- Solidaritätszuschlag
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Der Solidaritätszuschlag (umgangssprachlich „Soli“) ist eine Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer, Kapitalertragsteuer und Körperschaftsteuer in Deutschland. Das Aufkommen steht allein dem Bund zu. Daher bedarf das Solidaritätszuschlaggesetz (SolzG) auch nicht der Zustimmung des Bundesrates nach Art. 105 Abs. 3 GG. Darüber hinaus besteht ein Solidarpakt zwischen Ländern und Bund.
Der Solidaritätszuschlag beträgt gemäß Satz 1 des § 4 SolzG 5,5 Prozent der Lohnsteuer / Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer und wird somit auch auf die sog. "Reichensteuer" erhoben. Er wird erst erhoben, wenn die monatliche Lohnsteuer in den Steuerklassen I, II, IV bis VI mehr als 81 € (972 € jährlich) beträgt und in der Steuerklasse III mehr als 162 € (1.944 € jährlich - § 3 Absatz 4 Nr. 1 SolzG). Dies führt dazu, dass Bruttomonatseinkommen nicht mit dem Solidaritätszuschlag belastet werden bis zu einer Höhe von
- 1398 € in den Steuerklassen I und IV
- 1512 € in der Steuerklasse II
- 2644 € in der Steuerklasse III
- 787 € in der Steuerklasse V und
- 692 € in der Steuerklasse VI.
Zwischen 81 € und 111,72 € Lohnsteuerschuld (in der Lohnsteuerklasse III zwischen 162 € und 223,44 €) steigt der Satz auf die vollen 5,5 % an (§ 4 Satz 2 SolzG 1995). Dies bedeutet, dass der volle Satz (5,5%) fällig wird ab einer Höhe von
- 1532 € in den Steuerklassen I und IV
- 1646 € in der Steuerklasse II,
- 2920 € in der Steuerklasse III,
- 1040 € in der Steuerklasse V und
- 945 € in der Steuerklasse VI.
Außerdem werden Kinderfreibeträge berücksichtigt (auch bei Eltern, die Kindergeld bekommen), so dass bei Lohnsteuerklasse III und z.B. zwei Kindern bis 3949 € kein Soli anfällt. Diese Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2011. Da von Jahr zu Jahr ein größerer Anteil der Rentenversicherungsbeiträge als Vorsorgepauschale abgesetzt werden kann, ändern sich die Werte jedes Jahr, selbst wenn der Steuertarif gleich bleibt.
Bei einkommensteuerpflichtigen Personen entsprechen die Freibeträge von 972 € bzw. 1944 € einem zu versteuernden Einkommen von 13193 € bzw. von 26386 €. Der Höchstsatz von 5,5 % wird bei einer Steuer von 1340 € nach der Grundtabelle bzw. bei 2680 € nach der Splittingtabelle erreicht, was einem zu versteuernden Einkommen von 14679 € bzw. von 29358 € entspricht.
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung
Zeitraum Höhe im Steuerjahr 1991 – 1992 3,75 % 1995 – 1997 7,5 % 1998 – heute 5,5 % Die Einführung des Solidaritätszuschlags 1991 wurde vorwiegend mit den Kosten der Deutschen Einheit begründet, aber auch mit zusätzlichen Kosten für den Golfkrieg (Operation Desert Storm) und seine Folgen sowie als Unterstützung der mittel-, ost- und südosteuropäischen Länder.
Der Solidaritätszuschlag wird in ganz Deutschland erhoben. Er wurde zunächst vom 1. Juli 1991 bis 30. Juni 1992 erhoben und betrug 7,5 Prozent p.a. der Einkommen-/Körperschaftsteuer. Für die Jahre 1991 und 1992 wurde also jeweils 3,75 Prozent der Einkommen-/Körperschaftsteuer zusätzlich als Solidaritätszuschlag erhoben, da er in jedem Jahr nur für sechs Monate zu erheben war und die Einkommenssteuer über das ganze Jahr berechnet wird. (Anmerkung: Die Darstellung, dass von Juli 1991 bis Juni 1992 nur in diesen Zeiträumen 7,5 % erhoben wurde, ist falsch, der Jahressteuersatz betrug 3,75%). 1993 und 1994 wurde der Solidaritätszuschlag ausgesetzt und 1995 wieder eingeführt. Von 1995 bis 1997 betrug der Zuschlag 7,5 Prozent, seit 1998 beträgt er 5,5 Prozent. Seit Jahren wird eine politische Diskussion geführt, ob der Solidaritätszuschlag abgeschafft werden soll.
Bemessung und Erhebung des Solidaritätszuschlages wird durch das Solidaritätszuschlaggesetz (SolZG) geregelt. Der Solidaritätszuschlag ist eine direkte Steuer und steht dem Bund zu (Bundessteuer). Das Aufkommen betrug im Jahr 2010 11,713 Mrd. Euro[1].
Kritik
Die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags wird schon seit vielen Jahren kontrovers diskutiert und beschäftigte die Gerichte. Der Bund der Steuerzahler hatte 2006 das Bundesverfassungsgericht angerufen.[2] Das Bundesministerium der Finanzen wies am 10. November 2006 die Landesfinanzbehörden an, Steuerfestsetzungen hinsichtlich des Solidaritätszuschlagsgesetzes ab 1995 nur noch vorläufig vorzunehmen, bis das Bundesverfassungsgericht endgültig entschieden hat.[3] Mit Beschluss vom 11. Februar 2008 hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde ohne Begründung nicht zur Entscheidung angenommen. Daher wurde ab dem 14. Mai 2008 die Vorläufigkeit der Festsetzung des Solidaritätszuschlags wieder aufgehoben.[4]
Das Niedersächsische Finanzgericht hält den Solidaritätszuschlag – spätestens seit dem Jahr 2007 – für verfassungswidrig und hat eine anhängige Klage gemäß Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.[5] Die Richter führten an, für die Finanzierung der Kosten der Deutschen Einheit bestehe ein langfristiger finanzieller Bedarf. Dieser dürfe nicht durch die Erhebung einer Ergänzungsabgabe gedeckt werden.[6] Das Bundesfinanzmininsterium hat daraufhin die Landesfinanzbehörden am 7. Dezember 2009 angewiesen, den Solidaritätszuschlag für alle Veranlagungszeiträume ab 2005 nur noch vorläufig festzusetzen.[7] Dagegen sind das Finanzgericht Münster[8] und das Finanzgericht Köln[9] der Ansicht, dass der Solidaritätszuschlag auch für das Jahr 2007 verfassungsgemäß ist.
Die Einnahmen sind nicht zweckgebunden und werden für alle anfallenden Ausgaben verwendet; Professor für Finanzwissenschaft Helmut Seitz äußerte in einem Interview, dieser „Etikettenschwindel“ sei zu beenden, und spätestens mit Auslaufen des Solidarpaktes II müsse eine Alternative gefunden werden. Gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Gesprächskreis Ost im Auftrag der Bundesregierung schlug Seitz vor, den Unterschied ab 2020 nicht mehr an den neuen Bundesländern festzumachen, sondern an den strukturschwachen Gebieten Gesamtdeutschlands.[10]
Das Institut der deutschen Wirtschaft schlug 2008 die kurzfristige Streichung des Solidaritätszuschlags vor, um die Konjunktur anzukurbeln und die Binnennachfrage zu stärken.[11]
Am 8. September 2010 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Ergänzungsabgaben aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht befristet werden müssen. Der Vorstoß des niedersächsischen Finanzgerichts gegen den Solidaritätszuschlag wurde zurückgewiesen. Die Karlsruher Richter wiesen zudem die Ansicht der Finanzrichter zurück, dass der Soli wegen verschiedener Steuerermäßigungen in den vergangenen Jahren hätte entfallen müssen. Den Verfassungsrichtern zufolge wurden zwar Steuersätze gesenkt, zugleich aber deren Bemessungsgrundlage verbreitert.[12][13]
Am 21. Juli 2011 entschied der Bundesfinanzhof in zwei Urteilen, dass die Festsetzung des Solidaritätszuschlags zur Einkommen- und Körperschaftsteuer bis zum Jahr 2007 verfassungsmäßig war. Der Bundesfinanzhof berief sich bei seinem Urteil weitestgehend auf die bisherigen Urteile des Bundesverfassungsgerichts.[14]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Statistik über das Steueraufkommen. Statistisches Bundesamt, abgerufen am 3. August 2011.
- ↑ Aktenzeichen 2 BvR 1708/06
- ↑ BMF-Schreiben vom 10. November 2006 zur Vorläufigkeit der Festsetzung
- ↑ BMF-Schreiben vom 14. Mai 2008 zur Aufhebung der Vorläufigkeit der Festsetzung
- ↑ Beschluss vom 25. November 2009, Aktenzeichen 7 K 143/08
- ↑ Niedersächsisches Finanzgericht hält Solidaritätszuschlag für verfassungswidrig Presseinformation Niedersächsisches Finanzgericht, 25. November 2009.
- ↑ BMF-Schreiben vom 7. Dezember 2009 zur Vorläufigkeit der Festsetzung ab 2005
- ↑ Solidaritätszuschlag für das Jahr 2007 ist verfassungsgemäß – Urteil des Finanzgerichts Münster vom 8. Dezember 2009 – Zusammenfassung bei kostenlose-urteile.de
- ↑ Solidaritätszuschlag auch im Jahr 2007 noch verfassungsgemäß – Urteil des Finanzgerichts Köln vom 14. Januar 2010 – Zusammenfassung bei kostenlose-urteile.de
- ↑ Debatte um Abschaffung des Solidaritätszuschlags, „Die Diskussion läuft idiotisch“ (nicht mehr online verfügbar) Tagesschau.de, 2. Oktober 2007
- ↑ „IW fordert Abschaffung des Solidaritätszuschlags“
- ↑ "Verfassungsrichter weisen Soli-Einspruch zurück" - Spiegel Online, 23. September 2010
- ↑ Entscheidung 2 BvL 3/10 des Bundesverfassungsgerichts vom 8. September 2010
- ↑ Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs vom 21. Juli 2011
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