Nouakchott

Nouakchott
Nouakchott
نواكشوط
Saudi mosque in Nouakchott.jpg
Von Saudi-Arabien finanzierte Große Moschee in der Rue Mamadou Konaté
Staat: MauretanienMauretanien Mauretanien
Region: Nouakchott
Koordinaten: 18° 5′ N, 15° 58′ W18.078333333333-15.9744444444440Koordinaten: 18° 5′ N, 15° 58′ W
Höhe: 0 Meter ü.d.M.
Fläche: 1.000 km²
 
Einwohner: 822.207 (2010)
Bevölkerungsdichte: 822 Einwohner je km²
Zeitzone: GMT (UTC±0)
Nouakchott (Mauretanien)
Nouakchott
Nouakchott

Nouakchott (arabisch ‏نواكشوط‎, DMG Nawākšūṭ, dt. auch Nuakschott) ist die Hauptstadt, die mit Abstand bevölkerungsreichste Stadt und der zweitgrößte Hafen Mauretaniens. Ihre verkehrsgünstige Lage am Atlantischen Ozean im Süden des Landes wurde 1958 ausgewählt, um an der Stelle eines Dorfes mit 500 Einwohnern am Ende der französischen Kolonialzeit eine Hauptstadt für das unabhängig werdende Land zu errichten. Bei der Unabhängigkeit 1960 lag die Einwohnerzahl noch im vierstelligen Bereich; durch Landflucht infolge von Wirtschaftskrisen und Dürreperioden in den 1970er und 1980er Jahren ist die Zahl der Einwohner seither weitgehend ungeplant auf über 820.000 im Jahr 2010 gestiegen. Ein Großteil der Zugezogenen lebt fern dem nach westlichem Muster geplanten Geschäftszentrum in weitläufigen Quartieren in Billigunterkünften mit einer in allen Bereichen unzureichenden Infrastruktur.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Nouakchott bildet eine eigene Verwaltungseinheit innerhalb der südwestmauretanischen Region Trarza, deren nördlicher Teil zum Wüstengürtel der Sahara gehört. Größere Gebiete werden durch Sanddünen charakterisiert, die parallel zum ganzjährig von Nordosten nach Südwesten wehenden Passatwind ausgerichtet sind. Diese Luftströmung treibt das warme Oberflächenwasser von der Küste ab und bringt kühles Meerwasser aus der Tiefe nach oben. Dadurch bleibt die Lufttemperatur im Küstenbereich gegenüber dem wüstenheißen Landesinnern geringer und mit Tagesschwankungen zwischen 20 und 35° C relativ konstant. Die Niederschläge betragen im Jahresdurchschnitt 150 Millimeter. Sie fallen zwischen Juli und September als Sommerregen und verdunsten zum großen Teil. In Meeresnähe sorgen eine höhere Luftfeuchtigkeit und Nebelschleier für einen Bewuchs mit Gras und Büschen, der in einigen Außenbezirken die Stadt begrenzt. Nouakchott befindet sich an einem für Mauretanien klimatisch günstigen Standort. Nur gelegentlich überfluten heftige Regenfälle die Straßen.

Die Stadt liegt auf der geografischen Breite von 18° und damit etwas nördlich des Übergangsbereichs von den südlichen Grasebenen der Trockensavanne zur Sahara. Der Standort als Hauptstadt wurde hauptsächlich nach zwei Kriterien ausgewählt: zum einen die ungefähr gleiche Entfernung zur senegalesischen Hauptstadt Dakar, in der die Verwaltung der französischen Kolonie Westafrika ihren Sitz hatte und zur Hafenstadt Nouadhibou. Der Grenzübergang zum Senegal in Rosso ist 203 Kilometer entfernt. Seit 2005 verbindet eine 525 Kilometer lange Asphaltstraße die Hauptstadt mit Nouadhibou. Vor dieser Zeit gab es zwischen den beiden größten Städten nur eine schlechte Piste, die teilweise auf dem Sandstrand verlief.

Al-Khaima-Hotel und -Konferenzzentrum, das höchste Gebäude im Zentrum. Die Gebäude sind ansonsten selten höher als zwei Stockwerke
Avenue du Général de Gaulle nach Süden, die Hauptgeschäftsstraße

In Nouakchott beginnt die einzige asphaltierte Straße, die das Land in west-östlicher Richtung durchquert. Diese 1100 Kilometer lange Route de l’Espoir („Straße der Hoffnung“) führt nach 262 Kilometern durch den ersten größeren Ort Boutilimit und endet in Néma, der letzten Siedlung vor der Grenze nach Mali. Die vierte Straße verlässt die Hauptstadt in nordöstlicher Richtung über Akjoujt (256 Kilometer) und erreicht nach insgesamt 440 Kilometern Atar, die größte Stadt im nördlichen Hochland.

Der andere Auswahlgrund war politisch. Die Hauptstadt sollte ein Völker verbindendes Symbol werden. Um keine Gruppe zu bevorzugen schien eine „neutrale“ Lage zwischen dem Siedlungsraum der arabisch-berberischen Bidhans im Norden und dem Gebiet der schwarzafrikanischen Soudans am Senegalfluss geeignet.

Geschichte

Aus mehreren Stammesgruppen der nomadisierenden Bidhans bildete sich Lauf des 18. und 19. Jahrhunderts das Emirat Trarza als eines von vier politischen Einheiten im Gebiet des heutigen Mauretanien, dessen Herrscher überwiegend zu den Banī Hassān gehörten und den seit der Almoravidenzeit eingebürgerten Titel Emir beanspruchten.

Das französische Kolonialgebiet erstreckte sich um 1900 bis zum Senegalfluss als nördlicher Grenze. Die von den mauretanischen Emiraten gelieferten Waren exportierten die Franzosen im 19. Jahrhundert über Saint-Louis und andere Häfen im Senegal. Dazu gehörte insbesondere Gummi arabicum, das im Südwesten überwiegend aus den Verek-Akazien-Wäldern um Boutilimit gewonnen wurde. Die beiden von den Europäern an der mauretanischen Küste angelegten Handelsplätze Portendik (anfangs „Marsa“, 40 Kilometer nördlich Nouakchott) und Arguin (südlich Nouadhibou) waren bereits Anfang des 19. Jahrhunderts aufgegeben worden.

1902 unterzeichnete der französische Militärführer Xavier Coppolani mit dem Scheich von Boutilimit einen Friedensvertrag, der Trarza und weitere Gebiete im Süden in den französischen Einflussbereich brachte. Freundlich gesinnte Stammesführer, die sich freiwillig unterordneten, wurden von den Franzosen - wie zuvor schon im Senegal - gefördert. Die militärische Niederschlagung von Aufständen im restlichen Land dauerte bis in die 1920er Jahre. Bis zur Unabhängigkeit Mauretaniens lag der Sitz der französischen Verwaltung im senegalesischen Saint-Louis; die von den Franzosen angelegten Militärstationen wurden nur zu kleineren regionalen Verwaltungszentren ausgebaut. Für die französische Kolonialbürokratie bestand keine Notwendigkeit, in Mauretanien eine Hauptstadt zu gründen, da das Land im Vergleich zum französischen Kolonialbesitz in der Sudanregion nur geringe wirtschaftliche Bedeutung besaß. Entsprechend gering waren die Investitionen in Infrastruktur und Staatsaufbau.

Eines dieser kleinen Verwaltungszentren war Nouakchott, übersetzt „Platz der Winde“. Aus einem alten Nomadenlager entstand in der Kolonialzeit ein kleines Dorf um einen Militärstützpunkt. Der 1903 angelegte erste Militärposten wurde 1908 wieder aufgegeben und 1929 ein zweites Mal gegründet.[1] Die befestigte Siedlung (allgemein Ksar) hatte 1957 etwa 500[2] (oder 2000[3]) Einwohner.

Der französische Gouverneur Mauragues brachte Anfang 1957 einen ersten Entwurf für die zukünftige Stadt auf den Tisch. Ein zweiter Plan stammte vom Direktor für staatliche Investitionen in den Kolonialgebieten, Hirsch. Beim ersten Plan war weder ein erfahrener Architekt beteiligt, noch wurden die lokalen Gegebenheiten berücksichtigt, der zweite war nicht ausreichend detailliert ausgearbeitet. Im Mai 1957 folgte ein dritter Planungsvorschlag, der von Cerutti Marri, dem leitenden Architekten der französischen Kolonialbehörde in Dakar ausgearbeitet war. Dieser Entwurf ging mehr ins Detail und fasste die beiden früheren Pläne weitgehend zusammen. Ein anderer Architekt der Verwaltung in Dakar namens Lainville lieferte noch einen weiteren Plan. Am 4. Juli 1957 beschloss die französische Generalversammlung der Kolonien, den Plan von Lainville mit einigen Veränderungen anzunehmen. Im März 1959 wurden die Architekten Leconte und Lafon beauftragt, den Lainville-Plan nach neuer Maßgabe zu überarbeiten.[4]

Am 5. März 1958 legte Moktar Ould Daddah, der von den Franzosen zu dieser Zeit für die Präsidentschaft des zukünftig unabhängigen Landes bestimmt war, den Grundstein für die Hauptstadt an der Stelle des heutigen Präsidentensitzes.[5] Grund und Boden waren in Besitz der Ehel Bouhoubeini und der Ichouganen, Untergruppen des Tendgha-Stammes, und gingen gegen Entschädigungen in öffentlichen Besitz über. Für den Baubeginn standen zunächst 1,5 Milliarden CFA-Franc bereit, davon 700 Millionen von den neuen mauretanischen Behörden und 800 Millionen vom französischen Entwicklungsfonds Fonds d’Aide et de Coopération Française. In einem ersten Bauabschnitt wurden etwa 40 kleine Villen, eine Krankenstation und eine Schule errichtet, die zunächst dem Parlament als Versammlungsort diente.[6] Der Bau des ersten Gymnasiums (Lycée Daddah) dauerte von 1959 bis 1964.[7]

Das von den Mustern französischer Kolonialstädte inspirierte Planungsergebnis sah zwei Zentren vor, im Norden Verwaltungsbauten und Wohngebiete für die Bessergestellten sowie im Süden ein Viertel für die einfache Bevölkerung mit einem Souk. Der Entwurf von Leconte, im März 1959 als gültig angenommen, war für maximal 15.000 Einwohner ausgelegt, da Moktar Ould Daddah der Meinung war, dass die Bevölkerung und die Wirtschaftsbetriebe sich anderswo ansiedeln würden. Bis zur Unabhängigkeit am 28. November 1960 war das Stadtzentrum in Ansätzen fertig.[8]

Das Grundkonzept bestand aus einem Gerüst aus zwei sich kreuzenden Avenuen. Im Zentrum der neuen Medina westlich des alten Ksar-Dorfes sollte eine Moschee liegen und ein zentrales Viertel für Handel und Verwaltung entstehen. Die Kosten stiegen bis 1962 auf 3 Milliarden CFA-Franc. Bis zu diesem Zeitpunkt waren etwa 50 Kilometer Straßen, ungefähr 600 Dienstwohnungen und ein Krankenhaus mit 100 Betten errichtet.[9]

Ab Mitte der 1970er Jahre verschlechterte sich die Wirtschaftslage des Landes durch die militärisch aussichtslose Teilnahme am Westsaharakonflikt, bei dem Mauretanien von 1976 bis 1979 einen südlichen Teil der Westsahara besetzt hielt, und durch mehrjährige Dürreperioden. Von 1971 bis 1975 und 1978 bis 1984 sanken die Niederschläge auf etwa 70 Prozent unter den Durchschnittswert, pro Jahr drang die Wüste acht Kilometer nach Süden vor, weite Landstriche wurden unkultivierbar. Große Teile des Viehbestandes gingen verloren und die bei der Unabhängigkeit noch in großer Mehrheit nomadisch lebende Bevölkerung sank bis 1980 auf 23 Prozent. Lebten 1960 nur 3 Prozent der Bevölkerung in Siedlungen, so waren es 1985 bereits 44 Prozent. Die meisten Migranten zogen nach Nouakchott, viele lebten anfangs noch in Zelten. Für die Hauptstadt bedeutete dies einen unkontrollierten Bevölkerungsansturm, der zu einem Anwachsen informeller Siedlungen (bidonvilles) und einer der am schnellsten voranschreitenden Verstädterungsraten im postkolonialen Afrika führte.[10] Die Zeltsiedlungen an den Stadträndern wurden mit den passenden Wortneuschöpfungen „bidotentes“ und „khaimahaillons“ (franz. „Slumzelte“, arab.-franz. „Zelte aus Lumpen“) belegt.[11]

Zweimal rückten Kämpfer der Polisario während des Westsaharakonflikts bis in die Stadt vor. Von einem Lager etwa 70 Kilometer nördlich brach eine kleine Truppe der von al-Wali Mustafa Sayyid geleiteten Einheit am Morgen des 8. Juni 1976 mit einigen Landrovern auf, beschoss eine halbe Stunde lang ungezielt die nördlichen Außenbezirke und kehrte sogleich wieder ins Lager zurück. Am Abend desselben Tages fuhren sie nochmals nach Nouakchott und feuerten mit größerer Genauigkeit in den Garten des Präsidentenpalastes und auf die umliegenden Botschaften. Präsident Moktar Ould Daddah hatte die Gefahr offensichtlich unterschätzt, er war erst einen Tag zuvor von einem Staatsbesuch der Kapverden zurückgeflogen. Der zweite Überfall (Ghazzi) fand am Abend des 3. Juli 1977 statt. 45 Landrover fuhren Tag und Nacht von ihrer Basis Amgala (nördlich Bir Moghrein im äußersten Norden Mauretaniens) etwa eine Woche lang durch, um wieder mit ein paar Mörsergranaten das Gelände des Präsidentenpalastes zu treffen. Auf dem Rückweg fühlten sie sich derart sicher, dass sie die Asphaltstraße nach Norden befuhren und erst vor Akjoujt in die Wüste abbogen. Sie gelangten fast ohne Verluste nach Amgala zurück.[12]

Der Höhepunkt der Wirtschaftskrise durch den Krieg, dem damit verbundenen Rückgang der Eisenerzexporte und durch die seit der Ölkrise 1973 teurer gewordenen Ölimporte war 1978 erreicht. Im Juli wurde der Präsident durch einen Putsch abgesetzt und später unter anderem wegen „Schädigung der wirtschaftlichen Interessen der Nation“ verurteilt. Nouakchott war von internationaler Nahrungsmittelhilfe abhängig geworden.

Die Stadt hatte anfangs keinen geschützten Hafen, sie war daher auf die Versorgung über den Landweg über senegalesische Häfen angewiesen. 1966 wurde die erste Hafenanlage sieben Kilometer südwestlich des Zentrums in Betrieb genommen. Sie war für ein Handelsvolumen von 50.000 Tonnen pro Jahr ausgelegt. Anfang der 1970er Jahre wurde die Kapazität auf 200.000 Tonnen erweitert, um das Kupfererz aus dem Abbaugebiet bei Akjoujt verschiffen zu können. Ein weiterer Ausbau zu 320.000 Tonnen erfolgte 1977. Um den Hafen begannen sich einige Industriebetriebe anzusiedeln. Im Oktober 1974 schloss die mauretanische Regierung einen Vertrag mit der Volksrepublik China zum Bau eines Tiefwasserhafens. Die Grundsteinlegung fand im April 1979 statt; bei der Einweihung am 17. September 1986 erhielt der Porte Autonome de Nouakchott (PANPA) den Beinamen Port de l’Amitié („Hafen der Freundschaft“).[13]

Bevölkerung

Marché Capitale im Stadtteil El-Mina. Eine Straße westlich und eine südlich der zentralen Kreuzung

Zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit war Atar mit 10.000 Einwohnern die größte Stadt des Landes,[14] 1962 hatte Nouakchott 5.807 Einwohner[15], bereits 1963 lag die Hauptstadt mit 13.000 Einwohnern vorn.[16] Durch das sich anschließende extreme Bevölkerungswachstum ergaben sich bei der Volkszählung 1977 offiziell 134.704 Einwohner, von denen 81.279 in provisorischen Unterkünften und Zelten (Khaimas) in den Bezirken 1 und 5 lebten und überwiegend von der Unterstützung durch Verwandte abhängig waren. In den Städten des ganzen Landes gab es zu dieser Zeit nur 39.700 Arbeitsplätze in den modernen Bereichen Industrie, Verwaltung und Handel.[17] Die Arbeitslosigkeit ist bis heute äußerst hoch.

Die Einwohnerangaben sind möglicherweise unterschätzt, weil sich viele Neuankömmlinge nicht registrieren lassen und vor allem in den Behelfsunterkünften in den Randbereichen eine hohe Fluktuation herrscht. 1974 stellte die Stadtverwaltung kostenlos Parzellen zur Verfügung, die binnen kurzer Zeit mehrmals den Besitzer wechselten, da sie zu sich vervielfachenden Preisen weiterverkauft wurden.

1988 betrug die Einwohnerzahl 393.325, eine offizielle Schätzung ergab 1998 667.300 Bewohner. Nach einer Berechnung war die Zahl der Einwohner 2010 auf 822.207 angestiegen.[18]

Stadtbild

Villengebiet Las Palmas im Norden
Geplante Stadterweiterung des Viertels Sebkha nach Westen. Am Horizont links (Richtung Meer) eine kompakte Wohnsiedlung der Mittelschicht
Zeltmarkt, hinten das Minarett der marokkanischen Moschee. Die Khaima-Stoffbahnen werden im Marché Capitale vernäht und hier zweilagig zusammengesteppt
Cinquième Marché weiter im Süden

Die geografische Mitte der Stadt wird vom Kreuzungspunkt der beiden mehrspurigen Boulevards gebildet, die von einem Schachbrettmuster weiterer breiter Straßen umgeben sind. Die Hauptverkehrsader ist die ost-westlich verlaufende Avenue Abdel Nasser, die westwärts nach sechs Kilometern am Hafen endet und in östlicher Richtung zunächst durch ein weitläufiges Viertel mit Regierungsgebäuden führt und das Zentrum mit dem drei Kilometer nordöstlich gelegenen internationalen Flughafen verbindet. Die Avenue du Général de Gaulle durchquert ganz im Norden ein Villengebiet, anschließend das Geschäfts- und Botschaftsviertel und führt südlich der Hauptkreuzung durch mehrere Marktviertel bis zum mehrheitlich von Schwarzafrikanern bewohnten Cinquième Quartier im Süden.

Das frühere, Ksar genannte Dorf ist im heutigen Ksar-Distrikt aufgegangen, an dessen Ostrand der Flughafen liegt. Ein Ortszentrum ist nicht mehr erkennbar; planquadratisch angelegte Erdstraßen durchziehen das kilometerlange Meer aus eingeschossigen einfachen Wohngebäuden, die sich seitlich der Ausfallstraße nach Atar hinziehen.

Ksar ist einer von neun, seit 1986 bestehenden offiziellen Distrikten (franz. arrondissements, hassania moughataa) der Stadt, die anderen heißen Teyarett, Tavragh-Zeina, Toujounine, Arafat, Sebkha, El-Mina, Dar Naim und Riyadeh. Die erste Einteilung umfasste nur vier Distrikte. Zwei neu hinzugekommene Stadtteile werden Las Palmas und Tensouelim genannt.

Tavragh-Zeina ist das zentrale Stadtviertel westlich von Ksar. Auf dem Weg vom Flughafen ins Zentrum durchquert die Avenue Abdel Nasser zunächst einen weitläufigen Bereich ohne Wohnhäuser, in dem sich der Präsidentenpalast, die Nationalversammlung, Ministerien, das Polizeihauptquartier und eine riesige kubische, weiß gestrichene Freitagsmoschee mit einem Dach aus zehn Kuppeln befinden. Hier wurde 1981 die einzige Universität des Landes, die Université de Nouakchott für etwa 8000 Studierende eröffnet. Das Nationalmuseum mit archäologischen Funden und maurischer Volkskunst ist im selben, von der Volksrepublik China finanzierten Gebäude (Haus der Partei und Kultur) untergebracht wie die Nationalbibliothek.[19]Vorbei am Gebäude der Post folgen in Richtung der Hauptkreuzung die mauretanische Zentralbank (BMCI Bank), Flugbüros und direkt an der Kreuzung das höchste Bauwerk der Stadt, das etwa zehnstöckige Hotel und Kongresszentrum Al-Khaima (arabisch „Zelt“), dessen Name sich durch zwei symbolisch zur Dachbekrönung erhöhte Nomadenunterkünfte rechtfertigt, die auf den Beginn der Stadtentwicklung verweisen. Etwa 200 Meter nordöstlich steht die von Saudi-Arabien errichtete Moschee.

Weitere Hotels, einige gehobenere Einkaufsläden und Botschaftsgebäude liegen an der Avenue du Général de Gaulle nach Norden. Nach 1,5 Kilometern in dieser Richtung folgt ein zweites Botschaftsviertel und mit dem neu benannten Viertel Las Palmas ein Villengebiet mit breiten Straßen und Privatkindergärten. Die Sozialunterschiede in Mauretanien sind nirgendwo so deutlich zu sehen wie in der Hauptstadt.

Die übrigen Hauptstraßen im „vornehmen“ Geschäftsviertel tragen ebenfalls zum Zeichen ihrer Bedeutung die Namen großer damaliger Staatsmänner: Bourguiba, Kennedy, Gandhi oder Lumumba. Für die Hauptstraßen der südlich angrenzenden Medina im Stadtteil El-Mina schienen im übernommenen kolonialzeitlichen Denken die heute kaum noch bekannten Namen regionaler Prominenz aus Politik und Geschichte ausreichend zu sein.[20] Die große Mehrheit der nouakchotter Straßen trägt eine Nummer oder ist unbezeichnet und ist zudem nicht asphaltiert.

Der große Markt (Marché Capitale) bietet in zweigeschossigen Betongebäuden und auf den umliegenden Flächen ein großes Angebot an Nahrungsmitteln, Stoffen, besonders die Obergewänder der Männer, Derra’a, Schmuck und Haushaltswaren. In den Räumen des oberen Stockwerks haben sich viele Schneidereien und sonstige Handwerksbetriebe eingemietet. Ein noch größerer Markt, der Cinquième Marché findet täglich rund zwei Kilometer südlich statt. Hier lebt eine mehrheitlich schwarzafrikanische Bevölkerung, das Warenangebot beinhaltet dementsprechend auch viel Kleidung aus dem Senegal. Hierzu gehören die leuchtendfarbigen M'boubous der Frauen. In dieser Gegend steht ein von Marokko im Stil der Koutoubia-Moschee errichtetes Gebetshaus. Den Platz davor belegt der einzige große Zeltmarkt des Landes, in welchem Frauen die weißen Khaima-Stoffe zusammennähen.

Östlich der Ausfallstraße nach Rosso liegen die einfachen Wohnviertel mit einstöckigen Häusern, Arafat und entlang der Straße nach Süden, Riad. Gleichfalls junge Stadterweiterungen Richtung Boutilimit nach Osten sind Toujounine und noch weiter außerhalb Tensouelim. Nördlich des Flughafens Richtung Atar dehnen sich etwa sechs Kilometer vom Zentrum die Stadtteile Dar Naim und Teyarett weiter aus. Sebkha ist ein nah der Stadtmitte im Westen gelegenes Neubauviertel des Mittelstandes. Hier liegt an der Avenue Abdel Nasser das moderne Landeskrankenhaus[21], das zur Bauzeit in den 1980er Jahren mit 500 Betten das einzige größere Krankenhaus des Landes war. Weite ebene Flächen waren Richtung Meer im Jahr 2010 parzelliert worden und für eine zukünftige Bebauung mit größeren Wohneinheiten vorgesehen.

Um 1985 plante die ökologisch orientierte, in ganz Westafrika tätige Architektengruppe A.D.A.U.A., in einem Wohnbezirk eine Mustersiedlung von 115 Wohneinheiten aus kuppelüberwölbten Ziegelhäusern. Ein ähnliches Projekt war das Hôpital de Kaédi in der gleichnamigen Stadt. Der beabsichtigte Nachahmungseffekt, der sich auf weitere, von der lokalen Bevölkerung zu erstellende Wohnhäuser hätte auswirken sollen, blieb bei allen Projekten aus.

Eine von hunderten Wasserversorgungsstellen in den einfachen Wohngebieten

In den ärmeren Bezirken ist eine ausreichende Versorgung mit Trinkwasser nicht gewährleistet. Die Stadt erhält ihr Wasser aus dem Trarza-Grundwasserleiter bei Idini, 50 Kilometer östlich an der Straße nach Boutilimit. Über eine Hochdruckleitung wird der Hauptwasserturm in der Nähe des Präsidentenpalastes befüllt. Im Jahr 2008 flossen 55.000 m3/Tag durch diese Leitung. Von dort werden weitere Hochbehälter mit Wasser versorgt. Entsprechend ihrer Wertigkeit enthalten das zentrale Stadtviertel, bestimmte Industriebetriebe, das Militär und Hotels bevorzugt Wasser. Nur wenige Privathaushalte haben einen direkten Wasseranschluss. In Abständen von ein- bis zweihundert Metern befinden sich in den Wohnvierteln öffentliche Wasserzapfstellen, an denen das Wasser in Plastikkanister oder Fässer gefüllt und auf Eselkarren zu den Haushalten transportiert wird.[22]

Da der Trinkwasserbedarf für 2010 mit 100.000 m3/Tag veranschlagt wurde, also fast doppelt so hoch, wie aus der bislang einzigen Wasserquelle der Stadt zu beziehen ist, befindet sich seit 2001 das Aftout-Saheli-Projekt für eine Pipeline in Planung, mit der Wasser aus dem Senegal über eine Entfernung von 170 Kilometern hergepumpt werden soll. Das Projekt wird von der Weltbank und islamischen Banken finanziert. Bis 2020 soll sich die verfügbare Trinkwassermenge auf 170.000 m3/Tag erhöhen.[23]

In den Bidonvilles mangelt es außerdem an Elektrizität und medizinischer Versorgung. Der durchschnittliche Lohn für Arbeitskräfte beträgt dort einen US-Dollar pro Tag. 1995 kam es zu dreitägigen Sozialunruhen, die sich unter den geschätzten 40 Prozent der Stadtbevölkerung ausbreiteten, die in unzureichenden Verhältnissen leben.[24]

In der gesamten Stadt fehlt ein geregeltes Nahverkehrssystem. Auf einigen Hauptstrecken verkehren private Minibusse, die in katastrophalem Zustand und chronisch überfüllt sind. Dafür fungieren viele PKWs als Sammeltaxen. Sie sind ungekennzeichnet und machen sich durch Hupen bemerkbar.

Hafen

Port de Pêche. Die Boote mit Außenbordmotoren werden über Rollen aus dem Wasser gezogen, die Fische in Holzkisten auf Eselkarren zur Auktionshalle im Hintergrund gebracht

Sechs Kilometer westlich des Stadtzentrums befindet sich der Fischerhafen Port de Pêche oder Plage des Pêcheurs; so genannt, weil die Fischerboote in einer gut ein Kilometer langen Reihe nebeneinander auf den Sandstrand gezogen werden. Eine Hafenmole gibt es nicht. Die Fischer sind überwiegend Wolof aus dem Senegal, andere kommen aus benachbarten Ländern wie Gambia oder Guinea. Die Fänge werden tagsüber, hauptsächlich am späten Nachmittag an Land gebracht und in einer Fischhalle versteigert.

Die Haupteinfuhrprodukte des einige Kilometer südlich gelegenen Industriehafens (Port de l’Amitié) sind Zement, Weizen, Zucker, Mais, Milch und Fertigprodukte jeder Art. Viele Waren sind für das Binnenland Mali bestimmt und werden per LKW auf der Route de l’Espoir weitertransportiert. Ausgeführt werden in erster Linie Gips (50.000 Tonnen im Jahr 2008[25]) der Gesellschaft Société Arabe des Industries Métallurgiques (SAMIA) aus einem Abbaugebiet zwischen Nouakchott und Akjoujt. Hinzu kommen als traditionelle Handelsware Tierhäute.

Sport

In Nouakchott spielt der Fußballverein ASC Tevragh Zeïna.

Städtepartnerschaften

Literatur

  • Armelle Choplin: Nouakchott. Au carrefour de la Mauritanie et du monde. Èditions Karthala et Prodig, Paris 2009, ISBN 978-2-8111-0239-5
  • Tony Hodges: Western Sahara. The Roots of a Desert War. Lawrence Hill Company, Westport (Connecticut) 1983
  • Anthony G. Pazzanita, Tony Hodges: Historical Dictionary of Mauritania. 2. Aufl. The Scarecrow Press, Lanham (Maryland)/Toronto/Plymouth 2008
  • Nicola Pratt: Nouakchott. In: Michael Richard Thomas Dumper, Bruce Stanley (Hrsg.): Cities of the Middle East and North Africa: A Historical Encyclopedia. ABC-Clio, Santa Barbara (CA) 2006, S. 284–288, ISBN 978-1-57607-919-5
  • Catherine Taine-Cheikh: The (R)Urbanization of Mauritania. In: Catherine Miller (Hrsg.): Arabic in the City: Issues in Dialect Contact and Language Variation. Routledge Chapman & Hall, 2008, S. 35f, 42–46

Weblinks

 Commons: Nouakchott – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Pratt, S. 286
  2. Hodges, S. 261
  3. Advisory Committee on the Sahel: Environmental Change in the West African Sahel. National Academy Press, Washington 1983, S. 41
  4. Ambe J. Njoh: Planning Power. Town Planning and Social Control in Colonial Africa. UCL Press, University College, London 2007, S. 93–95
  5. Choplin, S. 65
  6. Choplin, S. 66
  7. Walter Reichhold: Islamische Republik Mauretanien. Kurt Schroeder, Bonn 1964, S. 85
  8. Pazzanita, S. 369
  9. Choplin, S. 67f
  10. Pazzanita, S. 370
  11. Choplin, S. 79
  12. Hodges, S. 244–246
  13. Mauritania. OT Africa Line
  14. Rainer Oßwald: Die Handelsstädte der Westsahara: Die Entwicklung der arabisch-maurischen Kultur von Šinqīt, Wādān, Tišīt und Walāta. Dietrich Reimer, Berlin 1986, S. 477
  15. Taine-Cheikh, S. 44
  16. Reichhold, S. 19
  17. Hodges, S. 261
  18. Nawākšūţ. World Gazetteer
  19. Thomas Krings: Sahel. Senegal, Mauretanien, Mali, Niger. Islamische und traditionelle schwarzafrikanische Kultur zwischen Atlantik und Tschadsee. DuMont, Köln 1982, S. 191f
  20. Taine-Cheikh, S. 43f
  21. Nouakchott Hospital. ArchNet
  22. Philippe Rekacewicz: Quenching thirst in the urban sprawl. UNEP GRID Arenda, 2010
  23. Nouakchott City „Aftout Essaheli” Drinking Water Supply Project. Water and Sanitation Department. North, East, and South Regions. Islamic Republic of Mauritania, Mai 2008
  24. Pratt, S. 287
  25. 2008 Minerals Yearbook. Mauritania (Abvance Release). U.S. Geological Survey, Juli 2010, S. 29.4

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