Raiffeisen Österreich

Raiffeisen Österreich

Es gibt rund 1600 autonome Raiffeisengenossenschaften in Österreich, und zwar zirka 570 Raiffeisenbanken, 97 Lagerhausgenossenschaften, 15 Molkereien, 160 Käsereien und rund 700 andere Genossenschaften.

Um gegenüber den zentralistisch organisierten Mitbewerbern am Markt bestehen zu können, ist eine überregionale Zusammenarbeit der einzelnen Genossenschaften notwendig. Durch weitgehend einheitliche Satzungen, Gebietsschutzvereinbarungen, regionale und gesamtösterreichische Zentralinstitutionen, Revisionseinrichtungen, Solidaritätsvereinbarungen, weitgehende Corporate Identity und weitere Einrichtungen für die Zusammenarbeit wird die Marktstärke der kleinen regionalen Genossenschaften unterstützt. Die Revision, die rechtliche und steuerrechtliche Beratung sowie die Interessenvertretung und Beratung der Raiffeisengenossenschaften in Österreich obliegt dem Österreichischen Raiffeisenverband und den Raiffeisenverbänden der einzelnen Bundesländer.

Da die autonomen Raiffeisenbanken allesamt dasselbe Logo verwenden und großteils die gleichen Produkte anbieten – ähnlich dem Prinzip des Franchising – erscheint die Gesamtheit aller Raiffeisenbanken trugschlüssigerweise vielen als Konzern.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Genossenschaftsidee entstand im 19 Jahrhundert vorwiegend in Großbritannien und Deutschland. Weltweit gibt es heute in über 100 Ländern rund 900.000 Genossenschaften. Einer der wesentlichen Genossenschaftspioniere war Friedrich Wilhelm Raiffeisen. In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts wurden seine Ideen auch in Österreich aufgegriffen. Bis zum Ende des Jahrhunderts war die Anzahl der nach dem System von Raiffeisen arbeitenden Spar- und Darlehenskassen bereits auf rund 600 gestiegen. Die erste Raiffeisenbank im Gebiet des heutigen Österreich entstand 1886 im niederösterreichischen Mühldorf bei Spitz in der Wachau. Im Jahre 1898 wurde der Österreichische Raiffeisenverband gegründet. Im Jahre 1927 entstand die Raiffeisen Zentralbank Österreich AG. Ab ungefähr 1960, vor allem mit der Zunahme des Massen-Bankgeschäftes, gelang den österreichischen Raiffeisenbanken eine sehr erfolgreiche Geschäftsentwicklung und ein kontinuierliches dynamisches Wachstum. Sie wurden von einem kleinen ländlichen Mitbewerber im Bankengeschäft zu einem bedeutenden Faktor des österreichischen Bankwesens. Auch die anderen Raiffeisengenossenschaften haben sich, trotz beträchtlicher Strukturänderungen in ihren Marktbereichen, sehr gut behaupten können.

Mit über 50.000 Mitarbeitern ist die österreichische Raiffeisengruppe der größte Arbeitgeber Österreichs. Die österreichischen Raiffeisengenossenschaften haben rund 2 Millionen Mitglieder.

Weltweit gibt es heute in 41 Staaten Raiffeisen-Genossenschaften, die der Internationalen Raiffeisen-Union angehören. Zwischen den österreichischen und den ausländischen Raiffeisen-Genossenschaften gibt es Kontakte aber derzeit keinerlei wirtschaftliche Verflechtungen oder Beteiligungen.

Chronik

  • 1886: Die erste österreichische Raiffeisenkasse wird in Mühldorf in Niederösterreich gegründet.
  • 1898: Der Raiffeisenverband Österreich wird gegründet.
  • 1927: Die Raiffeisen Zentralbank Österreich AG (RZB) wird gegründet.

Logo

Das schwarze Giebelkreuz aus Pferdeköpfen auf gelben Grund ist das Logo der österreichischen Raiffeisenbanken. Es ist eine der bekanntesten österreichischen Marken. Durch die Werbung mit erfolgreichen Sportlern, wie Niki Lauda, Gerhard Berger, Thomas Muster, Hermann Maier, Markus Rogan und Armin Assinger als Testimonials, wurde die Bekanntheit der Marke Raiffeisen gesteigert.

Organisation

Die österreichischen Raiffeisen-Genossenschaften sind dezentral organisiert, das heißt, dass die wesentlichen betriebswirtschaftlichen und geschäftspolitischen Entscheidungen nicht in einer zentralen Konzernspitze erfolgen, sondern in der einzelnen Genossenschaft vor Ort. Dabei handelt es sich unter anderem um die Wahl der lokalen Eigentümervertreter, die Personalpolitik, die Konditionenpolitik, Unternehmensplanung, Entscheidungen über Kreditgewährungen und so weiter. Dies bringt gegenüber echten Konzernen viele Vorteile, wie zum Beispiel die Nähe zum Kunden, die gute Kenntnis des regionalen Marktes und die starke Identifikation des lokalen Managements mit dem einzelnen genossenschaftlichen Unternehmen.

Struktur

Die Raiffeisenbanken („Raiffeisen-Geld-Gruppe“ auch "Raiffeisen-Geldsektor") sind dreistufig organisiert. Die erste Stufe stellen die rund 570 Raiffeisenbanken in Österreich dar. Diese sind die Haupteigentümer der Raiffeisenlandesbanken (RLB), welche die zweite Stufe bilden. Die dritte Stufe besteht aus der Raiffeisen Zentralbank Österreich (RZB) in Wien, der auch die Spezialunternehmen sowie Inlands- und Auslandsbeteiligungen unterstellt sind. Die wesentlichen Eigentümer dieser Aktiengesellschaft sind wiederum die Raiffeisenlandesbanken.

Raiffeisenbanken

Die 570 Raiffeisenbanken betreiben in Österreich rund 2190 Bankstellen. Über 40 % der Österreicher sind Kunden bei einer Raiffeisenbank. Der Marktanteil dieser größten Bankengruppe in österreichischem Eigentum liegt bei ungefähr 25 %. Die konsolidierte Bilanzsumme der Raiffeisen-Bankengruppe Österreich beträgt 176 Milliarden Euro (2005).

Landesbanken

In jedem österreichischen Bundesland besteht eine Raiffeisenlandesbank (in Salzburg Raiffeisenverband genannt), deren Haupteigentümer die Raiffeisenbanken des jeweiligen Bundeslandes sind. Ausnahmen sind nur die Bundesländer Niederösterreich und Wien, für die eine gemeinsame Raiffeisenlandesbank besteht, sowie Kärnten, wo zwei Landesbanken existieren, nachdem die slowenische Volksgruppe mit der Zveza Bank als Spitzeninstitut der slowenischen Genossenschaftsbanken in Kärnten eine eigene Landesbank unterhält. Aus vertragsrechtlichen Gründen sind in den letzten Jahren die meisten Raiffeisenlandesbanken von Genossenschaften in Aktiengesellschaften umgewandelt worden.

Die Landesbanken verfügen über zahlreiche verschiedene Beteiligungen, unabhängig von den Beteiligungen der Raiffeisen Zentralbank.

Raiffeisen Zentralbank

Hauptartikel: Raiffeisen Zentralbank

Die Raiffeisen Zentralbank (RZB) ist die drittgrößte österreichische Bank. Die Bilanzsumme lag 2004 bei rund 68 Milliarden Euro. Ihr sind die Raiffeisen-Spezialunternehmen (Raiffeisen Capital Management, Raiffeisen Centrobank, Raiffeisen Leasing uvm.) sowie in- und ausländische Beteiligungen vieler verschiedener Branchen untergeordnet. Für Bankenaktivität im Ausland existiert mit Raiffeisen International ein eigenes, börsenotiertes, Tochterunternehmen.

Lagerhausgenossenschaften

Ebenfalls Mitglied des österreichischen Raiffeisenverbandes sind die rund 97 Lagerhausgenossenschaften, die in der RWA Raiffeisen Ware Austria überregional zusammenarbeiten.

Molkereigenossenschaften

In den letzten Jahrzehnten haben sich viele regionale Molkereigenossenschaften zu Großmolkereien, wie zum Beispiel die Berglandmilch (Schärdinger), die Tirol Milch oder die Niederösterreichische Molkerei (NÖM) zusammengeschlossen. Daher ist die Anzahl der genossenschaftlichen Molkereien auf 15 zurück gegangen.

Raiffeisenverbände

In allen Bundesländern gibt es einen Raiffeisenverband, dessen wichtigste Aufgaben die genossenschaftliche Revision, die rechtliche und steuerrechtliche Beratung sowie die Interessenvertretung aller Raiffeisen-Genossenschaften sind. Darüber hinaus gibt ist noch den Österreichischen Raiffeisenverband, dem die Revision und Beratung der Raiffeisenlandesbanken und Großgenossenschaften obliegt. Dessen gewählter Obmann ist der Generalanwalt der Raiffeisen-Gruppe. Diese Funktion wird derzeit von Christian Konrad wahrgenommen.

Literatur

  • Raiffeisen in Österreich. Siegeszug einer Idee, hg. v. Ernst Bruckmüller und Wolfgang Werner, St. Pölten 1998.
  • Der Angreifer, Raiffeisen im Aufwind; Wolf Müller-Scholz, Martin Stadlmann ; Profile Publishing Mai 2004
  • Wolfgang Werner; Zur Vorgeschichte der österreichischen Raiffeisenbewegung Frankfurt 1993
  • Wolfgang Werner; Auf der Straße des Erfolgs – zur Geschichte der österreichischen Raiffeisenbewegung von kleinen Ortschaften zu international tätigen Netzwerken; Rainer Hampp Verlag 2005
  • Andreas.Zakostelsky/Friedrich Hagspiel (Hrsg), Weißbuch Verbund. Überblick der Verbundstrukturen bei europäischen Genossenschaftsbanken, Wien 1999

Weblinks


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