Passionsdarstellung

Passionsdarstellung
Via Crucis 2005 in Saarlouis
Via Crucis Saarlouis 2005
Passionsspiel in der Via Dolorosa, Jerusalem, 2005
Passionsspiel in Ołtarzew, Polen

Ein Passionsspiel ist ein geistliches Drama um die Passion, das Leiden und Sterben Jesu Christi. Passionsspiele sind oft als mehrtägige Aufführungen unter Mitwirkung von zahlreichen Schauspielern angelegt. Sie sind vor allem in den katholisch geprägten Regionen Bayerns und Österreichs verbreitet, das wohl bekannteste findet alle zehn Jahre in Oberammergau statt (nächster Termin: 15. Mai – 3. Oktober 2010), doch wird auch in Saarlouis seit einigen Jahren die Via Crucis aufgeführt. Einen neuen Weg beschreitet das Passionsspiel von Kirchschlag, in dem die Auferstehung Jesu Christi das zentrale Geschehen darstellt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Passionsspiele, eine unter den dramatischen Aufführungen des Mittelalters besonders häufig vertretene Art der geistlichen Spiele, welche ursprünglich wohl überall am Karfreitag aufgeführt wurden und sich aus der Karfreitagsfeier selbst und aus den mimischen Darstellungen, die bei derselben in vielen Kirchen stattfinden, entwickelt hatten.

Sämtliche Passionsspiele haben das Leiden und den Tod des Erlösers zur Haupthandlung, und schon hieraus und aus dem engen Anschluss an die Erzählung der Evangelien ging ein im ganzen wesentlich epischer Charakter der Spiele hervor. Derselbe wurde dadurch verstärkt, dass der eigentlichen Darstellung der Passion meist die Vorführung anderer Episoden der heiligen Geschichte voranging (man begann gelegentlich mit der Schöpfung) und sich die ursprünglich älteren Osterspiele, welche die Szenen der Auferstehung zur Darstellung brachten, naturgemäß an die Kreuzigung und Grablegung Christi anreihten (weshalb die Passions- und Osterspiele meistenteils zusammen und oft an mehreren aufeinander folgenden Tagen aufgeführt wurden).

Wie weit die Ausführung eigentlicher Passionsspiele zurückreicht, ist nicht genau festzustellen; die Aufzeichnung auch nur der Szenarien und der in die Spiele verwobenen Gesänge erfolgte erst, als dieselben längst üblich waren. In Frankreich führten sie den Namen Mysterienspiel, der auch, nach Deutschland übergehend, wesentlich nur den Spielen zugeteilt wurde, welche die Leidens- und Auferstehungsgeschichte des Heilands zum Gegenstand hatten, während die dramatische Vorführung von Legendenstoffen mit dem Namen Mirakel belegt wurde.

In deutschen Handschriften des 13. Jahrhunderts sind zwei Passionsspiele bruchstückweise erhalten, von denen das erste, mit hauptsächlich lateinischem Text („Ludus paschalis sive de passione Domini“, hrsg. von Hoffmann in Fundgruben, Bd. 2, S. 245 ff., und von Schmeller in den Carmina Burana), einzelne deutsche Strophen enthält, während das andre, von einem höfisch gebildeten Dichter herstammend, ganz in deutscher Sprache und in den Kunstformen des 13. Jahrhunderts gehalten ist.

Zu den späteren Niederschriften, die aber meist auf einen älteren Ursprung zurückweisen, gehören: das „Frankfurter Passionsspiel“ (von dem ein Szenarium in einer alten Pergamentrolle der Bartholomäusstiftsschule zu Frankfurt am Main erhalten blieb), das „Alsfelder Passionsspiel“ (hrsg. von Grein, Kassel 1874), das „Heidelberger Passionsspiel“ (hrsg. von Gustav Milchsack, Tübingen 1880), das „Donaueschinger Passionsspiel“ (gedruckt in Mones Schauspiele des Mittelalters, Karlsruhe 1846), das „Freiburger Passionsspiel“ (hrsg. von Martin, Freiburg 1872), die niederdeutsche „Marienklage“ (hrsg. von O. Schönemann, Hannover 1855) und das „Redentiner Osterspiel“ u. a. Sie alle legen Zeugnis für die typische Gleichartigkeit und Ähnlichkeit der Passionsspiele ab.

Sie sind sämtlich melodramatisch behandelt; die Reden wechseln mit gesungenen Stellen (in denen sich die lateinischen Kirchenhymnen am längsten innerhalb des Rahmens der Passionsspiele erhielten) und nehmen in den Gang der Handlung possenhafte und komische Episoden auf, zu denen das Leben der Maria Magdalena vor ihrer Bekehrung, die Höllenfahrt Christi, der Einkauf der Salben und Spezereien durch die drei Marien vor dem Besuch des Heiligen Grabes die szenischen Anlässe bilden. Simon von Cyrene half Jesus am letzten Abschnitt das Kreuz zu tragen. Besonders ausgeformt sind die Passionsprozession von Škofja Loka in Slowenien aus dem Jahre 1721, die 1999 und 2000 wieder belebt wurde und auf das einzig erhaltene europäische Regiebuch aus dem Barock zurückgeht und zahlreiche allegorische Figuren aufweist. Die vorwiegend pantomimische Darstellung des Kreuzziehens in Tresdorf im Mölltal in Kärnten, Österreich, wird alljährlich am Gründonnerstag und Karfreitag in alten Kostümen aufgeführt. Vom ebenfalls nicht kommerzialisierten Christi-Leiden-Spiel, in dem in Wien Luzifer und andere Teufel auftreten, bzw. in Kärnten noch andere allegorische Figuren hinzukommen, wie z. B. der Hirte und der Tod, sind Textvorlagen zum Metnitzer Spiel des Sylvester Wietinger aus den Jahren 1911 bzw. 1916 u. a. deutsche Spieltexte erhalten. Slowenische Texte sind entweder Kopien der Köstenberger Passionskomödie des Andreas Schuster, die Textvorlage zum dreiteiligen Eisenkappeler Spiel oder das Textbuch des Edmund Müller zur St. Stefaner Passion 1931.

Nach der Reformation warfen sich die protestantischen Dramendichter überwiegend auf biblische Stoffe des Alten Testaments, die sich in moralisierendem Sinn behandeln ließen, und bildeten die Passionsspiele zu Moralitäten) aus. In den katholisch bleibenden Teilen Deutschlands, namentlich in den Bayerischen, Tiroler und Salzburger Alpen, bestanden dieselben jedoch fort, teils in der vollen mittelalterlichen Naivität, teils in einer tendenziösen Umarbeitung und Zurichtung, welche besonders die Jesuiten und die von ihnen ausgebildeten Geistlichen vornahmen. Aber auch für die katholischen Landesteile ist ein Passionsspiel mit Themen aus dem alten Testament belegt: das Passionsspiel von Perchtoldsdorf mit dem Stoffkreis um den verstoßenen Ismael (1. Buch Moses, 21. Kapitel, Verse 9 ff.).[1]

Diejenigen der älteren Spiele, welche sich bis ins 18. Jahrhundert hinein behauptet hatten, fielen der überall eindringenden Aufklärung allmählich zum Opfer. Unter Karl Theodor und König Max Joseph I. wurden selbst in Bayern die Passionsaufführungen untersagt und eine Ausnahme nur mit dem Waaler Passionsspiel und dem Oberammergauer Passionsspiel gemacht.

Besonders in Kritik geraten sind die Passionsspiele auf den Philippinen, da sich dort manche Teilnehmer für kurze Zeit tatsächlich kreuzigen lassen, was immer wieder zu Verletzungen, Wundinfektionen und Krankenhausbehandlung führt.

Passionsspielorte

  • Slowenien: Škofja Loka

Siehe auch

Literatur

  • Hans Carl Holdschmidt: Der Jude auf dem Theater des deutschen Mittelalters. In: Die Schaubühne, 12. Emsdetten, 1935. (Stramm antisemitisch) Beschriebene PS: [1] > Ahasver > Holdschmidt
  • Luise Maria Ruhdorfer: Das Passionsspiel "Terplenje in smrt Jezusa Kristusa" [= Das Leiden und der Tod Jesu Christi], St. Stefan bei Finkenstein, 1931. Klagenfurt: Hermagoras Verlag, 2007, ISBN 978-3-7086-0247-9. Nähere Angaben und PS-Textauszug in Deutsch: [2]
  • Otto Gerhard Schindler: Über spätbarockes Christi-Leiden-Spiel im Viertel unter dem Wienerwald. In: Unsere Heimat. Monatsblatt des Vereins für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. 38. Jahrgang. Wien 1967, Heft 10/12, Seiten 225 ff.
  • Otto Gerhard Schindler: Barockes Volksschauspiel in Perchtoldsdorf. Fragmente eines spätbarocken Passionsspieles aus dem niederösterreichischen Markt. Wien 1969. Österreichische Zeitschrift für Volkskunde Nr. 23/72. Seiten 73-115.

Referenzen

  1. Otto Gerhard Schindler: Die Libretto-Sammlung des Stiftes Klosterneuburg. In: Max Kratochwill (Schriftleitung): Jahrbuch des Vereines für Geschichte der Stadt Wien. Band 23/25. Jahrgänge 1967/69. Verlag Ferdinand Berger & Söhne, Horn. Seite 184.


Dieser Artikel basiert auf einem gemeinfreien Text („public domain“) aus Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage von 1888–1890. Bitte entferne diesen Hinweis nur, wenn Du den Artikel so weit überarbeitet oder neu geschrieben hast, dass der Text den aktuellen Wissensstand zu diesem Thema widerspiegelt und dies mit Quellen belegt ist, wenn der Artikel heutigen sprachlichen Anforderungen genügt und wenn er keine Wertungen enthält, die den Wikipedia-Grundsatz des neutralen Standpunkts verletzen.

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