- Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
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Das schweizerische Schuldbetreibungs- und Konkursrecht ist Teil des Zwangsvollstreckungsrechts. Da Selbsthilfe einem Gläubiger grundsätzlich verboten ist,[1] regelt das SchKG das Verfahren zur Durchsetzung von Ansprüchen in der Form von Geldzahlungen oder geldwerten Sicherheitsleistungen [2] mittels staatlicher Gewalt. Die Einforderung von Schulden heisst in der Schweiz Betreibung.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
- → Hauptartikel: Geschichte des Konkurs- und Insolvenzrechts
Übersicht
Grundsätzlich bestehen drei Insolvenzverfahren: Konkurs, Nachlassverfahren und Konkursaufschub. Der Konkurs wird in der Regel vom zuständigen Konkursamt durchgeführt und führt zur Liquidation des Schuldners. Ein Nachlassverfahren ist – im Grundsatz – ein Sanierungsverfahren, das in zwei Phasen abläuft: einer Stundung, während der Aktiven und Passiven aufgenommen werden (Schuldenruf) und ein Sanierungsplan erarbeitet wird, und einer Durchführungsphase, in der die Gläubiger in ihrer Rangfolge durch eine Dividende, Ratenzahlungen oder einen Liquidationserlös befriedigt werden. Mit dem Konkursaufschub steht schliesslich noch ein Sanierungsverfahren zur Verfügung, mit dem grundsätzlich sanierungsfähige Schuldner unter Aufsicht des Gerichts und eines Sachwalters eine Stundung zur Erarbeitung einer Sanierung erhalten.
Die Einreihung der zugelassenen Gläubiger erfolgt in der Kollokation. In den Kollokationsplan, der in der Regel vom Konkursamt erstellt wird, werden grundsätzlich nur diejenigen Gläubiger aufgenommen, die ihre Forderung angemeldet haben. Eine Kollokation erfolgt auch ohne Anmeldung für:[3]
- im Grundbuch eingetragene Rechte (Art. 226 SchKG)
- servitutes apparentes
- unmittelbare gesetzliche Pfandrechte/Verfügungsbeschränkungen
Im Konkurs können auch diejenigen Forderungen eingegeben werden, für welche eine Konkursbetreibung nach Art. 43 SchKG ausgeschlossen ist.[4]
Die Kollokation ist Voraussetzung, um später am Verwertungserlös der Konkursmasse teilhaben zu können (Dividende).
Die meisten Regelungen zum Schuldbetreibungs- und Konkursrecht finden sich im Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) [1]. Das SchKG trat am 1. Januar 1892 in Kraft, wurde seither mehrmals revidiert. Daneben haben die kantonale Gesetzgebung und internationales Recht auch noch eine gewisse Bedeutung. Das SchKG ist der älteste Teil des auf schweizerischer (Bundes-)Ebene kodifizierten Zivilrechts und ist älter als das Zivilgesetzbuch und das Obligationenrecht, was gewisse Besonderheiten erklärt.
So ist in der Schweiz die Durchsetzung einer (geldwerten) Forderung kraft staatlichem Zwang grundsätzlich auch ohne materielle gerichtliche Beurteilung der Forderung möglich, was eine Besonderheit darstellt. Allerdings kann der Schuldner innert 10 Tagen nach dem Eingang der Betreibung die gerichtliche Beurteilung verlangen, das entsprechende Rechtsmittel heisst Rechtsvorschlag. Dieser unterbricht den Fortgang der Betreibung, bis über die Forderung rechtskräftig durch ein Gericht entschieden wurde. Wurde die Forderung rechtskräftig anerkannt oder kein Rechtsvorschlag erhoben, nimmt das Betreibungsverfahrungen seinen Fortgang. Die Betreibung wird in extremis entweder durch Pfändung oder durch Konkurs durchgesetzt, wobei der Gläubiger nicht die Wahl hat; es ist von Gesetzes wegen genau geregelt, welches Verfahren zum Zuge kommt (vereinfacht gesagt wird auf Konkurs erkannt, wenn es sich beim Betriebenen um eine im Handelsregister eingetragene Firma handelt, und auf Pfändung in den übrigen Fällen, insbesondere bei Verfahren gegen Privatpersonen). Enden Konkurs oder Pfändung, ohne dass die Forderung des Gläubigers (vollständig) befriedigt werden kann, erhält der Gläubiger einen Verlustschein; im Falle neuen Vermögens des Schuldners kann er innert 20 Jahren ein neues Verfahren eröffnen. Daneben kann der Schuldner natürlich den Gläubiger während des Verfahrens jederzeit befriedigen und dadurch das Verfahren beenden; dabei ist zu beachten, dass ab Betreibung gültig nur noch an das Betreibungsamt geleistet werden kann, und dass zuzüglich zur Forderungssumme Gebühren und Zinsen anfallen.
Neben dem SchKG bilden u.a. zahlreiche Nebenerlasse (insb. die VZG) Rechtsquellen[5] des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts.
Das SchKG regelt in seinem elften Titel überdies Teile des Sanierungsrechts (Nachlassstundung, Nachlassvertrag, einvernehmliche private Schuldenbereinigung).
Das SchKG sieht als zuständige Stellen[6] namentlich die Folgenden vor:
- Betreibungsamt
- Gerichte
- kantonale Depositenanstalt (meistens Kantonalbanken)
- Konkursamt
- Aufsichtsbehörde
- Nachlassgericht
- Polizei
- Sachwalter
Literatur
- Amonn Kurt/Walther Fridolin, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 8. Aufl., Bern 2008, ISBN 3-7272-0946-1
- Dallèves Louis et al. (Hrsg.), Poursuite et faillite, Commentaire romand, Basel 2005, ISBN 3-7190-2101-7
- Hunziker Marc/Pellascio Michel, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, Zürich 2008, ISBN 3-280-07072-4
- Walder Hans Ulrich (Hrsg.), SchKG, Schuldbetreibung und Konkurs, Zürich 1997, ISBN 3-280-02178-2
- Stoffel Walter A., Voies d'exécution, Bern 2002, ISBN 3-7272-1011-7
- Stohler Walter, Geld eintreiben, ein praktischer Ratgeber, Zwangsvollstreckung nach Schweizer Recht (SchKG), Bottmingen 2005, ISBN 978-3-033-00678-2
Weblinks
- Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April 1889 (SchKG; SR 281.1)
- Insolvenz im EU-Raum und Vermögen in der Schweiz (PDF; 80 kB)
Einzelnachweise
- ↑ Ausnahmen: Art. 52 Abs. 3 OR, Art. 926 ZGB (Hunziker/Pellascio, S. 1)
- ↑ Gemäss BGE 129 III 193 ist der Begriff "Sicherheitsleistungen" in Artikel 38 SchKG nicht auf Sicherheiten in Geld beschränkt
- ↑ Hunziker/Pellascio, S. 221
- ↑ Hunziker/Pellascio, S. 222
- ↑ vgl. dazu Hunziker/Pellascio, S. 3 ff.
- ↑ vgl. dazu Hunziker/Pellascio, S.11 ff.
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