- Oscar Wassermann
-
Oscar Wassermann (* 4. April 1869 in Bamberg; † 8. September 1934 in Garmisch) war ein deutsch-jüdischer Bankier. Von 1912 bis 1933 gehörte er dem Vorstand der Deutschen Bank an, als dessen Sprecher er von 1923 bis 1933 fungierte.
Inhaltsverzeichnis
Herkunft
Wassermanns Familie entstammte dem jüdischen Ghetto in Regensburg. Sein bereits vermögender Großvater Samuel zog 1850 nach Bamberg und gründete dort die Bank A. E. Wassermann, deren Leitung später seine Söhne Angelo (von) Wassermann (1834-1914) und Emil Wassermann (1842-1911) übernahmen. Emil Wassermann heiratete Emma Oppenheimer aus Frankfurt. Das Paar hatte zehn Kinder, deren ältestes Oscar Wassermann war.
Beruf
Nach dem Absolvieren einer Banklehre in München und Paris trat Oscar Wassermann in die 1889 errichtete Berliner Filiale des Bamberger Stammhauses ein, deren Leitung er ab 1900 zusammen mit seinem Cousin Max von Wassermann (1863-1934) innehatte. 1898 trat er zudem der Gesellschaft der Freunde bei, deren langjähriger Vorsitzender er später (1924-1934) werden sollte. Die Geschäfte der Berliner Filiale von A. E. Wassermann übertrafen, vor allem durch Oscar Wassermanns lukrativen Wertpapierhandel, bald diejenigen am Stammsitz. So wurde er 1912 für das Börsengeschäft der Deutsche Bank rekrutiert, das er gemeinsam mit Paul Mankiewitz leitete. Sein Spezialgebiet waren zudem Hypotheken, weshalb er in diversen Aufsichtsräten von Hypothekenbanken die Interessen der Deutschen Bank vertrat. Zudem beschäftigte er sich mit Finanzbeteiligungen der Bank in der Kali- und der Schiffahrtsindustrie.
Nach dem Ersten Weltkrieg war er Mitglied der unter der Leitung Max Warburgs stehenden deutschen Finanzkommission bei den Verhandlungen zum Versailler Vertrag. Er pflegte die internationalen Beziehungen der Deutschen Bank und war Mitglied des Generalrats der Reichsbank, wo er das Geld- und Währungswesen der Weimarer Republik beeinflusste. Sein Plan von 1922, die Reparationszahlungen betreffend, fand allerdings keine Wertschätzung.
Wassermann war stellvertretender Vorsitzender des Centralverbandes des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes sowie von 1923 bis 1933 Sprecher des Vorstandes der Deutschen Bank. 1929 fusionierten unter seiner Leitung die Deutsche Bank und die Disconto-Gesellschaft, was die beiden Bankhäuser mit dem „Zwang der Rationalisierung“ begründeten. Dank der aus der Fusion resultierenden hohen Reserven konnte die Deutsche Bank die Bankenkrise von 1931 ohne Staatshilfe überstehen. Dennoch war der Aufsichtsratsvorsitzende Franz Urbig wenig begeistert von Wassermanns Agieren und äußerte: „Wo war der primus inter pares, der die Übersicht über und den Einfluß auf das Ganze wahren mußte?“
Judentum
Sozial war Oscar Wassermann Vertreter des deutsch-jüdischen Finanz-Großbürgertums. Im Unterschied zu den meisten Vertretern dieser Gruppe engagierte er sich allerdings aufgrund seiner streng orthodoxen Erziehung stark für das Judentum und für den Zionismus. Er war Vorsitzender des deutschen Ablegers des 1922 gegründeten „jüdischen Palästinawerkes“ (Keren Hajessod, KH) und des entsprechenden „Palästina Grundfonds (KH) e. V.“, deren Hauptziel der Landwerb in Palästina war. Den größten Teil der Einkünfte erzielte er durch Sammlung bei ihm persönlich bekannten, wohlhabenden Juden. Wassermann wurde deshalb auf der Gründungsversammlung der Jewish Agency 1929 Vorsitzender der deutschen Filiale. Sein offenes Bekenntnis als Zionist wünschte deren Gründer Chaim Weizmann allerdings nicht.
Oscar Wassermann engagierte sich zudem als 2. Vorsitzender im Verwaltungsrat des 1919 gegründeten „Vereins zur Gründung und Erhaltung einer Akademie für die Wissenschaft des Judentums“, organisierte dessen Spendensammlungen und nahm noch in seinen letzten Lebensjahren regelmäßig an einer Talmud-Studiengruppe teil. [1]
Nationalsozialismus
Oscar Wassermann war schon vor 1933 Zielscheibe heftiger antisemitischer Agitation, die ihm seine Beteiligung am so genannten „Versailler Schandfrieden“ vorwarf und ihn als „Vertreter der jüdischen Hochfinanz“ diffamierte. Nach der Regierungsbildung Hitler–Papen im Januar 1933 war seine Ablösung nur eine Frage der Zeit. Ursprünglich war sein Verbleiben im Vorstand der Deutschen Bank bis Ende 1933 geplant. Jedoch wurde durch seine Kollegen bereits vor der Hauptversammlung im Juni 1933, die er eigentlich als Vorstandssprecher leiten sollte, sein Rücktritt aus Altersgründen bekanntgegeben. Er starb im Folgejahr eines natürlichen Todes.[2]
Einzelnachweise
- ↑ Avraham Barkai: Jiddisch-putkamerisch verpackt. in: Kalonymos. Beiträge zur deutsch-jüdischen Geschichte. Salomon Ludwig Steinheim-Institut. Heft 3, 2003 ISSN 1436-1213.
- ↑ http://www.bankgeschichte.de/02_03_02_detail.php?id=99
Literatur
- Avraham Barkai: Oscar Wassermann und die Deutsche Bank. Bankier in schwieriger Zeit, München 2005
Weblinks
- Literatur von und über Oscar Wassermann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Biografie der Historischen Gesellschaft der Deutschen Bank
Vorstandsvorsitzende der Deutsche Bank AG (bis 31. Januar 2006 Vorstandssprecher)Georg von Siemens | Rudolph von Koch | Arthur von Gwinner | Paul Mankiewitz | Oscar Wassermann | Georg Solmssen | Eduard Mosler | Karl Kimmich | Oswald Rösler | Hermann Josef Abs | Karl Klasen | Franz Heinrich Ulrich | Friedrich Wilhelm Christians | Wilfried Guth | Alfred Herrhausen | Hilmar Kopper | Rolf-E. Breuer | Josef Ackermann
Wikimedia Foundation.
Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:
WASSERMANN, OSCAR — (1869–1934), German banker active in Jewish organizations. The scion of an old established family of Jewish merchants in Bavaria, which in 1880 founded the bank A.E. Wasserman in Bamberg, he opened its Berlin branch in 1900 and served as its… … Encyclopedia of Judaism
Wassermann — Der Begriff Wassermann bezeichnet eine mythologische Figur, siehe Wassermann (Mythologie) Künstlervereinigung Der Wassermann in der Astronomie ein Sternbild, siehe Wassermann (Sternbild) in der Astrologie ein Tierkreiszeichen, siehe Wassermann… … Deutsch Wikipedia
Wassermann, Oscar — (1869 1934) German banker and communal leader. He was born in Bamberg. He became a director of the Berlin branch of his family bank, and in 1912 joined the board of directors of the Deutsche Bank, which later merged with the Disconto… … Dictionary of Jewish Biography
Liste der Biografien/Was — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q … Deutsch Wikipedia
DB Value GmbH — Deutsche Bank AG Unternehmensform Aktiengesellschaft ISIN … Deutsch Wikipedia
Deutsche Bank — Deutsche Bank AG Staat Deutschland Sitz Frankfurt am Main Rechtsform … Deutsch Wikipedia
Deutsche Bank AG — Unternehmensform Aktiengesellschaft ISIN … Deutsch Wikipedia
Deutsche Bank Aktiengesellschaft — Deutsche Bank AG Unternehmensform Aktiengesellschaft ISIN … Deutsch Wikipedia
Gesellschaft der Freunde — Die Gesellschaft der Freunde war von 1792 bis 1935 (Verbot) ein jüdischer Hilfsverein in Berlin. Seine Mitglieder unterstützten sich gegenseitig in Fällen von Armut, Arbeitslosigkeit, Krankheit und Tod. Vereinsgeschichte Gegründet wurde die… … Deutsch Wikipedia
Mankiewitz — Paul Mankiewitz (* 7. November 1857 in Mühlhausen; † 22. Juni 1924 auf seinem Gut Selchow bei Storkow / Mark Brandenburg) war ein deutscher Bankier. Nach einer Banklehre im Mülheimer Bankhaus Gustav Hanau trat Mankiewitz 1879 in die Deutsche Bank … Deutsch Wikipedia