- Paul I. (Russland)
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Paul I. (eigentl. Pawel Petrowitsch bzw. russisch Павел Петрович, * 20. Septemberjul./ 1. Oktober 1754greg. in Sankt Petersburg; † 12. Märzjul./ 24. März 1801greg. ebd.) war 1762 bis 1773 Herzog von Holstein-Gottorf, 1796 bis 1801 Kaiser[1] von Russland, sowie 1799 bis 1801 Großmeister des Malteserordens. Er stammte aus der Adelsfamilie Romanow-Holstein-Gottorp.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Als Sohn der Großfürstin Katharina, der späteren Kaiserin Katharina II. (Katharina die Große), wurde er von ihrem Gemahl Großfürst Peter, dem späteren Kaiser Peter III., als legitimer Nachkomme anerkannt. Wahrscheinlich war er aber der Sohn von Graf Saltykow, einem Liebhaber seiner Mutter. Er wurde sofort nach der Geburt von seiner Mutter getrennt. Paul wuchs am Hof seiner Großtante, der Kaiserin Elisabeth Petrowna auf. Sie beabsichtigte, ihn anstelle Peters zum Erben zu machen.
Nach dem Sturz Peters III. lebte Paul mit seiner Familie im Gattschina-Palast mit eigenem Hofstaat und einer kleinen Armee, einem Geschenk seiner Mutter. Gewalt, die er in seiner Kindheit erlitten hatte, und die Entfremdung von der Mutter machten ihn reizbar und misstrauisch gegen seine Umgebung.
Politik
Am Todestag Katharinas der Großen, dem 17. November 1796, erklärte sich der 42-jährige Paul zum Kaiser. Am 5. April 1797 erließ er, wohl aus Hass auf seine Mutter, die ihn zeitlebens gedemütigt hatte, ein Dekret, das nur männliche Nachkommen zur Thronfolge zuließ. Am 17. April erfolgte seine offizielle Krönung.
Wie von einer fixen Idee besessen verfügte er in allen Dingen das genaue Gegenteil dessen, was zur Zeit seiner Mutter angeordnet worden war. Er amnestierte die durch den Geheimen Staatsrat Verurteilten, befreite die politischen Gefangenen und schaffte die Wehrpflicht ab. Er schränkte die Macht der Grundbesitzer über die Leibeigenen ein und begrenzte deren Pflichtarbeit für die Landbesitzer auf drei Tage je Woche. In der Armee ließ der als Bewunderer preußischer Bräuche bekannte Paul wieder die Soldatenzöpfe einführen, die zuvor von Grigori Potjomkin abgeschafft worden waren.
In der Außenpolitik löste er sich aus Enttäuschung darüber, dass Karl Emanuel II. von Sardinien-Piemont nach der Befreiung Piemonts von der Herrschaft Napoleons nicht wieder eingesetzt wurde,[2] aus dem Bündnis mit Österreich, Großbritannien, Neapel und dem Osmanischen Reich gegen Frankreich und schlug sich durch seine Politik der bewaffneten Neutralität auf die Seite des letzteren. Dieser Schritt war vermutlich ein Hauptgrund für seine Ermordung.
Aus Dankbarkeit für die Zuflucht in Russland setzten 1798 die Ritter des Malteserordens ihren Großmeister Hompesch ab und erklärten den Kaiser Paul zum Großmeister (de facto, nicht de jure); nach dessen Ermordung (1801) wurde 1803 wieder ordnungsgemäß ein römisch-katholischer Großmeister gewählt.
Vor seinem Schloss ließ Paul das Reiterstandbild Peters des Großen mit der Inschrift „Dem Urgroßvater vom Urenkel“ aufstellen.
Aufgrund zahlreicher Morddrohungen ließ sich Paul zur eigenen Sicherheit ein massives Hochsicherheitsschloss bauen (das heutige Michaels-Schloss beim Platz der Künste). Als Standort wurde eine kleine Insel zwischen den Flüssen Fontanka, Moika und zwei Kanälen ausgewählt.
Nach sechs Jahren Bauzeit wurde der Palast am 1. November 1800 der offizielle Wohnsitz der Familie des Kaisers. Das moderne Schloss mit seinen Zugbrücken, Wachen, den vielen Räumen, Gängen, Ebenen und zahlreichen Sicherheitsanlagen half Paul nicht. In der Nacht des 24. März (12. März julianisch) 1801 wurde er bei einem Attentat von Verschwörern aus Kreisen des Adels (Mörder Subow, von der Pahlen) stranguliert, nachdem er sich geweigert hatte, seine Abdankung zu unterschreiben. Die Absetzung, nicht jedoch der Mord, soll mit dem stillen Einverständnis seines Sohnes Alexander geschehen sein, der nach der Tat als Alexander I. auf den Thron kam. Nach der Ermordung des Kaisers zog seine Familie ins Winterpalais zurück.
Paul wurde in der Peter-und-Pauls-Kathedrale zu Sankt Petersburg beigesetzt.
Ehe und Nachkommen
1773 schloss er seine erste Ehe mit der deutschen Prinzessin Wilhelmina Luisa von Hessen-Darmstadt, die nach der Annahme des russisch-orthodoxen Glaubens Natalja Alexejewna hieß. Sie starb bereits am 26. April 1776, zwei Tage nach der Geburt ihres ersten Kindes.
- Tochter (*/† 24. April 1776)
Am 26. Septemberjul./ 7. Oktober 1776greg. heiratete er die deutsche Prinzessin Sophie Dorothee von Württemberg (1759–1828), die nach der Annahme des russisch-orthodoxen Glaubens Maria Fjodorowna hieß. Sie brachte zehn Kinder zur Welt: vier Söhne und sechs Töchter, unter ihnen die späteren Kaiser Alexander I. und Nikolaus I.:
- Alexander I. (* 23. Dezember 1777; † 1. Dezember 1825)∞ Kaiserin Elisabeth Alexejewna, geborene Prinzessin Louise von Baden
- Konstantin (* 8. Mai 1779; † 27. Juni 1831), Großfürst von Russland ∞ Juliane von Sachsen-Coburg-Saalfeld
- Alexandra (* 9. August 1783; † 16. März 1801) ∞ Joseph, Erzherzog von Österreich
- Helene (* 24. Dezember 1784; † 24. September 1803) ∞ Friedrich Ludwig, Erbprinz von Mecklenburg-Schwerin
- Maria (* 15. Februar 1786; † 23. Juni 1859) ∞ Carl Friedrich, Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach
- Katharina (* 21. Mai 1788; † 9. Januar 1819) ∞ Wilhelm I., König von Württemberg
- Olga (* 22. Juli 1792; † 26. Januar 1795), Großfürstin von Russland
- Anna (* 18. Januar 1795; † 1. März 1865) ∞ Wilhelm II., König der Niederlande
- Nikolaus I. (* 6. Juli 1796; † 2. März 1855), Kaiser von Russland und König von Polen
- Michail (* 8. Februar 1798; † 9. September 1849), Großfürst von Russland ∞ Charlotte von Württemberg
Literatur
- Valentin Zubov: Zar Paul I. Mensch und Schicksal. K. F. Koehler, Stuttgart 1963.
- Elena Palmer: Peter III. Der Prinz von Holstein. Sutton, Erfurt 2005, ISBN 3-89702-788-7.
Filme
- 1928: Der Patriot von Ernst Lubitsch mit Emil Jannings
Weblinks
Commons: Paul I. (Russland) – Album mit Bildern und/oder Videos und AudiodateienFußnoten
- ↑ Im zeitgenössischen Sprachgebrauch als auch im Ausland blieb es bis 1917 üblich, weiter vom Zaren zu sprechen und hat sich im Bewusstsein der Nachwelt erhalten. Was man damit traf, war nicht der geltende Würdeanspruch des Kaiserreichs, sondern die Fortlebung der spezifisch russischen Wirklichkeit, in Form des Moskauer Zarenreiches, das als Grundlage des neuen Imperiums diente. Dies führte im 19. Jahrhundert zu einer nicht quellengerechten Begriffssprache in der Literatur und zu einem überkommenen Begriffsapparat in der deutschen Literatur. in: Hans-Joachim Torke: Die russischen Zaren, 1547-1917, S.8; Hans-Joachim Torke: Die staatsbedingte Gesellschaft im Moskauer Reich, Leiden, 1974, S. 2; ; Reinhard Wittram: Das russische Imperium und sein Gestaltwandel, in: Historische Zeitschrift Bd. 187, H. 3 (Jun., 1959), S. 568-593, S.569.
- ↑ http://www.krusenstern.ch/wieso-schickte-zar-paul-i-1799-general-suworow-in-den-krieg/
Vorgänger Amt Nachfolger Katharina II. Kaiser von Russland
1796–1801Alexander I. Karl Peter Ulrich Herzog von Holstein-Gottorf
1762–1773fällt durch den Vertrag von Zarskoje Selo an Dänemark Ferdinand von Hompesch zu Bolheim Großmeister des Malteserordens
1799–1801Giovanni Battista Tommasi Kategorien:- Zar (Russland)
- Haus Romanow-Holstein-Gottorp
- Großmeister des Malteserordens
- Person (Sankt Petersburg)
- Geboren 1754
- Gestorben 1801
- Mann
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