- Niederdeutsche Bühne Bremen
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Das Waldau Theater in Bremen-Walle ist ein privates Theater mit über 500 Sitzplätzen. Ursprünglich war es das Haus der Theatergruppe „Niederdeutsche Bühne Bremen“. Die Gruppe war die erste in Bremen, die nach dem 2. Weltkrieg wieder über ein eigenes Haus und eine für damalige Verhältnisse moderne Bühne verfügte. Heute beherbergt das Traditionshaus die Bremer Musical Company, die das Theater mit eigenen Stücken bespielt, aber die Bühne auch für Fremdproduktionen öffnet.
Inhaltsverzeichnis
Die ersten Jahre (1928–1944)
Als Geburtsjahr des Waldau Theaters kann man das Jahr 1928 sehen. In diesem Jahr gründete eine kleine Gruppe von sechs Theaterbegeisterten den Gröpelinger Theaterverein als hochdeutsches Amateurtheater. Unter den Gründungsmitgliedern befindet sich auch der spätere Namensgeber des Hauses: Ernst Waldau.
Bereits 1930, der Theaterverein nennt sich inzwischen Bremer Volksspielkunst-Gemeinschaft, verfügt die Gruppe über 160 aktive Mitglieder. Spielort dieser Gruppe ist das „Kaffeehaus Gröpelingen“. 1931 zieht die Gemeinschaft in das größere „Café zur Post“ im benachbarten Walle um. Im darauf folgenden Jahr entsteht die Waller Speeldeel als Untergruppe in der Volksspielkunst-Gemeinschaft. Die Waller Speeldeel führt, im Gegensatz zur Hauptgruppe, Stücke in niederdeutscher Sprache auf. 1933 werden in der gesamten Gruppe die hochdeutschen Stücke zunehmend durch niederdeutsche ersetzt. Das Theater zieht erneut um, diesmal in das „Café Lehmkuhl“, welches sich ebenfalls in Walle befindet. 1939 wird die Schauspiel-Gemeinschaft in den Niederdeutschen Bühnenbund aufgenommen und in „Niederdeutsche Bühne Bremen“ umbenannt. Die Stücke der Niederdeutschen Bühne sind nun komplett in niederdeutscher Sprache.
1940 schließt sich mit der Hemelinger Speeldeel eine weitere Theatergruppe aus Bremen der Niederdeutschen Bühne Bremen an. Die neu formatierte Gruppe tritt im gesamten norddeutschen Raum auf. Durch die Qualität der Stücke und der ungeheuren Popularität der Schauspieler im Bremer Raum gelangt die Niederdeutsche Bühne Bremen zu einigen Engagements im Bremer Staatstheater und dem Schauspielhaus. 1944 kommt es dann zum ersten Tiefpunkt in der Geschichte des Niederdeutschen Theaters Bremen. Im Rahmen der totalen Mobilmachung der Nazis wird die Schließung des Theaters angeordnet. Bei Bombenangriffen auf das Bremer Hafengebiet geht der gesamte Dekorationsfundus des Theaters verloren.
Nach dem Krieg (1945–1950)
Im Laufe des Winters 1945/46 kristallisiert sich immer mehr heraus, dass die „Niederdeutsche Bühne Bremen“ ein eigenes Haus braucht, in dem sie auftreten kann. Die Planung und Organisation für den Bau übernimmt der gelernte Bauingenieur und Gründungsmitglied der Gruppe, Ernst Waldau. Die Materialien, die für den Bau des Theaters notwendig sind, werden aus zerstörten Gebäuden besorgt. Die Grundsteinlegung für das Gebäude des Niederdeutschen Theaters ist am 4. April 1946. Das Ensemble sammelt insgesamt über 18.000 Steine für den Bau des neuen Theatergebäudes an der Waller Heerstrasse. Das erste Gestühl besteht aus Dural-Flugzeugblechen, die Ernst Waldau von der Firma Focke-Achgelis in Lemwerder organisiert.
Am 10. Mai 1946 erteilt Captain Alex Saron im Namen der amerikanischen Militärregierung eine neue Spiellizenz für die Theatergruppe unter der Leitung von Walter Ernst. Die Niederdeutsche Bühne tritt zunächst in Schulen, Turnhallen und im Decla-Theater (einem Kino) auf. Großen Erfolg hat die Gruppe mit einem Stück des Oldenburgschen Schriftstellers August Hinrichs. Sein Stück „Swienskomödi: Een Buernstück in dre Ennens“ („Schweinekomödie: Ein Bauernstück in drei Akten“) sorgt regelmäßig für ausverkaufte Spielstätten.
Im November 1947 erfolgt die Einweihung der eigenen Spielstätte, der sich inzwischen in Niederdeutsches Theater e.V. umbenannten Gruppe. mit dem Stück „De ruge Hoff“ von Fritz Stavenhagen. Die Theaterleitung hat nun Ernst Waldau übernommen. Das Auditorium der Spielstätte fasst 550 Zuschauer. Dennoch sind diese Kapazitäten nicht ausreichend, so dass es wegen des großen Publikumansturmes neben den täglichen Vorstellungen oftmals zu Sonder- und Spätvorstellungen kommt. In der Spielzeit 1947/48 öffnet sich der Vorhang für insgesamt 973 Vorstellungen vor über 400.000 Zuschauern.
Erste Umbauten des Theaters und große Erfolge (1951–1960)
In der Vorweihnachtszeit 1951 wird im Niederdeutschen Theater, wie das Theatergebäude nun heißt, zum ersten Mal Kindertheater aufgeführt. Seitdem freuen sich Kinder aus ganz Bremen jedes Jahr auf das traditionelle Weihnachtsmärchen.
Schon sieben Jahre nach Eröffnung des Theaterbaus erfolgt der erste umfassende Umbau des Hauses. Nach Abschluss der Bauarbeiten wird unter anderem das Theaterrestaurant eröffnet. Kurz darauf erhält die Truppe ihre erste staatliche Förderung für „den Erhalt und die Förderung von niederdeutscher Sprache und Brauchtum“, so die damalige offizielle Erklärung.
Im Jahre 1959 fährt das Theater auf Einladung des Plattdeutschen Volksvereins New York nach Übersee. Die Vorstellungen in New York finden vor ausverkauften Sälen mit „Wenn de Hahn kreit“ („Wenn der Hahn kräht“) von August Hinrichs, „Familienanschluß“ von Karl Bunje und „Komödienspeel“ (Komödienspiel) von Hans Balzer statt. Den Abschluss der Tournee bildet ein Empfang beim damaligen Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten Richard Nixon. Ebenfalls in diesem Jahr eröffnet die hauseigene Schauspielschule und ein erneuter Anbau schafft Platz für ein modernes Bühnen- und Nebenbühnenhaus mit Werkstätten, Malersaal und Künstlergarderoben sowie einem neuen Seitenfoyer.
Das Theater wächst weiter (1961–1980)
Ähnlich wie schon beim Ohnsorg-Theater in Hamburg 1954 zieht 1963 auch in das Niederdeutsche Theater Bremen das Fernsehen ein. Von nun an gibt es zahlreiche Aufzeichnungen von Aufführungen für das Erste Deutsche Fernsehen. Das Haus erhält neben einem eigenen Regieraum auch Standorte für die Kameras. Im Zuge des Engagements für das Fernsehen kommt es 1966 zu weiteren Um- und Anbauten, es werden unter anderem eine moderne Beleuchtungsanlage und eine Probebühne errichtet. Das 40jährige Jubiläum des Theaters wird 1968 mit einem großen Fest gefeiert, bei dem der Publikumsliebling Ernst Waldau das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen bekommt.
Sechs Jahre nach den letzten großen Umbauten wird in den Jahren 1972/73 der Südostflügel des Gebäudes für Verwaltung, Technik und eine Werbeabteilung ausgebaut. Des Weiteren werden die Foyerausgänge zu den oberen Räumen vergrößert und der Westanbau ergänzt. Ab 1974 werden erstmals Theaterstücke für Kinder auch außerhalb der Weihnachtszeit aufgeführt. Das erste Kinderstück dieser Art „Rasmus und der Landstreicher“ von Astrid Lindgren hat im Mai Premiere. Am 8. Mai 1976 werden an 20 Mitglieder des Niederdeutschen Theaters Bremen Auszeichnungen durch den Bühnenbund Niedersachsen verliehen. Fünf von ihnen werden für ihre 40jährige Mitarbeit und die restlichen 15 für ihre 25jährige Mitarbeit geehrt. Die Erweiterung des linken Seitenfoyers wird zu Beginn der Spielzeit 1976/77 fertig gestellt. Im Jahre 1979 legt der langjährige Intendant des Theaters, Ernst Waldau, sein Amt aus gesundheitlichen Gründen nieder. Sein Nachfolger wird Walter Ernst.
Weitere Erfolge und der Untergang (1981–2005)
Am 20. April 1982 stirbt das Gründungsmitglied der Niederdeutschen Bühne Bremen Ernst Waldau im Alter von 78 Jahren. Zu seinem 80. Geburtstag wird die Niederdeutsche Bühne Bremen ihm zu Ehren 1984 in Ernst Waldau Theater umbenannt. 1986 legt Walter Ernst sein Amt als Intendant nach nur sieben Jahren nieder. An seiner Stelle übernimmt nun Ingrid Waldau-Andersen die Geschicke des Ernst Waldau Theaters. Mit dem Eintrag in das Handelsregister 1992 lautet der offizielle Name des Theaters: „Niederdeutsches Ernst-Waldau-Theater gem.GmbH“. Zur neu anlaufenden Spielzeit 1993/94 wird das „Samstag-Star-Abo“ im Theater eingeführt. Zwei Jahre später wird Michael Derda neuer Intendant und Geschäftsführer des Theaters. Mit seinen Inszenierungen setzt er neue Akzente im Spielplan und etabliert die beliebten Boulevardkomödien im freien Verkauf. Zum fünfjährigen Jubiläum des Samstag-Star-Abos 1998 werden unter anderem Walter Giller, Johanna von Koczian, Claus Biederstaedt, Wolfgang Spier und Bill Mockridge als Gäste erwartet.
Im November desselben Jahres kommt es zu einem verheerenden Brand auf der Hinterbühne des Theaters, der den Spielbetrieb für fast zwei Monate lahm legt. Damit die Kinder nicht auf ihr Weihnachtsmärchen verzichten müssen wird die Aufführung des Stücks „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ während dieser Zeit in die Messehalle 4.1 auf der Bremer Bürgerweide verlegt. Unter der Schirmherrschaft des damaligen Bremer Bürgermeisters Dr. Henning Scherf kommt es zu einem Spendenaufruf zum Wiederaufbau des Theaters. Bereits zum Silvesterabend kann auf der Bühne wieder Theater gespielt werden.
Anlässlich des 250. Jahrestages der Geburt Johann Wolfgang von Goethes und dem damit verbundenen Goethe-Jahr 1999 führt das Waldau Theater den Klassiker „Faust“ in einer zweisprachigen Fassung (hoch- und niederdeutsch) auf.
Mit „The Rocky Horror Show“ von Richard O’Brien steht im darauf folgenden Jahr erstmals ein Musical auf dem neuen Spielplan. Auch die „Bremer Musical Company“ steht in diesem Jahr zum ersten Mal auf der Bühne des Ernst-Waldau-Theaters“. Die Eigenproduktion des Stückes „Träume“ feiert auf dieser Bühne ihre Uraufführung. Das Publikum ist von den Musical Darbietungen begeistert, dennoch steht das Theater vor der Zahlungsunfähigkeit. In Zusammenarbeit mit der Kulturmanagement-Bremen (KMB) entsteht ein Sanierungskonzept, das den Fortbestand des Hauses vorerst sichert. Im Laufe dieses Konzeptes entwickelt das Theater das „Boulevard-Star-Abo“, eine Kombination aus anspruchsvollen Gastspielprogrammen, wie Musicals und Kabarett, sowie eigenen Boulevardkomödien. Aber alle Erfolge und öffentlichen Zuschüsse retten das Haus nicht vor Problemen, die am Ende in die Insolvenz führen. 2004 ist es dann soweit; im Waldau Theater fällt der vorerst letzte Vorhang. Kurze Zeit später übernehmen die beiden ehemaligen Waldau-Schauspieler Susanne und Klaus Marth die Leitung des Hauses unter dem Namen „Marths im Waldau“. Doch ohne staatliche Zuschüsse können auch sie das Theater nicht am Leben erhalten. Im November und Dezember 2005 nutzt das Bremer Theater die Bühne des Waldau Theaters, um ihre Weihnachtsmärchen zu spielen.
Ein neuer Anfang (seit 2006)
Am 1. Januar 2006 wird das Gebäude des Waldau Theaters von Thomas Blaeschke, dem Intendanten der 1997 gegründeten Bremer Musical Company, gekauft. Mit ihm ist ein neuer Besitzer gefunden, der das Theater mit seiner Gruppe wieder erfolgreich bespielt. Außerdem hat er mit der European Musical Academy (EUMAC) eine private und staatlich anerkannte Schule zur Ausbildung zum Musicaldarsteller in das Haus integriert. Auf dem Spielplan des „Waldau Theater – Theater der Kulturen“ stehen neben den Musicals der Company auch weiterhin Boulevardkomödien, Klassiker und aktuelle Komödien niederdeutscher Autoren. Die Tradition der Weihnachtsmärchen wird ebenfalls, jetzt als Weihnachtsmusicals, unter dem neuen Betreiber fortgeführt.
Quellen
- Ingrid Waldau und Michael Kruse: Mein Waldau-Theater. Schünemann, Bremen 2008; ISBN 978-3-7961-1915-6
- Radio Bremen Online: 60 Jahre Waldau Theater, [1], 15. August 2008
- Welt Online: Trauriges Jubiläum im Bremer Waldau-Theater, [2], 16. August 2008
- Neue Musikzeitung Online: Bremen: Insolventes Waldau-Theater hat neuen Betreiber [3], 16. August 2008
Weblinks
53.1036111111118.7852777777778Koordinaten: 53° 6′ 13″ N, 8° 47′ 7″ O
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