Schweizer Messer

Schweizer Messer
Das klassische Schweizer Messer von Victorinox …
… und von Wenger.

Schweizer Messer, Schweizer Offiziersmesser oder Schweizer Armeemesser (in der Schweiz Sackmesser genannt, von „Hosensack“, der Schweizer Bezeichnung für Hosentasche) sind die bekanntesten und meistverkauften Taschenmesser. Ein Merkmal der Schweizer Messer ist die Tatsache, dass neben einer Klinge noch zahlreiche weitere Werkzeuge in das Messer integriert sind. Üblicherweise haben die im zivilen Handel erhältlichen Messer rote Griffschalen aus Kunststoff und tragen das Schweizer Kreuz als Erkennungszeichen. Das ursprüngliche Schweizer Messer wurde Ende des 19. Jahrhunderts für die Soldaten der Schweizer Armee entwickelt, um unterschiedliche im Felde anfallende Aufgaben in einem einzigen kompakten und leichten Werkzeug zu vereinen. Aufgrund dieser Eigenschaft sind Schweizer Messer bis heute bei Personen beliebt, die Outdoor-Aktivitäten wie Wandern, Camping oder Überlebenskunst betreiben. Die beiden Originalhersteller des Schweizer Messers sind das Unternehmen Victorinox aus dem deutschsprachigen Kanton Schwyz und das Unternehmen Wenger aus dem französischsprachigen Kanton Jura.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Modell 1890, das erste Schweizer Soldatenmesser, hergestellt von Wester & Co. Solingen
Modell 1951, in Gebrauch von 1951 bis 1961
Modell 1961, von 1961 bis 2008 in Gebrauch
Soldatenmesser 08, in Gebrauch seit 2008

Ende der 1880er-Jahre entschied sich die Schweizer Armee zur Beschaffung eines neuen, klappbaren Soldatenmessers, welches unter anderem beim Essen sowie beim Zerlegen des damaligen Standardgewehres helfen sollte, dem Schmidt-Rubin Infanteriegewehr Modell 1889. Die enthaltenen Werkzeuge waren daher Klinge, Dosenöffner, Schlitzschraubendreher und Ahle.

Im Januar 1891 erfolgte die Ordonnanzerklärung durch die Schweizer Armee für das Modell 1890 mit Griffschalen aus geschwärztem Eichenholz (teilweise wurde später Ebenholz verwendet).

Da zu diesem Zeitpunkt kein Schweizer Unternehmen die nötigen Produktionskapazitäten hatte, wurden die ersten 15.000 Messer im Oktober 1891 von der deutschen Messermanufaktur Wester & Co. aus Solingen geliefert. Bereits Ende 1891 übernahm dann aber die Firma Karl Elsener aus Ibach im Kanton Schwyz, das spätere Victorinox, die Herstellung. Auch zahlreiche andere Messerhersteller aus Deutschland und der Schweiz fertigten diese Messer und seine Nachfolgemodelle, darunter das 1893 unter dem Namen Paul Boéchat & Cie. gegründete Unternehmen Wenger.

Am 12. Juni 1897 wurde der Begriff „Schweizer Offiziers- und Sportmesser“ als Handelsmarke geschützt.

Seit der Ersteinführung 1891 wurde die in der Schweizer Armee ausgegebene Variante mehrfach angepasst. Insgesamt gibt es fünf unterschiedliche Modelle, deren Modellzahl das Jahr der Einführung widerspiegelt. Dies sind die Modelle 1890, 1908, 1951, 1961 und das Soldatenmesser 08. Die einzelnen Modelle wurden teilweise ebenfalls überarbeitet und existieren daher in verschiedenen Ausführungen. Seit dem Modell 1961 sind die Unternehmen Victorinox und Wenger die einzigen Hersteller des Schweizer Soldatenmessers.[1]

Die Soldatenmesser verfügten seit dem Modell 1961 über Griffschalen aus geriffeltem Aluminium anstatt der roten Kunststoffgriffschalen zivil verkaufter Modelle. Auch die Ausstattung war mit Klinge, Ahle, Dosenöffner und Kapselheber (die letzten beiden mit integriertem Schlitzschraubendreher) bis in jüngste Zeit relativ übersichtlich verglichen mit der umfangreichen Ausstattung manch ziviler Modelle. Erst das Soldatenmesser 08, welches 2008 eingeführt wurde, erweitert den Funktionsumfang um eine Holzsäge und einen Kreuzschraubendreher.

Im Jahr 2005 wurde Wenger von Konkurrent Victorinox aufgekauft, da es seit 2001 in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, wird aber als eigene Marke weitergeführt. Nach Angaben von Victorinox wollte man mit dieser Übernahme in erster Linie verhindern, dass Wenger von ausländischen Investoren aufgekauft würde, wodurch man eine Rufschädigung für die Schweizer Messer befürchtete.

Funktionen

Die ursprüngliche Ausstattung mit Klinge, Dosenöffner, Schlitzschraubendreher und Ahle wurde bei zivilen Modellen inzwischen je nach Version um etliche Werkzeuge erweitert, so existieren Schweizer Messer beispielsweise mit Holzsäge, Schere, Metallfeile oder Korkenzieher. Zivile Modelle haben zusätzlich in der Regel einen Zahnstocher und eine Pinzette, welche in separaten Steckfächern in den Griffschalen sitzen. Einige Versionen sind auf spezielle Zielgruppen ausgerichtet, so gibt es Schweizer Messer mit Fischentschupper für Angler oder mit Rasenheber für Golfer. Das laut Guinness-Buch der Rekorde umfangreichste Schweizer Messer ist das Wenger Giant Knife 2007. Es besitzt 81 Einzelwerkzeuge für 141 unterschiedliche Funktionen, ist mit seiner Breite von 24 Zentimetern und dem Gewicht von 1,3 Kilogramm allerdings nicht für den tatsächlichen Gebrauch geeignet, sondern als Sammlerobjekt gedacht.[2] Die umfangreichsten noch für die tatsächliche Nutzung vorgesehenen Modelle sind das Victorinox SwissChamp und das Wenger EvoGrip S54. Daneben gibt es aber auch Messer mit minimiertem Umfang, etwa nur einer Klinge und einem Kapselheber. Die Messer von Wenger und Victorinox bieten im Allgemeinen die selben Fähigkeiten, wobei sich die Form und Funktionsweise der einzelnen Werkzeuge im Detail häufig unterscheidet. Während beispielsweise der Dosenöffner von Victorinox-Messern schiebend durch den Dosendeckel gedrückt wird, geschieht dies bei Wenger-Messern mit einer ziehenden Bewegung.

Seit einigen Jahren gibt es auch moderne Varianten des Schweizer Messers, welche mit elektronischen Zusatzelementen wie Diodenlampe, Laserpointer, USB-Stick oder MP3-Player versehen sind. Diese sind eher für den urbanen Alltag als für eine Nutzung im Outdoorbereich vorgesehen.

Gewerblicher Rechtsschutz

Der Begriff Schweizer Offiziersmesser ist geschützt und darf nur von Victorinox und Wenger verwendet werden. Ebenso sind die beiden Varianten des Schweizer Kreuzes auf den Messern geschützt. Victorinox vermarktet seine Messer als „Original Schweizer Offiziersmesser“, während Wenger die Bezeichnung „Echtes Schweizer Offiziersmesser“ benutzt.

Zu Beginn der 1990er-Jahre klagte Victorinox in den Vereinigten Staaten gegen die Firma Arrow Trading Company, welche chinesische Taschenmesser vertrieb. Diese kopierten zum einen das Grundkonzept des Schweizer Messers, welches urheberrechtlich nicht schützbar ist, und trugen zudem das Schweizer Kreuz und den Schriftzug „Swiss Army“, womit in den Augen von Victorinox der Eindruck erweckt wurde, die chinesischen Messer würden aus der Schweiz stammen. In erster Instanz gab 1993 ein Bundesbezirksgericht Victorinox recht und sprach den Importeur der chinesischen Imitate der Täuschung schuldig und untersagte den weiteren Vertrieb der Imitate. Ein Berufungsgericht widerrief dieses Urteil ein Jahr später, da die bloße Erwähnung eines Landes auf einem Produkt kein eindeutiger Hinweis darauf sei, dass das Produkt tatsächlich dort hergestellt worden ist.[3]

Trivia

  • Zur Standardausrüstung eines jeden NASA-Astronauten gehört ein Schweizer Messer vom Typ Victorinox Master Craftsman.[4]
  • Alle Angehörigen der Schweizer Armee erhalten seit jeher das gleiche Messer, ein spezielles Offiziersmesser gibt es nicht.
  • Für Sammler gab es eine exklusive Version mit Brillanten, die in Gold oder Platin eingefasst waren und so die Schalen bildeten.
  • In der US-amerikanischen Fernsehserie MacGyver waren Schweizer Messer von Victorinox ein häufig benutztes Werkzeug des titelgebenden Hauptcharakters.

Literatur

Weblinks

 Commons: Schweizer Messer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Informationsblätter Zeittafel der Geschichte Soldatenmesser, Geschichte der Firma Victorinox und Hersteller der Soldatenmesser auf der Sonderausstellung „Schweizer Soldatenmesser 1890–2007“ im Schloss Thun, einsehbar auf messerforum.net.
  2. Pressemitteilung von Wenger
  3. John Tagliabue: Swiss Army Knife vs. Chinese Clone. In: The New York Times. 3. September 1994, abgerufen am 23. Juni 2009.
  4. Information auf der Website des Herstellers Victorinox (abgerufen am 13. September 2008).

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