- Nordkoreanisches Kernwaffenprogramm
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Das nordkoreanische Kernwaffenprogramm wird von der Regierung Nordkoreas energisch vorangetrieben. Abdul Kadir Khan, der "Vater der Atombombe" und Chefentwickler des pakistanischen Atomwaffenprogramms, hatte 2004 den Verkauf geheimer Atomwaffenpläne an Nordkorea gestanden.[1] Nach eigenen Angaben erzeugte Nordkorea am 9. Oktober 2006 erstmals eine Kernwaffenexplosion, wofür es international von den meisten Staaten scharf kritisiert wurde.
Das Land behauptet von sich, es verfüge über mehrere einsatzbereite Atombomben und entsprechende Trägersysteme. Nordkoreanische Wissenschaftler arbeiten derzeit an der Entwicklung einer Interkontinentalrakete des Typs „Taepodong-2“, die mit einem Atomsprengkopf bestückt die Westküste der Vereinigten Staaten erreichen können soll. Nordkorea steht aufgrund des Programms seit einigen Jahren im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit.
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung
Im Jahr 1985 trat Nordkorea auf Druck der UdSSR dem Atomwaffensperrvertrag bei. Nach dem Abzug der amerikanischen Atomwaffen aus Südkorea einigten sich Nord- und Südkorea 1992 auf ein Abkommen, das die Koreanische Halbinsel zur atomwaffenfreien Zone erklärte. Ein Jahr später verweigerte Nordkorea jedoch Inspektoren der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) den Zutritt zur Kerntechnischen Anlage Nyŏngbyŏn und drohte mit dem Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag. Nach zähen Verhandlungen konnte eine Eskalation der Krise durch die Unterzeichnung des Genfer Rahmenabkommens zwischen den USA und Nordkorea am 21. Oktober 1994 vorläufig abgewendet werden. Nordkorea verpflichtete sich darin zur Aufgabe seines Atomwaffenprogramms sowie zum Verbleib im Atomwaffensperrvertrag und zur Fortführung der Kontrollen durch die IAEO. Im Gegenzug sollten die in Nordkorea vorhandenen graphit-moderierten Reaktoren mit amerikanischer Hilfe zu Leichtwasserreaktoren, die zur Herstellung von atomwaffenfähigem Plutonium nicht geeignet sind, umgerüstet werden. Zudem sollte Nordkorea bis zu deren Fertigstellung jährlich Öllieferungen zur Bewältigung seiner Energieprobleme erhalten.
Am 18. April 1996 wurden die ersten „Vier-Parteien-Gespräche“ zwischen Nordkorea, Südkorea, USA und China zelebriert. Aus diesen Gesprächen resultierte am 5. August 1997 die Anerkennung des Waffenstillstandsabkommens von 1953. Weitere Verhandlungen scheiterten.
Am 31. August 1998 überflog eine nordkoreanische Mittelstreckenrakete vom Typ „Taepodong-1“ Japan (siehe auch Kwangmyŏngsŏng).
Im Oktober 2001 bezeichnete US-Präsident George W. Bush Kim Jong-il herabsetzend als „Pygmäen“ und äußerte die Absicht zum Sturz des Staatschefs. In Bushs Rede zur Lage der Nation im Januar 2002 landete Nordkorea auf der Liste der „Schurkenstaaten“, der „Achse des Bösen“. Offiziell betont die amerikanische Regierung jedoch bis heute, dass sie keine Absicht habe, gegen Nordkorea militärisch vorzugehen.
Im Oktober 2002 beschuldigten die USA aufgrund von Geheimdienstberichten Nordkorea, weiterhin an einem Atomwaffenprogramm zu arbeiten und dadurch die Vereinbarungen des Genfer Rahmenabkommens zu verletzen. Die nordkoreanische Regierung äußerte sich nicht direkt zu den Vorwürfen, ließ aber verlauten, dass sie aufgrund der „amerikanischen Aggression“ prinzipiell berechtigt sei, ein solches Programm zu verfolgen. Als Konsequenz stellten die USA im Dezember die Öllieferungen an Nordkorea ein. Daraufhin erklärte Nordkorea am 10. Januar 2003 seinen Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag. Im Mai desselben Jahres erklärte es das Abkommen mit Südkorea über eine atomwaffenfreie Koreanische Halbinsel für nichtig. Die Angaben der US-Geheimdienste 2002 zu den angeblichen Fähigkeiten der Volksrepublik große Mengen hochangereichertes Uran herzustellen, erwiesen sich als Teil einer Desinformationskampagne und weit überzogen, wie man im Februar 2007 einräumen musste.[2][3]
Bekanntgabe
Am 10. Februar 2005 gab Nordkorea schließlich öffentlich bekannt, einsatzfähige Atomwaffen zu besitzen, und kündigte zugleich Atomwaffentests an. Gleichzeitig gab es seinen Rückzug aus den Sechs-Parteien-Gesprächen über die Beilegung des Atomstreites bekannt und drohte mit dem Ausbau seines Arsenals. Die staatliche Nachrichtenagentur Nordkoreas, KCNA, warf in der Verlautbarung den USA eine „Politik zur Isolierung und Erstickung“ vor und rechtfertigte den Atomwaffenbesitz als Mittel der Selbstverteidigung gegen die USA.
Die wieder aufgenommenen Sechs-Parteien-Gespräche gipfelten am 19. September 2005 in einer gemeinsamen Erklärung, in der Nordkorea seine Bereitschaft signalisierte, sein Atomwaffenprogramm zugunsten wirtschaftlicher und technologischer Hilfe aufzugeben.
Am 5. Juli 2006 testete Nordkorea sechs Raketen, darunter auch eine vom Typ Taepodong-2, welche Atomsprengköpfe transportieren können soll. Nach US-Angaben können sie Alaska erreichen. Die Rakete stürzte jedoch nach weniger als einer Minute ab. Der Test löste weltweit Besorgnis aus.
Bei einer Militärparade im Frühjahr 2007 zum 75. Jahrestag der Gründung der Volksarmee soll nach US-amerikanischen Geheimdienstberichten zufolge ein neuartiger Raketentyp präsentiert worden sein.[4]
Atomwaffentest 2006
Am 3. Oktober 2006 kündigte Nordkorea an, Atomwaffen testen zu wollen; man sei durch den Druck der USA dazu gezwungen worden.[5] Der Test wurde nach nordkoreanischen Angaben am 9. Oktober 2006 erfolgreich durchgeführt.[6] Die Angaben der nordkoreanischen Regierung wurden durch amerikanische und südkoreanische Seismologen insoweit bestätigt, als sie um 10:36 Uhr Ortszeit (3:36 Uhr MESZ) eine starke Erschütterung in Hwadaeri in der Nähe von Kilchu (40° 58′ N, 129° 19′ O40.960555555556129.32194444444) (Provinz Hamgyŏng-pukto) im Nordosten des Landes registrierten.[7][8] Auch die russische Regierung bestätigte, dass ihre Überwachungssysteme einen unterirdischen Atomwaffentest in Nordkorea entdeckt haben.[9]
Der südkoreanische Geheimdienst geht davon aus, dass die getestete Bombe eine Sprengkraft von 550 Tonnen (0,55 Kilotonnen) TNT besaß. Ihre Sprengkraft hätte damit weit unter dem der ersten in einem Krieg abgeworfenen Atombombe, „Little Boy“, gelegen, die am 6. August 1945 mit einer Sprengkraft von ca. 12,5 Kilotonnen TNT von den USA auf Hiroshima abgeworfen wurde. Aufgrund der geringen Sprengkraft gibt es Vermutungen, dass die Detonation auf einen konventionellen Sprengsatz zurückgehen könnte.[10] Das französische Verteidigungsministerium geht mittlerweile davon aus, dass entweder der Atomwaffentest misslungen ist oder die Explosion durch einen konventionellen Sprengsatz ausgelöst wurde.[11] Die CTBTO hat sich bisher nur zurückhaltend geäußert. Zwar gibt es Messungen[12] einer erhöhten Zahl an radioaktiven Partikeln des Isotops Xenon 133, die auf eine Freisetzung am Explosionsort hindeuten, das Messnetz war jedoch zum Zeitpunkt des Tests noch nicht vollständig einsatzbereit. Geheimdienstkreise bestätigen eine Messung radioaktiver Partikel.[13]
Internationale Reaktionen
Weltweit haben zahlreiche Regierungen den Bombentest scharf kritisiert; selbst das mit Nordkorea verbündete China hat Konsequenzen angedroht. Südkorea hat seine Truppen an der innerkoreanischen Grenze in Alarmbereitschaft versetzt.[14] Außerdem unterbrach es seine Unterstützung für die Bevölkerung im Norden.
Japan hat den Handel und Schiffstourismus mit Nordkorea untersagt und die Einreisebestimmungen für Nordkoreaner verschärft.
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen entschied am 14. Oktober 2006 mit der Resolution 1718, Forderungen an Nordkorea zu stellen und Sanktionen bei Nichtbefolgung zu verhängen.[15] So wurden der Import und Export einiger militärischer Güter und Dienstleistungen sowie von Luxusgütern verboten. Ebenfalls wurden Sanktionen gegen Personen verhängt, die das Atomwaffenprogramm Nordkoreas fördern. Diese Sanktionen umfassen finanzielle Maßnahmen und ein Reiseverbot. Überwacht werden diese Maßnahmen durch ein vom Sicherheitsrat eingerichtetes Komitee.
Atomwaffentest 2009
Nordkorea hatte nach eigenen Angaben am 5. April 2009 eine Trägerrakete mit einem Kommunikationssatelliten Kwangmyŏngsŏng 2 gegen internationale Proteste gestartet.[16] Der UN-Sicherheitsrat hat den Raketenstart am 13. April 2009 verurteilt.[17] Aus Protest hiergegen erklärte das Außenministerium Nordkoreas am 14. April 2009 das Ende der Sechs-Parteien-Gespräche über das nordkoreanische Atomprogramm und dessen konsequente Fortsetzung.[18]
Am 25. Mai 2009 wurde ein weiterer Kernwaffentest durchgeführt. Nach russischen Angaben besaß der Sprengsatz eine Sprengkraft von 20 Kilotonnen.[19] Zusätzlich zu dem Atomtest wurden mehrere Kurzstreckenraketen abgefeuert.[20]
Als Reaktion auf diesen Atomwaffentest hat der UN-Sicherheitsrat Nordkorea einstimmig der Verletzung der Resolution 1718 beschuldigt und eine neue Resolution angekündigt.[19] Daraufhin drohte das nordkoreanische Außenministerium damit, weitere Maßnahmen zur „Selbstverteidigung“ zu ergreifen, sollten die Vereinten Nationen Sanktionen für den Atomtest aussprechen.[20] Währenddessen gab der US-amerikanische Verteidigungsminister Robert Gates am 30. Mai 2009 auf einer Sicherheitskonferenz in Singapur bekannt, dass die Vereinigten Staaten ein atomar gerüstetes Nordkorea nicht akzeptieren werden.[21]
Fast zwei Wochen später, am 12. Juni 2009, verabschiedete der UN-Sicherheitsrat aufgrund des Atomwaffentests und der Raketenstarts einstimmig die Resolution 1874.[22] Diese sieht härtere Sanktionen gegen das Land vor; dazu zählen ein verschärftes Waffenembargo und erhöhte Auflagen für Finanzgeschäfte. Die USA gaben bekannt, Schiffe mit Schmuggelware, die mutmaßlich für Nordkorea bestimmt ist, stoppen zu wollen. Die nordkoreanische Regierung reagierte einen Tag später mit der Ankündigung, erneut Uran anreichern zu wollen, und drohte mit einer militärischen Aktion. Zudem würde alles zur Verfügung stehende Plutonium für die Waffenproduktion verwendet werden.[23] Am 16. Juni 2009 bekräftigten US-Präsident Barack Obama und sein südkoreanischer Amtskollege Lee Myung-bak eine harte Haltung gegen Nordkorea. Obama bezeichnete das Atomprogramm als „schwere Bedrohung für die Welt“ und rief das Land zu Verhandlungen auf.[24] Am selben Tag verhängte Japan ein vollständiges Exportembargo gegen Nordkorea.[25]
Weitere Entwicklungen
Am 6. August 2009 forderte Obama Nordkorea auf, sein Kernwaffenprogramm aufzugeben und sein „provokatives Verhalten“ zu beenden; die Vereinigten Staaten wollten „das Wohl des nordkoreanischen Volkes“.[26]
Dessen unangeachtet gab die nordkoreanische Regierung Anfang September 2009 bekannt, die Endphase der Uran-Anreicherung und damit einen weiteren Weg zum Bau von Atomwaffen erreicht zu haben. Aus Kernbrennstäben gewonnenes Plutonium solle gleichzeitig „waffenfähig“ gemacht werden.[27]
Ende November 2010 wurde ein Bericht veröffentlicht, wonach das nordkoreanische Atomprogramm weiter fortgeschritten ist als bislang angenommen. [28] Am 27. Februar 2011 kündigte Nordkorea an, sein nukleares Arsenal weiter ausbauen zu wollen.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ http://www.zeit.de/online/2009/22/atombombe-nordorea-pakistan?page=2
- ↑ Danger, David; Broad, William; U.S. had Doubts on North Korean Uranium Drive New York Times, 1. März 2007.
- ↑ Albright, David; North Korea's Alleged Large-Scale Enrichment Plant ...; Institute for Science and International Security, Washington.
- ↑ Asahi Shimbun: New N. Korea missile can hit Guam, 14. Mai 2007.
- ↑ FAZ: Nordkorea kündigt Atomtest an, 3. Oktober 2006.
- ↑ North Korea confirms nuclear test (englisch).
- ↑ Artikel der Süddeutschen Zeitung.
- ↑ Erfasstes Erdbeben des U.S. Geological Survey in Nord Korea.
- ↑ Artikel von Spiegel Online.
- ↑ Süddeutsche Zeitung vom 10. Oktober 2006.
- ↑ Süddeutsche Zeitung vom 11. Oktober 2006.
- ↑ Presseinformation der CTBTO vom 4. September 2007.
- ↑ "Ein nukleares Zischen", Spiegel Online.
- ↑ Meldung des Deutschlandradios.
- ↑ Sanktionen des Sicherheitsrates gegen Nordkorea (englisch).
- ↑ Tagesschau: Nordkorea provoziert mit Raketenstart (nicht mehr online verfügbar) vom 5. April 2009.
- ↑ Tagesschau: UN-Sicherheitsrat verurteilt Nordkoreas Raketenstart (nicht mehr online verfügbar) vom 14. April 2009.
- ↑ Tagesschau: Protest gegen UN-Sicherheitsrat-Erklärung – Nordkorea steigt aus Atomgesprächen aus (nicht mehr online verfügbar) vom 14. April 2009.
- ↑ a b Focus: Weltsicherheitsrat verurteilt Nordkorea vom 25. Mai 2009.
- ↑ a b vgl. Nordkorea schießt weitere Rakete ab und droht UN-Sicherheitsrat bei welt.de, 30. Mai 2009.
- ↑ vgl. Atomar gerüstetes Nordkorea nicht akzeptabel (nicht mehr online verfügbar) bei tagesschau.de, 30. Mai 2009.
- ↑ Verschärfte UN-Sanktionen gegen Nordkorea verhängt bei dw-world.de, 12. Juni 2009 (aufgerufen am 13. Juni 2009).
- ↑ Nordkorea droht mit Bau weiterer Atomwaffen bei focus.de, 13. Juni 2009.
- ↑ Obama wettert gegen Nordkoreas Atomprogramm bei Spiegel Online, 16. Juni 2009 (aufgerufen am 17. Juni 2009).
- ↑ Japan stoppt alle Exporte nach Nordkorea bei Spiegel Online, 16. Juni 2009 (aufgerufen am 17. Juni 2009).
- ↑ Obama fordert von Kim Stopp des Atomprogramms - MSN Nachrichten.
- ↑ Nordkorea kurz vor der Urananreicherung NZZ Online, 4. September 2009.
- ↑ North Koreans Unveil Vast New Plant for Nuclear Use New York Times, 20. November 2010.
Weblinks
Commons: 2006 North Korean nuclear test – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- Interview with Adam Segal, Maurice R. Greenberg Senior Fellow for China Studies by Bernard Gwertzman: Chinese Expressing Anger at North Korean Leader Kim Jong-Il and Korean Military (Council on Foreign Relations, 19. Oktober 2006)
- UNSC Resolution 1718 (vom 14. Oktober 2006, PDF, englisch; 38 kB)
- Nordkorea: Atomkonflikt (Dossier der Stiftung Wissenschaft und Politik, 2002 ff.)
- Timeline: N Korea nuclear standoff (BBC News, 3. Oktober 2006 – ausführliche Zeitleiste)
- Intelligence Brief: North Korea's Nuclear Weapon Test (PINR, 10. Oktober 2006 – vgl. [1])
- Ignacio Ramonet, Ernstfall Korea (Le Monde diplomatique, 13. Oktober 2006)
- Manfred Henger, Referatsleiter der BGR und Mitglied der CTBTO, über die Möglichkeit eines Fehlschlags des Atomtests in Nordkorea
- Florian Rötzer, Pentagon schmiedet Angriffspläne auf Nordkorea (Telepolis, 3. November 2006)
Kategorien:- Militär (Nordkorea)
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