- Krümmung
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Krümmung ist ein Begriff verschiedener Fachgebiete der Mathematik, der je nach Art des gekrümmten Gegenstandes unterschiedlich definiert wird.
Inhaltsverzeichnis
Krümmung einer Kurve
Unter der Krümmung einer Kurve versteht man in der Geometrie und Mathematik die Richtungsänderung pro durchlaufene Länge eines genügend kurzen Kurvenstücks.
Die Krümmung einer Geraden ist überall gleich null, weil sich ihre Richtung nicht ändert. Ein Kreis mit dem Radius r hat überall gleiche Krümmung (nämlich 1/r), denn seine Richtung ändert sich überall gleich stark. Bei allen anderen Kurven wechselt die Krümmung von Kurvenpunkt zu Kurvenpunkt.
Die Krümmung einer Kurve in einem Punkt P gibt also an, wie stark die Kurve in der unmittelbaren Umgebung des Punktes P von einer Geraden abweicht.
Definition
sei der Ortsvektor eines Punktes auf der Kurve als Funktion der Bogenlänge s. Die Krümmung der Kurve ist dann definiert als
Eigenschaften
Die Krümmung ist eine bewegungsinvariante Größe, die den lokalen Verlauf einer Kurve beschreibt. Beide Größen kommen als Koeffizienten in den frenetschen Formeln vor.
Den Kehrwert der Krümmung nennt man Krümmungsradius; dies ist der Radius des Kreises (Krümmungskreis), der in einer Umgebung des Berührpunkts die beste Näherung darstellt.
- Ist die Krümmung (also der Krümmungsradius gemessen am orientierten Ortsvektor) positiv, ist die Kurve in diesem Punkt positiv gekrümmt
- Ist die Krümmung negativ, ist die Kurve in diesem Punkt negativ gekrümmt
Diese Aussage über das Verhalten in einem Punkt ist lokal – damit eine Kurve global also abschnittweise konvex oder konkav ist, sind andere Bedingungen notwendig.
Im Sonderfall einer ebenen Kurve (ihre Windung beträgt null) ist die Krümmung gleichbedeutend mit:
- wobei φ der Neigungswinkel der Kurventangente ist und ds ein differentielles Wegstück.
Berechnung der Krümmung für ebene Kurven
Die oben gegebene allgemeine Definition ist für die praktische Berechnung der Krümmung oft unhandlich. Im Spezialfall einer ebenen Kurve können folgende Formeln verwendet werden. Bei ebenen Kurven kann außerdem die Krümmung mit einem Vorzeichen definiert werden. Eine Linkskurve hat eine positive Krümmung, eine Rechtskurve negative.
- Fall 1
- Die Kurve ist in Parameterdarstellung gegeben, also durch zwei Funktionen x(t) und y(t).
- Dann ist die Krümmung im Punkt (x(t),y(t)) gleich
-
- .
- (Die Punkte bezeichnen dabei Ableitungen nach t.)
- Die Krümmung im Punkt ergibt sich aus
-
- .
- Fall 3
- Die Kurve ist in Polarkoordinaten gegeben, also durch eine Gleichung .
- In diesem Fall erhält man für die Krümmung im Punkt (rcos φ,rsin φ)
-
- .
Berechnung der Krümmung für Raumkurven
Die Kurve im dreidimensionalen Raum () sei durch eine Funktion des Parameters t gegeben.
Die Krümmung lässt sich mit Hilfe der ersten und zweiten Ableitung berechnen:
Krümmung einer Fläche
Einer gewölbten regulären Fläche merkt man ihre Krümmung an einer nach außen quadratisch zunehmenden Abweichung der Fläche von ihrer Tangentialebene an. Eine verstärkte Krümmung macht sich dann als stärkere Abweichung von der Ebene bemerkbar.
In der Differentialgeometrie betrachtet man an jedem Punkt p die Krümmungsradien der Schnittkurven mit den in p errichteten Normalebenen (d. h. die Fläche senkrecht schneidenden Ebenen). Dabei ist es üblich und sinnvoll, den Krümmungsradien und Krümmungen eventuell auch negative Werte zuzuordnen. Diese ergeben sich von selbst bei der Berechnung dieser Krümmungen (wozu auf die Lehrbücher der Differentialgeometrie verwiesen sei). Unter diesen Krümmungsradien gibt es einen maximalen (R1) und einen minimalen (R2). Die Kehrwerte und werden als Hauptkrümmungen bezeichnet. Die entsprechenden Krümmungsrichtungen stehen senkrecht aufeinander. Extremalfälle:
- Eine Hauptkrümmung ist Null. Das ist der Fall an allen Punkten einer abwickelbaren Fläche.
- Beide Hauptkrümmungen sind gleich, aber nicht Null. Ein solcher Punkt heißt Nabelpunkt. Auf den Sphären (d. h. Kugeloberflächen) und nur auf diesen sind alle Punkte Nabelpunkte.
- Die beiden Hauptkrümmungen sind entgegengesetzt gleich. Das ist der Fall für alle Punkte einer Minimalfläche.
Die gaußsche Krümmung K und die mittlere Krümmung H einer regulären Flache in einem Punkt p berechnen sich wie folgt:
Die Gesamtkrümmung oder auch totale Krümmung einer Fläche ist das Integral der gaußschen Krümmung über diese Fläche:
Krümmung in der riemannschen Geometrie
Da riemannsche Mannigfaltigkeiten im Allgemeinen in keinen Raum eingebettet sind, wird in diesem Teilgebiet der Differentialgeometrie eine Krümmungsgröße gebraucht, die unabhängig von einem umgebenden Raum ist. Dazu wurde der riemannsche Krümmmungstensor eingeführt. Dieser misst, inwieweit die lokale Geometrie der Mannigfaltigkeit von den Gesetzen der euklidischen Geometrie abweicht. Aus dem Krümmungstensor werden weitere Krümmungsgrößen abgeleitet. Die wichtigste Krümmung der riemannschen Geometrie ist die Schnittkrümmung. Diese abgeleitete Größe enthält alle Informationen, die auch im riemannschen Krümmungstensor enthalten sind. Andere einfachere abgeleitete Größen sind die Ricci-Krümmung und die Skalarkrümmung.
Eine Krümmung auf einer riemannschen Mannigfaltigkeit zeigt sich beispielsweise, wenn man das Verhältnis zwischen Kreisumfang und Radius innerhalb der Mannigfaltigkeit ermittelt und zu dem Wert 2π, den man in einem euklidischen Raum erhält, in Verhältnis setzt.
Bemerkenswert ist, dass man zum Beispiel auf der Oberfläche eines Torus eine Metrik definieren kann, die keine Krümmung aufweist. Dies lässt sich aus der Tatsache ableiten, dass man einen Torus aus einer ebenen Fläche bilden kann. Das Koordinatensystem, welches auf der Oberfläche benutzt wird, ergibt sich durch die Abbildung der ebenen Fläche, aus der der Torus gebildet wurde.
Anwendung in der Relativitätstheorie
In der allgemeinen Relativitätstheorie wird die Gravitation durch eine Krümmung der Raum-Zeit beschrieben, die von den Massen der Himmelskörper verursacht wird. Körper und Lichtstrahlen bewegen sich auf den durch diese Krümmung bestimmten geodätischen Bahnen. Diese Bahnen erwecken den Anschein, dass eine Kraft auf die entsprechenden Körper ausgeübt werde.
Literatur
- Wolfgang Walter: Analysis II. Springer, 1991, 2. Auflage, ISBN 3-540-54566-2, S. 171-174
- Konrad Köngisberger: Analysis 1. 2-te Auflage, Springer, 1992, ISBN 3-540-55116-6, S. 238-41, 257
- Ilja Nikolajewitsch Bronstein, Konstantin Adolfowitsch Semendjajew, Gerhard Musiol, Heiner Mühlig: Taschenbuch der Mathematik. Verlag Harri Deutsch, 7. Auflage 2008, ISBN 9783817120079, S. 251ff (eingeschränkte Online-Version in der Google Buchsuche)
- Matthias Richter: Grundwissen Mathematik für Ingenieure. Vieweg+Teubner 2001, 2. Auflage 2008, ISBN 9783834807298, S. 230 (eingeschränkte Online-Version in der Google Buchsuche)
- A. Albert Klaf: Calculus Refresher. Dover 1956, ISBN 9780486203706, S. 151-168 (eingeschränkte Online-Version in der Google Buchsuche-USA)
- James Casey: Exploring Curvature. Vieweg+Teubner, 1996. ISBN 9783528064754
Weblinks
- Eric W. Weisstein: Curvature. In: MathWorld. (englisch)
- Curvature in der Encyclopaedia of Mathematics
- The History of Curvature (englisch)
- Curvature, Intrinsic and Extrinsic auf MathPages.com (englisch)
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