- Blockpartei
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Als Blockparteien bezeichnet man politische Parteien, die in realsozialistischen Staaten neben der herrschenden kommunistischen Partei existierten und mit dieser in einem Parteienblock zusammengeschlossen waren. Diese Parteien waren in Parlamenten und Regierungen vertreten, ohne eigentliche Macht ausüben zu können. Sie standen nicht in Wahlkonkurrenz zur herrschenden Partei.
Blockparteien dienten dazu, den Anschein eines Parteienpluralismus zu erwecken und die kommunistische Regierungspolitik Nichtkommunisten nahezubringen.
Die Blockparteien in der Sowjetischen Besatzungszone und später in der DDR gehörten dem „Antifaschistisch-demokratischen Block“ an. Dieser war am 14. Juli 1945 gegründet worden; er wurde später zum „Demokratischen Block der Parteien und Massenorganisationen“ umgeformt, der Teil der Nationalen Front war.
Im Sprachgebrauch war es üblich, alle Parteien außer der SED als Blockpartei zu bezeichnen. Bestrebungen einiger Blockparteien vor allem während der Zeit der Sowjetischen Besatzungszone, eine eigenständige Politik zu betreiben, wurden unterbunden. Spätestens seit den 1950er Jahren vertraten die Blockparteien dieselben politischen Ziele wie die SED und vollzogen deren Politik mit.
Derartige Blocksysteme gab und gibt es auch in anderen Ländern, nicht nur in kommunistisch regierten bzw. den „sozialistischen Bruderstaaten“.
Inhaltsverzeichnis
Blockparteien in der DDR
Der Antifaschistisch-demokratische Block
Nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus 1945 hatte die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) die Gewalt in der Sowjetzone übernommen. Im Sommer 1945 erlaubte sie im „Befehl Nr. 2“ die Gründung von vier „antifaschistischen“ Parteien, unter der Vorgabe, dass sie sich dem „Antifaschistisch-demokratischen Block“ anschlossen. Es handelte sich um (in Reihenfolge der Gründung):
- die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD),
- die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD),
- die Christlich-Demokratische Union Deutschlands (CDU) und
- die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD).
Am 22. April 1946 kam es zur Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED. Die neu entstandene Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) löste KPD und SPD im Block ab. 1948 traten Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD) und die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NDPD) bei. Etwa zeitgleich wurden der Gewerkschaftsbund FDGB und bald darauf der Jugendverband FDJ und der Frauenbund DFD aufgenommen, damit war die Parteienlandschaft der späteren DDR bereits ausgebildet.[1]
Gründung von DBD und NDPD
Die beiden bürgerlichen Parteien CDU und LDPD hatten sich im Juni/Juli 1945 als eigenständige Parteien gegründet und wurden später auf SED-Kurs gezwungen. Im Unterschied dazu waren DBD und NDPD 1948 durch die SMAD initiiert worden, um den bürgerlichen Parteien CDU und LDP die politische Klientel abzuwerben.[2] Der Historiker Hermann Weber bezeichnete die beiden neuen Parteien als „Organe der SED“ von Anfang an.[3]
Mit der Bauernpartei vom April 1948 sollten Landwirte gewonnen werden, die wenig Zugang zur Arbeiterpartei SED hatten und der CDU zuneigten. Die SED schickte in den Vorstand eigene Leute, darunter den Vorsitzenden Ernst Goldenbaum, der vor 1933 KPD-Mitglied war. Sie hatte im Gründungsjahr knapp 30.000 Mitglieder.[2]
Die NDPD diente dazu, „die Trennlinie zwischen ehemaligen Nazis und Nichtnazis aufzuheben“, wie Stalin sich im März 1948 ausgedrückt hatte. Im Juni 1948 erhielt die NDPD ihre Lizenz, nachdem mit dem SMAD-Befehl Nr. 35 die Entnazifizierung abgebrochen war und „unbelastete“ frühere NSDAP-Mitglieder politisch tätig werden durften. Auch ehemalige Offiziere und Vertriebene sollten von der neuen Partei aufgefangen werden. Der SED-Vorstand erläuterte auf seiner Tagung im Mai, „diese politisch unklaren Menschen“ sollten bei der nächsten Wahl nicht „das Stimmvieh“ für die bürgerlichen Parteien CDU und LDP abgeben.[4]
Erster NDPD-Vorsitzender wurde Lothar Bolz, seit 1928 KPD-Mitglied und später Mitarbeiter beim Nationalkomitee Freies Deutschland in der Sowjetunion. Die Partei trat im September 1948 dem Block bei. Im Oktober hatte sie nur zweitausend Mitglieder, in der Endphase der DDR über 100.000. Klaus Schroeder zufolge waren in die SED wesentlich mehr ehemalige NSDAP-Mitglieder eingebunden als in die NDPD.[5]
Funktionen
Weber schreibt, die Blockparteien wurden deshalb nach 1949 nicht aufgelöst, weil sie für die SED zum einen eine Alibifunktion innehielten: Sie verschleierten die kommunistische Einparteienherrschaft und täuschten eine pluralistische Demokratie vor. Zum anderen hatten sie eine Transmissionsfunktion: Sie verbreiteten gewisse Vorstellungen der SED in anderen Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel durch die CDU in christliche Kreise.[6]
Die Blockparteien mussten die führende Rolle der SED anerkennen und konnten deswegen keine eigenständige Politik entwickeln. Einige Funktionäre der Blockparteien zeigten noch Widerstand. „Die Verhaftungen bürgerlicher Spitzenfunktionäre […] führten zur Einschüchterung und beschleunigten die Gleichschaltung dieser Parteien“, so Weber und nennt das Beispiel des LDPD-Ministers Karl Hamann.[6]
Die Anzahl der Abgeordneten in den gewählten Körperschaften waren im Voraus bestimmt, da es nur eine einzige Liste gab, die der Block vorstellte (Einheitsliste (DDR)). Die Vertreter der Massenorganisationen gehörten meistens der SED an und verstärkten dadurch deren Machtposition.[7]
Vertretung und Nutzen der Mitgliedschaft
Die Blockparteien waren in den meisten Gremien und Organen der DDR bis hin zu Volkskammer und Ministerrat (Regierung) vertreten und vollzogen dort die Politik der SED mit. Alle Vorsitzenden der Blockparteien waren ab 1960 zugleich Stellvertreter des Staatsratsvorsitzenden, des formellen Staatsoberhauptes der DDR. Allerdings hatte die SED die meisten (und wichtigsten) Posten im Ministerrat, die Staatsratvorsitzenden, Ministerpräsidenten, Innenminister, MfS-Minister und Vorsitzende des Nationalen Verteidigungsrat waren stets SED-Mitglieder.
Im Offizierskorps der Sicherheitsorgane wie der Stasi waren die Blockparteien gar nicht vertreten; außerdem hatte die SED nicht nur eine territoriale, sondern auch eine Organisation in Betrieben, was sie abermals präsenter machte. Sitzungen der Blockparteien fanden stets nach denen der SED statt, und zwar nie in Berlin.[8]
Als die SED 1987 ungefähr 2,2 Millionen Mitglieder zählte, waren in den (übrigen) Blockparteien insgesamt 469.000 Menschen Mitglied (1977: 365.000). Damals hatte die DDR ungefähr 16 Millionen Einwohner, davon acht Millionen Erwerbstätige. Im Vergleich zu den bundesdeutschen Parteien sind diese Zahlen sehr hoch: Die größte Westpartei, die SPD, hatte 1977 ihren Höhepunkt mit einer Million Mitglieder, bei sechzig Millionen Bundesbürgern.
Wer Mitglied in einer Blockpartei wurde, zeigte damit eine gewisse Bereitschaft, sich dem Regime anzupassen, ohne aber Mitglied der SED zu werden. Da den Blockparteien eine bestimmte Anzahl von Positionen in Staat und Gesellschaft zugesprochen war, konnte eine Blockpartei-Mitgliedschaft positiv für die eigene Karriere sein. Der Weg über die Blockpartei war dann im Einzelfall vielleicht sogar schneller als über die SED, da die Blockparteien weniger Mitglieder hatten. Dennoch war man von den wirklichen Machtpositionen im Staat ausgeschlossen, wenn man kein linientreues SED-Mitglied war.
Im Volksmund wurden die Blockparteien und deren Mitglieder mitunter „Blockflöten“ genannt.
Letzte Jahre der DDR
In den späten 1980er Jahren, kurz vor der politischen Wende, begannen die Blockparteien, sehr vorsichtig auf Distanz zur Politik der SED zu gehen. So äußerte Manfred Gerlach, Vorsitzender der LDPD, offen Sympathie zur sowjetischen Staatsführung unter Michail Gorbatschow.
Während der Wende in der DDR zerfiel der Demokratische Block der Parteien und Massenorganisationen ab Spätherbst 1989. CDU, DBD, LDPD und NDPD entfernten sich zunehmend von der SED-Politik. 1990 schlossen sich die ehemaligen Blockparteien Westparteien an. So vereinigten sich LDPD und NDPD mit der FDP und die DBD und Ost-CDU mit der West-CDU.
Blockparteiensysteme in anderen Ostblockstaaten
In der Sowjetunion selbst, aber auch in einer Reihe ihrer Satelliten, gab es nur eine einzige Partei, die kommunistische. Blockparteiensysteme kannten außer der DDR noch Bulgarien, die Volksrepublik Polen und die Tschechoslowakei.
Bulgarien
In der Volksrepublik Bulgarien existierte außer der Bulgarischen Kommunistischen Partei (1978: 817.000 Mitglieder) ein Bulgarischer Volksbund der Landwirte (120.000 Mitglieder).[9]
Polen
In Polen war die führende (kommunistische) Partei die Polnische Vereinigte Arbeiterpartei (PVAP), die 1948 aus der „Zwangsvereinigung“ der kommunistischen Polnischen Arbeiterpartei (PPR) und der sozialdemokratischen Polnischen Sozialistischen Partei (PPS) entstand. Die PPR versuchte, über das System eines Wahlblocks eine einheitliche Wahlliste mit gemeinsamen Kandidaten zu etablieren. Zur Teilnahme waren alle Blockparteien verpflichtet.
Dies waren neben PPR und PPS die Polnische Volkspartei (PSL), eine große zentristische Volks- und Bauernpartei, die SP, eine von der PPR völlig abhängige Handwerkerpartei, die SL, welche ebenfalls von der PPR abhängig war, und die SD, eine weitere kleine liberal-demokratische Partei.
Nach 1948 wurden die ehemals bürgerlichen Parteien zu zwei Blockparteien zusammengeschlossen. Dies waren die ZSL (Vereinigte Bauernpartei) und die SD (Demokratisches Bündnis). Daneben waren auch kleine katholische Gruppierungen im Parlament vertreten, die Unia Chrześcijańsko-Społeczna (UChS, Christlich-Soziale Union), die Vereinigung PAX und der Polnische Katholisch-Soziale Verband (PZKS). Jedoch verfügte die PVAP als solche immer über absolute Mehrheiten im Parlament, anders als die SED in der DDR.
1976 bzw. 1977 hatten die PVAP 2,45 Millionen, die VVP 420.000 (meist Bauern) und die DP 90.000 (eher städtische Mittelschicht) Mitglieder.[10]
1989 löste sich die ZSL aus der Unterordnung unter die PVAP, benannte sich wieder in PSL um und trug die Regierung Mazowiecki mit ins Amt. Die SD und die christlichen Gruppen spielten in den demokratischen Wahlen nach 1989 zunächst keine Rolle mehr, organisierten sich später aber wieder neu unter anderen Namen wie beispielsweise Familienliga.
Tschechoslowakei
Die Tschechoslowakische Sozialistische Republik hatte ebenfalls Blockparteien. In der tschechischen Teilrepublik organisierten die Kommunisten sich in der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (1976: 1,3 Millionen Mitglieder) und in der Slowakei in der Kommunistischen Partei der Slowakei. Weitere Parteien in der Nationalen Front waren die Tschechoslowakische Volkspartei (für christlich-soziale Bürger) und die Tschechoslowakische Sozialistische Partei (städtische Mittelschicht). In der Slowakei gab es die Partei der Slowakischen Erneuerung und die Slowakische Freiheitspartei.[11]
Ungarn
In der Volksrepublik Ungarn hatte 1956 Imre Nagy in seiner kurzfristigen Regierungszeit weitere Parteien zugelassen, sie sind aber nicht als Blockparteien anzusehen. Davor und danach hat das kommunistische Regime alle Parteien außer der kommunistischen (der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei) verboten.
Weitere kommunistische Staaten
In der Volksrepublik China gibt es, neben der regierenden Kommunistischen Partei Chinas, acht „demokratische Parteien“:
- Revolutionäres Komitee der Kuomintang, der linke Flügel der früheren Kuomintang, der im Bürgerkrieg 1948 zu den Kommunisten kam
- Chinesische Demokratische Liga
- Chinas Demokratische Nationale Aufbauvereinigung
- Chinas Vereinigung für die Förderung der Demokratie
- Chinesische Demokratische Partei der Bauern und Arbeiter
- Chinas Zhi-Gong-Partei
- Die Gesellschaft des 3. September
- Demokratische Selbstbestimmungsliga Taiwans
Sie alle haben weniger als jeweils 150.000 Mitglieder, die kommunistische hingegen 70 Millionen. Weitere Parteien bestehen nur im Untergrund.
In der Sozialistischen Republik Vietnam erlaubt die Kommunistische Partei Vietnam zwei weitere Parteien, die Demokratische Partei vom Juni 1944 (für Kaufleute) und die Sozialistische Partei (vor allem „Intelligenz“) vom Juli 1946. Sie erkennen den Führungsanspruch der Kommunisten an und arbeiten in der Vaterländischen Front mit.[12]
In Nordkorea gibt es neben der herrschenden Partei der Arbeit Koreas noch die Koreanische Sozialdemokratische Partei sowie die Chondoistische Ch'ŏngu-Partei. Diese sind in der Demokratischen Front für die Vereinigung des Vaterlandes zusammengeschlossen.
In Syrien
Syrien wird von der Baath-Partei regiert, die arabischen Nationalismus mit sozialistischen Elementen verbindet. In der Nationalen Fortschrittlichen Front befinden sich insgesamt zehn Parteien, darunter auch die Syrische Kommunistische Partei, die nasseristische Arabische Sozialistische Union und die nationalistische Syrische Soziale Nationalistische Partei sowie einige von ehemaligen Baathisten gebildete Splitterparteien.
Siehe auch
Literatur
- Eckhard Jesse: Die Parteien in der SBZ/DDR 1945–1989–90. In: Oscar W. Gabriel, Oskar Niedermeyer, Richard Stöss (Hrsg.): Parteiendemokratie in Deutschland. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1997, ISBN 3-89331-255-2, S. 84–105 (Bundeszentrale für Politische Bildung. Schriftenreihe 338).
- Andreas Herbst, Winfried Ranke, Jürgen Winkler: So funktionierte die DDR. Band 1: Lexikon der Organisationen und Institutionen, Abteilungsgewerkschaftsleitung (AGL), Liga für Völkerfreundschaften. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994, ISBN 3-499-16348-9, s.v. „Blockpolitik“.
- Klaus Schroeder: Der SED-Staat. Partei, Staat und Gesellschaft. 1949–1990. Hanser, München u. a. 1998, ISBN 3-446-19311-1 (Lizenzausgabe. Econ-Ullstein-List-Verlag, München 2000, ISBN 3-612-26729-9 (Propyläen-Taschenbuch 26729)).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Klaus Schroeder: Der SED-Staat. Partei, Staat und Gesellschaft 1949–1990, 2. Auflage, Propyläen, München 2000 (1998), S. 47.
- ↑ a b Klaus Schroeder: Der SED-Staat. Partei, Staat und Gesellschaft 1949–1990, 2. Aufl., Propyläen, München 2000 (1998), S. 41.
- ↑ Hermann Weber: Die DDR 1945–1990, Oldenbourg, München 1993 (= Oldenbourg Grundriss der Geschichte), S. 23.
- ↑ Klaus Schroeder: Der SED-Staat. Partei, Staat und Gesellschaft 1949–1990, 2. Aufl., Propyläen, München 2000 (1998), S. 41–42.
- ↑ Klaus Schroeder: Der SED-Staat. Partei, Staat und Gesellschaft 1949–1990, 2. Aufl., Propyläen, München 2000 (1998), S. 42–43.
- ↑ a b Hermann Weber: Die DDR 1945–1990, Oldenbourg, München 1993 (= Oldenbourg Grundriss der Geschichte), S. 33.
- ↑ Andreas Herbst, Winfried Ranke, Jürgen Winkler: So funktionierte die DDR. Band 1, Rowohlt: Hamburg 1994, S. 125.
- ↑ Andreas Herbst, Winfried Ranke, Jürgen Winkler: So funktionierte die DDR. Band 1, Rowohlt: Hamburg 1994, S. 127.
- ↑ Robert Furtak: Die politischen Systeme der sozialistischen Staaten. Dtv, München 1979, S. 43–44.
- ↑ Robert Furtak: Die politischen Systeme der sozialistischen Staaten. Dtv, München 1979, S. 151–152.
- ↑ Robert Furtak: Die politischen Systeme der sozialistischen Staaten. Dtv, München 1979, S. 211 f.
- ↑ Robert Furtak: Die politischen Systeme der sozialistischen Staaten. Dtv, München 1979, S. 234 f.
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