Paragneis

Paragneis
Paragneis, Serizzo Antigorio aus der Schweiz (polierte Musterplatte ca. 25x15cm)

Paragneise sind Paragesteine und gehören zu den metamorphen Gesteinen. Sie sind aus sedimentären Ausgangsgesteinen (Edukten) hervorgegangen, im Gegensatz zu Orthogneisen, die aus Magmatiten entstanden.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

Die Bezeichnung Paragneis ist eine Wortschöpfung zusammengesetzt aus der griechischen Vorsilbe παρα (para) mit der Bedeutung Mit-, Neben-, Ausser- oder Über- und dem Gesteinsnamen Gneis.

Ausgangsgesteine

Isoklinal gefalteter Paragneis aus dem französischen Zentralmassiv, arvernischer Bereich bei Nontron. Das Gestein wird von parasitärer Kleinfältelung überprägt
Leggiuna-Gneis aus dem Tessin

Paragneise entstammen gewöhnlich terrigenen, detritischen, nur wenig entwickelten Sedimenten wie beispielsweise Arkosen, Grauwacken und Peliten (oft Flysche oder flyschoide Gesteinsserien). Die Sedimente sind meist im marinen Milieu (als Schelf- und Kontinentalrandablagerungen) abgesetzt worden.

Verbreitung

Paragneise kommen weltweit vor, sind aber an mesozonale bis katazonale metamorphe Grundgebirgsterrains gebunden. So sind sie im variszischen Grundgebirge sehr häufig anzutreffen, wie beispielsweise im Schwarzwald, Vogesen oder im französischen Zentralmassiv. Auch in metamorphen Terrains der Alpen kommen sie vor.

Ausbildung

Wie auch andere Gneise sind die meist grau gefärbten Paragneise sehr kompakte, massive, kristalline Grundgebirgsgesteine, die sich durch eine typisch gneishafte, granoblastische oder granolepidoblastische Lagentextur auszeichnen (Foliation). Diese Lagentextur ist im Normalfall eine rhythmische Wechsellagerung von hellen quarz-feldspatreichen Lagen und dunklen glimmerreichen Lagen. Bedingt durch die jeweilige sedimentäre Abfolge im Ausgangsgestein können diese Wechsellagen entweder sehr feinschichtig und gleichmäßig ausfallen, oft wird aber auch eine starke Betonung einer der beiden Lagentypen beobachtet. Dies legt eine Widerspiegelung der ursprünglichen Lagerungsverhältnisse nahe. So machen sich in Grauwacken-Tonsteinfolgen die Grauwackenbänke als ausgesprochen massige Zwischenlagen mit granitartiger Ausprägung bemerkbar.

Zusammensetzung

Mineralbestand

Essentielle Minerale in Paragneisen sind Quarz und Feldspäte (Alkalifeldspat und Plagioklas, gewöhnlich Oligoklas oder Andesin), die meist zusammen auftreten und die oben bereits erwähnten Quarz-Feldspatlagen aufbauen. Hinzu kommen Biotit, Muskovit und Amphibole in den dunklen glimmerreichen Lagen. Da Paragneise von einer Regionalmetamorphose erfasst wurden, führen sie auch meist typische Metamorphoseminerale wie beispielsweise Sillimanit (Fibrolith), Andalusit, Disthen, Cordierit, Staurolith oder Granat (Almandin und Spessartin). Als Akzessorien enthalten sie meist Apatit, Titanit, Allanit, Epidot, Turmalin und Zirkon sowie Opakmineralien wie Ilmenit.

Chemismus

Bedingt durch das breite Spektrum der Edukte ist die chemische Zusammensetzung sehr variabel und großen Schwankungen unterworfen. Demgemäß kann sich der SiO2-Gehalt zwischen 57 und 80 % bewegen, d. h. Paragneise können einen basischen, intermediären oder auch sauren Charakter annehmen! Der Al2O3-Gehalt variiert hierbei zwischen 11 und 18 %.

Zur Veranschaulichung der chemischen Zusammensetzung von Paragneisen folgende Tabelle mit je zwei Beispielen aus dem Südschwarzwald und dem Zentralmassiv (Bas Limousin mit 11 und Untere Gneisdecke mit 7 Proben):

Oxid
Gew. %
Ibach
Südschwarzwald
Murgtal
Südschwarzwald
Bas Limousin
Zentralmassiv
Untere Gneisdecke
Zentralmassiv
SiO2 66,04 77,18 68,10 75,16
TiO2 0,75 0,56 0,65 0,13
Al2O3 15,35 11,68 15,15 13,65
Fe2O3 1,53 0,24 1,61 0,51
FeO 4,34 2,26 3,45 1,02
MnO 0,09 0,05 0,08 0,12
MgO 1,94 1,01 2,08 0,43
CaO 1,73 1,61 1,43 0,51
Na2O 3,51 3,42 2,89 2,56
K2O 2,22 1,18 2,93 4,40
P2O5 0,12 0,18 0,17
H2O+ 2,37 0,71 1,52 1,40
Na + K 5,73 4,60 5,82 6,96

Metamorphose und Anatexis

Anatektische, quarz-feldspatreiche Linse im plagioklasreichen Paragneis von Nontron. Ihre räumliche Anordnung deutet auf dextralen Schersinn

Kommt es nach Ablagerung der Ausgangssedimente am Kontinentalrand oder in Backarc-Lagen zu einer Subduktion unter den Kontinent oder unter den vorgelagerten Inselbogen, so werden die Sedimente in größere Tiefen abgesenkt und teils “verschluckt”. Durch die erhöhten Druck- und Temperaturbedingungen werden sie metamorphisiert, im Fall der Paragneise wie oben bereits angesprochen unter mesozonalen bis katazonalen Bedingungen einer Regionalmetamorphose (Amphibolitfazies).

Manche Paragneise haben unter katazonalen Bedingungen gelegentlich auch den Bereich der Anatexis erreicht. Sie zeigen dann migmatitische Absonderungen granitoider Zusammensetzung (quarz-feldspathaltige Bänder und mandelförmige Linsen konkordant mit der Lagentextur, aber auch diskordante Gänge und selbst kleinere Granitkörper). Aufgrund der oft sehr engen Assoziation mit benachbarten Granitoiden, welche einen vergleichbaren Chemismus zu Paragneisen vorweisen, darf auf eine direkte genetische Beziehung der Granitoide zu den Paragneisen geschlossen werden. Es ist anzunehmen, dass die Paragneise in diesen Fällen die Granitoide unter partiellem Aufschmelzen abgesondert haben.

Bedeutung

Paragneise sind aufgrund ihres häufigen Auftretens für das tektonische Verständnis von Grundgebirgsterrains von vorrangiger Bedeutung. Überdies zeichnen sie sich meist an einem Reichtum tektonischer Gefügestrukturen aus, der wertvollste Informationen für die Entstehungs- und Verformungsgeschichte eines Terrains liefert. In ihren glimmerreichen Lagen befinden sich meist Streckungslineare, Indikatoren der tektonischen Bewegungsrichtungen während der Deformation. Ferner enthalten sie Scherlinsen und ähnliche Strukturen (C/S-Strukturen), die den jeweiligen Bewegungssinn erkennen lassen. Paragneise liegen meist auch gefaltet vor und können stellenweise bis zu drei und mehr Faltengenerationen enthalten! Dieser Umstand ist sehr wichtig für das Auseinanderhalten von einzelnen Deformationsphasen des betreffenden Gesteins. All diese Strukturen entstehen während der Dynamometamorphose im duktilen Zustand im mittleren Krustenbereich. Tauchen die Paragneise im Verlauf der Heraushebung des Terrains wieder auf, so unterliegen sie spröden Verformungen wie Auf- und Überschiebungen unter Kompression oder Abschiebungen unter Dehnung (Oberkruste). In Oberflächennähe entstehen schließlich Kluftsysteme.

Eine Analyse der in ihnen enthaltenen metamorphen Minerale gibt außerdem wertvolle Hinweise über die herrschenden Bedingungen während des Metamorphoseverlaufs (P-T-t-Pfad).

Werden Paragneise im Verlauf ihrer Versenkung von der Anatexis erfasst, so können sie, wie bereits angedeutet, durch partielles Aufschmelzen Granitoide erzeugen.

Verallgemeinert lässt sich sagen, dass Paragneise im Verbund mit anderen kristallinen Schiefern die primäre „Matrix“ eines Terrains darstellen, Granitoide sind „Einsprenglinge“ und sekundärer Natur, da von diesen generiert. Es ist die Matrix, welche kriechende tektonische Bewegungen in der Erdkruste unmittelbar registriert.

Natursteinsorten

Einige Beispiele aus den Südalpen:

Quellen

  • Wimmenauer, W.: Petrographie der magmatischen und metamorphen Gesteine. Ferdinand Enke Verlag, 1985, ISBN ISBN 3-432-94671-6.

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