- SBB Re 4/4 IV
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SBB Re 4/4IV 10101Betrieb Baujahr 1982 Betriebsnummern SBB 10101–10104 Stückzahl 4 Einsatzgebiet Universallokomotive
PersonenverkehrVerkauf an SOB 1995–1996 Betriebsnummern SOB UIC: Re 446 015
– Re 446 018Wartungswerk Samstagern Technische Daten Fahrzeugtyp elektrische Lokomotive Hersteller SLM Winterthur
BBC Baden
und Werk OerlikonAchsfolge Bo'Bo' Höchstgeschwindigkeit 160 km/h Leistung 5050 kW Stundenzugkraft 210 kN Anfahrzugkraft 300 kN Masse und Gewicht Länge über Puffer 15'800 mm Breite 2950 mm Höhe 4000 mm Gewicht 80 t Sonstiges Besondere Merkmale Erste Thyristorlok
der SBBVorgänger SBB Re 4/4 II Nachfolger Re 450, Re 460 Als Re 4/4IV wurden die vierachsige Prototyp-Lokomotiven Bezeichnet, welche von SLM und BBC für die SBB gebaut wurden. Heute sind sie alle als Re 446 bei der SOB im Einsatz. Aufgrund ihres lauten Luftgeräusches erhielten sie den Beinamen „Staubsauger“, alternativ wurden sie wegen der eckigen Kastenform auch „Container“ genannt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Vorgeschichte
In den 1970er-Jahren evaluierte die SBB für die Schweiz geeignete Formen des Hochgeschwindigkeitsverkehrs. Das Projekt Bahn 2000 nahm allmählich Form an und verschiedene Kosten-Nutzen-Analysen führten zur Erkenntnis, dass Infrastruktur und Rollmaterial für eine Geschwindigkeit von maximal 200 km/h ausgelegt werden sollten.
Die im Einsatz stehenden und zuverlässigen Re 4/4II waren für diesen Zweck zu schwer. Die eingesetzte Technik kann nicht mehr Leistung liefern, respektive geht die gegenüber der Re 4/4III vorgenommene Zugkraftsteigerung auf Kosten der Geschwindigkeit. Richtungsweisend ist der Einsatz der Gleichrichtertechnik, welche allerdings noch in den Kinderschuhen steckt und bei den seit 1974 im Einsatz stehenden Prototyp-Triebzügen RABDe 8/16 ständig Probleme bereitet.
Konstruktion, Design, Technik und Erfahrungen
Aufgrund dieser bekannten Fehleranfälligkeit stellten die SLM und die BBC gemeinsam vier Prototyp-Lokomotiven her, welche in den Grundzügen den RABDe 8/16 gleichen. Um Gewicht einzusparen wurden die Lokomotiven in Leichtstahl-Bauweise ausgeführt, um die schwere Technik unterbringen zu können – dadurch kann die Achslast bei 20 Tonnen gehalten werden. Analog zu den RABDe 8/16 kamen von Gleichrichtern gespeiste Wellenstrommotoren zum Einsatz. Da es sich um Prototypen handelt, bekamen zwei Lokomotiven Getriebe von BBC, die anderen beiden solche von der SLM. Die eingesetzte Technik erlaubte eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h und die Dauerleistung von etwas über 5050 kW bei etwa 85 km/h.
Im April 1982 absolvierte die Lokomotive 10101 ihre erste Probefahrt und wurde im Oktober als letzte der vier an die SBB abgegeben – ihre Schwestermaschinen waren bereits im Sommer an die SBB übergangen. Anfang 1983 erbrachte die 10104 im Heitersberg-Tunnel den Nachweis, dass sie die Geschwindigkeit von 175 km/h erreichen kann, welche notwendig ist, um eine Zulassung für 160 km/h zu erhalten. Da die SBB neue Farbschemata testete, bekam bei Ablieferung jede der vier Lokomotiven eine andere Lackierung. Die 10101 hatte rote Führerhäuser und dunkelgraue Seitenwände, die 10102 die gleiche Farbaufteilung mit hellgrauen Seitenwänden. Die 10103 wurde komplett rot angestrichen mit einem überdimensionalen SBB-Signet. Daraus resultierte im Nachhinein das Design für die SBB HGe 4/4 II und die SBB Re 460. Die 10104 war ebenfalls komplett rot, aber mit kleinem SBB-Signet als die 10101 und 10102.
Die Lokomotiven verfügen über eine elektrische Bremse, die aber nur als Widerstandsbremse ausgeführt ist, da der Stand der Technik 1982 die Rekuperationsbremsung mit Thyristorsteuerung noch nicht erlaubte. Es zeigte sich auch, dass die Entstörungsmassnahmen aufwändiger waren als zunächst erwartet; in den Anfangsjahren kam es mehrfach zur Beeinflussung von Sicherungs- und Signalanlagen.
Trotz ständiger Verbesserungen an der Lok-Technik und ausgebügelter Kinderkrankheiten stand 1985 fest, dass die Lokomotive nicht in Serie gehen würde. Die für 1990 geplante Einführung der S-Bahn Zürich stand für die SBB im Vordergrund, während ein kurzzeitiger Verkehrsrückgang und die sich verzögernden Neubaustrecken erst mittelfristig entsprechendes Rollmaterial benötigten. Studien von SLM und BBC belegen darüber hinaus, dass die gewünschte universelle Hochgeschwindigkeitslokomotive für 200 km/h, die heute als SBB Re 460 existiert, noch weiterer Entwicklungsarbeit bedurfte. Die SBB ging darauf ein und vergab einen entsprechenden Entwicklungsauftrag. Anfänglich war eine Typenbezeichnung Re 4/4 VI vorgesehen.
Die vier Re 4/4IV bleiben damit Einzelexemplare.
Einsatz und Werdegang bei der SBB
Sie waren insbesondere am Genfersee, im Wallis und gelegentlich auch zwischen Zürich und St. Margrethen anzutreffen. Im Jahr 1984 lautete ein Werbeslogan der SBB «In Zukunft die Bahn». Auf verschiedenen Bahnhöfen wurde eine Leistungsschau mit verschiedenem Rollmaterial durchgeführt. Ausgestellt war auch die Re 4/4 IV 10102. Ende 1986 bekamen alle vier Maschinen, die dem Depot Lausanne zugeteilt waren, eine einheitliche Lackierung im sogenannten verkehrsrot und der bis 1992 prägenden Bahn 2000-Werbung. Dann wurde ihr äusseres Erscheinungsbild den SBB Re 460 angeglichen. Plandienst leisteten die Lokomotiven im Wallis. Wer sich erhoffte, eine Re 4/4 IV im Regeldienst anzutreffen, musste damit rechnen, dass der Zug mit einer SBB Re 4/4 II oder einer SBB Re 6/6 bespannt war – so sah es der Einsatzplan vor, wenn eine Re 4/4 IV ausfiel. Die grosszügig ausgebaute Strecke im Rhonetal diente der SBB als Versuchsstrecke und war lange Zeit der einzige nennenswerte Abschnitt, welcher punktuell mit bis zu 160 km/h befahren werden konnte. Anfang 1987 folgten weitere Geschwindigkeitsversuche, bei welchen eine der Loks 188 km/h erreichte und ein Dreigespann den Schweizer Geschwindigkeitsrekord von 192 km/h aufstellte, welcher 1992 von den Re 460 gebrochen wurde.
Der Unterhalt der Prototypen-Serie gestaltet sich im Vergleich zu den Grossserien äusserst kostenintensiv, weswegen die SBB versuchten, die vier Maschinen zu verkaufen und deshalb auch auf die vorgesehene Umzeichnung (Re 440 000–003) ins 1992 eingeführte UIC-konforme Nummernschema verzichteten. Mit der SOB verständigte man sich schliesslich auf einen Fahrzeugtausch: die vier Re 4/4IV gingen an die SOB, die SBB übernimmt im Gegenzug vier Re 4/4III.
SOB Re 446
Anfang 1995 übernahm die SOB die ersten zwei Re 4/4IV von der SBB, allerdings zog sich der "Tausch" der restlichen beiden Loks noch bis 1996 hin. Bei den SOB erhielt die Kleinserie ihre neue Bezeichnung Re 446 (Re 446 445–448), allerdings fanden Neulackierung und Umzeichnung jeweils erst bei Revisionsarbeiten oder längeren Werkstattaufenthalten statt, so dass noch bis 1997 die letzte Re 4/4IV bei den SOB verkehrte.
Bei ihrer Übernahme behielten die Re 446 zunächst ihren roten Anstrich mit einem weissen SÜDOSTBAHN-Schriftzug und gelber Zierlinie. Bald wurden sie zu Werbelokomotiven, einige Zeit trugen alle vier Lokomotiven verschiedene Werbegestaltungen.
Anlässlich der Fusion der SOB mit der BT wurde 2001 ein neues Nummernschema eingeführt, weshalb die Re 446 445–448 umgezeichnet wurden und neu als Re 446 015–018 verkehren. Ebenso haben die 016 und die 018 ihr Werbekleid verloren und das neue SOB-Design in rot mit abgerundeten weißen Flächen auf den Seitenwänden und großen Logos erhalten. Mit der Inbetriebnahme der FLIRT-Triebzüge 2007 wurde abermals ein neues Farbschema eingeführt, silbern mit roten an den Enden zugespitzten Flächen auf den Seitenwänden. In dieser Farbgebung wurde die 015 lackiert.
Die Re 446 stehen neben den Re 456 heute bei den SOB im täglichen Einsatz vor lokbespannten Zügen. Sie sind auch in verpendelten Zügen einsetzbar und deshalb in Kompositionen des Voralpen-Express (Romanshorn – Luzern) anzutreffen. Ausserhalb des SOB-Netzes dringen die Re 446 in den werktäglichen Berufspendlerzügen Einsiedeln – Altstetten bis nach Zürich sowie in einem täglichen Zuspaar der S3 der S-Bahn Luzern bis Brunnen vor. Für Extrafahrten sind sie nach wie vor auch auf dem übrigen Netz der SBB zugelassen.
Unfall
Am späten Abend des 5. Septembers 2007 entgleiste in Ebikon die Re 446 015, die damals einen Postzug beförderte. Der Triebfahrzeugführer hatte das Ausfahrsignal, das einem überholenden InterRegio in Fahrtrichtung Luzern galt, auf sich bezogen. Dank der Entgleisweiche blieb eine Flankenfahrt zwischen den zwei Zügen aus, und die Lokomotive kam zwischen dem Gleis und einer Friedhofsmauer zum Stehen. Sie musste durch zwei Fahrzeugkrane aufgegleist werden. Die Fahrleitung wurde zu diesem Zweck vorübergehend ausgeschaltet und demontiert.
Literatur
- Martin Gerber, Fritz Kobel, Max Müller, Adrian Schneeberger: Die Prototyplokomotiven der Serie Re 4/4IV der Schweizerischen Bundesbahnen.
Schweizer Ingenieur und Architekt, Band 100 (1982), Heft 44 (retro.seals.ch, PDF 15.4 MB)
Weblinks
Commons: SLM Re 4/4 IV – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienKategorien:- Triebfahrzeug (SBB)
- Elektrolokomotive für Wechselstrom 15 kV 16,7 Hz
- Martin Gerber, Fritz Kobel, Max Müller, Adrian Schneeberger: Die Prototyplokomotiven der Serie Re 4/4IV der Schweizerischen Bundesbahnen.
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