- Spline-Interpolation
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Bei der Spline-Interpolation versucht man, gegebene Stützstellen, auch Knoten genannt, mit Hilfe stückweise stetiger Polynome, genauer Splines, zu interpolieren. Während das Ergebnis einer Polynominterpolation durch unvorteilhaft festgelegte Stützstellen oft bis zur Unkenntlichkeit oszilliert, liefert die Splineinterpolation mit nur geringem Rechenaufwand auch dann noch brauchbare Kurvenverläufe und Approximationseigenschaften (Rungephänomen). Die Spline-Interpolation lässt sich mit geringem, linearen Aufwand berechnen, sie liefert aber im Vergleich zur Polynominterpolation eine geringere Konvergenzordnung.
Vorlage für die Splineinterpolation (dritten Grades) ist das traditionelle, biegsame Lineal der Schiffbauer, die Straklatte (englisch Spline). Diese wird an beliebig vielen, vom Konstrukteur vorgegebenen Punkten fixiert und verbindet die Punkte dann durch eine glatte und harmonische Biegelinie. Die Straklatte erzeugt so die Linie durch alle Punkte mit minimaler Biegeenergie und kleinsten Krümmungen. Während bei der Straklatte die Wendestellen (Orte maximaler Linearität und minimaler Biegeenergie) in der Regel zwischen den Stützstellen liegen und die Stützstellen selbst Orte maximaler Krümmung sind (Orte maximaler Kraft durch Fixierung), liegen die Wendestellen bei der Polynomeninterpolation nahe an den Stützstellen, bei der polynomialen Bestapproximation sogar in den Stützstellen.
Die Begriffe Splineinterpolation und Splinefunktion ohne weitere Zusätze bezeichnen immer die Splineinterpolation/Splinefunktion dritten Grades. Beide Begriffe werden zumeist synonym verwendet. Der Begriff Spline wird jedoch zunehmend als Abkürzung für B-Spline, seltener auch für andere splineartige Linien wie die Bézierkurven, benutzt.
Inhaltsverzeichnis
Einfacher Ansatz (Streckenzug)
Die einfachste Methode ist die Verwendung von Geraden zwischen jeweils zwei benachbarten Punkten, die Berechnung eines einfachen Splines als Streckenzug erfolgt auf dieselbe Weise, mit der man auch den Graphen zwischen zwei Punkten ermittelt:
Es ist klar, dass diese „einfachen“ Spline-Polynome – wie oben angesprochen – sehr ungenau sein können. Wesentlich bessere Ergebnisse liefern kubische Spline-Polynome.
Der kubische C2-Spline
Kubische Splines sind Splines, die auf jedem Teilintervall [xi − 1,xi] (also zwischen zwei Stützstellen) mit einem kubischen Polynom übereinstimmen. Sie sind zweimal stetig differenzierbar (C2) und erfüllen eine Minimalitätsbedingung, was sie gegenüber anderen Splines besonders interessant macht.
Zur Interpolation der Funktion f fordert man nun . Die kubischen Splines eignen sich auf Grund ihrer Glattheit gut zur Approximation von „glatten“ Funktionen. Auf Grund ihrer Konstruktion neigen sie nicht zu Überschwingern im Gegensatz zu Interpolationspolynomen.
Auf jedem Teilintervall wählt man nun das Polynom sj(x) in Newtondarstellung um die Spline-Interpolation anzusetzen.
- für und
Um das Gleichungssystem eindeutig zu lösen, werden 4n Bedingungen benötigt. Für jedes der n Intervalle sind zwei Interpolationsbedingungen zu erfüllen:
Dadurch entstehen 2n Bedingungen. Weitere 2n − 2 Bedingungen erhält man dadurch, dass der Spline an allen n − 1 inneren Stützstellen zweimal stetig differenzierbar sein muss:
Für die restlichen 2 Bedingungen (Randbedingungen) gibt es verschiedene Möglichkeiten, so z. B.:
- freier Rand oder natürlicher Spline: s1''(x0) = 0,sn''(xn) = 0.
- eingespannter Rand: s1'(x0) = y0',sn'(xn) = yn', wobei y0' und yn' vorgegeben, normalerweise entweder durch die Ableitung der zu interpolierenden Funktion f oder durch eine Approximation derselben.
- periodische Randbedingung: s1'(x0) = sn'(xn), s1''(x0) = sn''(xn)
- not-a-knot (verwendet zum Beispiel vom Programm Matlab): Die äußeren drei Punkte werden je durch ein Polynom interpoliert.
Die erste Ableitung (Steigung) sieht so aus:
Die zweite Ableitung (Krümmung) sieht so aus:
Obiger naheliegender Ansatz erfordert einige Rechenarbeit.
Baryzentrische Koordinaten
Die Verwendung baryzentrischer Koordinaten verschafft besseren Überblick. Innerhalb des Intervalls [xi − 1,xi] werden dazu hi: = xi − xi − 1, und für festgelegt. Das ergibt auf [xi − 1,xi] den neuen Ansatz si(x) = :yiu3 + piu2v + qiuv2 + yi − 1v3 mit , durch den die Stetigkeit C0 bereits hergestellt ist.
Die C1-Bedingung liefert zunächst . Nun sei si'(xi) = :gi für mit den noch unbekannten Parametern gi. Aus den Anschlussbedingungen si'(xi) = si + 1'(xi) = gi für folgt somit , also pi = 3yi − higi und qi = 3yi − 1 + higi − 1.
Die zweiten Ableitungen ergeben , d. h. und . Dies führt zu dem tridiagonalen, streng diagonaldominanten, linearen Gleichungssystem
mit noch zwei freien Parametern, etwa g0 und gn.
Bei äquidistanten Stützstellen mit Abstand h vereinfacht sich das Gleichungssystem zu
- .
Hier lassen sich die Gleichungen folgendermaßen symmetrisch verlängern
- 4g0 + g1 = 3y1 / h (Zeile i = 0)
- gn − 1 + 4gn = − 3yn − 1 / h (Zeile i = n),
was der Einspannung s0'(x − 1) = 0 = sn + 1'(xn + 1) entspricht und zu der tridiagonalen -Matrix
- führt.
Diese hat die Inverse
mit Koeffizienten bi, die den Gleichungen b0: = 1, b1: = 4, der Rekursion bi: = 4bi − 1 − bi − 2 und explizit der Formel genügen.
Die Übertragung in Dimensionen > 1, zum Beispiel auf Rechteckgitter, bereitet keine Schwierigkeiten.
Eigenschaften
Im Jahr 1957 bewies Holladay die folgende nach ihm benannte Identität von Holladay. Mit K2([a,b]) wird der Raum der zweimal differenzierbaren Funktionen bezeichnet, für welche die nullte und erste Ableitung absolutstetig sind und die zweite Ableitung in L2([a,b]) liegt. Sei SΔ eine interpolierende Splinefunktion zu und die L2-Norm, so gilt
mit .
Erfüllt die Splinefunktion die natürlichen, periodischen oder vollständigen Randbedingungen, so ist D = 0, also
Minimalität der Splineinterpolierenden: SΔ sei und erfülle eine der drei Randbedingungen, dann gilt
Interpolation mit Formerhaltung
Splines sind aufgrund ihrer Eigenschaften im CAD weit verbreitet. Es stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen eine Spline-Interpolante eine der folgenden formerhaltenden Eigenschaften der zu interpolierende Funktion erbt:
- Nichtnegativität: für alle x
- Monotonie: für
- Konvexität: für alle und
Hier zeigt sich, dass klassische Splines etwas schlechtere Eigenschaften haben als Bézierkurven. Zunächst stellt sich die Frage, wann ein interpolierender Spline konvex ist.
Für klassische Splines gilt, dass die Menge möglicher Splines auf dem Intervall [a,b] zum Gitter ein endlichdimensionaler Vektorraum ist. Für die Interpolation werden (nicht notwendig mit dem Gitter zusammenfallenden) Knoten und zugehörige Ordinaten vorgegeben und gefordert, dass der Spline s stetig differenzierbar in (a,b) ist und darüber hinaus für gilt. Fordert man zusätzlich die Konvexität des interpolierenden Splines und geringe technische Annahmen, so stellt man fest, dass die Menge Y aller Ordinatentupel , für die ein solcher Spline existiert, abgeschlossen ist[1].
Das hat weitreichende Konsequenzen. Y ist eine echte Teilmenge des , falls , da die Eingangsdaten nicht in konvexer Lage zu sein brauchen. Bei Vorgabe eines Tupels auf dem Rand von Y kann infolge Rechenungenauigkeiten oder anderer Störungen die Menge Y verlassen worden sein, so dass trotz Lösbarkeit des Ausgangsproblems keine Lösung gefunden wird. Die andere Folgerung des Satzes ist noch schlimmer. Dazu seien fünf Punkte in Form des Zeichens „“ so angeordnet, dass der mittlere Punkt genau auf der Spitze liegt. Die einzige konvexe Interpolierende ist dann die Betragsfunktion, und diese ist nicht stetig differenzierbar. Also gehört das 5-Tupel zum Komplement von Y, und dieses ist offen. Somit gibt es eine Umgebung des 5-Tupels, in der es ebenfalls keine konvexe, stetig differenzierbare Interpolierende gibt. Verschiebt man den mittleren Punkt geringfügig nach oben, ohne die Umgebung zu verlassen, dann erhält man folglich fünf Punkte in streng konvexer Lage, zu denen dennoch die Interpolationsaufgabe keine Lösung besitzt. Da dieser Effekt bei Vorgabe vieler Interpolationspunkte zunimmt, bleibt nur ein Ausweg, die Lösbarkeit für Eingangsdaten in streng konvexer Lage zu gewährleisten, nämlich die Voraussetzungen des Satzes zu verletzen. Die Menge, aus der die Splines entnommen werden dürfen, soll kein endlichdimensionaler Vektorraum sein. Dafür bieten sich u. a. an:
- (gebrochen-)rationale Splines
- Splines mit frei wählbaren Zwischenknoten
- Exponentialsplines
- lakunäre (lückenhafte) Splines
Literatur
- Stoer, Bulirsch: Numerische Mathematik 1. 10. Auflage. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 2007, ISBN 978-3-540-45389-5, 2.5 Spline-Interpolation, S. 112-148 (mit Beispielen, Beweisen, Übungsaufgaben und umfangreichen Angaben zu weiterer speziellerer Literatur).
Weblinks
- Skript zur Spline-Interpolation, Uni Göttingen
- Online-Tool zum Berechnen von kubischen Splines
- OpenOfficeCalc-Makro zur Berechnung kubischer Splines und deren Anwendung (Wendepunkt-, Maximum- und Minimumsuche)
Einzelnachweis
- ↑ Jochen W. Schmidt: Staircase Algorithm and Construction of Convex Spline Interpolants up to the Continuity C3 Computers and Mathematics with Applications, Volume 31, Number 4, February 1995, pp. 67-79.
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