Religion in Nordkorea

Religion in Nordkorea

Religion in Nordkorea beschreibt die Religionen in Geschichte und Gegenwart Nordkoreas - offiziell „Koreanische Demokratische Volksrepublik“ (KDVR).

Inhaltsverzeichnis

Traditionelle Religionen

Traditionsgemäß war religiöses Leben in Nordkorea dem in Südkorea ähnlich, mit dem es bis 1948 eine Nation bildete. Den Großteil der Bevölkerung des Landes machten Buddhisten und Konfuzianisten aus, obwohl es beträchtliche Minderheiten von Christen und Nachfolgern des synkretistischen Cheondogyo (Religion der „himmlischen Weise“) gab.

Christentum

Das erste protestantische Gotteshaus auf koreanischem Boden (in Sorae, Hwanghae-namdo, 1895)
Siehe auch: Römisch-katholische Kirche in Korea und Anglikanische Kirche von Korea

Der erste christliche Missionar (ein römisch-katholischer) kam 1785 in Korea an. Weil damals die Verbreitung des Christentums durch die Regierung verboten war, hatte die Zahl der Römisch-Katholischen sich um 1863 nicht über 23.000 erhöht. Koreanische Christen wurden durch die Regierung verfolgt, bis das Land seine „Geöffnete-Tür“-Politik mit westlichen Ländern 1881 einleitete.

Bis zur ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts war Pjöngjang das Zentrum des Christentums auf der Koreanischen Halbinsel. Eine geistige Wiederbelebung fand 1907 statt (der Wonsan-Wiederbelebung 1903 folgend), und bis zum Jahr 1945 war ein Anteil von 13 % der Bevölkerung christlich. Daher wurde die Stadt auch „das Jerusalem des Ostens“ genannt.

Die nordkoreanische Regierung unterstellt dem Christentum (besonders dem Protestantismus) ein enges Verhältnis zu den Vereinigten Staaten und unterdrückt es daher, weshalb der Einfluss der Kirche heute deutlich schwächer ist als in Südkorea, wo etwa 12 Millionen Menschen, also etwa 25 % der Bevölkerung christlichen Glaubens sind.

Die von der Regierung veröffentlichten Situationsberichte und Statistiken über das Christentum [1] sowie den Buddhismus [2] im Land werden von fast allen ausländischen Beobachtern angezweifelt. Obgleich unabhängige Überprüfungen unmöglich sind, wird angenommen, dass es eine große Untergrundkirche gibt. Viele nordkoreanische Flüchtlinge haben ausgesagt, dass jede Form der Bezeugung des christlichen Glaubens, sogar der bloße Besitz einer Bibel, als Grund für Verhaftung und Deportation in eines der berüchtigten nordkoreanischen Umerziehungslager gelten kann, in denen die Häftlinge einer außergewöhnlich grausamen Behandlung unterworfen werden, die häufig zum Tod führt. Ehemalige Lagerinsassen berichten, dass christliche Häftlinge hier noch schlechter gestellt sind, als ihre nicht-gläubigen Leidensgenossen.[3]

Bonsoo-Kirche in Pjöngjang

In Pjöngjang gibt es vier Kirchengebäude. Eins von ihnen (die Changchung-„Kathedrale“) wird offiziell als römisch-katholisch betrachtet, obgleich es dort keinen Priester gibt, zwei sind protestantisch. Die römisch-katholische, sowie die protestantische Bongsu Kirche wurden 1988 in eröffnet, letztere in Anwesenheit südkoreanischer geistlicher Würdenträger. Die zweite protestantische Kirche (Chilgol) existiert seit 1992. Eine russisch-orthodoxe Kirche wurde am 13. April 2006 eröffnet[4]. Fürsprecher der religiösen Freiheit sagen, dass die Gebäude nur zur Propagandazwecken erbaut wurden, jedoch liegen auch Berichte vor, dass zumindest in den protestantischen Kirchen regelmäßig Gottesdienste mit 100 bis 250 Besuchern stattfinden[5]. Kritiker gehen allerdings davon aus, dass die Kirchen nur von solchen Nordkoreaner besucht werden dürften, die als staatstreu eingeschätzt würden. Diese erhielten eine Art Lohn dafür, dass sie an der Vortäuschung eines aktiven Gemeindelebens teilnähmen.[6] Ferner seien die 1988 eröffneten Kirchen errichtet worden, um den zahlreichen ausländischen Besuchern der 1989 in Pjöngjang stattfindenden Weltfestspiele der Jugend und Studenten den Anschein religiöser Freiheit im Land vorzutäuschen. Die orthodoxe Kirche in Pjöngjang wurde fünf Jahre nach Kim Jong-ils Russlandreise errichtet, wo ihn die Ikonen, die Kerzen und der Weihrauch zutiefst beeindruckt haben sollen.[7] Manche sehen in diesem Gotteshaus eher ein Symbol der nordkoreanisch-russischen Verbundenheit auf politischer Ebene denn einen Ort religiöser Betätigung.[8] Trotz alledem können Ausländer, die immer von staatlichem Aufsichtspersonal begleitet werden, an Gottesdiensten in den Pjöngjanger Kirchen teilnehmen. [9] Augenzeugen berichten, dass die Predigten politische und religiöse Anschauungen mischen, die die KDVR glorifizieren und dass einige der Pastoren kein echte religiöse Ausbildung gehabt zu haben scheinen. [10] Das Christentum in Nordkorea wird offiziell durch die Koreanische Christliche Vereinigung repräsentiert, eine vom Staat kontrollierte Institution, die für Kontakte mit ausländischen Kirchen und Regierungen verantwortlich ist.

Der amerikanische Prediger Billy Graham besuchte Nordkorea in den achtziger und neunziger Jahren mehrfach. 1994 traf er den ehemaligen Präsidenten Kim Il Sung. Franklin, Grahams Sohn, folgte den Vorbild seines Vaters im Jahr 2000 und traf einige hochrangige Führer.

Ch'ŏndogyo

Die Ch'ŏndogyo („himmlische Weise“) erwuchs während des 19. Jahrhunderts aus der Tonghak-Bewegung. Sie betont die göttliche Natur aller Menschen und enthält Elemente, die im Buddhismus, im Schamanismus, im Konfuzianismus, in Daoismus und im Katholizismus enthalten sind.

In Nordkorea existiert mit der Chondoistischen Ch'ŏngu-Partei eine politische Partei, die sich offiziell auf die Religion der Ch'ŏndogyo beruft. Es handelt sich dabei jedoch um eine Scheinpartei nach Art der Blockparteien in der DDR.

Buddhismus

Regierungsquellen sagen, dass es heutzutage ungefähr 10.000 praktizierende Buddhisten in der KDVR gibt. Buddhismus wird unter der Schirmherrschaft der offiziellen Koreanischen Buddhistischen Vereinigung ausgeübt. Es gibt etwa 300 buddhistische Tempel im Land (beispielsweise Pohyonsa), aber sie werden als kulturelle Relikte koreanischer Vergangenheit statt Orte aktiver Andacht angesehen. Offiziell gibt es eine dreijährige Hochschule für die Ausbildung des buddhistischen Klerus. Ob diese Institute traditionelle buddhistische Werte unterrichten, ist jedoch nicht überprüft worden. Beobachter religiöser Freiheit nehmen an, dass die Ausbildungsstätten benutzt werden, um Studenten anzuweisen, buddhistische Unterrichtungen bloß als Träger für die Chuch'e-Ideologie anzuwenden.

Staatsideologie

Als die Koreanische Halbinsel von 1910 bis 1945 ein Teil des Japanischen Kaiserreichs war, war der japanische Kaiserkult Grund für Intoleranz gegenüber den hergebrachten Religionen.

Der Effekt der kommunistischen Revolution 1948 war drastischer.

In Nordkorea stehen die Diktatoren Kim Il Sung (der verstorbene „große Führer“) sowie Kim Jong-il (dessen Sohn, der sog. „liebe Führer“) im Mittelpunkt eines öffentlich inszenierten Personenkultes. Ihre Porträts sind allgegenwärtig in den Straßen, in den Schulen, in den öffentlichen Gebäuden sowie in allen privaten Häusern. Die ideologischen Aussagen und die Schriften, die von den zwei Führern produziert werden, sind die Hauptgrundlage der Ausbildung für Kinder sowie Erwachsene.

Die Geschichte von der Herkunft der Kims wird mythologisch verklärt. In den Schulen wird den Kindern beigebracht, dass die Führer vom Himmel gekommen seien. Auf dem Gipfel des Paektu-san-Berges seien sie dann in Menschen umgewandelt worden.

Zu öffentlichen Anlässen werden Lieder gesungen, die die Führer als Retter des Landes sowie jedes einzelnen Bürgers darstellen und sie auf diese Weise auf das Niveau von Gottheiten heben.

Dieser alles-durchdringende Personenkult, zusammen mit der Lehre von Chuch'e (Autarkie), hat die Religionen, die vor dem Aufstieg des Realsozialismus blühten, nach und nach verdrängt. Nach Ansicht von Beobachtern von Menschenrechtsorganisationen sowie von ausländischen Regierungen verursachte dieser Regimewechsel ein Ende der freien Religionsausübung, da die Regierung nur solche religiöse Gruppen unterstützte, die eine Illusion der religiösen Freiheit aufbauten.[11]

Es ist unwahrscheinlich, dass durch die Abschaffung einer Verfassungsklausel, die ausdrücklich religiöse Tätigkeiten verbot und die Ablehnung aller Religionen bekräftigte, im Jahr 1992 eine tatsächliche Änderung in dieser Situation eingetreten ist. Die Menschenrechtssituation in Nordkorea gilt nach wie vor als außerordentlich schlecht.

Fußnoten

  1. http://www.korea-dpr.com/faq-christian.htm
  2. http://www1.korea-np.co.jp/pk/069th_issue/98111103.htm
  3. Soon Ok Lee: Lasst mich Eure Stimme sein! Sechs Jahre in Nordkoreas Arbeitslagern. Gießen: Brunnen 2005. ISBN 3-7655-3848-5.
  4. http://www.uscirf.gov/images/stories/pdf/nkwitnesses_wgraphics.pdf
  5. http://www.uscirf.gov/images/stories/pdf/nkwitnesses_wgraphics.pdf
  6. http://www.dailynk.com/english/read.php?cataId=nk01600&num=2194
  7. Nordkorea lässt russisch-orthodoxe Kirche zu
  8. Vantage Point. September 2006, Vol. 29. No. 9, S. 27.
  9. http://www.ekd.de/ausland_oekumene/reader_2002_43.html
  10. http://www.br-online.de/politik-wirtschaft/mittagsmagazin/dynamisch/2004/10/20041021132000.htm
  11. https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/KN.html

Siehe auch

Weblinks


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