- Politische Bilderbogen
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Die Politischen Bilderbogen waren eine antisemitische Karikaturenserie, die zwischen 1892 und 1901 in loser Folge zu je 30 Pfennig das Stück erschien. Jede der 33 Nummern wurde als großformatiges Faltblatt (40 × 60 cm) gedruckt, das aufgeklappt eine antisemitische Karikatur oder Bildergeschichte in Posterform freigab. Auf der Rückseite befand sich ein erläuternder Text, der zum Teil auch weitergehende Betrachtungen zur „Judenfrage“ anstellte. Autor und Zeichner (Signatur S.Horn) blieben anonym. Der Autor ließ sich allerdings von Zeitgenossen leicht als der völkische Dichter und Schriftsteller Max Bewer identifizieren.
Inhaltsverzeichnis
Stereotype und Feindbilder
Die Bilder und Texte bedienen alle Ende des 19. Jahrhunderts gängigen judenfeindlichen Stereotype und Feindbilder. Sie lassen sich folgendermaßen ordnen:
1.) sozioökonomischer Bereich
- Wucher, „Güterschlächterei“, Betrug, „Gründerschwindel“
- Börse, Reichtum, Geldmacht, parasitäre Lebensweise
- „Verjudung“ gesellschaftlicher Institutionen (Universitäten, Rechtswesen, Presse usw.)
- Eitelkeit, Dekadenz, Unsittlichkeit
2.) religiöser Bereich
- Antichristen, Abkunft vom Teufel, christenfeindliche Religionsgesetze (Talmud, Schulchan Aruch)
- Atheismus, Materialismus
- Ritualmordlegende
3.) nationalistisch-rassistischer Bereich
- antinationale Haltung
- Hintermänner der Sozialdemokratie („rote Internationale“)
- Hintermänner von Linksliberalismus, Manchestertum, Freihandel („goldene Internationale“)
- Anarchismus, Terrorismus
- rassische Minderwertigkeit, „jüdische“ Physiognomie, Rassenkampf, Ostjudenfrage
- Blutmystik, Rassenschande
- Schädlichkeitsmetaphern („foetor judaicus“, Verbreitung der Cholera, Ratten usw.)
Verbreitung und Rezeption
Die Bilderbogen erschienen in Dresden im Verlag der Druckerei Glöß und wurden über Buchhandlungen, die sich auf antisemitische Literatur spezialisiert hatten, in ganz Deutschland vertrieben. Die Auflage dürfte zwischen 5.000 und 10.000 Exemplaren gelegen haben – verlässliche Angaben gibt es hierzu nicht. Obwohl in einigen der Bilderbogen unverschleiert zur Gewalt gegen Juden aufgerufen wurde, gelang es jüdischen Organisationen nicht, die Verbreitung der Bilderbogen gerichtlich verbieten zu lassen.
Liste der Politischen Bilderbogen
Nr. Titel Jahr 1 Bismarck kommt! 1892 2 Juden in Deutschland 1892 3 Freisinnige Zukunftsbilder 1893 4 Caprivis Heldenthaten 1893 5 Börsen-Kirmeß 1892 6 Das Märchen von Christus 1892 7 Ahlwardts Heldenthaten 1893 8 Juden-ABC 1893 9 Bismarck in Berlin 1893 10 Die Juden in Friedrichsruh 1893 11 Im Zukunftsstaat 1893 12 Deutscher Todtentanz 1894 13 Das Blutgeheimniß 1894 14 Im 20. Jahrhundert 1894 15 Der Schwarze Peter 1894 16 Die Juden im Reichstag 1895 17 Auszug der Juden aus Deutschland 1895 18 Juden in der Sommerfrische 1895 19 Die Handwerker bei Bismarck 1896 20 Der Teufel in Deutschland 1897 21 Bismarck vor Gericht 1897 22 Der Bauernfeind 1897 23 Der Handlanger 1897 24 Falsche Freunde 1897 25 Bienen und Drohnen 1898 26 Der Flottenfeind 1898 27 Sein einziger Feind 1898 28 Ein Zukunftsbild 1898 29 Die Milchkuh oder Deutschland 1900 n.Chr. 1898 30 Der Rattenfänger 1899 31 Bismarck's Geist 1899 32 Die Völkerspinne 1900 33 Der Weltboxer 1901 Literatur
- Thomas Gräfe: Antisemitismus in Gesellschaft und Karikatur des Kaiserreichs, Glöß' Politische Bilderbogen 1892-1901, Norderstedt 2005, ISBN 978-3833435294
- Michaela Haibl: Zerrbild als Stereotyp. Visuelle Darstellung von Juden zwischen 1850 und 1900, Berlin 2000, S. 217- 236, ISBN 978-3932482038
Kategorien:- Antisemitismus
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