50+1-Regel

50+1-Regel

Die sogenannte 50+1-Regel (manchmal auch 50+1-Regelung) ist ein Paragraph in den Statuten der Deutschen Fußball-Liga. Nach dieser Regel ist es Kapitalanlegern nicht möglich, die Stimmenmehrheit bei Kapitalgesellschaften zu übernehmen, in die Fußballvereine ihre Profimannschaften z.T. ausgliedern. Erlaubt ist hingegen, dass sich die Mehrheit des Kapitals im Besitz privater Investoren befindet. So hält beispielsweise Borussia Dortmund an seiner eigenen Bundesligamannschaft, die als börsennotierte Kommanditgesellschaft auf Aktien ausgegliedert ist, nur 7,24% des Kapitals.

In der österreichischen Bundesliga gilt eine ähnliche Regelung.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung und Hintergrund

Zum Schutz des Wettbewerbs in den Profiabteilungen der deutschen Fußballligen[1] legte der DFB in seiner Satzung im § 16c Abs. 2 fest, dass ein Verein nur eine Lizenz erhalten kann, wenn „50 Prozent zuzüglich mindestens eines weiteren Stimmanteils in der Versammlung der Anteilseigner“ der „Mutterverein“ innehat.[2] Diese Regelung wurde wörtlich in die Satzung der DFL (§ 8 Abs. 2) übernommen.[3]

Hintergrund dieser Regelung ist, dass verhindert werden soll, dass Großunternehmen oder andere Kapitalgeber die vollständige Kontrolle über die Profimannschaften von Vereinen übernehmen, wie dies vielfach in England in der Premier League und in der Football League praktiziert wird. So sollen die sportlichen Interessen der Vereine vor den wirtschaftlichen Interessen der Investoren gewahrt werden. Allerdings gibt es viele wettbewerbsrechtliche Bedenken gegen die Regelung in Deutschland, und auch in Deutschland ließ der Ligaverband in seiner Satzung Ausnahmen zu:

„Über Ausnahmen vom Erfordernis einer mehrheitlichen Beteiligung des Muttervereins nur in Fällen, in denen ein Wirtschaftsunternehmen seit mehr als 20 Jahren vor dem 1.1.1999 den Fußballsport des Muttervereins ununterbrochen und erheblich gefördert hat, entscheidet der Vorstand des Ligaverbandes.“

Satzung des Ligaverbandes, Seite 8[3]

Kritik

Kritisiert wird vielfach, dass die Regelung gegen EU-Recht verstoße. Ebenso bemängeln einige deutsche Vereinsmanager, dass die Bundesliga im internationalen Vergleich zu anderen Profiligen in finanziellen Rückstand gerate und sportlich auf internationaler Ebene nicht mithalten könne. Folglich gibt es seit dem Jahr 2007 einige Forderungen aus den Führungsabteilungen von Profifußballmannschaften in Deutschland, diese Regelung abzuschaffen, um das Interesse von weiteren Investoren zu locken.[4] Die Regelung wurde bisher beibehalten, steht aber weiter in der Diskussion.[5]

Hannover 96 hat auf der Mitgliederversammlung des Ligaverbandes am 10. November 2009 einen Antrag zur Änderung der 50+1-Regel eingebracht, der dort aber mit großer Mehrheit abgelehnt wurde. Ebenso wurde ein Antrag vom Zweitligisten FSV Frankfurt abgelehnt, in dem die DFL damit beauftragt werden sollte, ein neues Modell zu erarbeiten, welches Investoren mehr Möglichkeiten bietet, aber dennoch eine vollständige Übernahme verhindern sollte.[6] Danach reichte Hannover eine Klage beim Ständigen Schiedsgericht, das für Streitigkeiten zwischen den Vereinen und Ligaverband, DFL und/oder DFB eingerichtet ist, ein. Die Entscheidung des Schiedsgerichts wurde am 30. August 2011 veröffentlicht. In dem Urteil weicht das Gericht die 50+1-Regel auf, indem die Einschränkung, dass ein Käufer für eine Betriebsgesellschaft den entsprechenden Verein vor 1. Januar 1999 unterstützt haben muss, wegfällt.[7]

Andererseits wird die 50+1-Regel als „stumpfes Schwert“ kritisiert, weil durch die Möglichkeit, dass ein Unternehmen die Mehrheit des Kapitals stellen kann, eine „extreme wirtschaftliche Abhängigkeit“ entstehe.[8] Als Beispiel dafür wird die Betreibergesellschaft der TSG 1899 Hoffenheim genannt, deren Kapital zu 96 Prozent von Dietmar Hopp gestellt wird, obwohl sein Stimmrecht auf 49 Prozent beschränkt ist.[9] Auch im Falle von RB Leipzig, wo (ähnlich wie beim FC Red Bull Salzburg) nur 7 Red Bull nahe stehende Gründungsmitglieder ein Stimmrecht im Verein haben, fürchtet DFB-Vizepräsident Rainer Koch, dass die 50+1-Regel „unterlaufen“ wird.[10] Die Ausnahmeregelung für langjährige Förderer steht ebenfalls in der Kritik, weil sie „ungleichen Wettbewerb“ fördere.[8]

Ausgegliederte Profimannschaften im deutschen Profifußball

Kapitalgesellschaft Stimmenverteilung Kapitalanleger[A 1]
1. FC Köln GmbH & Co. KGaA 100% 1. FC Köln 01/07 e. V.
Alemannia Aachen GmbH 100% Aachener Turn- und Sportverein Alemannia 1900 e.V.
Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH 100% Bayer AG[A 2]
Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA 100% BVB 09 e. V. Dortmund 82,66% Streubesitz
10,1% Bernd Geske
7,24% BVB 09 e. V. Dortmund
Borussia VfL 1900 Mönchengladbach GmbH 100% Borussia VfL 1900 Mönchengladbach e. V.
DSC Arminia Bielefeld GmbH & Co. KGaA 100% Deutscher SC Arminia Bielefeld e. V.
Eintracht Braunschweig GmbH & Co. KGaA 100% Braunschweiger TSV Eintracht von 1895 e. V.
Eintracht Frankfurt Fußball AG 100% Eintracht Frankfurt e.V.
FC Augsburg 1907 GmbH & Co KGaA 100% FC Augsburg 1907 e. V.
FC Bayern München AG 81,8% FC Bayern München e. V.
9,1% Adidas AG
9,1% Audi[11]
FC Carl Zeiss Jena Fußball Spielbetriebs GmbH 100% FC Carl Zeiss Jena e. V.
FC Ingolstadt 04 Fussball GmbH 100% FC Ingolstadt 04 e. V.
FSV Frankfurt 1899 Fußball GmbH 100% FSV Frankfurt 1899 e.V.
Hannover 96 GmbH & Co. KGaA 100% Hannoverscher SV von 1896 e. V.
Hertha BSC GmbH & Co KGaA 100% Hertha BSC e. V.
MSV Duisburg GmbH & Co. KGaA 88,89 Meidericher SV 02 e. V. Duisburg 11,11% Hellmich Marketing Management GmbH
Offenbacher Fußball Club Kickers 1901 GmbH 100% Offenbacher FC Kickers 1901 e. V.
SpVgg Greuther Fürth GmbH & Co. KGaA 100% SpVgg Greuther Fürth e.V.
SSV Jahn 2000 Regensburg GmbH & Co. KGaA 100% SSV Jahn 2000 Regensburg e. V.
SV Wehen 1926 Wiesbaden GmbH 100% SV Wehen 1926-Taunusstein e.V.
TSG Hoffenheim Fußball-Spielbetriebs GmbH 51% Turn- und Sportgemeinschaft 1899 Hoffenheim e. V.
49% Dietmar Hopp[12]
96% Dietmar Hopp
4% Turn- und Sportgemeinschaft 1899 Hoffenheim e. V.
TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA 51% TSV München von 1860 e. V.
49% Hasan Ismaik
60% Hasan Ismaik
40% TSV München von 1860 e. V.
VfL Wolfsburg-Fußball GmbH 100% Volkswagen AG[A 2]
Wacker Burghausen Fußball GmbH 100% SV Wacker Burghausen e.V.
Werder Bremen GmbH & Co. KGaA 100% SV "Werder" von 1899 e.V.

Anmerkungen:

  1. Nur angegeben, falls sich die Kapital- von der Stimmenverteilung unterscheidet
  2. a b Wegen der Ausnahmeregel besitzt ein Unternehmen die Stimmenmehrheit.

Einzelnachweise

  1. 50+1 Regelung soll weiter gehen
  2. Satzung des Deutschen Fußball Bundes
  3. a b Satzung des Ligaverbandes
  4. Zukunft der 50+1-Regel offen
  5. Investoren: Kind setzt DFL unter Druck
  6. DFL: 50+1-Regel bleibt
  7. http://www.sportschau.de/sp/fussball/news201108/30/50plus1.jsp (archivierte Version)
  8. a b Christian Witt: Vorsicht, Finanzdoping!. In: Focus. Nr. 51, 2008, S. 170 (http://www1.wiwi.uni-muenster.de/fakultaet/aktuelles/2008/12/26/FUSSBALLfertig.pdf, abgerufen am 1. Oktober 2009).
  9. Christian Witt: Das Kapital bin ich. In: Focus. Nr. 51, 2008, S. 168-169 (http://www1.wiwi.uni-muenster.de/fakultaet/aktuelles/2008/12/26/FUSSBALLfertig.pdf, abgerufen am 1. Oktober 2009).
  10. DFB-Vize Koch will Satzung von RB Leipzig prüfen. In: Focus online. 5. September 2009, abgerufen am 1. Oktober 2009.
  11. fcbayern.de. Abgerufen am 5. Juni 2011.
  12. Michael Eder: Dietmar Hopp: „Ich mache keine Schnellschüsse“. In: FAZ.NET. 20. April 2010, archiviert vom Original am 22. April 2010, abgerufen am 22. April 2010: „Ich habe nun einmal nur 49 Prozent an unserer Spielbetriebs GmbH, und der Verein hat 51.“

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