Paula Radcliffe

Paula Radcliffe
Paula Radcliffe beim Berlin-Marathon (2011)
Paula Radcliffe auf dem Weg zum Sieg beim New-York-City-Marathon (2007)
Paula Radcliffe kurz vor dem Ziel im Marathonlauf bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2005 in Helsinki

Paula Radcliffe (Paula Jane Radcliffe; * 17. Dezember 1973 in Northwich, Grafschaft Cheshire) ist eine britische Langstreckenläuferin.

Sie stellte den aktuellen Weltrekord (Stand: Oktober 2011) im Marathon beim London-Marathon 2003 mit einer Zeit von 2:15:25 Stunden auf, wurde 2005 Weltmeisterin über dieselbe Distanz und gewann jeweils dreimal den New-York-Marathon (2004, 2007, 2008) sowie den London-Marathon (2002, 2003 und 2005).

Inhaltsverzeichnis

Karriere

bis 2001

Paula Radcliffe wuchs in einer sportbegeisterten Familie auf. Ihre Großtante Charlotte Radcliffe hatte bei den Olympischen Sommerspielen 1920 in Antwerpen mit der britischen 4 x 100 m Freistil-Staffel eine Silbermedaille im Schwimmen geholt.

Radcliffe errang ihre ersten Erfolge im Crosslauf, darunter den Titel der Juniorenweltmeisterin 1992. Nachdem sie 1994 verletzungsbedingt pausieren musste und gar ein Karriereende in Erwägung zog, erzielte sie in den Folgejahren eindrucksvolle Ergebnisse auf der Bahn. 1996 wurde sie englische Meisterin im 5000-Meter-Lauf, und 1998 brach sie in Lissabon bei ihrem Debüt im 10.000-Meter-Lauf mit 30:48,58 den fast sieben Jahre alten britischen Rekord von Liz McColgan.

Die ganz großen Erfolge bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen blieben ihr jedoch zunächst versagt. Bei den Weltmeisterschaften 1995 in Göteborg wurde sie Fünfte über 5000 m, denselben Platz belegte sie über dieselbe Distanz bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta, und bei den Weltmeisterschaften 1997 in Athen wurde sie Vierte.

1998 holte sie dann bei der europäischen Crosslaufmeisterschaft ihren ersten internationalen Titel im Erwachsenenbereich und bei den Weltmeisterschaften 1999 in Sevilla mit einem zweiten Platz über 10.000 m den ersten Treppchenplatz bei diesem Turnier.

Die Olympischen Spielen 2000 in Sydney brachten dann wieder eine Enttäuschung, als sie über 10.000 Meter nur einen vierten Platz belegte. Sie hatte 24 der 25 Runden geführt, wurde jedoch auf den letzten Metern von der Siegerin Derartu Tulu sowie Gete Wami und Fernanda Ribeiro überholt. Im Herbst desselben Jahres jedoch siegte sie bei der Halbmarathon-Weltmeisterschaft in Veracruz, und es zeichnete sich ab, dass sie im Straßenlauf die Erfolge erringen könnte, die ihr aufgrund fehlender Endschnelligkeit auf der Bahn verwehrt blieben.

Dasselbe Muster wiederholte sich im folgenden Jahr. Die Saison begann vielversprechend mit einem Sieg bei der Crosslauf-Weltmeisterschaft, aber bei den Weltmeisterschaften 2001 in Edmonton wurde sie vor dem Ziel von drei äthiopischen Läuferinnen überspurtet und belegte den undankbaren vierten Platz. Dagegen konnte sie den Weltmeistertitel im Halbmarathon in Bristol mit 1:06:47 verteidigen und verpasste dabei nur um drei Sekunden den Weltrekord von Elana Meyer.

ab 2002

2002 verteidigte sie ihren Crosslauf-Weltmeistertitel, holte bei den Commonwealth Games in Manchester über 5000 m ihren ersten internationalen Titel auf der Bahn mit britischem Rekord (14:31,42 min) und bei der Europameisterschaft 2002 in München ihren ersten internationalen Titel über 10.000 Meter, wobei sie mit 30:01,09 min einen Europarekord aufstellte, der erst 2008 von Elvan Abeylegesse gebrochen wurde. Trotzdem zog sie – nicht zuletzt auch im Hinblick auf die einzig dort abwesende afrikanische Konkurrenz – aus den Erfahrungen die Konsequenz, sich künftig hauptsächlich dem Marathonlauf zu widmen: Auf der längeren Distanz ließ sich ihre Fähigkeit zur gleichmäßigen, effizienten Krafteinteilung besser ausspielen.

Bereits vor der EM hatte sie den London-Marathon in 2:18:56 gewonnen und war somit auf Anhieb die zweitschnellste Frau der Welt über diese Distanz. Im Herbst folgte ein Sieg beim Chicago-Marathon in der Weltrekordzeit von 2:17:17.

2003 begann sie die Saison beim World’s Best 10K, das sie schon im Vorjahr gewonnen hatte, mit einem Weltrekord (30:21) im 10-km-Straßenlauf. Beim London-Marathon stellte sie dann mit 2:15:25 einen weiteren Weltrekord auf. Ein Verletzung verhinderte die Teilnahme an den Leichtathletik-Weltmeisterschaften, zum Ausgleich jedoch wurde sie im Herbst in Vilamoura erneut Weltmeisterin im Halbmarathon und Europameisterin im Crosslauf.

Nachdem sie im Juni in Bydgoszcz mit 14:29,11 eine neue Bestzeit über 5000 m aufgestellt hatte (womit sie fünftschnellste Frau aller Zeiten über diese Distanz ist), erlebte sie eine große Enttäuschung beim Marathon der Olympischen Spiele 2004 in Athen, als sie wenige Kilometer vor dem Ziel entkräftet aufgeben musste. Als Grund für den plötzlichen Leistungseinbruch so spät im Rennverlauf nannte sie eine empfindliche Reaktion des Magens auf ein entzündungshemmendes Mittel, das ihr zur Behandlung einer kurz vor dem Turnier erlittenen Verletzung verabreicht wurde. Zweifel an ihrer Form ließ sie mit ihrem Sieg beim New-York-City-Marathon noch in der gleichen Saison verstummen.

2005 lief sie im London-Marathon, bei dem die Elitefrauen gesondert ins Rennen gingen, die schnellste Zeit, die jemals in einem reinen Frauenmarathon erzielt wurde: 2:17:42. Aufsehen in der Öffentlichkeit erregten dabei auch die von den Fernsehkameras eingefangenen Bilder der Pinkelpause, die sie in Ermangelung einer Toilette am Wegrand einlegte.

Bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2005 in Helsinki ging sie in den zwei längsten Laufdisziplinen an den Start. Über 10.000 Meter versuchte sie es zunächst erneut mit einem Tempolauf von vorn, konnte dies allerdings nur bis zur Hälfte der Distanz durchstehen. Sie hielt noch bis zum Beginn der Schlussrunde den Anschluss zur Spitzengruppe, dem finalen Sprint der vier äthiopischen Läuferinnen folgte sie jedoch nicht und wurde am Ende Neunte. Ihre eigentlichen Ambitionen galten aber ohnehin dem Marathonlauf, bei dem sie von Beginn an das Tempo bestimmte und mit 2:20:57 einen neuen Rekord für Weltmeisterschaften aufstellte.

Nach einer Babypause von knapp zwei Jahren gelang ihr am 4. November 2007 das Comeback mit einem Sieg beim New-York-City-Marathon in einer Zeit von 2:23:09.

Das darauffolgende Jahr war von Verletzungen geprägt. Probleme mit den Zehen verhinderten einen Start beim London-Marathon, nach einem Spinnenbiß litt sie an Fieber, und schließlich wurde ein Ermüdungsbruch des Oberschenkelknochens diagnostiziert. Dennoch entschied sie sich kurz vor den Olympischen Spielen in Peking zu einer Teilnahme am dortigen Marathon. Bis km 30 konnte sie mithalten, danach bereitete ihr die Wade Probleme, so dass sie bei km 37 kurz stehenbleiben musste, um sie zu dehnen. In einer Zeit von 2:32:38 belegte sie schließlich den 23. Platz.[1]

Ihre Erfolgsbilanz im Marathon wurde bis dato nur von ihren beiden olympischen Marathonläufen getrübt. Bei ihren anderen sieben Starts war sie stets siegreich und erzielte vier der fünf schnellsten je gelaufenen Zeiten (Stand: August 2008). Ihre erste Marathonniederlage außerhalb der Olympischen Spiele musste sie beim New-York-City-Marathon 2009 hinnehmen, sie litt unter Knieproblemen und erreichte nur den vierten Platz. Radcliffe hat ihr Comeback für den Berlin-Marathon am 25. September 2011 angekündigt, bei dem sie in 2:23:46 den dritten Platz belegte.

Bestzeiten

Distanz [2] Zeit Ort Jahr Bemerkungen
1500 m 4:05,37 Glasgow 2001
Eine Meile 4:24,94 Zürich 1996
3000 m 8:22,20 Monaco 2002 Commonwealth-Rekord
5000 m 14:29,11 Bydgoszcz 2004 Commonwealth-Rekord
10.000 m 30:01,09 München 2002 Europarekord
10-km-Straßenlauf 30:21 San Juan 2003 Weltrekord
Halbmarathon 1:06:47 Bristol 2001 Europarekord
Marathon 2:15:25 London 2003 Weltrekord

Persönliches

Paula Radcliffe ist 1,73 m groß und hat ein Wettkampfgewicht von 54 kg. Sie ist seit 2000 mit dem Mittelstreckenläufer Gary Lough (Beste Leistung: 3:34,76 Min. 1995 im 1500-Meter-Lauf) verheiratet. Im Januar 2007 brachte sie eine Tochter zur Welt, im September 2010 wurde sie Mutter eines Sohnes.[3][4] 2002 wurde sie mit dem Orden MBE ausgezeichnet. Radcliffe schloss an der Loughborough University ein Studium der Europawissenschaften mit Auszeichnung ab; sie spricht fließend Deutsch.[5]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. IAAF: Radcliffe: Looking ahead to London 2012. 17. August 2008
  2. Vollständige Auflistung in der Rubrik Statistics auf ihrer Website
  3. It's a girl! Meldung auf Paula Radcliffes Website, 17. Januar 2007
  4. Paula Radcliffe startet in Berlin, Artikel im Tagesspiegel vom 25. Juni 2011, abgerufen am 10. August 2011.
  5. Paula's winning streak takes time... - BBC, April 2003

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