Sergei Pawlowitsch Koroljow

Sergei Pawlowitsch Koroljow
Sergei Pawlowitsch Koroljow (1938)

Sergei Pawlowitsch Koroljow (russisch Сергей Павлович Королёв, wiss. Transliteration: Sergej Pavlovič Korolёv; * 30. Dezember 1906jul./ 12. Januar 1907greg. in Schytomyr, Gouvernement Wolhynien, Russisches Kaiserreich, heute Ukraine; † 14. Januar 1966 in Moskau) war ein sowjetischer Konstrukteur von Raketen und Weltraumpionier. Er spielte eine sehr wichtige Rolle in der Geschichte der Raumfahrt.

Unter seiner Leitung wurden im OKB–1 Raketen und Raumschiffe entwickelt. Seine Ideen und sein Führungsstil prägten wesentlich die sowjetische Raumfahrt. Einige seiner Entwicklungen wie die Sojus-Rakete und das Sojus-Raumschiff werden in verbesserter Form noch heute genutzt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die frühen Jahre

Koroljows Eltern, Maria Nikolajewna Moskalenko und Pawel Jakowlewitsch Koroljow, beide Lehrer, trennten sich bereits drei Jahre nach seiner Geburt. Koroljow wuchs bei seinen Großeltern in Neschin auf. Im Alter von 10 Jahren zog Koroljows Familie nach Odessa, wo er einige Jahre später eine Lehre als Maurer und Dachdecker auf der dortigen Gewerbeschule absolvierte. Schon früh zeigte Koroljow Interesse an der Luftfahrt und arbeitete neben seinem Beruf ab Juni 1923 im örtlichen Segelflugzeugclub OAWUK, wo er auch mit 17 Jahren sein erstes Segelflugzeug K-5 konstruierte. 1925 begann Koroljow ein Studium am Polytechnischen Institut Kiew. Nebenbei betrieb er weiterhin das Segelfliegen und konstruierte Segelflugzeuge. Als die Kiewer Fakultät geschlossen wurde, wechselte er 1926 an die Moskauer Technische Hochschule MWTU und beendete dort schließlich sein Studium. Zuvor absolvierte er ein Praktikum im ZAGI, wo er mit der Konstruktion von Motorflugzeugen in Kontakt kam. 1927 nahm er erstmals am „Allunions–Segelflugwettbewerb“ auf der Krim teil, eine Veranstaltung vergleichbar mit den deutschen Rhönwettbewerben. 1929 entwickelte und baute er zusammen mit S. N. Ljuschin den Segler Koktebel. Ebenfalls 1929 entstand unter der Anleitung Andrei Tupolews sein erstes Motorflugzeug SK-4, seine Diplomarbeit. Am 9. Februar 1930 erhielt Koroljow sein Diplom als Ingenieur für Flugzeugbau.[1] Als Flugzeugkonstrukteur entwickelte Koroljow 1930 auch den Segler Roter Stern, mit dem erstmals in der Sowjetunion mit einem motorlosen Fluggerät ein Looping geflogen werden konnte. Der Pilot war W. A. Stepantschonok.

In den 1930er Jahren begann Koroljow im Rahmen der MosGIRD mit dem Bau von Raketen und war dort unter anderem an der Konstruktion und dem Bau der ersten sowjetischen Hybridraketen GIRD-09 und GIRD-X beteiligt. 1933 wechselte er zum Raketenforschungsinstitut (RNII) und wurde 1934 Leiter der Abteilung Raketenflugkörper. Im selben Jahr erschien auch seine wissenschaftliche Abhandlung „Der Raketenflug in die Stratosphäre“.[2]

Die Zeit des Großen Terrors

Während der Arbeiten zum raketengetriebenen Segelflugzeug RP-318-I wurde er im Zuge des Großen Terrors am 27. Juni 1938[3][4] verhaftet und zu zehn Jahren Arbeitslager verurteilt. Zuvor wurde er von Walentin Petrowitsch Gluschko denunziert, der damit einen möglichen Rivalen ausschalten wollte. Begründet wurde die Verhaftung mit der Anschuldigung, Koroljow habe mit seinen Entwicklungen ein Attentat auf Stalin vorbereiten wollen. Nach Monaten des Transports erreichte er das berüchtigte Lager Maldjak (63° 0′ N, 148° 14′ O62.999166148.235810) an der Kolyma, wo er fünf Monate verbrachte. Anschließend wurde er in eine sogenannte Scharaschka geschickt, ein Speziallager für Wissenschaftler. Dieser spezielle Lagertyp wurde von Solschenizyn in dem Roman Der erste Kreis der Hölle aus eigener Erfahrung beschrieben.

Die Bedingungen dort waren hart. Außerdem musste Koroljow stets damit rechnen, erschossen zu werden. 1942 wurde er in eine „Scharaschka“ nach Kasan transportiert, wo er zusammen mit anderen Wissenschaftlern Motoren für Jagdflugzeuge konstruieren musste. Erst im Juni 1944 wurde er unter der Initiative des Flugzeugbauers Andrei Nikolajewitsch Tupolew wieder freigelassen. Auf dem Weg nach Hause starb er beinahe an Skorbut.

Der Chefkonstrukteur

Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg er zum Chefkonstrukteur des zunächst nur militärisch orientierten sowjetischen Raketenprogramms innerhalb des NII (Wissenschaftliches Forschungsinstitut) auf. Koroljows Ziel war es, ein ziviles Raketenprogramm zu entwickeln. 1945 wurde er, nunmehr im Range eines Oberst der Roten Armee, mit anderen Ingenieuren und Technikern ins sowjetische Hauptquartier nach Berlin beordert. Er bekam den Auftrag, das deutsche Raketenprogramm zu studieren und Mitarbeiter Wernher von Brauns ausfindig zu machen, die sich nicht in die USA abgesetzt hatten. Von Herbst 1945 an lebte er im thüringischen Bleicherode.

Sergei P. Koroljow auf einer sowjetischen Briefmarke (1969)
Denkmal für Sergei Koroljow in Koroljow

Mit Plänen deutscher Konstruktionen und deutschen Raketenkonstrukteuren kehrte er 1946 in die Sowjetunion zurück. Neben anderen arbeiteten in dieser Zeit der Assistent Wernher von Brauns, Helmut Gröttrup und der Aerodynamiker Werner Albring unter der Leitung Koroljows auf der Insel Gorodomlia im Seligersee (russisch озеро Селиге́р/osero Seliger) (Oblast Kalinin) an der Entwicklung der Raketentechnik. Anders als die Amerikaner, die deutsche Wissenschaftler mit ihrer Operation Overcast in die USA brachten und bereits ab 1946 mit der Operation Paperclip (Büroklammer) für die Einbürgerung und den Verbleib der Wissenschaftler in den USA sorgten, schöpfte Koroljow nur deren Wissen ab und nutzte es bei den entscheidenden Schritten für die sowjetische Raumfahrt.

Zu den größten Erfolgen Koroljows gehörten die Konstruktion der R-7 - der ersten Interkontinentalrakete der Welt - und der Start des Sputnik 1 1957, vor allem aber der erste Weltraumflug eines Menschen, Juri Gagarin, im Jahr 1961.

Im Dezember 1960 erlitt er einen Herzinfarkt, dem weitere folgten. In den kommenden Jahren wurden seine gesundheitlichen Probleme immer gravierender. Am 5. Januar 1966 wurde Sergei Koroljow in ein Moskauer Krankenhaus eingeliefert. Die Ärzte wollten ihm in einer Routineoperation schmerzende Hämorrhoiden entfernen, doch dann entdeckten die Mediziner einen großen Tumor im Dickdarm – Sergei Koroljow hatte Krebs. Koroljow starb am 14. Januar 1966 während einer Operation an Herzschwäche, einer Folge der Zeit im sibirischen Gefangenenlager. Mit der Beisetzung seiner Urne in der Kremlmauer ehrte ihn die sowjetische Regierung.

Die Arbeit an der N1-Mondrakete wurde danach von seinem Mitarbeiter Wassili Pawlowitsch Mischin glücklos fortgesetzt.

Koroljows Tod war ein herber Rückschlag für das sowjetische Mondprogramm, weil die Sowjetunion keinen vergleichbaren Konstrukteur besaß. Trotz seiner Verdienste blieb er zu seinen Lebzeiten der Öffentlichkeit im Westen fast völlig unbekannt, denn die sowjetische Raumfahrt wurde als militärisches Geheimnis behandelt. Erst anlässlich des Staatsbegräbnisses in Moskau wurde der Westen auf Koroljow aufmerksam.

Die Einfachheit war sein Lebensprinzip. Ihm wird das Zitat zugeschrieben: „Je einfacher eine Konstruktion ist, desto genialer ist sie. Kompliziert bauen kann jeder.“[5]

Zitate

  • Finden wir eine Kompromisslösung - machen wir es so, wie ich es sage.
  • Die Genialität einer Konstruktion liegt in ihrer Einfachheit - Kompliziert bauen kann jeder.

Literatur und Film

Ersttagsbrief zum 80. Geburtstag Koroljows (1987)
  • James Harford, Korolev: How One Man Masterminded the Soviet Drive to Beat America to the Moon, 1997, John Wiley & Sons, ISBN 0-471-14853-9.
  • Natalja Koroljowa, S.P. Koroljow - Vater, Übersetzer: Rudi Meier, Elbe-Dnjepr-Verlag, Klitschen 2009, ISBN 978-3-940541-19-2
  • Leonid Vladimirov, The Russian Space Bluff, (trad. David Floyd), 1971, The Dial Press, ISBN 0-85468-023-3.
  • Vassily P. Mishin, Why Didn't We Fly to the Moon?, JPRS-USP-91-006, 1991, pg. 10.

Im sowjetischen Spielfilm „Bändigung des Feuers“ (Укрощение Огня) von 1972, der die Frühzeit des sowjetischen Raumfahrtprogramms beschreibt, diente Koroljow als Vorlage für die Rolle des Andrei Baschkirzew.

In der Serie Stargate ist das russische Raumschiff Korolev nach ihm benannt.

Vierteilige Spiegel-TV-Serie „Die Eroberung des Himmels - Der Kalte Krieg um die Vorherrschaft im All“, veröffentlicht als Spiegel-DVD Nr. 8 als kostenlose Beigabe zur Ausgabe 39/2007[6]

Einzelnachweise

  1. Aerosport 12/1969, Vom Segelflieger zum Raketenkonstrukteur, S. 486–494 und S. 526
  2. Heinz Machatscheck: Sergej Pawlowitsch Koroljow (1907–1966) in Flieger Jahrbuch 1982, Transpress, Berlin 1982, S.162–166
  3. Siddiqi, Asif Azam: Challenge to Apollo: The Soviet Union and the Space Race, 1945-1974. NASA, Washington 2000 (S. 11).
  4. Harford, James: Korolev: How One Man Masterminded the Soviet Drive to Beat America to the Moon. John Wiley & Sons, New York 1997, ISBN 0-471-14853-9 (S. 49).
  5. Gründer, Matthias (2000): SOS im All. Pannen, Probleme und Katastrophen der bemannten Raumfahrt, S. 163. Schwarzkopf & Schwarzkopf-Verlag, ISBN 3-89602-339-X
  6. Spiegel Online: Der geheimnisvolle "Sputnik"-Vater

Weblinks

 Commons: Sergei Pawlowitsch Koroljow – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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