Pierre Berge

Pierre Berge

Pierre Vital Georges Bergé (* 14. November 1930 [1] in Île d’Oléron) ist ein französischer Unternehmer und Philanthrop.

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Leben und Werk

Bergés Mutter Christiane war eine Grundschullehrerin, die nach der Montessoripädagogik unterrichtete,[2] und eine Amateursängerin (Sopran). Sein Vater war als Finanzbeamter (Steuerinspektor) tätig. Bergé wurde von seinen Eltern, die sich für eine sozialistische Politik engagierten, „liberal, tolerant, ja anarchistisch“ erzogen.[3] Er besuchte die Schule Lycée Eugène Fromentin in La Rochelle. Wenige Monate vor dem Baccalauréat zog er 1948 nach Paris, um Schriftsteller oder Journalist zu werden.[1] Dort arbeitete er in mehreren Buchhandlungen und suchte die Schriftsteller Pierre Mac Orlan, Francis Carco, Jean Anouilh und vor allem Jean Cocteau auf. Er schrieb dem provençalischen Schriftsteller Jean Giono und wurde von diesem eingeladen. Zwei Jahre lang blieb er bei Giono und kümmerte sich um seinen Haushalt. Giono ging nach seinem täglichen Schreibpensum vielen Aktivitäten nach und so erlernte Bergé von ihm eine strenge Zeitdisziplin.[3] Seit 1950 war er der Lebensgefährte und Agent des Malers Bernard Buffet, dessen Werke er heute kritisch sieht.[4]

Yves Saint Laurent

1958 traf Bergé den französischen Modedesigner Yves Saint Laurent und wurde zu seinem Lebensgefährten bis zu Saint Laurents Tod im Jahr 2008. Gemeinsam mit Saint Laurent gründete und baute er 1961 das Modehaus Yves Saint Laurent Couture auf. Der amerikanische Versicherungskaufmann und spätere Bankier J. Mack Robinson aus Atlanta half dem Unternehmen mit einem privaten Kredit.[5] 1966 gründete Bergé Saint Laurent Rive gauche, eine Kette von firmeneigenen Filialen, die Saint Laurents prêt-à-porter-Mode exklusiv verkaufte, aber zu geringeren Preisen als dessen Haute Couture. Robinson zog sich aus dem Unternehmen wieder zurück. Später lizenzierte Bergé die Mode Saint Laurents auch für andere Handelshäuser. Bergé gilt als die entscheidende Kraft hinter allen wichtigen gemeinsamen Entscheidungen.[6] Er äußerte dazu selbst: „... since the very beginning with Yves I organised everything.“[2] 1976 trennten sich Bergé und Saint Laurent, blieben aber einander in Freundschaft verbunden und führten als Geschäftspartner das Modehaus weiter.

Saint Laurent und Bergé haben während ihrer 50 Jahre währenden Beziehung eine der größten privaten Kunstsammlungen Europas zusammengetragen.[7] Das Auktionshaus Christie's und Pierre Bergé & Associés versteigerten vom 23. bis zum 25. Februar 2009 im Pariser Glaspalast Grand Palais die Sammlung. Es waren 733 Objekte und Gemälde aus allen Stilepochen, die allein wegen ihrer Qualität erworben wurden. Christie's mietete für 300.000 Euro das Grand Palais und gestaltete es für eine Million Euro aus.[8] Bei Christie's sprach man von der „Auktion des Jahrhunderts“ [9] und in der Presse nannte man die Auktion den „Verkauf des Jahrhunderts“ („la vente du siècle“).[10] Der Erlös der Versteigerung, den Bergé zunächst auf 300 Mio. Euro geschätzt hatte,[11] wurde mit 373,9 Millionen Euro übertroffen, was auch den Rekordwert für eine private Sammlung in Europa bildet.[12] Den Betrag wird er zur einen Hälfte für medizinische Forschungsprojekte über AIDS und zur anderen Hälfte an seine Stiftung «Fondation Pierre Bergé - Yves Saint Laurent» spenden, die sich dem Erhalt und der Präsentation des zeichnerischen und modischen Erbes Saint Laurents widmet.[13] Im Jahr 2004 gründeten er und Saint Laurent diese Stiftung, um dessen Lebenswerk im früheren Atelier in der Avenue Marceau zu konservieren und zu erschliessen. Der Fundus umfasst 5.000 Kleider, 15.000 Accessoires und Zeichnungen sowie nahezu alle Berichte in den Druck- und audiovisuellen Medien.[14]

Kulturelles Engagement

1985 gründete er mit dem Journalisten Georges-Marc Benamou das linke, intellektuelle Monatsmagazin Globe und unterstützte damit François Mitterrands Wiederwahl zum französischen Staatspräsidenten. Als Freund von Mitterrand gelang es ihm, ihn davon zu überzeugen, dass Paris ein zweites Opernhaus brauche. Im August 1988 wurde Bergé ehrenamtlicher Präsident der Opéra Bastille in Paris und führte das Opernhaus bis 1994. Danach wurde er Ehrenpräsident der Opéra National de Paris. In den 1960er-Jahren leitete er neben seinem Unternehmen auch zwei Theater. Im „Théâtre de l’Athénée“ führte er Soiréen ein, bei denen er damals noch unbekannte Künstler wie Jessye Norman oder Gundula Janowitz zur Bekanntheit verhalf.[3] Bergé ist Präsident der Organisation Médiathèque Musicale Mahler, die sich den Musikwerken des 19. und 20. Jahrhunderts widmet.[15]

Mäzenatentum

Bergé ist darüber hinaus ehrenamtlicher Präsident der Stiftung Comité Jean Cocteau und im Besitz der Rechte an den literarischen Werken von Jean Cocteau.[16] Da die Erben Cocteaus dessen Hinterlassenschaft aufgelöst haben, musste er seinen Plan eines Museums aufgeben. Dagegen fördert er als Präsident der Association Maison Zola die Renovierung des Hauses von Émile Zola in Médan westlich bei Paris, das 2011 zu einem Museum eröffnet werden soll.[17] Er unterstützt seit längerer Zeit das theatrale Schaffen von Robert Wilson und seit kurzem das literarische Werk von Peter Brook.[18] 1998 spendete er für den Obelisken auf dem Place de la Concorde den krönenden Abschluss, ein 3,6 m hohes Pyramidion aus vergoldeter Bronze. Weiterhin schenkte er mehreren Museen Gemälde und wertvolle Möbel (siehe Internetseite seiner Fondation).

Bergé war als LGBT-Aktivist Mitgründer des französischen LGBT-Magazins Têtu, das er mitfinanzierte. Er unterstützt AIDS-Organisationen wie Act Up in Paris. 1996 wurde er Präsident der AIDS-Organisation Sidaction.

Verschiedenes

Im Jahr 2001 gründete er in Paris das Auktionshaus Pierre Bergé & Associés mit Filialen in Genf und Brüssel. Er ist Präsident des «Institut Français de la Mode» („Institut der französischen Mode“) seit dessen Gründung im Jahr 1986.[19] Im französischen Präsidentschaftswahlkampf 2007 unterstützte er Ségolène Royal.

Ehrungen

Bergé wurde mit dem Orden von Oranien-Nassau und dem Ordre national du mérite ausgezeichnet und mit der Mitgliedschaft im Ordre des Arts et des Lettres und der Ehrenlegion geehrt.[18] Im Juli 1993 wurde er zum Ehrenbotschafter der UNESCO ernannt.[18]

Schriften

  • Pierre Bergé: Liberté, j'écris ton nom. Grasset, Paris 1991, 235 S., ISBN 2-246-45481-6
  • Yves Saint Laurent. Schirmer/Mosel, München 1997, 78 S., überw. Ill.
  • Inventaire Mitterrand. Stock, Paris 2001, 287 S., ISBN 2-234-05408-7
  • Majorelle. Une oasis marocaine. Photographien von Claire de Virieu. Actes Sud, Arles 1999, 78 S., überwiegend Ill., Reihe: Grands jardins, ISBN 2-7427-2430-3, englisch: Majorelle. A Moroccan Oasis. ISBN 0-86565-210-4
  • Les jours s'en vont, je demeure. Gallimard, Paris 2004, 184 S., ISBN 2-07-031650-5, Autobiographie
  • Album Cocteau. Biographie et iconographie. Gallimard, Paris 2006, 369 S., überw. Ill., Reihe: Album de la Pléiade, ISBN 978-2-07-011808-3
  • Pierre Bergé et René Sirvin: Théâtre du Châtelet. Un festival permanent (1999-2006). Photographien von Marie-Noëlle Robert. Édition Cercle d'Art, Paris 2006, 222 S., überw. Ill., ISBN 2-7022-0767-7
  • L'art de la préface. Anthologie. Gallimard, Paris 2008, ISBN 978-2-07-012281-3, (Anthologie von 18 Vorworten, geschrieben von Proust, Valéry, Claudel, Jouhandeau, Mallarmé u.a.)
  • Robert Murphy: Les paradis secrets d'Yves Saint-Laurent et de Pierre Bergé. Einleitung von Pierre Bergé, Photographien von Ivan Terestchenko. Albin Michel, Paris 2009, 280 S., ISBN 978-2226181718

Literatur

  • Robert Murphy und Peter Saville: Yves Saint Laurent & Pierre Bergé - Die Sammlung. Übersetzt von Karin Maack, Heyne, München 280 S., Gebunden, ISBN 978-3-89910-430-1

Film

  • Die YSL-Auktion bricht Rekorde. Fernseh-Reportage, Deutschland, 2009, 2:20 Min., Regie: Alexander von Sobeck, Produktion: ZDF, heute in europa, Erstsendung: 24. Februar 2009, online-Video

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Histoire avant 1962, Fondation Pierre Bergé - Yves Saint Laurent
  2. a b Anthony Haden-Guest: „For Yves, art was food for the soul“, The Guardian, 18. Januar 2009
  3. a b c Peter Bermbach: „Mein Leben ist leer seit dem Tod von Yves“, FAZ, 19. Dezember 2008
  4. Peter Bermbach: „Mein Leben ist leer seit dem Tod von Yves“, FAZ, 19. Dezember 2008
  5. Jennifer Brock: „A good name... J. Mack Robinson“, Georgia State University, Robinson College of Business
  6. Hans-Hagen Bremer: „Verstreut an alle Wände“, Tagesspiegel, 23. Februar 2009
  7. „Yves Saint Laurents Privatsammlung wird versteigert“, Tagesspiegel, 17. Februar 2009
  8. Ag.: „"Jahrhundertauktion" der Sammlungsstücke von YSL“, Die Presse, 19. Februar 2009
  9. Godfrey Deeny: „Jahrhundertauktion. Yves Saint Laurents Mann verkauft die Eheschätze“, Die Welt, 17. Februar 2009
  10. „Bergé-Saint Laurent, la vente du siècle“, La Tribune, 20. Februar 2009
  11. Angelika Heinick: „Ein Mondrian auf dem Laufsteg“, FAZ, 4. Februar 2009, mit Bilderserie
  12. Christoph Wöß: „YSL-Auktion geht mit Rekorderlös zu Ende“, tagesschau.de, 26. Februar 2009
  13. „Yves Saint Laurent: die Auktion“, Süddeutsche Zeitung, 24. Februar 2009, mit Reuters-Video 1:47 Min.
  14. Marc Zitzmann: „Endlich ist Maecenas auch an der Seine aus seinem Dornröschenschlaf erwacht“, NZZ, 18. August 2008
      „The Pierre Bergé - Yves Saint Laurent foundation has set itself three primary goals“, Fondation Pierre Bergé - Yves Saint Laurent
  15. Médiathèque Musicale Mahler
  16. Comité Jean Cocteau
  17. Projet Maison Zola Musée Dreyfus
  18. a b c Biographie, Unesco
  19. „Pierre Berge gave a talk to IFM’s students“,IFM, Januar 2009

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