung

Die Midlumer Backsteinkirche wurde zu Beginn oder in der Mitte des 13. Jahrhunderts als einschiffiger Apsissaal auf einer Warft errichtet. Die Ost-Apsis weist noch die kleinen rundbogigen Fenster aus romanischer Zeit auf und auch das Hagioskop in der südlichen Wand ist noch erhalten. Hingegen ging die gewölbte Kuppel der Apsis bei einem größeren Umbau der Kirche im Jahr 1840 verloren,[1] während der Westgiebel völlig erneuert wurde. In der Nord- und Südmauer wurden die drei alten romanischen Rundbogen-Fenster zunächst in größere gotische Spitzbogen-Fenster umgebaut, die bei einem weiteren Umbau, vermutlich in der Barockzeit, teilweise wieder zugemauert und durch die heutigen vier rundbogigen Fenster ersetzt wurden.[2] Ablesbar ist dies am geflickten Mauerwerk, das auch noch die zugemauerten Portale erkennen lässt.

Bemerkenswert ist der separate dreigeschossige Glockenturm mit seinen unterschiedlich großen Arkaden, die als Schalllöcher fungieren. Erbaut wurde der Turm des geschlossenen Typs wahrscheinlich vor 1300. Aufgrund des schlechten Untergrunds geriet der Turm schon während der Bauzeit in Schieflage, wie die korrigierten Mauern bezeugen. Im 18. Jahrhundert wurde der untere Bereich zugemauert, was bei der Restaurierung in den Jahren 1999 bis 2002 wieder rückgängig gemacht wurde. Reste einer Treppe im Süden sind erhalten. Das pyramidenförmige Dach ist hingegen nicht original. Mit einem Neigungswinkel von 6,74 Grad wurde das Midlumer Glockenhaus als schiefster Glockenturm der Welt bezeichnet.[3] Die Höhe beträgt 14 Meter bei relativ großer Grundfläche, sodass kein „Turm“ im eigentlichen Sinne vorliegt. Möglicherweise hat er als Vorbild für das Rheiderländer Siegel aus dem Jahr 1276 gedient, das ein dreigeschossiges Bauwerk mit zehn Arkaden zeigt.[4]

Innenausstattung

Im Jahr 1840 wurde die Holzdecke in ursprünglich blauer Fassung als Tonnengewölbe eingezogen und mit mächtigen Konsolen versehen, die mit Blumenmotiven verziert sind. Grabplatten aus dem 16. Jahrhundert sind in der Apsis eingelassen. Zu den Vasa Sacra zählt ein Kelch aus dem Jahr 1643. Die Kanzel stammt aus dem 17. Jahrhundert, wurde im 18. Jh. erneuert und ist mit Goldfarbe verziert. Im Jahr 1766, dem Baujahr der Orgel, wurden zwei reich verzierte Priechen unterhalb der Empore eingebaut.[1] Reste von Malereien, ein Wappen und Inschriften wurden bei der Restaurierung der Kirche 1999 zum Teil freigelegt. Zu den Vasa Sacra gehören ein Kelch von 1643, ein Brotteller des Meisters Vierfuss von 1836 und ein Teller von 1851. Zwei Zinnteller, Kanne und Taufschale wurden im 19. oder 20. Jahrhundert gefertigt.[3]

Orgel

Müller-Orgel

Die Orgel wurde 1766 von Hinrich Just Müller erbaut, wie auf dem Spruchband in niederländischer Sprache auf dem Rückpositiv zu lesen ist. Sie verfügt über neun Register und angehängtes Pedal. Sie ist weitgehend original erhalten. 1893 wurde durch Johann Diepenbrock die alte Manualklaviatur ersetzt, die Mixtur durch eine Gambe 8′ ausgetauscht und anstelle der Keilbälge ein Magazinbalg eingebaut. Das Rückpositiv in der Emporenbrüstung ist eine Attrappe wie bei Müllers Orgeln in Engerhafe und Manslagt, was eine Idee Arp Schnitgers aufgreift.[1] 1986-88 erfolgte durch die Krummhörner Orgelwerkstatt eine Renovierung der Orgel. Die Disposition lautet:[5]

Manual C–c3
Principaal 8′ M
Gedact 8′ M
Quintadeen 8′ M[Anm. 1]
Octaaf 4′ M
Spitsfluit 4′ M
Quint 3′ M
Woudfluit 2′ M
Mixtuur IV R
Trompet B/D 8′ M/R[Anm. 2]
M = Müller (1766)
R = Rekonstruktion (1986-88)
Anmerkungen
  1. Unterste Oktave rekonstruiert.
  2. Stiefel original, Becher rekonstruiert.

Siehe auch

Literatur

  • Gottfried Kiesow: Architekturführer Ostfriesland. Verlag Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2010, ISBN 978-3-86795-021-3.
  • Monika van Lengen: Rheiderlands Kirchen. Entdeckungsreise zu Gotteshäusern aus acht Jahrhunderten im Westen Ostfrieslands. H. Risius, Weener 2000.
  • Robert Noah: Gottes Häuser in Ostfriesland. Soltau-Kurier, Norden 1989, ISBN 3-922365-80-9.
  • Harald Vogel, Reinhard Ruge, Robert Noah, Martin Stromann: Orgellandschaft Ostfriesland. 2. Auflage. Soltau-Kurier-Norden, Norden 1997, ISBN 3-928327-19-4.

Weblinks

 Commons: Midlumer Kirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Monika van Lengen: Rheiderlands Kirchen. Entdeckungsreise zu Gotteshäusern aus acht Jahrhunderten im Westen Ostfrieslands. H. Risius, Weener 2000, S. 22.
  2. Gottfried Kiesow: Architekturführer Ostfriesland. Verlag Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2010, ISBN 978-3-86795-021-3, S. 149.
  3. a b Paul Weßels(Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft): Midlum (PDF-Datei; 26 kB), gesehen 23. Juni 2011.
  4. Hajo van Lengen, Rainer Driever (Hrsg.): Die Friesische Freiheit des Mittelalters: Leben und Legende. Ostfriesische Landschaft, Aurich 2003, ISBN 3-932206-30-4, S. 97.
  5. Orgel auf NOMINE e.V., gesehen 23. Juni 2011.

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