Ralf Reitel

Ralf Reitel

Ralf Reitel (* 15. November 1951 in Plauen/Vogtland; † 5. Juni 1987 im Bezirk Oberpfalz) war ein deutscher Theaterschauspieler.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Werdegang

Ralf Reitel wuchs in der DDR auf. Er hatte vier Geschwister, darunter einen neun Jahre jüngeren Bruder, den Autoren Axel Reitel. Von 1974 bis 1977 studierte Reitel an der Schauspielschule Rostock und schloss 1977 mit dem Diplom (FH) ab. Erste Rollen als Theaterschauspieler hatte er an den Bühnen Eisleben, Magdeburg und Stendal. 1978 wurde er von einem Regisseur an das landeseigene Theater im thüringischen Rudolstadt geholt, wo er von 1979 bis 1984 zumeist Hauptrollen spielte. Verschiedene Gastspiele führten ihn nach Weimar.

1983/84 nahm Reitel an den Versammlungen von Ausreisewilligen beim „Rudolstädter Schweigekreis“ teil. Daraufhin wurde er im Januar 1984 vom Ministerium für Staatssicherheit (MfS) verhaftet. Nach acht Monaten Haft wurde er durch die Bundesrepublik freigekauft, verbunden mit seiner Ausbürgerung in die Bundesrepublik. In der Bundesrepublik wurde er weiterhin vom MfS observiert, wofür das Referat III der MfS-Kommandantur Rudolstadt zuständig war.

In Westdeutschland setzte Reitel seine Karriere als Theaterschauspieler fort; zuletzt war er am Städtischen Theater in Regensburg engagiert, wo er auch Hauptrollen hatte.

Ralf Reitel starb am 5. Juni 1987 an den Folgen eines Verkehrsunfalls auf dem Autobahnabschnitt zwischen Neumarkt in der Oberpfalz und Regensburg. Er wurde noch lebend per Rettungshubschrauber in die Universitätsklinik Nürnberg gebracht, wo er zwei Stunden später seinen Verletzungen erlag.[1]

Rollen und Bedeutung

Im Verlaufe seiner 10-jährigen Tätigkeit als Theaterschauspieler übernahm Reitel zahlreiche Rollen, darunter auch viele Hauptrollen. Sein Repertoire umfasste unter anderem Anouillh, Büchner, Brecht, Ende, Fitzgerald, Mrożek, O'Casey, Shakespeare, Schiller, Schwarz und Sternheim. Zu seinen Hauptrollen gehörten zum Beispiel der Mann in der Szene Der Verrat in dem szenischen Stück Furcht und Elend des Dritten Reiches von Brecht (1980, Rudolstadt)[2], der Gelehrte in der phantastischen Oper Der Schatten von Jewgeni Schwarz (1981, Rudolstadt)[3], der Hofmarschall von Kalb in Schillers Kabale und Liebe (1982/83, Rudolstadt)[4] und der Ossip in dem Stück Die Dachdecker von Albert Wendt (1983, Rudolstadt).[5]

Grab von Ralf Reitel auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin

Reitels Leistungen wurden von der Theaterkritik in Ost- und Westdeutschland gut aufgenommen, wie zum Beispiel 1980 in Freies Wort („Reitel brilliert als St. Just“) und 1987 in der Regensburger Wochenzeitung Die Woche („Ralf Reitel, aus dem und mit dem man manches machen könnte“)[6].

Im Laufe seiner Spielzeit am Schlosstheater Maßbach 1985/1986 spielte Ralf Reitel unter anderem auch an der Seite von Lutz Moik. In dem Drama Georges Dandin von Moliere, übernahm Reitel die Rolle des gewitzten Dieners des hochmütigen Adligen Dandin, der von Moik verkörpert wurde.

In seiner letzten Hauptrolle am Regensburger Theater spielte Reitel in dem Theaterstück Der Präsident oder Das Würstchen von Scott Fitzgerald 1987 einen Briefträger in den USA, der es bis zum Amt des Präsidenten schafft, während der Amtszeit die halbe Welt ruiniert, und schließlich als geläuterter Briefträger den Menschen nur noch gute Nachrichten bringen will.[6]

Ralf Reitel schrieb ebenfalls Gedichte.[7] Mit seinem jüngeren Bruder plante er noch in der Zeit seines Engagements am Theater Schloss Maßbach eine Komödie, in der eine Familie auf der Suche nach dem materiellen Glück einen vergeblichen Ortswechsel unternimmt. Die Fabel war aus der eigenen Familiengeschichte gespeist.[8]

Nachleben

Die genauen Umstände des Verkehrsunfalls, der zu seinem Tod führte, sind bis heute ungeklärt. Eine Zeitungskritik des vom Journalisten Axel Reitel über seinen Bruder, Ralf Reitel, vom MDR und rbb gemeinsam produzierten Radio-Feature, Der Tod meines Bruders. Rekonstruktion eines vermeintlichen Unfalls, geht davon aus, dass „ein vom Ministerium für Staatssicherheit gedeckter Mord […] nicht mehr ausgeschlossen“ scheine.[9]

2009 wurde die Bestattungsurne von Ralf Reitel vom Bergfriedhof auf dem Dreifaltigkeitsberg in Regensburg nach Berlin umgebettet und dort auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof beigesetzt. [10]

Literatur

Radio-Feature

  • Axel Reitel: Der Tod meines Bruders. Rekonstruktion eines vermeintlichen Unfalls. Radio-Feature, Produktion: MDR/rbb, 2007.

Einzelnachweise

  1. Zeitungsbericht in: Die Woche, Regensburg, Juni 1987.
  2. Vgl. Theater der Zeit, Hrsg.: Verband der Theaterschaffenden der DDR, Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, (Ost-)Berlin, 35. Jahrgang, Ausgabe 1–6/1980, ISSN 0040-5418, S. 75.
  3. Vgl. Theater der Zeit, wie vor, jedoch: 36. Jahrgang, Ausgabe 1–6/1981, S. 85.
  4. Vgl. Theater der Zeit, wie vor, jedoch: 37. Jahrgang, Ausgabe 6/1982, S. 86.
  5. Vgl. Theater der Zeit, wie vor, jedoch: 38. Jahrgang, Ausgabe 1/1983, S. 86.
  6. a b Helmut Hein: Premiere fürs Würstchen. In: Die Woche, Regensburg, vom 22. Januar 1987.
  7. Der Tod meines Bruders. In: trinagel. Das Kulturmagazin von MDF Figaro, Ausgabe 10/2007, S. 95.
  8. Der Tod meines Bruders. In: trinagel. Das Kulturmagazin von MDF Figaro, Ausgabe 10/2007, S. 93.
  9. http://www.kas.de/wf/doc/kas_13889-544-1-30.pdf?080701093450
  10. Thomas Kittan: 5. Oktober: 9.30 Uhr. Umbettung von Ralf Reitel. In: B.Z. vom 4. Oktober 2009; abgerufen am 9. März 2011.

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