- Neues Kornhaus
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Das Kornhaus (eigentlich Neues Kornhaus) war ein Ende des 16. Jahrhundert errichtetes prächtiges Speichergebäude in Bremen, dessen Gesamtgestalt im Stile der Weserrenaissance maßgeblich durch die Arbeit Lüder von Bentheims geprägt wurde.
Inhaltsverzeichnis
Bau und Gestalt
Mitte des 16. Jahrhunderts wurde nach dem Abriss eines Teils der alten Stadtmauer, der das Stephaniviertel von der Bremer Altstadt trennte, und dem Abriss des Fangturms, Langenstraße 76 ein größeres Grundstück zwischen Weser und Langenstraße – direkt vor dem als „Natel“ benannten Tor – frei. Der Bremer Rat entschloss sich auf dem Grundstück Langenstraße Nr. 78 [1] [2] einen großen Kornspeicher zur errichten. Zur Unterscheidung vom Alten Kornhaus an der Martinikirche nannte man diesen Bau „Neues Kornhaus“ – später war das Gebäude jedoch meist nur als „Kornhaus“ bekannt.
Da die Fläche für den geplanten Bau nicht groß genug war, wurden 1566 noch zusätzlich angrenzende Grundstücke erworben, die der Familie von Bürgermeister Daniel von Büren gehörten. Der eigentliche Bau des Kornhauses begann erst 1590. Dabei wurden Teile des Fangturms – der einst den Abschluss der alten Stadtmauer an der Weserseite bildete – in der östlichen Seitenwand des Kornhauses verbaut [3]. Die Arbeiten oblagen Zimmermeister Tölke Hardenacke, Maurermeister Jacob Hellemann, Schmiedemeister Giseke Knepel und Steinmetzmeister Lüder von Bentheim. 1591 wurde das Neue Kornhaus fertiggestellt.
Die stattlichen Maße des aus Backstein und Eichenholz errichteten Gebäudes betrugen 52,50 Meter in der Länge und 14,80 Meter in der Breite. Es verfügte über einen hohen Renaissance-Giebel, ähnlich dem der zwischen 1586 und 1588 gebauten Stadtwaage. Es hatte vier Hauptstockwerke, ein Untergeschoss und vier Dachböden. Im Erdgeschoss befand sich eine Stube für die „Kornherren“, der Rest war ausschließlich zur Einlagerung von Getreide bestimmt.
Die Verzierungen aus Sandstein an den beiden Giebelfassaden durch von Bentheim umfassten Eckquader mit Kreisornamenten, muschelförmigen Bögen, die die Fensterpaare zusammenfassten, Simsbänder, die die Etagen unterteilten und im Bereich der Giebels mit kleinen Obelisken abgeschlossen wurden, sowie ein wellenförmiges Rollwerk als Giebelkontur. Im ersten Geschoss zur Straßenfront waren darüber hinaus das Bremer Stadtwappen mit dem Datum „Anno 1591“ und folgende Inschriften angebracht: „Rolandt hat diese Kornscheuren / An stat der alten Stattmauren / Lassen an diesen Ordt bawenn / zu Behof seiner getrawenn / Bürgerschaffz damit sie han Brodt / In Teurungs Zeit und Krieges Nodt.“ (etwa: „Roland hat diesen Kornspeicher an Stelle der alten Stadtmauer bauen lassen für seine treue Bürgerschaft, damit sie Brot habe in Zeiten der Knappheit und des Krieges“).
Auf der Seite zur Langenstraße gab es ein oberhalb des Straßenniveaus angebrachtes zweiflügeliges Tor, von dem aus Fuhrwerke direkt beladen werden konnten. Auf der Weserseite schloss das Gebäude mit der Ufermauer ab, so dass Schiffe unmittelbar am Kornhaus anlegen und entladen werden konnten.
Nutzung
Die Aufsicht über das Kornhaus unterstand zwei Ratsherren, zwei Elterleuten des Kaufmanns, zwei Kaufleuten, einem Bäcker und einem Kramer. Darüber hinaus waren hier ein Schreiber und mehrere Kornmesser beschäftigt. Sie überwachten, dass von jeder Lieferung Getreide, die in Bremen eintraf, je Last zwei Scheffel an die Stadt abgegeben wurden [4]. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verlor das Kornhaus seine Funktion als städtischer Getreidespeicher und wurde fortan als Packhaus an Kaufleute vermietet.
Was blieb
Am 6. Oktober 1944 wurde das Kornhaus bei einem Luftangriff zerstört und nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder aufgebaut. Das alte Stadtwappen der Fassade mit der Inschrift „Anno 1591“ befindet sich heute am Eingang des Bremer Staatsarchivs am Fedelhören Ecke Präsident-Kennedy-Platz.
Einzelnachweise
- ↑ Dr. E. Prosch: Alt Bremisches aus neuer Zeit, Abb. 37 und 38, Hauschild, Bremen, 1908
- ↑ Karolin Bubke: Die Bremer Stadtmauer, Seite 70ff, Staatsarchiv Bremen, Bremen, 2007
- ↑ Herbert Schwarzwälder: Das Große Bremen-Lexikon. Edition Temmen, Bremen 2003, Band I, S. 247
- ↑ Herbert Schwarzwälder: Das Große Bremen-Lexikon. Edition Temmen, Bremen 2003, Band I, S. 492
Literatur
- Rudolf Stein: Romanische, gotische und Renaissance-Baukunst in Bremen. Hauschild Verlag, Bremen 1962
53.0788888888898.7983333333333Koordinaten: 53° 4′ 44″ N, 8° 47′ 54″ O
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