Muffelwild

Muffelwild
Europäischer Mufflon
Widder des Europäischen Mufflons (Ovis orientalis musimon)

Widder des Europäischen Mufflons (Ovis orientalis musimon)

Systematik
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Ziegenartige (Caprinae)
Gattung: Schafe (Ovis)
Art: Wildschaf (Ovis orientalis)
ohne Rang: Mufflon (Ovis orientalis orientalis-Gruppe)
Unterart: Europäischer Mufflon
Wissenschaftlicher Name
Ovis orientalis musimon
(Pallas, 1811)
Mufflon
Mufflon-Weibchen mit Jungtier unmittelbar nach der Geburt
Mufflon aus Brehms Tierleben
Europäischer Mufflon im Rabensteiner Wildgehege
Mufflonwidder
Mufflonwidder im Eifelpark Gondorf

Der Europäische Mufflon (Ovis orientalis musimon), jägersprachlich Muffelwild oder kurz Muffel genannt, ist die westlichste und kleinste Unterart des Mufflons. Verbreitet war er ursprünglich nur auf den Mittelmeerinseln Korsika und Sardinien, ist inzwischen aber in zahlreichen Gegenden Europas eingeführt worden.

Inhaltsverzeichnis

Aussehen

Europäische Mufflons haben eine Körperlänge bis 120 cm, eine Schulterhöhe von 125 cm, ein Gewicht von 25 bis 40 kg bei Schafen, 35 bis 55 kg bei den Widdern. Der Europäische Mufflon hat ein glattes Haarkleid, die Widder sind im Sommer fuchsrotbraun, meist mit weißlichem Sattelfleck, die Schafe sind bräunlich. Im Winter sind beide Geschlechter dunkler. Die Widder haben schneckenförmig eingedrehte Hörner bis zu 80 cm Länge, Weibchen haben auf Sardinien gar keine Hörner, auf Korsika dagegen kleinere, leicht nach hinten gebogene Hörner.

Lebensraum

Ursprünglich lebten Europäische Mufflons in offenen Gebirgslandschaften auf steinigen, trockenen Böden. In Mitteleuropa eingebürgert, leben sie in Laub- und Mischwaldgebieten sowohl im Flachland als auch in den Mittelgebirgen, wobei trockene und steinige Böden bevorzugt werden. Bei ungünstigen feuchten Bodenverhältnissen kann es leicht zu Schalenerkrankungen (Moderhinke) kommen, die auch zum Tode führen können.

Aufgrund ihres an den Hochgebirgsraum angepassten Fluchtverhaltens können sich Europäische Mufflons im Flachland nur bei Abwesenheit von natürlichen Feinden halten. So wurde die Mufflonpopulation in den neubesiedelten Wolfsrevieren der sächsischen Lausitz innerhalb kurzer Zeit von den Wölfen ausgerottet, während die Populationsgrößen von Hirsch, Wildschwein und der Hauptbeute Reh nicht beeinträchtigt wurden.[1]

Verhalten

Europäische Mufflons bilden meist kleine Rudel mit einem älteren Schaf als Leittier. Böcke bilden außerhalb der Brunftzeit oft eigene Verbände. In der Brunftzeit kämpfen die Böcke um die Schafe, vor allem mit gegenseitigen Rammstößen der eingedrehten Hörner, um den Konkurrenten abzudrängen. Europäische Mufflons sind Herbivoren und haben ein breites Nahrungsspektrum. Sie entrinden auch Waldbäume und verhindern weitgehend das Aufkommen von Baumbewuchs. Die Brunft ist im Oktober/November, die Tragzeit beträgt etwa fünf Monate, die Setzzeit ist im März/April. Es werden ein bis zwei Lämmer geboren, die Säugezeit beträgt etwa sechs Monate.

Das Fluchtverhalten der Europäischen Mufflons ist an ihren eigentlichen Hochgebirgslebensraum angepasst: Bei Bedrohung flüchten sie in unzugängliche Felswände. Im Flachland flüchten sie entsprechend nur kurze Strecken und werden so leichte Beute für Verfolger.

Geschichte

Es ist unklar, ob der Europäische Mufflon durch Beschneidung der Lebensräume und starke Bejagung vor 3000 bis 4000 Jahren in Europa ausgerottet wurde und einzig auf Korsika und Sardinien überlebte oder ob er erst in vorgeschichtlicher Zeit in den Mittelmeerraum eingeführt wurde. Nach Meinung mancher Zoologen ist der Europäische Mufflon kein echtes Wildschaf, sondern Nachfahre einer sehr ursprünglichen Hausschafrasse. Tatsächlich gibt es starke Anzeichen dafür, dass Europäische Mufflons erst vor etwa 7000 Jahren als Begleiter des jungsteinzeitlichen Menschen nach Korsika und Sardinien gelangten, da aus früheren Zeiten keine Spuren von ihnen auffindbar sind.

In den letzten 200 Jahren sind Europäische Mufflons in Europa an verschiedenen Stellen ausgesetzt worden. Bereits Prinz Eugen von Savoyen hielt in seinem Wiener Tierpark Muffelwild, wovon einige in den Lainzer Tiergarten gelangten. 1840 führte man dort weitere 19 Exemplare aus Korsika und Sardinien ein. Nach zwanzigjähriger Hege konnten bereits 60 Böcke geschossen werden, und mit etwas später in Ungarn, Böhmen und Schlesien ausgesetzten Tieren machte man ähnliche Erfahrungen.

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wurden sie direkt aus Sardinien und Korsika als Park- und Jagdwild in Deutschland eingeführt. Hier trieb vor allem der Hamburger Kaufmann Oscar Louis Tesdorpf die Einbürgerung voran. Die ersten Exemplare wurden 1903 in der Göhrde ausgesetzt, die nächsten 1906 im Revier Harzgerode, dann folgten der Taunus und der Solling. Überall bevorzugte der Mufflon ebene oder niedere Lagen mit Waldbewuchs und nicht wie erwartet gebirgige Gegenden mit Felsen. Allmählich ging man dazu über, auch Hausschafmischlinge auszusetzen, insbesondere Kreuzungen mit dem Zackelschaf.

Nach einem Rückgang im Ersten Weltkrieg zählte man im Jahr 1938 allein im Deutschen Reich bereits wieder etwa 2500 Stück.[2] Nach einem neuen Rückgang im Zweiten Weltkrieg betrug der weltweite Bestand 1954 nur noch etwa 4.500 Stück. Danach erholten sich die Bestände aufgrund sorgfältiger Hege wieder und waren 1967 auf etwa 20.000 Stück angewachsen. In der Bundesrepublik Deutschland betrug der Bestand zu dieser Zeit 7000, in Österreich über 2000 und in Ungarn und der Tschechoslowakei ebenfalls 2000 Stück.[3]

Im Bayerischen Wald wurden Mufflons 1971 bis 1974 über den Wittelsbacher Ausgleichsfonds an der Südseite eingebürgert. Zeitweise wuchs der Bestand auf fast 100 Tiere an. Bis Anfang 2008 sank er wieder, verursacht durch Tourismus, Bejagung und den neu erschienen Luchs, auf etwas mehr als 30 Exemplare im Gebiet des Geißkopfs.[4]

In Luxemburg wurden im Januar 1969 einige Mufflons aus dem großherzoglichen Gehege bei Imbringen im Grünewald, wo es sie seit 1905 gab, in das staatliche Gehege bei Kaundorf im Ösling gebracht; sie wurden 1970 freigelassen und haben sich im Obersauer-Gebiet ausgebreitet.[5] Außerdem gibt es Mufflons im Raume Hosingen (Ösling) und vor allem im Kanton Echternach (Gutland).[6]

Heutige Verbreitung

Auf Korsika und Sardinien ist der Europäische Mufflon durch Jagd und Wilderei gefährdet. Die ungünstige Bilanz auf den Mittelmeerinseln steht im Kontrast zum Bestand im übrigen heutigen Verbreitungsgebiet. Die Hauptvorkommen befinden sich heute in Frankreich, Deutschland, Österreich, der Slowakei, Ungarn, Serbien, Kroatien und Bulgarien. Die Auswilderung von Europäischen Mufflons in Kontinentaleuropa hat sie vor dem Aussterben bewahrt.

Die Bestandszahlen lagen auf Sardinien um 1955 bei etwa 700 Stück, 1967 nur noch bei 300 bis 400 Stück, heute bei 2.000. Auf Korsika betrugen sie 1967 etwa 180, heute 800. In den eingeführten Populationen Mitteleuropas leben etwa 60.000 Tiere, davon in Deutschland (2002) rund 8000.[7]. Anfang der 80er Jahre wanderten Tiere von Frankreich her in den schweizerischen Kanton Wallis ein, wo heute zwei Kolonien mit einem Bestand von rund 200 Tieren vorkommen. Die IUCN führt den Europäischen Mufflon als gefährdet.

Das Mufflon wurde unter anderem Anfang der 90er Jahre wieder in Teilen Deutschlands ausgewildert. Seitdem können beispielsweise in Brandenburg (Landkreis Teltow-Fläming) einige Herden mit einer Anzahl von bis zu 40 Tieren gezählt werden. Aufgrund einer eher geringen Bejagung der Tiere, ist der Fortbestand auf Dauer gesichert. Der märkische Boden, sowie die weitgehende Kiefernmonokultur scheint sich nicht negativ auf das Schaf auszuwirken.

Jagd

Muffelwild ist sehr empfindlich, im Vergleich zu Rehen ist es viel aufmerksamer.

In Deutschland wird die Bejagung des Mufflons durch das Jagdrecht nach dem Bundesjagdgesetz geregelt. In Kärnten gilt die Schusszeit des Muffelwildes von 1. Juli bis 31. Dezember.

Einzelnachweise

  1. Beatrix Stoepel: Wölfe in Deutschland. Hamburg 2004. ISBN 978-3-455-09470-1.
  2. Ludwig Zukowsky: Aus Wald und Flur. Tiere unserer Heimat; Cigaretten-Bilderdienst Hamburg-Bahrenfeld, 1939
  3. D. Müller Using in Grzimeks Tierleben, 1968
  4. Das Mufflon ist selten geworden; Der Bayerwald-Bote (Passauer Neue Presse), Nr. 15, 18. Januar 2008
  5. J.A. Massard & P. Kintziger: Le Mouflon (Ovis ammon musimon) au Luxembourg: notes historiques sur son introduction et analyse de la population des mouflons de la région de la Haute-Sûre. Bulletin de la Société des Naturalistes luxembourgeois 95 (1994), S. 187-208.
  6. F. Adam: Muffelwild in Luxemburg. Projet de fin d’études, 13e Environnement naturel, Lycée technique agricole d’Ettelbruck, avril 2003. Ettelbruck 2003, Lycée technique agricole, 54 S. (unveröffentlicht).
  7. Frühere Verbreitungszahlen laut Müller-Using in Grzimeks Tierleben, neue laut http://ordnungsdienst.net/index.php?content=extras_verhaltensbiologie

Literatur

  • Holger Piegert, Walter Uloth: Der Europäische Mufflon. DSV-Verlag, Hamburg 2005, ISBN 3-88412-429-3.
  • Herbert Tomiczek, Friedrich Türcke: Das Muffelwild. Naturgeschichte, Hege und Jagd. Kosmos, Stuttgart 2003, ISBN 3-440-09652-1.
  • Walter Uloth: Das Muffelwild. Ovis ammon musimon. Die neue Brehm-Bücherei, Band 491. Westarp-Wissenschafts-Verlags-Gesellschaft, Hohenwarsleben 2004, ISBN 3-89432-175-X.
  • Manfred Fischer, Hans-Georg Schumann: Muffelwild. Ansprechen und bejagen. Neumann-Neudamm, Melsungen 2004, ISBN 3-7888-0826-8.

Weblinks


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