Nasalhelm

Nasalhelm

Der Nasalhelm war ein mittelalterlicher Helmtypus, der sich aus den konischen Spangenhelmen und Bügelhelmen entwickelt hatte. Die nur in wenigen Originalexemplaren erhaltene Helmform erscheint besonders im 11./12. Jahrhundert auf zahlreichen Bildquellen, wurde allerdings noch bis ins ausgehende 13. Jahrhundert verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Der Nasalhelm

Krieger mit Nasalhelmen auf dem Teppich von Bayeux
Die klassischen hochmittelalterlichen Helmtypen: Topf- und Nasalhelme, Hirnhauben und Eisenhüte (Maciejowski Bibel, Frankreich, um 1250)
Der Helm des hl. Wenzel im Prager Domschatz
Der Nasalhelm aus Olmütz. Dieser mährische Helm des 11. Jhdt. ist einer der fünf erhaltenen originalen Nasalhelme des Hochmittelalters.

Der Nasalhelm war eine Variante des Spangenhelms oder des Bügelhelms, der über ein Nasenstück (Nasal) verfügte, welches manchmal zum unteren Ende zunehmend breiter wird. Die Helmglocke läuft spitz zu, wodurch der Schutzeffekt erhöht wird. Ab dem 10. Jahrhundert wurde der Nasalhelm, im Gegensatz zum mehrteiligen Spangenhelm und zweiteiligen Bügelhelm, zunehmend nur noch aus einer einzigen Eisenplatte geschmiedet. Unter dem Nasalhelm wurde als zusätzlicher Schutz oft eine Haube aus Kettengeflecht getragen. Der Nasalhelm ist fälschlicherweise auch als Normannenhelm bekannt, obwohl er in ganz Europa verwendet wurde.

Die meisten Nasalhelme wurden in den slawisch besiedelten Gebieten Mittel- und Osteuropas gefunden. Die Verbindung mit den Normannen könnte auf die Bekanntheit des Teppichs von Bayeux zurückgehen, auf dem zahlreiche normannische Ritter mit einem Nasalhelm abgebildet sind. Auch die auf dem Teppich abgebildeten Angelsachsen tragen Nasalhelme, was von der Verbreitung des oftmals für ausschließlich normannisch gehaltenen Helmes zeugt. Ein Nasalhelm mit einem besonders breiten Nasenstück konnte die Identität seines Trägers verbergen, was auch auf dem Teppich von Bayeux angedeutet wird.

Im 13. Jahrhundert wurde der Topfhelm zum bevorzugten Kopfschutz des kämpfenden west- und mitteleuropäischen Adels, doch wurde der Nasalhelm erst gegen Ende desselben Jahrhunderts vollständig von anderen Helmarten verdrängt.

Ähnlich wie die jüngeren Topf- und Kübelhelme waren auch viele Nasalhelme ursprünglich heraldisch bemalt oder trugen eine Helmzier. Eine Miniatur im Liber ad honorem Augusti sive de rebus Siculis des Petrus de Ebulo (1195/97, Bern, Burgerbibliothek) deutet darauf hin, dass Kreuzfahrer sich durch eine entsprechende Helmbemalung auswiesen.

Einige der wenigen erhaltenen Originalhelme werden am unteren Rand durch Lochungen unterbrochen, die in der Literatur gelegentlich als "Nietlochungen" interpretiert werden. Tatsächlich dürfte es sich hier um Bohrungen zur Befestigung einer Helmpolsterung handeln, oder in den Löchern wurde ein Ringpanzergeflecht als Halsschutz eingehängt. Solche "Halsbergen" scheinen ab dem frühen 12. Jahrhundert verwendet worden zu sein. Jüngere Nasalhelme tragen dementsprechend auch meist einen kleinen Haken am Ende des Naseneisens. Die Halsberge konnte so hochgezogen werden und schützte nun auch die untere Kopfhälfte, machte ihren Träger aber weitgehend unkenntlich. Diese "Vollverkleidung" des Kopfes führte schließlich zur Entwicklung der Topf- und Kübelhelme des Hochmittelalters.

Der Helm des Heiligen Wenzel

Der wohl bekannteste erhaltene "Nasalhelm" ist der sog. Wenzelshelm im Prager Domschatz. Das Exemplar besteht allerdings aus einer jüngeren Eisenkalotte (wohl 10. Jahrhundert) und einem älteren frühmittelalterlichen, kreuzförmigen Nasenstück. Der Helm wäre in dieser Form nicht im Kampf einsetzbar gewesen. Es handelt sich offenbar um einen reinen Repräsentationshelm, dessen mit Silberblech beschlagenes und reich verziertes Nasal wohl aus dem skandinavischen Raum stammen dürfte. Möglicherweise wurde der Helm auch speziell als Reliquie zur Verehrung des hl. Wenzel von Böhmen angefertigt, also tatsächlich niemals vom Přemyslidenfürsten getragen.

Erhaltene Originalhelme

Die genaue zeitliche Einordnung der fünf erhaltenen Originalexemplare ist schwierig. Sie werden meist grob ins 11./12 Jahrhundert datiert. Die etwas ältere Helmform zeigt noch keinen Haken am Nasaleisen, dürfte also bis zum Ende des 11. Jahrhunderts hergestellt worden sein. Der Helm des Heiligen Wenzel in Prag ist im wissenschaftlichen Sinn nicht als "echter" Nasalhelm einzuordnen.

Literatur

  • Matthias Pfaffenbichler (Hrsg.): Kreuzritter - Pilger, Krieger, Abenteurer. [Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, Schallaburg Kulturbetriebsges. m.b.H., 31. März bis 4. November 2007]. Schallaburg, 2007. ISBN 978-9502342-0-5 (formal falsche ISBN)
  • Christoph Stiegemann, Matthias Wemhoff (Hrsg.): Canossa 1077 - Erschütterung der Welt, Bd. 2 (Katalog). Hirmer, München 2006, ISBN 3-7774-2865-5

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Normannenhelm — Der Nasalhelm war ein mittelalterlicher Helmtypus, der sich aus den konischen Spangenhelmen und Bügelhelmen entwickelt hatte. Nasalhelme auf dem Teppich von Bayeux: Der Tod König Harolds, als ihn ein Pfeil ins Auge trifft …   Deutsch Wikipedia

  • Gefechtshelm — Der Ausdruck Helm bezeichnet eine stabile schützende Kopfbedeckung gegen mechanische Einwirkungen. Ursprünglich nur im militärischen Bereich genutzt, leistet heutzutage der Helm auch im zivilen Bereich einen Beitrag zum Schutz vor (Kopf… …   Deutsch Wikipedia

  • Helm (Militär) — Der Ausdruck Helm bezeichnet eine stabile schützende Kopfbedeckung gegen mechanische Einwirkungen. Ursprünglich nur im militärischen Bereich genutzt, leistet heutzutage der Helm auch im zivilen Bereich einen Beitrag zum Schutz vor (Kopf… …   Deutsch Wikipedia

  • Kampfhelm — Der Ausdruck Helm bezeichnet eine stabile schützende Kopfbedeckung gegen mechanische Einwirkungen. Ursprünglich nur im militärischen Bereich genutzt, leistet heutzutage der Helm auch im zivilen Bereich einen Beitrag zum Schutz vor (Kopf… …   Deutsch Wikipedia

  • Helm — Krieger mit Helm (1645) Sportlerin mit …   Deutsch Wikipedia

  • Kübelhelm — Hochmittelalterlicher Kübelhelm (um 1300) aus dem Südzwinger der Burg Treuchtlingen in Mittelfranken …   Deutsch Wikipedia

  • Bügelhelm — Spätrömischer Kammhelm, gefunden in der Wertach, aufbewahrt im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg; 4. Jahrhundert n. Chr. Der Bügelhelm (eng. Ridge Helmet), manchmal auch Kammhelm genannt, war ein ursprünglich persischer Helmty …   Deutsch Wikipedia

  • Deutschordensbanner der Schlacht bei Tannenberg (1410) — Die Deutschordensbanner der Schlacht bei Tannenberg (1410) sind jene Fahnen des Deutschen Ordens, die den polnisch litauischen Siegern nach der Schlacht bei Tannenberg (in Polen als Schlacht bei Grunwald bezeichnet) in die Hände fielen und als… …   Deutsch Wikipedia

  • Druschinnik — Dieser Artikel oder Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (Literatur, Webseiten oder Einzelnachweisen) versehen. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst gelöscht. Hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und… …   Deutsch Wikipedia

  • Drushinnik — Dieser Artikel oder Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (Literatur, Webseiten oder Einzelnachweisen) versehen. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst gelöscht. Hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”