Sergei Lwowitsch Sobolew

Sergei Lwowitsch Sobolew

Sergei Lwowitsch Sobolew (russisch Сергей Львович Соболев, wiss. Transliteration Sergej L'vovič Sobolev; * 6. Oktober 1908 in Sankt Petersburg; † 3. Januar 1989 in Moskau) war ein russischer Mathematiker, der sich vor allem mit partiellen Differentialgleichungen und Numerischer Mathematik beschäftigte.

Sobolew 1970

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Sobolew war der Sohn eines Anwalts (mit Vorfahren bei den sibirischen Kosaken), der aber starb als Sobolew noch ein Kind war. Er wurde von seiner Mutter aufgezogen, die Lehrerin am Medizinischen Institut in Leningrad war. Während des Bürgerkriegs lebte er mit seiner Mutter in Charkiw und zog erst 1923 wieder nach Leningrad. Er begann 1925 an der Universität Leningrad Mathematik unter anderem bei Nikolai Maximowitsch Günter, Smirnow und Fichtenholz zu studieren. 1929 beendete er sein Studium und unterrichtete unter anderem am Seismologischen und Elektrotechnischen Institut in Leningrad. Gleichzeitig veröffentlichte er Arbeiten über partielle Differentialgleichungen. 1932 holte ihn Winogradow ans Steklow-Institut (das damals noch in Leningrad war), wo er mit Smirnow zusammenarbeitete, unter anderem über Differentialgleichungen der Elastizitätstheorie (er löste das Problem von Horace Lamb über Wellenlösungen im elastischen Halbraum) und der Theorie der Beugung. 1934 zog er mit dem dorthin verlegten Steklow-Institut nach Moskau, wo er ab 1935 die Abteilung Differentialgleichungen leitete. Gleichzeitig war er 1935 bis 1957 Professor an der Lomonossow-Universität. Während des Zweiten Weltkriegs war er Direktor des Steklow-Instituts, das zeitweilig nach Kasan evakuiert war. In dieser Zeit arbeitete er unter Kurtschatow im sowjetischen Kernwaffenprojekt - er war mit I. K. Kikoin für die Entwicklung und industrielle technische Umsetzung der Uranisotopenanreicherung in Gasdiffusionsanlagen verantwortlich. Daneben fand er noch Zeit sein Hauptwerk über Funktionalanalysis zu schreiben am LIPAN, wie das Labor 2 von Kurtschatow nach 1949 hieß. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte er seine Hinwendung zur Numerischen Mathematik fort und leitete die Abteilung Numerische Mathematik an der Lomonossow-Universität 1952 bis 1960. Ab 1956 war er Gründungsdirektor des Mathematischen Instituts der Sibirischen Abteilung der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften in Nowosibirsk/Akademgorodok und war außerdem von 1960 bis 1978 Professor an der Universität Nowosibirsk.

1933 wurde er korrespondierendes Mitglied und 1939 volles Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften. Außerdem war er Mitglied der Academie des Sciences in Paris und der Accademia dei Lincei. 1941 erhielt er den Stalin-Preis. Er erhielt außerdem drei sowjetische Staatspreise und 1988 die Lomonossow-Goldmedaille der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften. 1958 war er Invited Speaker auf dem ICM in Edinburgh.

In den 1930er Jahren war er am Steklow-Institut tätig und führte den Sobolew-Raum ein und bewies Normabschätzungen für Einbettungssätze. In diesem Zusammenhang führte er auch verallgemeinerte Funktionen (Distributionen) ein, die später von Laurent Schwartz und anderen weiterentwickelt wurden. Ab den 1940er Jahren wandte er sich der Numerischen Mathematik zu, insbesondere der numerischen Quadratur von mehrdimensionalen Funktionen.

Schriften

  • Einige Anwendungen der Funktionalanalysis auf Gleichungen der mathematischen Physik, Berlin, Akademie Verlag 1964, (Russisches Original 1950, englische Übersetzung American Mathematical Society 1963)
  • Cubature formulas and modern analysis, Gordon and Breach 1992
  • mit V. Vaskevich: The theory of cubature formulas, Kluwer 1997
  • Imbedding theorems, American Mathematical Society Translations Series, 1970
  • On a boundary value problem for polyharmonic equations, American Mathematical Society Translations Series, 1963
  • Selected Works, 2 Bände, Springer 2006 (Herausgeber Gennadi Demidenko, Vladimir Vaskevich).
  • Méthode nouvelle à résoudre le problème de Cauchy pour les équations linéaires hyperboliques normales, Matematicheskii Sbornik, Bd.1, 1936, S.39-72, [ http://mi.mathnet.ru/eng/msb/v43/i1/p39 Online] (Französisch, Einführung von Distributionen)
  • Sur un théorème d'analyse fonctionnelle (russisch mit französischer Zusammenfassung), Matematicheskii Sbornik, Bd.4, 1938, S.471-497 (Einbettungstheorem von Sobolew)

Literatur

Weblinks


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