- Spanische Lösung
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Von der Spanischen Lösung spricht man, wenn ein Bahnhof der U- oder S-Bahn nach beiden Seiten über Bahnsteige zum Aus- bzw. Einsteigen verfügt. Der Name kommt daher, dass das Prinzip in den 1930er Jahren in der Metro Barcelona vermeintlich zum ersten Mal benutzt wurde (vorher aber schon in New York, siehe unten). Ziel ist, die Geschwindigkeit beim Aus- und Einsteigen zu erhöhen, damit die Kapazität der Bahnhöfe zu vergrößern und die Haltezeit der Züge zu verkürzen. Der Mittelbahnsteig dient dabei zum Einsteigen, die Seitenbahnsteige, die schmaler gebaut sind, zum Aussteigen (oder umgekehrt).
Inhaltsverzeichnis
Deutschland
München
Verwendung findet dieses Verfahren unter anderem bei der S-Bahn München in den drei meistfrequentierten Tunnelbahnhöfen München Hauptbahnhof, Karlsplatz (Stachus) und Marienplatz, bei der so die Personenströme beim Fahrgastwechsel nach Aus- und Einsteigern getrennt werden sollen. Die Fahrgäste werden mit Ansagen in deutscher und englischer Sprache aufgefordert, nur in Fahrtrichtung rechts auszusteigen.
Stuttgart
In Stuttgart gibt es zwei Stadtbahn-Stationen mit Bahnsteigen auf beiden Seiten. Es handelt sich hierbei um die Station Pragsattel in beide Richtungen und um die Station Mineralbäder stadteinwärts. Hier können die Fahrgäste jedoch auf beiden Seiten ein- bzw. aussteigen. Es können jedoch an beiden Stationen nur Kurzzüge nach beiden Seiten öffnen, da die Außenbahnsteige nicht die nötige Länge für Vollzüge besitzen.
Köln
Auch in Köln gab es an der Stadtbahn-Haltestelle Ebertplatz eine ähnliche Situation wie in Stuttgart, allerdings nur an zwei der insgesamt vier Gleise. Auch hier konnten die Fahrgäste an diesen Gleisen jedoch auf beiden Seiten ein- bzw. aussteigen. Die Station Ebertplatz wurde umgebaut, wobei die Seitenbahnsteige abgerissen wurden und die Gleise in den Raum der ehemaligen Bahnsteige verlegt wurden.
Düsseldorf
Bei der Endstation Flughafenbahnhof des Skytrains findet der Einstieg über den Mittelbahnsteig statt, der Ausstieg nach außen hin. Es gibt eine entsprechende zweisprachige Ansage, die Türen öffnen dazu zeitversetzt. Beim U-Bahnhof ESPRIT arena/Messe Nord gibt es für ein Gleis von dreien die Spanische Lösung.
Frankfurt am Main
Alle Stationen der Flughafenmetro „SkyLine“ haben einen Mittel- und zwei Seitenbahnsteige. Dabei werden die unterschiedlichen Seiten jedoch nicht zum getrennten Ein- und Ausstieg verwendet. Die einzelnen Bahnsteige sind dabei entweder Teil des öffentlichen oder Teil des Transitbereichs. Die zweiteiligen Züge können so berührungsfrei beide Passagierarten gleichzeitig transportieren.
Berlin
Bei der S-Bahn in Berlin befindet sich am Bahnhof Warschauer Straße ein Gleis, an dessen beiden Seiten Bahnsteige vorhanden sind. Im Zuge der Umgestaltung der Gleisanlagen des Bahnhofs Ostkreuz wird dieser Zustand jedoch beseitigt werden. Bei den Bahnhöfen Westend und Messe Nord/ICC (ehem. Witzleben) handelt es sich nicht um Spanische Lösungen: Durch Verbreiterung der Ringbahnsteige sind die Ringbahngleise näher an die ehemaligen Stadtbahnsteige gerückt, ohne dass diese für eine Spanische Lösung genutzt werden.
Bei der Berliner U-Bahn befindet sich am Bahnhof Wittenbergplatz auch für ein Gleis eine Spanische Lösung, die aber schon seit langer Zeit durch ein gusseisernes Gitter einseitig an einer Bahnsteigkante „unbrauchbar“ gemacht wurde. Gleiches gilt für den U-Bahnhof Warschauer Straße.
Am U-Bahnhof Olympia-Stadion besitzt der Mittelbahnsteig (drei Gleise insgesamt) auch eine spanische Lösung. Sie ist jedoch wie beim Wittenbergplatz durch ein Eisen-Gitter nicht benutzbar. Bei Großveranstaltungen im Stadion kann dieses Gitter aber abgebaut werden
Karlsruhe
Bei der Stadtbahn Karlsruhe ist an den Haltestellen Hauptbahnhof an zwei von vier Gleisen und Lameyplatz an einem von drei Gleisen Ausstieg auf beiden Fahrzeugseiten möglich.
Österreich
Wien
Beidseitige Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten bei der Wiener Stadtbahn und U-Bahn gab es zwar, allerdings ohne Trennung nach Ein- und Ausstiegsseite.
Nach der kompletten Umstellung der Wientallinie auf U-Bahn-Betrieb endeten zwischen 1981 und 1985 die Züge der Linien G und GD in der Station Meidling Hauptstraße mit der Möglichkeit, auf beiden Seiten zu den Richtungsbahnsteigen der Linie U4 auszusteigen. Danach wurden die beiden Mittelbahnsteige zu einem heute noch existierenden überbreiten Mittelbahnsteig verbunden.
Zwischen 1985 und 1989 war die in einer Kurve gelegene Station Gumpendorfer Straße die provisorische Endstation für die Gürtellinie der Stadtbahn. Das westlich gelegene Gleis wurde in dieser Zeit mit einem Holzbahnsteig überdeckt, so dass auf beiden Seiten ein Fahrgastwechsel stattfinden konnte.
Im Zuge der Bauarbeiten zur Verlängerung der Linie U2 zum Stadion wurde für die Station Schottenring zwischen 2004 und 2008 die gleiche Lösung wie bei der Station Meidling Hauptstraße gewählt. Während des eingleisigen Betriebes zwischen Schottentor und Schottenring konnte von der U2 auf beiden Seiten zu den Richtungsbahnsteigen der Linie U4 ausgestiegen werden. Nach der Stilllegung dieses Streckenabschnittes wurden im Bereich der ehemaligen U2-Bahnsteige Betriebsräume errichtet, die beiden U4-Bahnsteige sind nur am nördlichen Ende miteinander verbunden.
Um bei Großveranstaltungen eine schnellere Fahrgastabfertigung zu ermöglichen, gibt es in der U2-Station Stadion eine Anordnung mit zwei Mittelbahnsteigen und drei Gleisen. Seit der Verlängerung der U2 zur Aspernstraße im Oktober 2010 wird das mittlere Gleis mit den beidseitigen Bahnsteigen im Normalbetrieb nicht mehr benutzt; auch zuvor wurden die Türen außerhalb der Veranstaltungszeiten nur auf einer Seite freigegeben.
Großbritannien
London
Bei der Docklands Light Railway gibt es an einigen Stationen ebenfalls die Möglichkeit, zu beiden Seiten der Züge auszusteigen (z.B. Station Canary Wharf).
Frankreich
Paris
Die Bahnsteige der Linie 6 der Métro sind am Bahnhof Charles de Gaulle – Étoile in Spanischer Lösung ausgeführt.
Vereinigte Staaten von Amerika
New York
Bereits die erste Strecke der U-Bahn New York von 1904 besaß an einigen Stationen zwei Bahnsteige für ein Gleis. Allerdings wurden diese noch für den Umstieg von Bummlern auf Expresszüge benutzt. Die Erweiterungen im Zuge der Doppelverträge (Dual Contracts) von 1913 sahen dagegen bei einigen Stationen die echte Spanische Lösung vor. Der erste Vertreter war der Bahnhof Chambers Street an der BMT Nassau Street Line, der am 14. März 1913 in Betrieb ging. Heute sind keine Bahnsteige für die Spanische Lösung mehr in Betrieb. Sie sind jedoch meist noch erhalten und zum Teil zu Lagerräumen umfunktioniert worden.
Weiterer Einsatz
Die spanische Lösung wird außerdem vor allem bei den Bahnhöfen von Flughafenbahnen eingesetzt, so beim Aerotrain im Flughafen von Kuala Lumpur.
Ähnliche Konzepte
Beidseitiger Umstieg
Neben der Beschleunigung des Fahrgastwechsels hat die spanische Lösung unter Umständen den Vorteil, zu zwei Gleisen ohne Bahnsteigwechsel umsteigen zu können, nämlich falls beide Bahnsteige Mittelbahnsteige sind und nicht nach Ein- und Ausstieg getrennt wird.
Eine solche Verbesserung des Umsteigekomforts kann auch einziger Zweck eines beidseitigen Ausstiegs sein, so an den beiden Endhaltestellen der Alsternordbahn nördlich von Hamburg. Man erreicht dort bahnsteiggleich beide Endgleise der Linie U1 in Norderstedt Mitte bzw. beide Fahrtrichtungsgleise der Linie A1 im Bahnhof Ulzburg Süd.
Gepäckbahnsteig
Vor allem an großen Bahnhöfen gibt es manchmal auf beiden Seiten Bahnsteige, von denen aber nur einer für Fahrgäste vorgesehen ist. Der andere Bahnsteig, Gepäckbahnsteig genannt, wurde zur Beladung von Gepäck und Post gebaut. In Deutschland wurde die Gepäck- und Postverladung eingestellt, Gepäckbahnsteige dienen heute bisweilen anderen betrieblichen Zwecken.
Bahnsteige für verschiedene Fahrzeugtypen
An der Haltestelle Stresemannallee/Gartenstraße der Straßenbahn Frankfurt am Main öffnen am Gleis der Strecke Niederrad – Südbahnhof die Wagen die Türen auf der linken Seite. Dort befindet sich ein Bahnsteig, der einen barrierefreien Einstieg in die Niederflurwagen ermöglicht (an der anderen Bahnsteigkante für die Strecke Niederrad – Hauptbahnhof). Da nach dem Bau dieses Bahnsteigs auf der Linie 19 zunächst noch hochflurige Einrichtungswagen verkehrten, die nur auf der rechten Seite Türen haben, wurde hierfür der alte, auf Straßenniveau angelegte Zugang weiter benutzt. Inzwischen sind keine Einrichtungswagen mehr im Linienbetrieb. Der Zugang auf der rechten Seite wird deshalb nicht mehr genutzt, ist aber noch zugänglich.
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