Nominalstil

Nominalstil

Als Nominalstil bezeichnet man Satzkonstruktionen, in denen weitgehend auf den Gebrauch von Vollverben verzichtet wird und stattdessen Nominalgruppen vorherrschen.

Das Gegenteil davon ist der Verbalstil, der sich durch die Verwendung relativ vieler Verben auszeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Funktion und Wirkung von Verbal- und Nominalstil

Der Verbalstil entspricht eher der Umgangssprache und gilt als lebendiger, allerdings auch langatmiger und weniger prägnant. Man findet ihn häufig in der Belletristik.

Der Nominalstil ist in wissenschaftlichen, behördlichen und fachsprachlichen Texten weit verbreitet; nicht zuletzt aus Gründen der Sprachökonomie, Diversität im Ausdruck und Reduktion syntaktischer Komplexität bei gleichzeitiger Erhöhung informationeller Dichte.

Die Soziolinguistik beschäftigt sich unter anderem mit geschlechterspezifischen Charakteristiken im Sprachverhalten. Man weiß seit den 1990er Jahren, dass Frauen zum Verbalstil tendieren, Männer hingegen zum Nominalstil.[1]

Kontrastive Darstellung zwischen Verbal- und Nominalstil

  1. Der Minister weigerte sich, was zu Streit in der Koalition führte.
  2. Die Weigerung des Ministers führte zu Streit in der Koalition.
  • Zusammensetzungen von Nomina, siehe Komposita:
  1. Der Fernstraßenbau wird privat finanziert. Das Gesetz dazu wurde verabschiedet.
  2. Das Gesetz zur privaten Finanzierung des Fernstraßenbaus wurde verabschiedet.
  3. Das Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz wurde verabschiedet.
  1. Ich habe erwogen, zu messen.
  2. Ich habe in Erwägung gezogen, eine Messung durchzuführen.
  1. Es dauerte, bis das Gesetz in Kraft trat.
  2. Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes dauerte es.
  1. Es war nötig, den Betrieb in Augenschein zu nehmen.
  2. Die Inaugenscheinnahme des Betriebes war nötig.
  1. Ich handelte so, weil ich es aufgrund meines Verstandes vermochte.
  2. Ich handelte vermöge meines Verstandes so.
  1. Dies ist so, weil das Gesetz es vorschreibt.
  2. Dies ist kraft Gesetzes so.
  • Zusammengesetzte Adjektive anstelle linksattributiven Verbalstils
  1. Er kehrte aus der von den Krisen geschüttelten Region zurück.
  2. Er kehrte aus der krisengeschüttelten Region zurück.
  1. Jene Verbindlichkeiten, die sich aus den Folgen der zuvorgenannten Interaktion ergeben, sind relevant geworden. Deswegen müssen wir nun handeln.
  2. Wir müssen wegen der zuvorgenannten interaktionsfolgenrelevanten Verbindlichkeiten nun handeln.
  1. In den Ländern regieren Minister. Sie hatten vor, sich zu treffen. Doch das scheiterte.
  2. Das Vorhaben des Treffens der Minister der Länder scheiterte.
  • Weiteres Beispiel:
  1. Stellvertreter des Vorsitzenden des Komitees antifaschistischer Widerstandskämpfer der DDR …

Die Art, Gedanken über Genitivattribute zu entfalten, ist insbesondere für die Gemeinschaft romanischer Sprachen eigentümlich, in denen genitivische Syntagmen wegen schlankerer Kompositumsemantik und wegen gewohnter Rechtsattribute naturgemäß häufiger vorkommen.

Siehe auch

Literatur

  • Arne Ziegler, Karl-Heinz Best, Gabriel Altmann: Nominalstil. In: etc - Empirische Text- und Kulturforschung 2, 2002, S. 72-85. (PDF-Datei, 4,0 MB)

Einzelnachweise

  1. Linke, Angelika u.a.: Studienbuch Linguistik; Kapitel 8, Soziolinguistik, 8.5.1 Präferenzen im Sprachverhalten von Männern und Frauen, Seite 361 ff, 5. Aufl. Tübingen: Niemeyer 2004, ISBN 3-484-31121-5

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Nominalstil – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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