Simon Ravenstein

Simon Ravenstein

Johann Andreas Simon Ravenstein (* 28. Juli 1844 in Frankfurt am Main; † 12. Mai 1933 in Baden-Baden) war ein deutscher Turnlehrer, Topograph, Architekt und Bauunternehmer.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Links: Hauptfassade mit Bavaria-Figur sowie rechts die Häuser Alemania 1892 und, angedeutet, Wolfseck 1884, Schillerplatz/Zeil.
Wilhelm Steinhausens einzig bekannter Entwurf für eine Villendecke im Frankfurter Westend.

Simon Ravenstein wurde als Sohn des Kartographen, Verlegers und Turnvaters Friedrich August Ravenstein in Frankfurt am Main geboren. Sein Bruder Ludwig Ravenstein übernahm den Karten-Verlag seines Vaters, Simon wurde Turnlehrer am Städtischen Gymnasium, gab den Beruf jedoch auf, als er seine Freude am Zeichnen entdeckte. Als Autodidakt erlernte Ravenstein den Beruf eines Topographen und Architekten und trat ab 1874 als Bauunternehmer auf, mitbedingt durch Immobilien im Familienbesitz, von denen er etliche bewohnte und umbaute. Ravenstein bildete sich auf seinen Studienreisen nach Italien (1878), Griechenland (1880), Palästina und Ägypten (1898) sowie Frankreich (1898), Spanien (1900) und Norwegen (1904). [1] Die Kunst der Renaissance weckte in ihm den Wunsch, Maler und Bildhauer ins architektonische Programm einzubeziehen. So wurde Ravenstein Mäzen und Freund von Hans Thoma, Wilhelm Steinhausen und Wilhelm Trübner und verschaffte ihnen Aufträge zur Ausmalung der Innenräume und Außenfassaden der von ihm entworfenen Villen und Geschäftshäuser. Thomas und Steinhausens erster Auftrag war 1879 die Bemalung eines Wohnhauses im Frankfurter Reuterweg 60; die bedeutendste Ausgestaltung eines Wohnhauses Ravensteins (Frankfurt, Gärtnerweg 10) erfolgte 1882 durch Hans Thoma, wofür er fünf Wandfresken mit Szenen aus Wagnerschen Opern anfertigte. In diesem Haus verkehrten Komponisten wie Engelbert Humperdinck, Hans Pfitzner, Felix Weingartner, der Maler Henry Thode u. a. m.

Wohnhaus 1884 in Frankfurt-Nordend
1894/95 Lungenheilanstalt in Ruppertshain, heutiger Name: Zauberberg [2]

Ravenstein war mit Gertraude, geb. Eiselborn (*10. Juni 1947, †31. Januar 1893), verheiratet; aus dieser ersten Ehe gingen drei Kinder hervor (1868–71): Charlotte, Friedericke und August. Ravenstein lernte die Sopranistin Cäcilie Mohor (1855–1928) kennen, die an der Frankfurter Oper zunächst erfolglos debütierte, (erneut) Schülerin Julius Stockhausens wurde und ab 1886 als Wagner-Interpretin Erfolge an den Opernhäusern in Mannheim, Leipzig, Hamburg, Köln, Karlsruhe und Bayreuth erzielen konnte, bis sie ihre Karriere der Beziehung zu Ravenstein wegen aufgab, aus der die Kinder Ernst und Luise hervorgingen (1891/93) sowie eine gemeinsame Ehe. Mit Mohor-Ravenstein verließ Ravenstein 1926 Frankfurt und zog nach Baden-Baden, wo seine (zweite) Ehefrau bald darauf starb (26. April 1928), er lebte dort weitere fünf Jahre.

Werke

Ravenstein entwarf 1884 das Wohn- und Geschäftshaus Bavaria für die Mainzer Geschwister Krause am Hauptverkehrsknoten Schillerplatz (heute Hauptwache), Nr. 8-10/Ecke Schillerstraße 6-8. Ravenstein entwarf den Gebäudekomplex im Stile der Gründerzeit mit grünem Sandstein und schwedischen Granitsäulen. An der Ausgestaltung wirkten 16 Kunsthandwerker und bildende Künstler mit. Im Verzeichnis der Frankfurter Bauwerke,[3] die Ravenstein entwarf oder umbaute, finden sich unter den 68 Eintragungen die Wohn- und Geschäftshäuser Zum Goetheeck und Zum Staufeneck (beide 1900), das Sophienheim (1903/05, ein Altenheim der Gering-Stiftung), der Einbau des Lichtspieltheaters Metro (1906) im Hotel zum Schwan, Steinweg 12, wo 1871 der Friede von Frankfurt unterzeichnet worden war, – das Kino wich 1987 dem Neubau einer Groß-Buchhandlung – sowie das Ravensteinsche Verlagsgebäude Wielandstr. 31 (1881), Sitz des kartographischen Verlages seines Vaters Friedrich August Ravenstein, nach dem eine Straße im Frankfurter Ostend benannt worden ist. Auf der Zeil 74–76 (Ecke Fahrgasse, Nähe Konstablerwache) entstand das Haus Zum Kaiser Karl (1882), im Volksmund „Haus Fratzeneck“ genannt, ebenfalls von Thoma bemalt und von Steinhausen mit mythischen, plastischen Figuren verziert.[4] In Heidelberg, Wolfsbrunnenweg 1, leitete er 1886 nach seinen Entwürfen den Bau des Sanatoriums Schloßhotel Schweninger,[5] in Idstein den Bau der Nervenheilanstalt[6] sowie 1894/95 in Ruppertshain den der Lungenheilanstalt[7].

Leistungen

Ravenstein trat nicht nur als Architekt der Gründerzeit in Frankfurt und Mäzen der befreundeten Maler in Erscheinung, sondern ebenso seit 1890 als Architekt und Förderer der „AG für kleine Wohnungen“, für die 1.600 Wohnungen errichtet wurden, und des Projektes „Asyl für Obdachlose“. Nur wenige Gebäude haben die Bombennächte im März 1944 überdauert, eines davon ist das Steinhausen-Haus, Beispiel für den Stil, den Ravenstein mit seinen Stadtvillen pflegte.

Literatur

  • Frankfurter historische Gestalten. Wandgemälde an der Bavaria Schillerplatz & Schillerstraße nebst den Malereien im neuen Restaurations-Saal. Merstatt, Schrod & Co., Frankfurt am Main 1884.
  • Ein Turnlehrer baute in Frankfurt. Der Mann, der die Stadt schöner machen wollte. o. O., o. D. (Zeitungsartikel, nach 1945), Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main, Signatur V 33 – 103.
  • Waldemar Kramer (Hrsg.): Frankfurt Chronik. Frankfurt am Main 1977.
  • Wolfgang Klötzer (Hrsg.): Frankfurter Biographie. Personengeschichtliches Lexikon. (bearbeitet von Sabine Hock und Reinhard Frost) Band 2 (M-Z), Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-7829-0459-1, S. 175f.
  • Denkmalamt der Stadt Frankfurt am Main (Hrsg.), Thomas Zeller (Bearb.): Die Architekten und ihre Bautätigkeit in Frankfurt am Main in der Zeit von 1870 bis 1950. Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-921606-51-9, S. 294f.

Weblinks

Einzelnachweis

  1. Zeller: Architekten, S.294.
  2. [1].
  3. Zeller: Architekten. S. 294f
  4. Klötzer: Frankfurter Biographien., S. 175.
  5. Das Sanatorium zog hochrangige Prominenz an; es wurde in den 20er-Jahren und 2007/08 umgebaut (der link gibt einen geschichtlichen Einblick, das Datum der Errichtung folgt jedoch Zeller: Architekten, S. 294).
  6. Das sog. Alte Haus in der Einrichtung Kalmenhof
  7. Heutiger Name: Zauberberg.

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