- Rayleigh-Streuung
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Die Rayleigh-Streuung, benannt nach John William Strutt, 3. Baron Rayleigh, bezeichnet die elastische Streuung elektromagnetischer Wellen an Teilchen, deren Durchmesser klein im Vergleich zur Wellenlänge λ ist, also etwa bei der Streuung von Licht an kleinen Molekülen.
Der Streuquerschnitt σ der Rayleigh-Streuung ist proportional zu ω4 (ω = Kreisfrequenz der elektromagnetischen Welle). Das gilt nicht nur für unabhängig streuende Teilchen, also bei Teilchenabständen größer als die Kohärenzlänge der Strahlung, sondern bei höherer Teilchenkonzentration auch für die Streuung an Inhomogenitäten des Brechungsindex durch eine statistische Anordnung der Teilchen, beispielsweise in Gasen oder Gläsern. Blaues Licht hat eine höhere Frequenz ω als rotes und wird daher stärker gestreut. Dieser Effekt ist für das Himmelsblau am Tag sowie für die Morgenröte (und Abendröte) der Sonne am Horizont verantwortlich. Aus dem gleichen Grund erfolgt die Datenfernübertragung durch Glasfasern mit noch langwelligerem, infrarotem Licht.
Inhaltsverzeichnis
Wirkungsquerschnitt
Der Wirkungsquerschnitt σ der Rayleigh-Streuung für ein einzelnes Teilchen ergibt sich aus dem Oszillatormodell. Im Grenzfall niedriger Frequenzen (im Vergleich zur Eigenfrequenz, ) gilt:
wobei der Thomson-Wirkungsquerschnitt ist (siehe auch Thomson-Streuung).
Für eine kleine Kugel mit Durchmesser d und Brechzahl n ist die Intensität I im Abstand R des um den Winkel θ gestreuten Lichts
Dabei ist die einfallende Welle der Intensität I0 unpolarisiert angenommen. Das Streulicht teilt sich im Verhältnis 1 : cos 2θ auf die Polarisationsrichtungen senkrecht und parallel zur Streuebene auf.
Das Blau beziehungsweise das Rot des Himmels
Die Rayleigh-Streuung erklärt, warum der Himmel blau erscheint. Die Wellenlänge von blauem Licht, λblau, beträgt rund 450 nm, die von rotem Licht rund 650 nm. Somit folgt für das Verhältnis der Wirkungsquerschnitte:
Im Bild ist die abgestrahlte Leistungsverteilung der Sonne, genähert durch das Plancksche Strahlungsgesetz, rot eingezeichnet. Das Maximum liegt bei gelbgrünem Licht (das Farbspektrum darunter liegt zu weit rechts). Die Leistungsverteilung des Streulichtes (blaue Kurve) ergibt sich durch Multiplikation mit ω4. Danach wandert das Maximum weit in den UV-Bereich. Tatsächlich liegt es aber im nahen UV, da bei kürzeren Wellenlängen molekulare Absorptionen hinzukommen.
- Am Tag, wenn die Sonne hoch am Himmel steht, legt das Licht nur eine kurze Strecke durch die Atmosphäre zurück. Dabei wird nur wenig blaues Licht in andere Richtungen gestreut. Deshalb erscheint die Sonne gelb. Von hochfliegenden Flugzeugen aus erscheint die Sonne "weißer", weil weniger blaue Lichtanteile fehlen.
- Die Summe allen Streulichtes lässt den Himmel aus allen anderen Richtungen blau erscheinen. Auf dem Mond, wo eine dichte Atmosphäre fehlt, erscheint der Himmel dagegen auch tagsüber schwarz.
- Bei niedrigem Sonnenstand ist die Strecke des Sonnenlichts durch die Erdatmosphäre viel länger. Dadurch wird ein Großteil der hochfrequenten Lichtanteile (blau) seitlich weggestreut, es bleibt überwiegend Licht mit langen Wellenlängen übrig und der Farbeindruck der Sonne verschiebt sich in Richtung rot. Dieser Effekt wird durch zusätzliche Partikel in der Luft (z.B. Staub, Sand) weiter verstärkt.
Stärke der Lichtschwächung durch Rayleigh-Streuung
Um die Stärke der Rayleigh-Streuung quantitativ zu berechnen, ist zu berücksichtigen, dass innerhalb eines Kohärenzvolumens der Strahlung die von den Molekülen ausgehenden Elementarwellen interferieren, sodass nicht Intensitäten nach obiger Formel, sondern Streuamplituden addiert werden müssen. Die Teilchendichte, unterhalb derer dieser Effekt für Sonnenlicht vernachlässigt werden darf, beträgt etwa 1/μm³, sieben Größenordnungen unter dem für die Atmosphäre relevanten Wert. Die mittlere Dichte innerhalb eines streuenden Volumenelements ist für die Streuung irrelevant, wirksam sind die Dichteschwankungen.
Ein Ergebnis der Statistik ist, dass die Schwankungsamplitude der Teilchenzahl nur mit der Wurzel der Teilchenzahl zunimmt. Da kürzere Wellenlängen an feineren Strukturen aus entsprechend weniger Teilchen gestreut werden, 'sieht' diese Strahlung stärkere Schwankungsamplituden als längerwellige Strahlung. Bei fester Wellenlänge hängt die Schwankungsamplitude von der Wurzel der Teilchendichte des Gases ab. Die gestreute Intensität hängt aber quadratisch von der Schwankungsamplitude ab, also linear von der Dichte. Insgesamt gilt für die Lichtschwächung in der Atmosphäre bei senkrechtem Einfall nach Paetzold (1952):
Darin ist k die sogenannte Extinktion) in astronomischen Größenklassen, n0 der Brechungsindex der Luft unter Normalbedingungen, H die effektive Dicke der Atmosphäre (Skalenhöhe, siehe barometrische Höhenformel) und N0 die Teilchendichte der Luft (erneut unter Normalbedingungen). Dass letztere im Nenner steht, ist nur ein scheinbarer Widerspruch zu dem oben Gesagten, denn der Term n0 − 1 ist proportional zur Dichte und steht quadratisch im Zähler.
Aus der Extinktion folgt wiederum die Transmission T, das Verhältnis zwischen von der streuenden Schicht durchgelassenen und einfallenden Intensität:
Das ist die in der Astronomie gebräuchliche Form des Lambert-Beerschen Gesetzes. In der Praxis wird auch
- T = e − τ
benutzt, mit τ als optischer Tiefe. Es gilt die einfache Umrechnung:
Bei schrägem Einfall unter einem Zenitwinkel z ist die effektive Schichtdicke näherungsweise (bei planparalleler Schichtung):
Nach Paetzold (1952) ist sowie . Nach Stoecken (1997) ist n0 = 1,000292. Einsetzen liefert
Im Visuellen (550 nm) passieren bei senkrechtem Einfall etwa 90 % des Lichts die Atmosphäre, im Blauen (440 nm) noch etwa 80 %. Bei flachem Einfall unter einem Zenitwinkel von 80° liegen diese Anteile nur noch bei 60 % und 25 %. Die bereits diskutierte Rötung des Lichts durch die Rayleigh-Streuung wird so klar verständlich.
In der Praxis ist die Lichtschwächung durch weitere Streuung an Aerosol- und Staubpartikeln (siehe Mie-Streuung) deutlich größer. Nach Naturkatastrophen wie Vulkanausbrüchen ist diese zusätzliche Extinktion besonders stark. So fanden Grothues und Gochermann (1992[1]) nach dem Ausbruch des Pinatubo im Jahre 1991 auf La Silla (einer der Standorte des Europäischen Südobservatoriums (ESO)), bei senkrechtem Lichteinfall im Visuellen eine Lichtschwächung von 0,21 Größenklassen (normal sind 0,13 Größenklassen). Die Transmission war also von 89 % auf 82 % vermindert. Im Blauen war der Extinktionskoeffizient von 0,23 auf 0,31 Größenklassen angestiegen, d. h., die Transmission von 81 % auf 75 % gefallen.
Literatur
- H.-G. Grothues, J. Gochermann: The influence of the Pinatubo eruption on the atmospheric extinction at La Silla.. In: The Messenger. 68, 1992, S. 43–44 ([2], abgerufen am 16. Oktober 2010).
- H. K. Paetzold: Ein Beitrag zur atmosphärischen Extinktion. In: Astronomische Nachrichten. 281, 1952, S. 17ff.
- H. Stoecker: Taschenbuch der Physik. Frankfurt am Main, 1997.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ H.-G. Grothues, J. Gochermann: The influence of the Pinatubo eruption on the atmospheric extinction at La Silla.. In: The Messenger. 68, 1992, S. 43–44 ([1], abgerufen am 16. Oktober 2010).
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