Saturnring

Saturnring
Die Ringe des Saturn; aufgenommen von der Raumsonde Voyager 2.

Die Saturnringe bilden zusammen ein Ringsystem, das den Planeten Saturn umgibt. Sie sind das auffälligste Merkmal des Planeten und bereits durch ein Fernrohr mit etwa 40-facher Vergrößerung zu erkennen. Die Ringe bestehen im Wesentlichen aus Eisbrocken, aber auch aus Gestein und gefrorenen Gasklumpen, die den Saturn umkreisen. Die Partikelgröße variiert zwischen der von Staubkörnern und mehreren Metern. Das Ringsystem hat viele größere und kleinere Lücken und ist bei einem Durchmesser von fast einer Million Kilometern in weiten Bereichen nur wenige hundert Meter dick, und damit, relativ betrachtet, extrem dünn.

Die Ringe werfen einen sichtbaren Schatten auf den Saturn – wie auch umgekehrt der Saturn auf seine Ringe. Der Schattenwurf auf die Saturnoberfläche ist umso ausgeprägter, je mehr das dünne Ringsystem im Laufe eines Saturnjahres mit seiner schmalen „Kante“ gegenüber der Sonne geneigt ist.

Inhaltsverzeichnis

Entdeckung und Benennung

Ringe des Saturn, die wichtigsten sind gekennzeichnet (NASA).

Das Ringsystem wurde 1610 von Galileo Galilei mit einem der ersten Teleskope entdeckt. Galilei erkannte die Ringe jedoch nicht als isolierte Objekte, sondern deutete sie als Henkel (ansae). Der holländische Astronom Christiaan Huygens beschrieb die Ringe 45 Jahre später korrekt: „Der Saturn ist von einem dünnen, flachen Ring umgeben, der ihn nirgends berührt und der zur Ekliptik geneigt ist“. Giovanni Domenico Cassini vermutete als erster, dass die Ringe aus einzelnen Partikeln bestehen, und entdeckte 1675 die markanteste Lücke im Ringsystem, die nach ihm benannte Cassinische Teilung.

Die Ringe des Saturns sind in der Reihenfolge ihrer Entdeckung benannt und werden von innen nach außen als D-, C-, B-, A-, F-, G- und E-Ring bezeichnet. Auf astronomischen Übersichtsaufnahmen ist gewöhnlich nur der A- und der B-Ring und die sie trennende Cassini-Teilung, allenfalls noch die Encke-Teilung im A-Ring zu sehen. Erst durch Raumsonden erkannte man, dass die Ringe wiederum Lücken aufweisen und sich in noch kleinere eng begrenzte Unterringe aufteilen.

Der Saturn-Orbiter Cassini hat am 17. September 2006 einen weiteren, schwachen Staubring entdeckt. Dieser Ring befindet sich außerhalb der hellen Hauptringe, zwischen den schwachen Ringen F und G, im Bereich der Umlaufbahnen der kleinen Monde Janus und Epimetheus. Er besteht vermutlich aus Teilchen, die von diesen Satelliten aus bei Einschlägen von Meteoriten ins All geschleudert wurden [1].

Struktur

Verschiedene Perspektiven der Ringe von der Erde aus.

Heute ist bekannt, dass es mehr als 100.000 einzelne Ringe mit unterschiedlicher Zusammensetzung und Farbton gibt, welche durch scharf umrissene Lücken voneinander abgegrenzt sind. Der innerste beginnt bereits etwa 7.000 km über der Oberfläche des Saturn und hat einen Durchmesser von 134.000 km, der äußerste hat einen Durchmesser von 960.000 km.

Die Ringteilchen umkreisen den Saturn rechtläufig in dessen Äquatorebene; somit ist das Ringsystem ebenso wie die Äquatorebene um 27° gegen Saturns Bahnebene geneigt. Alle 14,8 Jahre ist der dünne Rand der Ringe genau der Erde zugewandt, so dass das Ringsystem nahezu unsichtbar wird. Das wird das nächste Mal im Jahre 2009 wieder der Fall sein.

Speichenartige Strukturen, beobachtet von Voyager 2.

Ein weiteres Phänomen sind radiale, speichenartigen Strukturen, die sich von innen nach außen über die Ringe des Saturns erstrecken und hierbei enorme Ausmaße annehmen: bei einer Breite von rund 100 Kilometern können sie bis zu 20.000 Kilometer lang werden[2]. Diese „Speichen“ wurden erstmals von der Sonde Voyager 2 bei ihrer Passage im Jahr 1981 entdeckt, später konnte die Beobachtung u. a. vom Weltraumteleskop Hubble bestätigt werden. Rätselhafterweise verschwanden diese Strukturen aber ab 1998 allmählich und konnten dann erst wieder ab September 2005 auf Aufnahmen der Raumsonde Cassini nachgewiesen werden. Als Ursache für die Streifenbildung wurde zunächst eine kurzlebige Wechselwirkung mit dem Magnetfeld des Saturn vermutet.

US-amerikanische Astronomen fanden 2006 jedoch eine andere Erklärung für das Rätsel um die Speichenstrukturen: demnach beststehen die Speichen aus winzigen (wenige µm) geladenen Staubpartikeln, deren Flugbahn vom UV-Licht der Sonne so beeinflusst wird, dass die Partikel durch entstehende elektrostatische Kräfte in einen Schwebezustand (Levitation) gebracht und angehoben werden[3]. Je nach Position des Saturns auf seiner Umlaufbahn ändert sich der Winkel zwischen den Saturnringen und der Sonne und somit auch der Einfallswinkel des ultravioletten Lichts. Die dunklen Streifen entstehen in periodischen Abständen immer dann, wenn die Sonne in der Ringebene des Saturns steht und bestehen dann für etwa acht Jahre. Eine streifenlose Phase hält dagegen sechs bis sieben Jahre lang an. Der Grund für die elektrostatische Aufladung der Ringe wird kontrovers diskutiert. Eine Erklärung ist, dass Blitze in der oberen Atmosphäre des Saturns auftreten, welche durch komplexe Vorgänge Elektronenstrahlen erzeugen, die die Ringe treffen[4].

Entstehung

Zur Entstehung der Saturnringe gibt es verschiedene Theorien. Nach der von Édouard Albert Roche bereits im 19. Jahrhundert vorgeschlagenen Theorie entstanden die Ringe durch einen Mond, der sich dem Saturn so weit genähert hat, dass er durch Gezeitenkräfte auseinandergebrochen ist. Der kritische Abstand wird als Roche-Grenze bezeichnet. Die räumliche Variation der Anziehungskräfte durch den Saturn übersteigt in diesem Fall die mondinternen Gravitationskräfte, so dass der Mond nur noch durch seine materielle Struktur zusammengehalten wird. Nach einer Abwandlung dieser Theorie zerbrach der Mond durch eine Kollision mit einem Kometen oder Asteroiden. Nach einer anderen Theorie sind die Ringe gemeinsam mit dem Saturn selbst aus derselben Materialwolke entstanden. Diese Theorie wurde bis kürzlich kaum mehr vertreten, denn man vermutete, dass die Ringe ein nach astronomischen Maßstäben eher kurzlebiges Phänomen von höchstens einigen hundert Millionen Jahren darstellen.

Neuere Daten der Raumsonde Cassini führten jedoch im Dezember 2007 zu einer neuen Altersbestimmung, nach der die Saturnringe bereits vor 4,5 Milliarden Jahren entstanden sind. Damit wären die Ringe etwa gleich alt wie das Sonnensystem.

Dynamik

Hirtenmond Prometheus stabilisiert den F-Ring (Cassini, 29. Oktober 2004).

Die Lücken zwischen den Ringen beruhen auf der gravitativen Wechselwirkung mit den zahlreichen Monden des Saturn sowie der Ringe untereinander. Dabei spielen auch Resonanzphänomene eine Rolle, die auftreten, wenn die Umlaufszeiten im Verhältnis kleiner ganzer Zahlen stehen. So wird die Cassinische Teilung durch den Mond Mimas verursacht. Einige kleinere Monde, so genannte Hirten- oder auch Schäfermonde, kreisen direkt in den Lücken und an den Rändern des Ringsystems und stabilisieren dessen Struktur. Neue Messungen und Aufnahmen der Raumsonde Cassini haben ergeben, dass die Ringkanten und damit die Abtrennung der Ringe noch schärfer sind als bisher angenommen. So hatte man vermutet, dass sich in den Lücken ebenfalls einige Eisbrocken befinden, was aber nicht der Fall ist.

Die extrem geringe Dicke des Ringsystems geht auf Stöße der Partikel zurück. Jeder Brocken kreist einzeln um den Mittelpunkt des Saturn und nicht die Ringe als starres Gebilde. Daher pendelt jeder Brocken, der sich irgendwann an der Oberfläche des Ringsystems befindet, während eines Umlaufs einmal vertikal durch das Ringsystem hindurch und wieder zurück. Durch inelastische Stöße mit anderen Brocken reduziert sich diese vertikale Geschwindigkeitskomponente und damit auch die Dicke des Ringsystems.

Weitere Ring- und Scheibenphänomene in der Astronomie

Deutlich schwächere Ringe finden sich auch bei den anderen großen Gasplaneten des Sonnensystems, bei Jupiter, Uranus und Neptun. Darüber hinaus sind kreisende Scheiben in der Astronomie ein häufiges Phänomen, das in sehr verschiedenen Größenordnungen auftritt. Neben Planetenringen zählen dazu Akkretionsscheiben bei Röntgendoppelsternen und solche, die sich in der Entstehungsphase von Sternen ausbilden, wie beispielsweise der Asteroidengürtel, aber auch die Spiralgalaxien. Auch hier gilt, dass die Dicke dieser Scheiben durch die Häufigkeit inelastischer Stöße ihrer Komponenten bestimmt wird.

Radien und Umlaufzeiten der Saturnringe

Saturn und Ringe mit gegenseitigem Schattenwurf. Foto: Cassini.
Saturn und seine Ringe von Cassini gegen die Sonne aufgenommen.
 Objekt   Radius (km)   Umlaufzeit 
Innere Kante Ring D 67.000 4,91 h
Innere Kante Ring C 73.200 5,61 h
Innere Kante Ring B 92.200 7,93 h
Äußere Kante Ring B 117.500 11,41 h
Mitte der Cassini-Teilung 119.000 11,75 h
Innere Kante Ring A 121.000 11,92 h
Encke-Teilung 133.500 13,82 h
Äußere Kante Ring A 135.200 14,14 h
Ring F 140.600 14,94 h
Innere Kante von Ring G 165.800 18 h
Äußere Kante von Ring G 173.800 21 h
Innere Kante von Ring E 180.000 22 h
 Äußere Kante von Ring E  480.000 4 Tage
Ringe des Saturn
Ringe des Saturn

Siehe auch

Quellen

  1. Astronomie.de – Cassini entdeckt neuen Saturnring. Quelle: JPL/NASA
  2. Blitzartig gestreift: zu den rätselhaften Speichen im Ringsystem auf www.wissenschaft.de
  3. C. J. Mitchell et al.: Saturn's Spokes: Lost and Found. Science, 17. März 2006, Vol. 311. Nr. 5767, S. 1587-1589
  4. Rätselhafte Schlieren: Blitze sollen Saturnringe stören - Wissenschaft - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten

Weblinks


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