Palatium (Bremen)

Palatium (Bremen)
Ausschnitt aus einer Karte von Hogenberg und Braun, entstanden zwischen 1572 und 1618. Das Palatium ist hier zwischen Liebfrauenkirche, Rathaus und Dom zu erkennen

Das Palatium (lat. ‚Gewölbe‘) in Bremen war ein Bauwerk der Backsteingotik, das im 13. Jahrhundert als Sitz der Bremer Erzbischöfe errichtet worden war. Es stand bis 1816 nordwestlich des Doms zwischen Domshof und Liebfrauenkirche, dort wo sich heute das Neue Rathaus befindet.

Inhaltsverzeichnis

Die St.-Maria-Magdalena-Kapelle

Auf einem Teil des Grundstücks auf dem später das Palatium errichtet wurde, stand bereits im 11. Jahrhundert eine Kapelle zu Ehren der Heiligen Maria Magdalena, die als erzbischöfliche Hofkapelle diente. Sie befand sich unmittelbar an der Innenseite der Mauer, die das Gebiet um den Dom einfasste, die sogenannte Domburg. Die erste urkundliche Erwähnung der capella sancte Marie Magdalene juxta pallatium domini archiepiscopi in civitae Bremensi (‚St.-Maria-Magdalena-Kapelle neben dem Palatium in der Stadt Bremen‘) stammt aus dem Jahr 1314, sie muss jedoch schon lange vorher Bestand gehabt haben, da die Westwand der Kapelle mit der Stadtmauer identisch war – das heißt, dass sie entweder zeitgleich mit dem Bau der Mauer um 1032 unter Bischof Hermann errichtet worden ist oder spätestens vor deren Abbruch durch Adalbert I. Ende des 11. Jahrhunderts.

Das Palatium

Südgiebel des Palatium zwischen Rathaus und Dom um 1695

Das Palatium als Residenz der Bremer Bischöfe wurde als Ersatz für die erzbischöfliche Burg errichtet, die 1293 unter Erzbischof Giselbert bei einem Aufruhr abgebrannt war. Giselbert kaufe daraufhin für 650 Mark ein Grundstück zwischen der Liebfrauenkirche und dem Dom und ließ hier einen zweistöckigen[1] gotischen Backsteinbau mit U-förmigen Grundriss und Satteldach errichten, wobei in den südlichen Flügel des Baus die hier bereits befindliche Maria-Magdalena-Kapelle integriert wurde.

Gebäude

Der östliche Hauptflügel des Palatiums mit der Längsfront zum Domshof hin, hatte eine Länge von 39,10 und eine Breite von 14,60 Metern. Der Nordflügel hatte eine Länge von 14,60 Meter und beherbergte Stallungen, der Südflügel mit 16,90 Meter Länge beinhaltete die Maria-Magdalena-Kapelle. Eingefasst zwischen den drei Gebäudeteilen befand sich ein Garten.

Die Hauptzugänge zum Palatium bildeten zwei spitzbogige Portale an den schmalen Giebelseiten des Hauptflügels, sie führen vermutlich zu Vorräumen, die einen großen Saal im Erdgeschoss begrenzten. Die Portale mit einer Breite von 4,70 Metern und eine Höhe von 5,20 Metern wiesen eine tiefe Laibung auf. Zu beiden Seiten der Portale befanden sich je zwei schmale, darüber je ein breites Spitzbogenfenster. Der Staffelgiebel der Fassade wurde von elf Mauerstufen gebildet. Die dadurch eingefasst Fläche war mit sechs kreisrunden Blendnischen verziert, die in der Abfolge drei – zwei – eins das Giebeldreieck vollständig ausfüllten.

An der Längsseite befanden sich zwei Reihen à je acht Fenster[2], im Erdgeschoss mit Spitzbogenform wie an den beiden Giebelseiten, im Obergeschoss mit rechteckiger Grundform. Die obere Fensterreihe war dabei mit Sandstein eingefasst und durch Fensterkreuze gegliedert. Die Fenstersimse waren darüber hinaus zu einem die gesamte Ostfassade entlanglaufenden Sandsteinband miteinander verbunden.

Nutzung

Als die Bremer Erzbischöfe ab Mitte des 14. Jahrhunderts wegen der zunehmenden Spannungen mit den Bürgern und dem Bremer Rat überwiegend in ihrer Burg in Bremervörde residierten, wurde das Palatium als Amtssitz des erzbischöflichen Stadtvogts genutzt. In der Folge wurde auch die Maria-Magdalena-Kapelle profaniert und zu anderen Zwecken genutzt.

Mit dem westfälischen Frieden und der Säkularisierung des Erzstiftes Bremen kam das Gebäude 1648 in schwedischen Besitz, so wie alle ehemals erzbischöflichen Grundstücke in der Stadt, und wurde zur Statthalterei ausgebaut. Dabei wurde die südliche Vorhalle und der Nordflügel durch Einziehen einer Balkendecke dreistöckig. Das südliche Portal zum Marktplatz hin erhielt eine barockes Sandsteineinfassung über der das schwedische Wappen angebracht war.

1720 fiel das Palatium an das Kurfürstentum Hannover. Während des Siebenjährigen Krieges diente es dem vertriebenen Landgrafen Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel als Residenz. Ab 1790 bis zu seinem Tode 1796 lebte Adolph Freiherr Knigge als hannoverscher Oberhauptmann hier.

1803 wurden das Palatium und die anderen hannoverschen Besitzungen in der Stadt im Zuge des Reichsdeputationshauptschluss wieder bremisch.

Während der französischen Besatzung 1811 bis 1814 diente das Gebäude als Mairie – als Verwaltungssitz des Stadtgebiets. 1816 wurde es größtenteils abgerissen und an seiner Stelle unter Leitung des bremischen Deichkondukteurs und späteren Stadtbaudirektors Nicolaus Blohm das Stadthaus errichtet. Dabei blieben einige Teile des Altbaus unter- und innerhalb des Neubaus erhalten, bis dieser 1909 ebenfalls abgerissen wurde, um dem Neuen Rathaus zu weichen.

Das „Kleine Palatium“

Das „Kleine Palatium“ am Schoppensteel (vor dem Abriss 1909)

1580 war in der Achse des Südflügels des Palatiums ein Bau errichtet worden, der als „Kleines Palatium“ bezeichnet wurde, er diente vermutlich zur Einlagerung der Naturalabgaben, die die steuerpflichtigen Bauern dem Erzbischof liefern mussten.

Das „Kleine Palatium“ war 16,60 Meter lang und 13,40 Meter breit, hatte nur ein Hauptgeschoss, jedoch zwei Dachböden und einen Keller. Eine Freitreppe führte zum mittig in der westlichen Giebelfront platzierten Portal an der Straße Schoppensteel[3]. Darüber befanden sich zwei Pforten über die mittels eines Seilzuges Lagergut auf die Dachböden gebracht werden konnten. Eingefasst wurde die Fassade durch zwei schmale – rein dekorative – Ecktürme mit welscher Haube und Wetterfahnen.

Das Gebäude hatte bis 1909 Bestand, als es zusammen mit dem Stadthaus abgerissen wurde, um dem Neuen Rathaus Platz zu machen.

Einzelnachweise

  1. Die in Herbert Schwarzwälders Großen Bremen-Lexikon erwähnten drei Stockwerke beziehen sich auf den Umbau des Gebäudes unter schwedischer Hoheit Mitte des 17. Jahrhunderts.
  2. Gemäß Rekonstruktion der Nordfassade des Palatiums von Ernst Eberhardt in Wilhelm Lührs: Der Domshof. Geschichte eines bremischen Platzes. Verlag Hauschild, Bremen 1987, S. 229
  3. Schoppenteel ist die niederdeutsche Bezeichnung für den Schandpfahl an dem Verurteilte öffentlich angeprangert wurde. Gemäß Monika Porsch: Bremer Straßenlexikon, Band 1 · Altstadt. Verlag Schmetterling, Bremen 2000, S. 73

Literatur

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