Nitrophenole

Nitrophenole
Nitrophenole
Name 2-Nitrophenol 3-Nitrophenol 4-Nitrophenol
Andere Namen o-Nitrophenol,
1-Hydroxy-2-nitrobenzol
m-Nitrophenol,
1-Hydroxy-3-nitrobenzol
p-Nitrophenol,
1-Hydroxy-4-nitrobenzol
Strukturformel O-Nitrophenol.svg M-Nitrophenol.svg P-Nitrophenol.svg
CAS-Nummer 88-75-5 554-84-7 100-02-7
PubChem 6947 11137 980
Summenformel C6H5NO3
Molare Masse 139,11 g·mol−1
Aggregatzustand fest
Kurzbeschreibung
gelbliche Nadeln
oder Prismen[1][2]
farblose Kristalle[3]
 
farblose Kristalle[4][2]
 
Schmelzpunkt 44 °C[1] 97 °C[3] 113–115 °C[4]
Siedepunkt 214 °C[1] 194 °C[3] Zers.[4]
pKs-Wert[5] 7,21 8,38 7,16
Löslichkeit 2,1 g/l (20 °C)[1] 13,5 g/l (25 °C)[3] 14,8 g/l (25 °C)[4]
schwerlöslich in Wasser, löslich in Ethanol, Ether und Chloroform
GHS-
Einstufung

[6][7][4]
07 – Achtung
Achtung
05 – Ätzend 07 – Achtung
Gefahr
06 – Giftig oder sehr giftig 08 – Gesundheitsgefährdend
Gefahr
H- und P-Sätze 302-315-319-335 302-315-318 301-373-312-332
keine EUH-Sätze keine EUH-Sätze keine EUH-Sätze
261-​305+351+338 280-​305+351+338 280-​302+352-​309+310
Gefahrstoff-
kennzeichnung

[1][3][4]
Reizend
Reizend
(Xi)
Gesundheitsschädlich
Gesundheits-
schädlich
(Xn)
Gesundheitsschädlich
Gesundheits-
schädlich
(Xn)
R-Sätze 38 21/22-36-52/53 20/21/22-33
S-Sätze keine S-Sätze 26-28-36-61 (2)-28

Die Nitrophenole bilden in der Chemie eine Stoffgruppe, die sich sowohl vom Phenol als auch vom Nitrobenzol ableitet. Die Struktur besteht aus einem Benzolring mit angefügter Hydroxy- (–OH) und Nitrogruppe (–NO2) als Substituenten. Durch deren unterschiedliche Anordnung ergeben sich drei Konstitutionsisomere mit der Summenformel C6H5NO3. Sie sind zumeist durch Nitrierung von Phenol mit (konzentrierter) Salpetersäure zugänglich. Einige Nitrophenole fallen durch ihre intensive gelbe Farbe auf.

Inhaltsverzeichnis

Darstellung

2- und 4-Nitrophenol entstehen im Gemisch bei der Nitrierung von Phenol mit verdünnter Salpetersäure. Der −I-Effekt und der +M-Effekt der Hydroxygruppe des Phenols wirken bei der Zweitsubstitution ortho-para-dirigierend. Die Trennung gelingt mittels Wasserdampfdestillation, wobei nur das o-Nitrophenol übergeht.[8][9]

Synthesis o- and p-Nitrophenol.svg

Beide Isomere können zu 2,4-Dinitrophenol und zu Pikrinsäure weiternitriert werden.

Die Darstellung von 3-Nitrophenol gelingt in zwei Stufen, zunächst durch Halogenierung (z. B. Cl2/AlCl3) von Nitrobenzol (meta-dirigierend); anschließend erfolgt in einer nukleophilen aromatischen Substitution der Tausch des Halogenatoms durch OH:

Synthesis m-nitrophenol v.1.png

Ein weiterer Weg läuft über die Diazotierung von 3-Nitroanilin und anschließendes Verkochen des Diazoniumsalzes.

Synthesis m-Nitrophenol B.svg

Eigenschaften

Nitrophenole sind kristalline Feststoffe; sie sind schwerlöslich in Wasser, löslich in Ethanol, Ether und Chloroform. 4-Nitrophenol hat einen schwach phenolartigen Geruch.

2-Nitrophenol mit intramolekularer Wasserstoffbrücke

pKs-Werte

Der schwach saure Charakter des Phenols ist durch die Mesomeriestabilisierung des Phenolat-Ions zu begründen. Die Nitrogruppen wirken elektronenziehend; die phenolische OH-Bindung wird zunehmend polarisiert. 2- und 4-Nitrophenol besitzen gegenüber dem 3-Nitrophenol einen niedrigeren pKs-Wert; damit sind deren Aciditäten größer. Bei der ortho- und para-Form kann das Phenolat-Ion eine Doppelbindung auf die elektronenziehende Nitrogruppe (−M-Effekt) verschieben. Das zweite O kann dort einen negativen Ladungsschwerpunkt ausbilden. Bei der meta-Form ist das nicht möglich.

Schmelzpunkte

Die Schmelzpunkte zeigen deutliche Unterschiede. Das 2-Nitrophenol besitzt den niedrigsten Schmelzpunkt, da es eine intramolekulare Wasserstoffbrücke ausbilden kann. Die beiden anderen Isomere bilden im Gegensatz dazu intermolekulare Wasserstoffbrücken aus. Beim 2-Nitrophenol ist Energie zum Aufbrechen dieser Brücken nicht erforderlich. Das 4-Nitrophenol besitzt aufgrund seiner Symmetrie den höchsten Schmelzpunkt.

Löslichkeit in Wasser

Die Nitrophenole sind in Wasser schwerlöslich, die Werte unterscheiden sich aber innerhalb dieser Gruppe. Die deutlich schlechtere Löslichkeit des 2-Nitrophenols in Wasser lässt sich ebenfalls mit der intramolekularen Wasserstoffbrücke gut erklären. Das Molekül ist dadurch nach außen hin deutlich unpolarer. Dagegen sind die Löslichkeiten des 3- und 4-Nitrophenols etwa gleich und im Vergleich deutlich besser. Hier bilden sich nun zwischen der phenolischen Hydroxygruppe und Wasser eher intermolekulare Wasserstoffbrücken.

Nachweis

Zum qualitativ-analytischen Nachweis entsteht bei der Bromierung mit Kaliumbromid und Brom beim 2-Nitrophenol das 4,6-Dibromderivat,[10] das einen Schmelzpunkt von 117 °C hat.[11] Beim 4-Nitrophenol entsteht das 2,6-Dibromderivat mit einem Schmelzpunkt von 142 °C.[12] 3-Nitrophenol wird mit KBr/Br2 ebenfalls zweifach bromiert, das Produkt schmilzt bei 91 °C.[13]

Bromination o-Nitrophenol.svg
Bromination p-Nitrophenol.svg

Verwendung

Nitrophenole fallen in der chemischen, pharmazeutischen und Rüstungsindustrie als Zwischenprodukte bei der Produktion von Farben, Leder, Gummi, Pestiziden, Fungiziden, Schädlingsbekämpfungsmitteln und Munition an.

Sicherheitshinweise

Nitrophenole sind giftig beim Einatmen, Verschlucken und Kontakt mit der Haut. Es können Reizungen der Augen, der Verdauungswege, Blutvergiftung, Leberschaden, Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerz und Atemwegsreizung auftreten. Möglicherweise wirken sie krebserregend und sensibilisierend. In Verbindung mit Alkohol wird die Wirkung verstärkt. Bei Berührung mit der Haut sollte sofort mit viel Wasser abgewaschen werden. Sie haben giftige Wirkung auf das Nervensystem von Lebewesen.

Ein großes Problem stellt die Entfernung von Nitrophenolen und verwandten Verbindungen aus dem Grundwasser dar. Solche Kontaminationen sind mitunter in ehemaligen Sprengstoff- oder Farbenfabriken und militärischen Anlagen zu finden. Eine neue Entwicklung zur vollständigen Entfernung von Nitrophenolen aus Grundwasser ist ein Katalysator, der aus Eisen mit einem Tetra-Amido-Makrocyclischen Liganden (Fe-TAML) besteht und die Oxidation der Gifte durch Wasserstoffperoxid ermöglicht. Dabei fallen keine weiteren giftigen Substanzen an. Der Katalysator wurde an der Carnegie Mellon University entwickelt.[14]

Einzelnachweise

  1. a b c d e Eintrag zu 2-Nitrophenol in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 20. Februar 2008 (JavaScript erforderlich).
  2. a b www.seilnacht.com (Phenol)
  3. a b c d e Eintrag zu 3-Nitrophenol in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 20. Februar 2008 (JavaScript erforderlich).
  4. a b c d e f Eintrag zu 4-Nitrophenol in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 20. Februar 2008 (JavaScript erforderlich).
  5. CRC Handbook of Tables for Organic Compound Identification, Third Edition, 1984, ISBN 0-8493-0303-6.
  6. Datenblatt 2-Nitrophenol bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 4. Mai 2011.
  7. Datenblatt 3-Nitrophenol bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 4. Mai 2011.
  8. Vorsuchsvorschrift: Nitrierung von Phenol zu 2-Nitrophenol und 4-Nitrophenol der Sammlung Integriertes Organisch-chemisches Praktikum, abgerufen am 30. Oktober 2011.
  9. Versuchsvorschrift (www.oc-praktikum.de) (PDF-Datei; 213 KB).
  10. Autorengemeinschaft: Organikum, 19. Auflage, Johann Ambrosius Barth, Leipzig · Berlin · Heidelberg 1993, ISBN 3-335-00343-8, S. 331.
  11. "Characterisation of organic compounds", Verlag CUP Archive, S. 84 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  12. "Characterisation of organic compounds", Verlag CUP Archive, S. 86 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  13. Autorengemeinschaft: Organikum, 19. Auflage, Johann Ambrosius Barth, Leipzig · Berlin · Heidelberg 1993, ISBN 3-335-00343-8, S. 653.
  14. WELT online: Katalysator baut Nitrophenol ab (30. August 2005), abgerufen am 25. Februar 2008.

Literatur

  • Allinger, Cava, de Jongh, Johnson, Lebel, Stevens: Organische Chemie, 1. Auflage, Walter de Gruyter, Berlin 1980, ISBN 3-11-004594-X, S. 375–376, 916.
  • Streitwieser/Heathcock: Organische Chemie, 1. Auflage, VCH, Weinheim 1980, ISBN 3-527-25810-8, S. 1056, 1179, 1189–1191.
  • Hans Beyer und Wolfgang Walter: Lehrbuch der Organischen Chemie, 19. Auflage, S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1981, ISBN 3-7776-0356-2, S. 467–468.
  • Morrison/Boyd: Lehrbuch der Organischen Chemie, 3. Auflage, VCH, Weinheim 1986, ISBN 3-527-26067-6, S. 1074–1076, 1121–1122.

Weblinks


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