- Kanton Jura
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Republik und Kanton Jura
République et Canton du JuraWappen Basisdaten Staat: Schweiz Amtssprache: Französisch Hauptort: Delsberg Beitritt zum Bund: 1979 Kürzel/Kontrollschild: JU ISO 3166-2: CH-JU Kantonshymne: La Nouvelle Rauracienne Fläche: 839 km² Einwohner: 70'197[1] (31. Dezember 2010) Bevölkerungsdichte: 84 Einw. pro km² Ausländeranteil: 12,4 %[2] (April 2011) Arbeitslosenquote: 3,2 %[3] (Juli 2011) Website: www.jura.ch Lage des Kantons in der Schweiz Karte des Kantons Gemeinden des Kantons Der Jura (französisch Jura, italienisch Giura, rätoromanisch Giura), amtlich Republik und Kanton Jura (französisch République et Canton du Jura), ist ein französischsprachiger Kanton im Nordwesten der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Der Hauptort ist Delsberg.
Inhaltsverzeichnis
Geographie
Der Kanton Jura liegt im Nordwesten der Schweiz. Er bildet im Westen und Norden einen Teil der schweizerischen Staatsgrenze zu Frankreich. Im Süden grenzen die Kantone Neuenburg und Bern an den Kanton Jura, im Osten die Kantone Solothurn und Basel-Landschaft.
Der Fläche nach belegt der Kanton Platz 14 von 26, aufgrund der geringen Einwohnerdichte liegt er von der Einwohnerzahl her auf Platz 20.
Der Kanton Jura umfasst die geographischen Regionen Delsberger Becken, Ajoie (deutsch Elsgau), Clos du Doubs, Freiberge und das Bergland von Movelier.
Bevölkerung
Sprachen
Amtssprache des Kantons ist Französisch. Die einzige deutschsprachige Gemeinde ist Ederswiler.
Viele Orte sind aufgrund der Nähe der Sprachgrenze und der früheren Zugehörigkeit zum Kanton Bern nicht nur unter ihren französischen, sondern auch unter deutschen Namen bekannt, etwa Delémont/Delsberg oder Porrentruy/Pruntrut.
Religionen – Konfessionen
Im Kanton Jura sind die meisten Bewohner katholisch.
Verfassung
Die gegenwärtige Kantonsverfassung[4] datiert von 1977.
Legislative
Das Kantonsparlament (französisch Parlement) des Kantons Jura besteht aus 60 Volksvertretern. Es wurde am 12. November 2006 für vier Jahre gewählt.
- 19 Mitglieder der PDC/CVP
- 13 Mitglieder der PS/SP
- 11 Mitglieder der PLR/FDP
- PCSI/CSP 9 Mitglieder der
- UDC/SVP 3 Mitglieder der
- POP (Linksaussen-Fraktionsgemeinschaft) 3 Mitglieder der CS-
- Verts/Grüne 2 Mitglieder der
Zudem ist das Volk direkt an der Gesetzgebung beteiligt, da Verfassungsänderungen obligatorisch und Gesetzesänderungen auf Antrag von mindestens 2000 Stimmberechtigten oder acht Gemeinden der Volksabstimmung (Referendum) unterworfen sind. Mindestens 2000 Stimmberechtigte oder acht Gemeinden können überdies eine Gesetzes- oder Verfassungsänderung beantragen. Ausländer sind seit der Kantonsgründung 1979 stimm- und wahlberechtigt; ausgeschlossen davon ist die Wahlbefähigung zu kantonalen Ämtern.
Exekutive
Die jurassische Regierung (französisch Gouvernement) besteht aus fünf Mitgliedern.
- Élisabeth Baume-Schneider (SP)
- Charles Juillard (CVP)
- Michel Probst (FDP)
- Philippe Receveur (CVP)
- Michel Thentz (SP)
Judikative
Richterliche Behörden sind insbesondere die drei Bezirksgerichte (frz. Tribunal du District) sowie das Kantons- und das Verfassungsgericht.
Vertretung auf nationaler Ebene
Auf Bundesebene entsendet der Kanton Jura je zwei Vertreter in den Ständerat und in den Nationalrat.
Wirtschaft
Wirtschaftlich ist der Kanton Jura einer der schwächsten Kantone der Schweiz. Die Finanzkraft liegt nur bei 30 Prozent des gesamtschweizerischen Wertes. Sichtbar wird dieser Umstand auch an vielen leerstehenden (und verfallenden) teilweise historisch wertvollen Häusern.
Pferdezucht
Eine heute Freiberger genannte Pferderasse war früher auch als Jura-Pferd bekannt. Insgesamt bildet der Jura einen Schwerpunkt der Pferdezucht innerhalb der Schweiz. Der Freiberger ist mehr Nutz- als Sportpferd.
Verkehr
Die Jurabahnen (Chemins de fer du Jura, kurz CJ) betreiben mehrere Eisenbahn- und Autobuslinien. Auch der Schweizerische Postautodienst ist Konzessionär für mehrere Buslinien. Die Schweizerischen Bundesbahnen betreiben eine Hauptachse, auf der die Schnellzüge in Delsberg eine Spitzkehre machen. Eine weitere Eisenbahnlinie führt von Delsberg nach Boncourt mit einer Fortsetzung über Delle nach Belfort. Diese Route tangiert das Tal des Doubs mit dem Clos du Doubs.
Bedeutendste Autoverbindung ist die teils noch unfertige A16, die den Kanton von Südost nach Nordwest durchquert. Insgesamt sind manche Strassen, bedingt durch die teilweise spektakulär gebirgige Landschaft, eng und kurvenreich. Manche in den Fels gehauene Durchfahrten sind nicht mehr als 3,1 bis 3,5 Meter hoch. Dies erklärt auch die zögerliche wirtschaftliche Entwicklung des Gebietes.
Geschichte
Der Kanton Jura ist der jüngste Kanton in der Schweiz. Er entstand aufgrund von kulturell-politischen Spannungen. Nach mehreren lokalen Plebisziten und der eidgenössischen Volksabstimmung vom 24. September 1978 wurde am 1. Januar 1979 der nördliche Teil des Juras durch Abspaltung vom Kanton Bern getrennt – nach rund 165-jähriger Zugehörigkeit.
Im Mittelalter gehörte das Gebiet des heutigen Kantons Jura zum Fürstbistum Basel, einem bischöflich regierten Territorialstaat. Während die Gebiete des heutigen bernischen Jura durch den Einfluss der Stadt Bern im 16. Jahrhundert zur Reformation übertraten, blieb der nördliche Teil katholisch oder wurde in der Gegenreformation rekatholisiert. Seit der Reformation residierten die Fürstbischöfe nicht mehr in Basel, sondern im nordjurassischen Pruntrut in der Ajoie. Das Fürstbistum war zwischen 1579 und 1717 mit den katholischen Orten der Eidgenossenschaft verbündet. Der Südjura galt aber als Teil der Eidgenossenschaft, weil die Städte Neuenstadt und Biel/Bienne sowie die Propstei Moutier-Grandval mit Bern im Burgrecht standen. Der Bischof von Basel galt damals weltlich als ein Fürst des deutschen Reiches; deshalb durfte ein deutscher Heerführer während des dreissigjährigen Krieges 1639 seine Truppen ins Bistum legen, ohne dass die Eidgenossenschaft dies als Grenzverletzung in ihrem zugewandten Ort ahnden konnte.[5] Im nördlichen Teil des Fürstbistums wurde 1792 als Folge der Besetzung durch französische Revolutionstruppen kurzzeitig die Raurakische Republik ausgerufen. Schon im folgenden Jahr wurde der gesamte Jura allerdings Teil der französischen Republik.
Am Wiener Kongress 1815 wurden die Gebiete des ehemaligen Fürstbistums Basel dem Kanton Bern zugesprochen, um diesen für den Verlust des Aargaus und der Waadt zu entschädigen. In den katholischen Teilen des Jura kam es bereits im 19. Jahrhundert während des Kulturkampfes zu massiven Spannungen zwischen den Behörden des Kantons Bern und der Bevölkerung. Diese Spannungen dauerten auch nach dem Kulturkampf bis ins 20. Jahrhundert hinein an, etwas abgemildert und später wieder intensiver.
Einen Höhepunkt der Jurafrage war die sogenannte Moeckli-Affäre. 1947 verweigerten deutschsprachige Berner Politiker einem bern-jurassischen Politiker die Führung des Baudepartements, weil es «zu wichtig» sei um dieses an einen welschen Politiker zu übergeben.
Der Kanton Bern ist politisch eher konservativ, grösstenteils reformiert und deutschsprachig. Die Bewohner des 1815 erworbenen Gebietes dagegen sind heute eher liberal, mehrheitlich französischsprachig und – im Nordteil – katholisch. Dass der Konflikt, der letzten Endes zur Abtrennung des Juras von Bern führte, ursprünglich weniger sprachlicher, sondern kultureller Art war, zeigt sich daran, dass bei den Volksabstimmungen über die Kantonsgründung der zwar ebenfalls französischsprachige, aber protestantische Südteil des Juras, die Amtsbezirke La Neuveville, Moutier und Courtelary, stets für den Verbleib bei Bern stimmte. Der Kantonsgründung voran gingen in den 1960er und 1970er Jahren teils gewalttätige Ausschreitungen: Die Jugendorganisation «Béliers» verübte Sprengstoffanschläge, denen u. a. auch das Soldatendenkmal des Ersten Weltkriegs in Les Rangiers zum Opfer fiel. Führender Kopf der Sezessions-Bewegung war Roland Béguelin vom Rassemblement jurassien.
Die in der Berner Kantonsverfassung und der Bundesverfassung vorgesehenen Verfahren mit Volksabstimmungen auf verschiedenen Staatsebenen verhinderten letztendlich eine bürgerkriegsähnliche Eskalation. An der zweiten Volksabstimmung zur Jurafrage vom 1. März 1970 hatte das Berner Stimmvolk mit einem Zusatz zur Staatsverfassung den sieben jurassischen Bezirken das Recht eingeräumt, selbst über ihre politische Zukunft zu entscheiden und der Amtsbezirk Laufen erhielt das Recht, sich einem anderen benachbarten Kanton anzuschliessen.[6] Die einzelnen Bezirke als auch Gemeinden an den Bezirksgrenzen konnten über den Verbleib beim Kanton Bern abstimmen. 1975 entschieden sich die drei Bezirke Moutier, Courtelary und La Neuveville beim Kanton Bern bleiben zu wollen, während die drei nordjurassischen Bezirke Porrentruy, Freiberge und Delémont dem neuen Kanton Jura beitreten wollten. Der Grenzbezirk Laufen stimmte vorerst für den Verbleib beim Kanton Bern. Das eidgenössische Parlament hiess im September 1977 die jurassische Verfassung gut, mit Ausnahme des Artikels 138, der die Möglichkeit vorsah, den ganzen oder einen Teil des bernisch gebliebenen Juras – unter dem Vorbehalt einer gesetzeskonformen Ablösung – dem neuen Kanton anzugliedern. Am 24. September 1978 ratifizierten das Schweizer Volk (71 Prozent Ja) und alle Stände die Schaffung des Kanton Jura, indem sie einer diesbezüglichen Änderung der Bundesverfassung zustimmten und ermöglichten damit dessen Schritt in die Souveränität am 1. Januar 1979. Am 10. März 1996 ermöglichten 91,7 Prozent der Stimmenden der Schweiz und sämtliche Kantone den Wechsel der kleinen bernischen Gemeinde Vellerat den Übertritt zum Kanton Jura, weil es ihnen gemäss Meinungsumfragen primär um das Recht auf Selbstbestimmung auf Gemeindeebene ging.
Der deutschsprachige Bezirk Laufen ist zwar katholisch, die Sprache führte aber damals zum Entscheid, bei Bern zu verbleiben. Vom verbleibenden Berner Kantonsgebiet territorial getrennt, wechselte der Bezirk Laufen aber 1994 zum Kanton Basel-Landschaft.
Der Kanton Jura und sezessionistische Kräfte im Südjura agitierten weiterhin für eine Wiedervereinigung. Seit 1994 arbeitet die Interjurassische Versammlung (französisch Assemblée interjurassienne) – eine von der Schweizerischen Eidgenossenschaft bestellte Kommission mit allen interessierten Kreisen – an der Lösung der Jurafrage. Im September 2004 hat sie ein Projekt begonnen, das einen völlig neuen Kanton anvisiert, in dem Nordjura (heute Kanton Jura) und der Südjura (Jura bernois) nach den Vorstellungen der Nordjurassier vereinigt werden sollen. Damit wurde ein weiterer Anlauf unternommen, den Südjura von Bern zu lösen und damit die vom Kanton Jura und separatistischen Kräften des Berner Juras gewünschte «Einheit des jurassischen Volkes» herzustellen.
Städte und Orte
Der Kanton ist sehr stark ländlich geprägt. Nach statistischen Kriterien gibt es nur eine Stadt, den Hauptort Delsberg mit 11'590 Einwohnern.
Nachfolgend aufgelistet sind Gemeinden mit mehr als 1000 Einwohnern per 31. Dezember 2010:[1]
Ort Einwohner Delsberg 11'590 Porrentruy 6679 Bassecourt 3395 Courroux 3039 Courrendlin 2511 Saignelégier 2501 Courtételle 2376 Courgenay 2161 Clos du Doubs 1276 Siehe auch: Gemeinden des Kantons JuraDistrikte
Der Kanton Jura ist in drei Distrikte aufgeteilt:
- Bezirk Delsberg (frz. District de Delémont) – Hauptort: Delsberg
- Bezirk Pruntrut (frz. District de Porrentruy) – Hauptort: Porrentruy
- Bezirk Freiberge (frz. District des Franches-Montagnes) – Hauptort: Saignelégier
Siehe auch: Distrikte des Kantons JuraLiteratur
- Charpilloz, Alain: Irrland Jura. Südjurassier im Konflikt. Zytglogge 1977
- Ganguillet, Gilbert: Le conflit jurassien. Un cas de mobilisation ethno-régionale en Suisse, Zürich 1986.
- Harder, Hans-Joachim: Der Kanton Jura. Ursachen und Schritte zur Lösung eines Schweizer Minderheitenproblems, Frankfurt am Main 1978.
- Hauser, Claude: Aux origines intellectuelles de la Question jurassienne. Culture et politique entre la France et la Suisse romande (1910–1950), Diss. Fribourg 1997.
- Henecka, Hans Peter: Die jurassischen Separatisten. Eine Studie zur Soziologie des ethnischen Konflikts und der sozialen Bewegung, Meisenheim am Glan 1972.
- Jenkins, John R.G.: Jura Separatism in Switzerland, Oxford 1986.
- Ruch, Christian: Struktur und Strukturwandel des jurassischen Separatismus zwischen 1974 und 1994, Bern 2001.
- Schwander, Marcel: Jura. Konfliktstoff für Jahrzehnte, Zürich/Köln 1977.
- Steppacher, Burkard: Die Jurafrage in der Schweiz, München 1985.
- Wagner, Margit: Jura zwischen Rhein und Rhone, München 1987.
Einzelnachweise
- ↑ a b Population résidante permanente des communes, selon le sexe et la nationalité, au 31 décembre 2010 – Données officielles à utiliser pour tous les calculs financiers (PDF), Fondation interjurassienne pour la statistique (fistat), vom 22. März 2011, abgerufen am 12. April 2011
- ↑ Bestand der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung nach Wohnkanton und Ausländergruppe Ende April 2011 (PDF), Bundesamt für Migration (BFM), abgerufen am 1. September 2011
- ↑ Die Lage auf dem Arbeitsmarkt – Juli 2011 (PDF), Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), Pressedokumentation, abgerufen am 1. September 2011
- ↑ Verfassung der Republik und des Kantons Jura, Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft (admin.ch)
- ↑ Louis Jäggi: Solothurner Land, 1972
- ↑ Lexikon des Jura
Weblinks
Wikisource: Kanton Jura – Quellen und VolltexteCommons: Kanton Jura – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWikinews: Jura – in den Nachrichten- Offizielle Website des Kantons Jura (französisch)
- Offizielle Statistik
- Jura (Kanton) im Historischen Lexikon der Schweiz
- Regional-Enzyklopädie des Kantons (französisch)
- Die Jurafrage im Archiv des Schweizerischen Radios und Fernsehens
- Verena Indermaur-Hänggi: Der Jura-Konflikt
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