Rüstersiel

Rüstersiel
Rüstersiel
Koordinaten: 53° 34′ N, 8° 7′ O53.5647222222228.1097222222222Koordinaten: 53° 33′ 53″ N, 8° 6′ 35″ O
Fläche: 186,7 hadep1
Einwohner: 2.157 (2009)
Eingemeindung: 1937
Postleitzahl: 26386
Vorwahl: 04421
Ein Segelboot passiert beim Auslaufen aus dem Rüstersieler Hafen die geöffnete Straßenbrücke über die Maade

Rüstersiel ist seit 1937 ein Stadtteil von Wilhelmshaven. Rüstersiel hat sich bis heute einen gewissen dörflichen Charakter bewahren können. Dies liegt zum Teil daran, dass es in Rüstersiel einen hohen Anteil an Einfamilienhäusern gibt.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Rüstersiel grenzt im Süden an Neuengroden, im Westen an Altengroden, im Nordwesten an Fedderwardergroden und im Norden an Voslapp. Im Osten liegt der Rüstersieler Groden.

Geschichte

Der ehemalige Sielhafen von Rüstersiel hatte ursprünglich eine große Bedeutung für die Region, prägt heute jedoch nur noch optisch das Bild von Rüstersiel. Noch um 1920 wurde er im Welthafenregister als „Hafenplatz für Kleinschiffahrt“ erwähnt. Nach dem Bau des Maadesiels 1951, wurde Rüstersiel von seinem direktem Meereszugang abgeschnitten, so dass der Warenumschlag zum Erliegen kam. Danach hielten die Sportboote Einzug in den Hafen, der im Sommer ein beliebter Ausflugsort für Segler und Landratten ist. Außerhalb der Segelsaison ist der Hafen Winterlager für viele Sportboote.

Die Geschichte Rüstersiels begann 1520 mit dem Bau des 1. Kniphauser Siels etwas südlich der heutigen Hofstelle Kreuzelwerk. Zur gleichen Zeit entstand auf dem nördlichen Maadeufer der Ort Kniphausersiel. Erst ab etwa 1607 entstand südlich des Flüsschens Maade die Bauernschaft Rüstringersiel, später ab etwa 1868 dann Rüstersiel genannt. Den Doppelsielhafenort Kniphausersiel- Rüstersiel gab es bis 1937/38. Dann wurden beide Orte nach Wilhelmshaven eingemeindet. Kirchlich gehörten die Rüstersieler bis in die 80er Jahre der 20. Jahrhunderts größtenteils zur ev. Kirchengemeinde Neuende bzw. heute zu Altengroden, die Kniphausersieler hingegen zu Fedderwarden (Kniphausen).

Mit dem Bau des Rüstersieler Forts wurde, im Rahmen eines Festungsplanes für den Reichskriegshafen Wilhelmshaven, im Jahr 1876 begonnen. Bis zum Jahr 1911 lebte Rüstersiel hauptsächlich von den Einnahmen durch den Sielhafen und den im Rüstersieler Fort stationierten Soldaten. Diese wurden jedoch 1911 abgezogen.

Ab diesem Zeitpunkt begann für Rüstersiel eine neue Ära. So wurde aus der Stammtischidee einiger Geschäftsleute ein kühnes Projekt geboren: Das Nordseebad Rüstersiel.

Die Realisierung dieser Idee wurde ein voller Erfolg. So warb man z.B. in Zeitungen aus Süddeutschland und dem Rheinland für das Nordseebad Rüstersiel. Dieser Aufschwung wurde nur durch den Ersten Weltkrieg gebremst. Nach dem Ende des Krieges wurde der Badebetrieb wieder erfolgreich aufgenommen. Dass die Rüstersieler so erfolgreich waren, ist wohl auf ihr kluges Konzept zurückzuführen. Da sich zu dieser Zeit nur Wohlhabende einen Urlaub in einem Nordseebad leisten konnten, konzentrierten sich die Rüstersieler auf den Mittelstand. Hierzu passte auch der damalige Werbespruch: "Ist Erholung, nicht Luxus das Ziel, dann wähle als Nordseebad nur Rüstersiel!"

Die Geschichte des Nordseebads Rüstersiel endete 1939, als bei einer Sturmflut die gesamten Strandanlagen zerstört wurden. Bedingt durch den Zweiten Weltkrieg und der aufkommenden Pläne zur Eindeichung des Rüstersieler Watts wurden die zerstörten Anlagen nicht wieder aufgebaut.

Durch die Eindeichung des Rüstersieler Watts und dem Bau des ca. 3 km entfernten Maadesiels (1948-1951) war der Hafen- und Badeort von der Nordsee abgeschnitten. Obwohl die Fischer mit ihren Kuttern andere Häfen anliefen, verwaiste der Hafen jedoch nicht, sondern präsentierte sich in einem neuen Gewand. Hierfür sorgten die drei Vereine: Rüstersieler Segler Club (RSC), die Segelkameradschaft Geniusbank (SKG) und der Wassersportverein Maadesiel (WSV).

Nach dem Beginn der Eindeichung des Waagegrodens (1927) durch den Bau des Rüstersieler Seedeichs, wurde in den Folgejahren mit der Planung der „Siedlung“ in Kniphausersiel begonnen. 1929 konnte das erste Richtfest in der Siedlung gefeiert werden. In der Anfangsphase sah das neu erschlossene Baugebiet eher trostlos und verlassen aus.

Daher bekam die Siedlung auch den Namen „Kummersdorf“. Nachdem die ersten Jahre vergangen waren, konnte man nicht mehr von einem „Kummersdorf“ reden. Die zu bewältigenden Probleme führten schon bald zu einem starkem Zusammenhalt bei den Siedlern. 1949 folgte der Anschluss der Siedler zum Deutschen Siedlerbund (Kreisgruppe Voslapp), aus dem später die Gemeinschaft Rüstersiel entstand.

Am 1. April 1937 wurde, nach der Zusammenlegung von Rüstringen und Wilhelmshaven, Rüstersiel eingemeindet. Durch eine Gebietsreform wurde am 1. Juni 1938 auch Kniphausersiel in Wilhelmshaven eingemeindet.

In den Jahren von 1949 bis 1962 war Rüstersiel Sitz der Hochschule für Arbeit, Politik und Wirtschaft. Einer der bekanntesten Absolventen war der ehemalige Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Herbert Ehrenberg. 1962 wurde die Hochschule für Sozialwissenschaften nach Göttingen verlegt und wurde somit Teil der Georg-August-Universität Göttingen, ein anderer Teil, die Pädagogische Hochschule zog bereits 1958 nach Hannover.

Die neue Maadebrücke in Rüstersiel wurde im Jahr 1968 eingeweiht. Im Jahr 1971 wurde das alte Siel in Rüstersiel abgebrochen und der angrenzende Deich abgetragen. Während der Baggerarbeiten wurden die Reste des 1. und 2. Rüstersieler Siels geborgen.

Im Jahr 1993 wurde nach dreijähriger Bauzeit das neue Maadesiel eingeweiht. Das alte ca. 200 Meter entfernte Maadesiel wurde abgebrochen.

Das bis dahin im ehemaligen Hochschuldorf untergebrachte Marineunterstützungskommando wurde 1994, bis auf die heute dort noch ansässige Druckerei, aus Rüstersiel abgezogen. Danach wurden die Baracken abgerissen und auf dem Gelände entstanden Einfamilien- und Reihenhäuser.

Im Jahr 1995 feierte Rüstersiel 475-jähriges Jubiläum, das eigentlich der 475. Jahrestag der Erbauung des 1. Kniphauser Siels war.

Im November 2007 entschied sich der belgische Stromkonzern Electrabel zum Bau eines neuen Kohlekraftwerks im Rüstersieler Groden. Am 19. September 2008 erfolgte die Grundsteinlegung des Kohlekraftwerks.[1] Der neue Kraftwerkbau ist das zweite Kraftwerk neben dem bereits bestehenden Kraftwerk Wilhelmshaven des Energiekonzerns E.ON. Weiterhin existieren Pläne zum Bau eines weiteren E.ON–Kraftwerks als Ersatz neben dem bereits bestehenden. Gegen den Ausbau der Kraftwerksinfrastruktur formierte sich die Bürgerinitiative „Zeche Rüstersieler Groden“, die jedoch trotz vieler Aktionen die bisherigen Planungen nicht verhindern konnte.[2]

Öffentliche Einrichtungen

Seit März 1966 hat die Vogelwarte Helgoland ihren Hauptsitz in dem ehemaligen Fort Rüstersiel.

Einzelnachweise

  1. Electrabel Kraftwerk Standort Wilhelmshaven
  2. Internetauftritt Bürgerinitiative „Zeche Rüstersieler Groden“

Weblinks


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