- Schwiegermuttergift
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Strukturformel Allgemeines Name Parathion Andere Namen - O,O-Diethyl-O-(p-nitrophenyl)- thiophosphorsäureester
- E-605
- Nitrostigmin
Summenformel C10H14NO5PS CAS-Nummer 56-38-2 PubChem 991 Kurzbeschreibung braune Flüssigkeit mit knoblauchartigem Geruch [1] Eigenschaften Molare Masse 291,3 g·mol−1 Aggregatzustand flüssig
Dichte 1,2667 g·cm−3 [1]
Schmelzpunkt 6,1 °C [1]
Siedepunkt 375 °C [1]
Löslichkeit 24 mg/l in Wasser (20 °C) [1]
Sicherheitshinweise Gefahrstoffkennzeichnung aus RL 67/548/EWG, Anh. I [2] Sehr giftig Umwelt-
gefährlich(T+) (N) R- und S-Sätze R: 24-26/28-48/25-50/53 S: (1/2)-28-36/37-45-60-61 MAK 0,1 mg·m−3 [1]
LD50 5 bis 10 mg·kg−1 (Mensch)
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Parathion, Synonym: E 605, ist ein Ester der Thiophosphorsäure (siehe auch: Phosphorsäureester) und wird daher auch Thiophos genannt. Im Volksmund wird auch der Begriff „Schwiegermuttergift“ verwendet, da es für viele bekannt gewordene Suizide und Morde missbraucht wurde.
Inhaltsverzeichnis
Eigenschaften
Parathion ist eine Flüssigkeit, die äußerst toxisch gegen Insekten und Warmblüter ist. Es ist jedoch nicht phytotoxisch, d. h. es zeigt keine Giftwirkung gegen Pflanzen. Die Flüssigkeit ist in sehr reinem Zustand farblos und fast geruchlos, die in den Handel kommende technische Verbindung ist gelb bis braun mit einem stechend knoblauchartigen Geruch.
Es löst sich zu 24 mg/l in Wasser[1] und wird im sauren und neutralen pH-Bereich nur langsam, im alkalischen dagegen rasch hydrolysiert. Parathion blockiert das Enzym Acetylcholinesterase irreversibel, nachdem es durch oxidative Entschwefelung in sein Sauerstoffanalogon Paraoxon (E 600) umgewandelt wurde. Es wirkt als Kontaktgift und darf daher nicht mit der Haut in Berührung kommen. Die Wirkung des Parathions ist durch die langanhaltende Aktivierung von Muskarin- und Nikotinrezeptoren bedingt. Es kommt zu Erbrechen, Durchfall, Schweißausbrüchen, Muskelzuckungen, Kopfschmerzen, Atemlähmungen und Krämpfen. Die Giftigkeit erklärt sich auch durch die chemische Verwandtschaft mit den Kampfstoffen Tabun, Sarin und Soman, die noch effektiver gegen die Acetylcholinesterase wirken.
Verwendung
Parathion wird als Insektizid und Akarizid eingesetzt.
Der Verkauf im Handel als Pflanzenschutzmittel „E 605 forte“ erfolgte nur nach Vorlage eines Personalausweises, da in der Literatur bereits zahlreiche Fälle von Vergiftungen und Tötungsdelikten mit Parathion geschildert wurden. Das Pflanzenschutzmittel ist vergällt, damit es nicht versehentlich geschluckt werden kann. Häufig ist auch ein stechender Geruch festzustellen. Die Zulassung parathionhaltiger Pflanzenschutzmittel (E 605 forte, E Combi, P-O-X) lief zum 8. Januar 2002 aus. „E 605 forte“ darf nicht mehr gehandelt oder angewendet werden.
Am 9. Juli 2001 erließ die Europäische Kommission eine Entscheidung, die die Abgabe, Einfuhr, Anwendung und Zulassung von Parathion enthaltenden Pflanzenschutzmitteln verbot. Nicht verboten wurde die Abgabe zur Lagerung mit anschließender Ausfuhr aus dem Gebiet der Europäischen Union. Ferner mussten alle bereits erteilten Zulassungen für solche Pflanzenschutzmittel binnen sechs Monaten zurückgenommen werden.[3][4] In der Schweiz gibt es ebenfalls keine Zulassung als Pflanzenschutzwirkstoff mehr.[5]
Parathion blockiert die Acetylcholinesterase irreversibel und eignet sich deshalb nicht zur medizinischen Verwendung.
Gegengifte
Gegen eine Vergiftung durch Parathion wurde lange Zeit hochdosiertes Atropin durch den Rettungsdienst eingesetzt. Atropin dockt an dieselben Rezeptoren wie Acetylcholin an, ohne sie jedoch zu aktivieren. Dadurch wird das Auslösen neuer Nervenreize verhindert. Da zu viel Atropin aber ebenfalls toxische Wirkung ausübt, so dass diese Behandlung mit Komplikationen behaftet ist, wird Atropin heute entsprechend der Symptomatik des Patienten in kleineren, repetitiven Schritten bis zur Besserung der Symptome gegeben. Um die vom Parathion stammende Phosphatgruppe von der Acetylcholinesterase zu lösen und dieselbige wieder funktionstüchtig zu machen, werden Oxime (Obidoxim, Pralidoxim) eingesetzt. Diese Behandlung erfordert intensivmedizinische Betreuung.
Historisches
Die Substanz und ihre Wirksamkeit wurde 1944 von Gerhard Schrader im Rahmen seiner Arbeiten über Phosphorsäureester entwickelt und untersucht. Parathion wurde vor allem unter der Bezeichnung „E 605“ vermarktet. Dies führt immer wieder zu Verwirrungen mit den von der Europäischen Union verwalteten E-Nummern für Lebensmittelzusatzstoffe. Parathion steht mit diesen in keinerlei Verbindung. Die E-Nummern wurden später eingeführt und es gibt keinen Lebensmittelzusatzstoff mit der Kennung „E 605“. Das „E“ von „E 605“ steht für „Entwicklungsnummer“ und entstammt einem veralteten System zur Bezeichnung neu entwickelter Chemikalien, während es bei den Lebensmittelzusatzstoffen für „Europa“ bzw. „Europäische Union“ und „edible“ (engl. „essbar“) steht.
Kommerziell vermarktet wurde Parathion ab 1947 von American Cyanamid und ab 1948 von der Bayer AG.
Der erste weltweit dokumentierte Mord mit E-605 wurde von Christa Lehmann Anfang 1954 verübt.
Siehe auch
- Dichlorvos
- Phoxim
- Folidol-Öl
- Parathion-methyl
Quellen
- ↑ a b c d e f g Eintrag zu Parathion in der GESTIS-Stoffdatenbank des BGIA, abgerufen am 5. Mai 2008 (JavaScript erforderlich)
- ↑ Eintrag zu CAS-Nr. 56-38-2 im European chemical Substances Information System ESIS
- ↑ Entscheidung 2001/520/EG der Kommission vom 9. Juli 2001 über die Nichtaufnahme von Parathion in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates und die Aufhebung der Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff [1]
- ↑ Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln [2]
- ↑ Nationale Pflanzenschutzmittelverzeichnisse: Schweiz; abgerufen am 3. Januar 2009
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