Bahnschwelle

Bahnschwelle
Gleis mit aufeinander folgenden Stahl-, Holz- und Betonschwellen

Bei der Bahnschwelle handelt es sich um den Teil des Eisenbahnoberbaus, der die Schienen trägt und deren Belastungen auf den Gleis-Unterbau überträgt und verteilt.

Es ist weiterhin die Aufgabe der Schwelle, die darauf befestigte Schiene in ihrer Lage zu fixieren und somit die Einhaltung der Spurweite sicherzustellen. Ende 2003 hatte das Schienennetz der Deutschen Bahn AG eine Länge von rund 35.600 km; darin verbaut sind rund 54 Millionen Bahnschwellen.

Man unterscheidet zwischen Längsschwellen (historisch belegt) und Querschwellen (heute vorherrschend).

Inhaltsverzeichnis

Anforderungen

Eisenbahnschwellen müssen diversen Anforderungen gerecht werden; so müssen sie der Witterung widerstehen, Lasten gut verteilen können, ausreichend maßhaltig und nicht zuletzt günstig in der Instandhaltung sein.

Material

Im Laufe der Entwicklung von Eisenbahnschwellen sind verschiedene Materialien verwendet worden oder werden auch heute noch verwendet. Zu diesen Materialien zählen:

Stahlschwellen

Stahlschwellen
Y-Stahlschwellen, herkömmliche Stahlschwellen und Holzschwellen

Vor dem Aufkommen der Spannbetonschwellen wurden beim Bau von Gleiskörpern häufig auch Stahlschwellen verwendet. Sie sind langlebiger als Holzschwellen und müssen nicht mit Steinkohlenteeröl imprägniert werden. Die ursprüngliche trogförmige Stahlschwellen-Bauart wird heute nicht mehr eingesetzt, da sie nicht mechanisiert verlegt werden kann.

Y-Schwelle

Eine besondere Form der Eisenbahnschwelle ist die Y-Stahlschwelle, bei der paarweise geschwungen geformte Stahlprofile zusammengefügt werden und so eine Y-förmige Schwelle ergeben. Im Gleis wird diese Schwelle mit jeweils einem Befestigungspunkt an der einen und zwei Befestigungspunkten an der gegenüberliegenden Schiene und in der Abfolge jeweils wechselweise um 180° gedreht im Schotterbett platziert.

Vorteile der Y-Stahlschwelle sind die geringe Bauhöhe, die hohe Gleislagestabilität auch bei engen Kurvenradien, das schmale Schotterbett (nur 2,6 m an der Schotterbettoberkante, Vorkopfschotter eingerechnet) und die weitgehende Unempfindlichkeit gegen Entgleisungsfolgen im Rangierbetrieb. Die Y-Stahlschwelle weist einen hohen Querverschiebewiderstand auf und ist elastischer als Betonschwellen. Nachteilig sind die Kosten je einzelner Schwelle aufgrund der hohen Stahlpreise. Auch die geringe Aufstandsfläche macht ein häufiges aufwändiges Nachregulieren des Gleiskörpers notwendig.

Mittlerweile eignen sich diese Schwellen für alle Umbautechnologien und erlauben die gleichen Geschwindigkeiten bei der maschinellen Durcharbeitung wie in Querschwellengleisen. Bei ihrer üblichen Verwendung werden Streckenhöchstgeschwindigkeiten von bis zu 120 km/h zugelassen. Es sind aber auch schon wesentlich schneller befahrene Strecken mit Y-Schwellen in Betrieb gegangen.

Vielfach wird auf Strecken, die mit Y-Schwellen ausgerüstet sind, eine verstärkte Neigung zur Riffelbildung beobachtet, die zu erhöhten Schallemissionen führt. Sie werden daher nicht verwendet, wenn schalltechnische Anforderungen zur Vermeidung von Lärm zu erfüllen sind.

Holzschwellen

Die Holzschwellen haben eine Länge von 2,6 m oder mehr und orientieren sich am Querschnittsmaß 26 cm Breite × 16 cm Höhe. Sie werden überwiegend auf Brücken und unter Weichen, aber auch engen Kurven verbaut. Als dämpfender Puffer zwischen Schiene und Brückentragwerk liegend, reduzieren sie das Fahrgeräusch durch geringere Vibrationen und geringere Eigenmasse (samt Befestigung etwa 120 kg) auch die Brückenbelastung. Da Holz sich gut verarbeiten lässt, ist es möglich, kostengünstig individuelle Schwellenlängen sowie Schwellenbohrungen nach Maß herzustellen.

An nicht geschweißten Schienenstößen (etwa an elektrischen Isolierstücken) oder Betätigungsgestängen händisch bedienter Weichen werden auch zwei miteinander verschraubte Holzschwellen eingebaut. Schienenauflagen (oder auch wenig belastete Schienen, etwa von Abstellgleisen) werden mitunter mit T-Nägeln oder Hakennägeln angenagelt.

Mulden oder Sprünge, in denen Wasser stehen bleibt und die Faulung fördert, werden so aufgebohrt oder angeschnitten, dass sie trocknen können. Gegen die Neigung des Holzes, an den Stirnseiten der Schwellen aufzuplatzen, werden Nagelbleche oder Kronenbleche ins Hirnholz eingeschlagen.

Markierungsnägel (Nageno, Nagelschmiede Oberschöna) bezeichnen Hersteller und Erzeugungsjahr von Schwellen.

Holzschwellen werden mit Imprägnieröl (Carbolineum) getränkt, um sie gegen Pilz-, Bakterien- und Insektenbefall widerstandsfähig zu machen. Diese Imprägnierung ist auch die Ursache für das typische dunkle Aussehen von Holzschwellen. Die fachgerechte Entsorgung von Holzschwellen ist heute in Kraft-Wärmeanlagen unproblematisch. Guterhaltene gebrauchte Schwellen können von den Bahnbetreibern oder Dienstleistern aufgearbeitet und zur weiteren Verwendung in anderen Bahnstrecken eingebaut werden.

Gleis mit Holzschwellen und Gleis mit Betonschwellen

Holzschwellen bestehen aus Hartholz, in Europa Buchen- und Eichenholz. In tropischen Ländern dagegen verwendet man abhängig von der örtlichen Verfügbarkeit das widerstandsfähige Teakholz sowie andere harte und resistente Hölzer. Hartholzschwellen werden sowohl auf freier Strecke als auch im Bereich von Brücken und Weichen eingebaut. Sie erreichen eine Lebensdauer von bis zu 35 Jahren. Holzschwellen übertragen Vibrationen weit weniger als andere Materialien, deshalb sind sie das bevorzugte Material für Brücken in Wohngebieten. Schwellen unter Weichen haben viele verschiedene Längen, was dazu geführt hat, dass sich Holz als Material für Weichenschwellen lange, auch bei sonst mit Betonschwellen ausgerüsteten Bahnanlagen, gehalten hat.

Für Straßenbahngleise werden auch Weichholzschwellen aus Kiefern- und Lärchenholz verwendet.

Verwendungsbeschränkungen von Holzschwellen

Holzschwellen sind durch die Imprägniermittel und durch Rückstände aus dem Bahnbetrieb eine Gefahr für Gesundheit und Umwelt. Sie müssen daher als gefährlicher Sondermüll betrachtet und entsprechend entsorgt werden. Seit 1991 unterliegen sie entsprechenden gesetzlichen Vorschriften und Verwendungsbeschränkungen. Mit der Festlegung dieser Beschränkungen wurde unter anderem auch die bis dahin häufige Verwendung preisgünstig erworbener gebrauchter Holzschwellen im gewerblichen Landschaftsbau und durch Privatpersonen (etwa in Schrebergärten) unterbunden, wo Schwellen als Stützmauern, freistehende Sichtschutzwände, Sitzgelegenheiten und ähnliches verwendet wurden.

Imprägniermittel
selbst mit Carbolineum getränkte Schwellen verrotten nach mehr als 30-40 Jahren

Es gibt keinen wirksamen Ersatz für Carbolineum. Das Imprägniermittel Carbolineum und die durch Verdampfung daraus entstehenden gasförmigen Kohlenwasserstoffe sind ebenso wie Kupfer-Chrom-Arsenverbindungen gesundheits- und umweltgefährdende Stoffe, und unterliegen in Deutschland Verwendungsbeschränkungen, die bis 2002 in der Teerölverordnung, und seit 2002 in der Chemikalien-Verbotsverordnung festgelegt sind. Diese Beschränkungen gelten auch für die mit diesen Stoffen imprägnierten Holzschwellen.

Die Beschränkungen für carbolineumimprägnierte Holzschwellen sind im § 1 und im Abschnitt 17 des Anhangs der Chemikalien-Verbotsverordnung festgelegt. Zum Beispiel dürfen solche Schwellen nicht in Innenräumen, in Gärten, in der Landwirtschaft oder an Orten, an denen häufiger Hautkontakt mit dem imprägnierten Holz stattfinden kann, verwendet werden. Dasselbe gilt für Möbel, Spielzeug, auf Spielplätzen oder an Orten, an denen die Schwellen mit Nahrungsmitteln, Nutztieren oder Nutzpflanzen in Berührung kommen.

Für mit Kupfer-Chrom-Arsen imprägnierte Holzschwellen sind Verwendungsbeschränkungen im Abschnitt 10 des Anhangs der Chemikalien-Verbotsverordnung festgelegt. Diese verbieten unter anderem eine Verwendung in Wohngebäuden, in Meeresgewässern, in der Landwirtschaft sowie an Orten, an denen die Gefahr häufigen Hautkontakts oder des Kontakts mit Lebensmitteln besteht.

Rückstände aus dem Bahnbetrieb

Gebrauchte Schwellen aller Art sind zusätzlich mit gefährlichen Rückständen wie Altöl (aus Radlagern, Spurkranzschmieranlagen und sonstigen geschmierten Teilen von Schienenfahrzeugen), mit an der öligen Oberfläche locker gebundenem Staub aus teilweise asbesthaltigem Bremsabrieb, mit Ruß aus Abgasen sowie durch die bei der Unkrautbekämpfung in den Gleisbereich eingebrachten Pflanzenschutzmittel belastet.

Betonschwellen

Spannbetonschwellen Typ B 70
Schienenbefestigungssystem

Betonschwellen werden maschinell aus Beton gegossen, wobei auf der Oberfläche bereits die Auflage der Schienen mit seitlichen Nocken gegen Verschiebung und Bohrlöchern für die Schienenhalter geformt werden. In Spanien werden auch traviesas polivalentes, also Betonschwellen mit Vorbereitung sowohl für die iberische Breitspur als auch für die UIC-Normalspur verbaut; damit kann man die Spurweite durch einfaches Umsetzen der Schiene ändern, ohne gleich den ganzen Oberbau auswechseln zu müssen.

Anfang 2001 kündigte die schwedische Banverket an, 3,2 Millionen zwischen 1992 und 1996 gelieferte Betonschwellen für insgesamt mindestens 100 Millionen DM auszutauschen. Die Schwellen verwitterten aufgrund einer zu hohen Aushärtetemperatur vorzeitig[1].

Einblockschwellen

Wesentliche Vorteile von Schwellen aus Spannbeton gegenüber Holz- und Stahlschwellen sind eine bessere Lagestabilität durch größeres Gewicht und eine lange Nutzungsdauer von ungefähr 40 Jahren. Beim Regeloberbau der Deutschen Bahn werden Spannbetonschwellen des Typs B 70 mit einem Schwellenabstand von 60 cm verwendet.

In Deutschland begann die Erprobung von Schwellen aus Beton in den 1920er Jahren[2]. Größere Verbreitung fanden sie, nachdem die Vorspannung ermöglichte, größere Zugkräfte aufzunehmen[3]. Im Bereich der Deutschen Bundesbahn wurden sie in größerem Umfang erstmals 1949 eingebaut. Bis 1974 wurden im Netz der Deutschen Bundesbahn 25 Millionen Betonschwellen verlegt[2].

Spannbetonschwellen vom Typ B 70 – benannt nach dem verwendeten Betontyp und dem Einführungsjahr[3] – haben eine Länge von 2,6 m bei maximalen Querschnittsabmessungen von 0,30 m x 0,21 m und ca. 300 kg Gewicht pro Stück. Das Gewicht der Schwellen macht den Einsatz von Maschinen für den Einbau zwingend erforderlich.

Zweiblockschwellen

In Frankreich und in der Schweiz (war) ist die Zweiblockschwelle weit verbreitet. Diese besteht aus zwei Betonblöcken, die mit einem Spurhalter aus einem L- oder T-förmigen Stahlprofil miteinander verbunden sind. Durch das Auflösen der Schwelle in zwei Blöcke wird der Seitenverschiebewiderstand vergrößert. Die Zweiblockschwelle kommt in Deutschland zur Befestigung der Schiene bei der Festen Fahrbahn in Anwendung.

Kunststoffschwellen

Besonders zum Ersatz von Betonschwellen, die aus verschiedenen Gründen nicht durch andere Schwellentypen ausgetauscht werden können (z.B. im Weichenbau) kommen ganz selten FFU-Kunstholzschwellen zum Einsatz. In Japan wird dieses Material bereits seit 1985 verwendet. Die Systemkosten sind allerdings sehr hoch. Die CO2-Bilanz ist sehr schlecht, und die Entsorgung bereitet einige Schwierigkeiten.

Aktuelle Kunststoffschwellen bestehen aus glasfaserverstärktem Polyurethan oder anderem Plastikmüll. Sie sind teilweise langlebig und witterungsbeständig, haben aber Probleme mit UV-Licht. Die Bearbeitung erfordert wegen der Glasfaser-Armierung Spezialwerkzeuge.

Besohlung

Schwellensohlen bezeichnen eine unterseitig an Bahnschwellen angeordnete elastische Schicht, die so genannte Schwellenbesohlung (engl. Undersleeperpad, Abk. USP). Diese unterseitigen Beschichtungen können im Fertigungsverfahren beim Betonieren im Frischbeton aufgelegt oder nachträglich an den Unterseiten von Bahnschwellen aufgeklebt werden.

In einigen technischen Parametern konnte die Betonschwelle bisher nicht die Vorteile der Holzschwelle aufwiegen. Mit unterseitigen elastischen Kunststoffbeschichtungen von Betonschwellen sind jedoch in der Kontaktfläche zwischen Schwelle und Schotter Lagerqualitäten der Holzschwelle erreichbar.

Bei allen Materialien von unterseitigen Schwellenbeschichtungen ist eine Oberflächenfestigkeit der Materialien erforderlich, die ein Eindringen der Schotterspitzen in diese Besohlung ausschließt.

Für Schwellenbesohlungen werden international von den Bahngesellschaften unterschiedliche technische Anforderungen definiert. Neben diesen Vorgaben der Gebrauchstauglichkeit werden Anforderungen an die Systemredundanz, die Betriebsfestigkeit und gem. KrW-/AbfG auch an das Recycling der Sohlenmaterialien und an die Recyclingfähigkeit des verbleibenden Betonkörpers der Schwellen gestellt.

Besohlte Schwellen reduzieren infolge der geringeren Schotterbeanspruchung die Wartungszyklen von Gleisen und Weichen bis auf etwa 25 %, mindern die Körperschallemission von Gleisanlagen und ermöglichen eine Reduzierung der Schotterstärke[4][5].

Schienenbefestigung

Die Schienen wurden anfangs mit Schienenstühlen und Nägeln auf den Stein- oder Holzschwellen fixiert. Später wurden Schrauben und dann zusätzliche Federelemente verwendet. Diese nehmen die Schwingungen der Schiene bei Belastung sowie ihre Dehnung bei Temperaturschwankung auf, ohne abzubrechen. Die verschiedenen Gesamtsysteme normierter Kleinteile, die zur Schienenbefestigung dienen, werden als Oberbauarten bezeichnet; in Deutschland dominieren auf Betonschwellen der Oberbau W und auf Holzschwellen der Oberbau K und KS mit Varianten.

Alternativen zur Bahnschwelle

Zweiblockschwelle für Feste Fahrbahn

Mitte der 1990er Jahre wurden verschiedene neuartige Oberbausysteme entwickelt. Die Feste Fahrbahn kommt ohne Schotteroberbau und klassische Bahnschwellen aus. Je nach Ausführung werden die Schwellen dabei zu kleinen Betonsockeln reduziert, auf denen die Schienen montiert werden, bzw. die Schienen werden direkt auf der Betonfahrbahn montiert. Insbesondere auf Hochgeschwindigkeitsstrecken und bei Stadt- und U-Bahnen in Tunneln wird die feste Fahrbahn wegen der stabileren Gleislage und den geringeren Unterhaltungskosten eingesetzt.

Ein Kompromiss zwischen Schwellenoberbau und fester Fahrbahn ist das Rahmen-Schwellen-Gleis.

Literatur

  • August Haarmann: Das Eisenbahn-Geleise. Geschichtlicher Teil, Engelmann, Leipzig 1891. XL, 852 S. Das Standardwerk zum Thema
  • Herbert Lachmayer, Peter Plica (Hrsg.): Über die Schwelle, Böhlau, Wien 2003, ISBN 3-205-77090-0. 333 S. m. zahlr. Abb. Prächtig ausgestatteter Band zur Technik- und Kulturgeschichte der Bahnschwelle.
  • Gerhard Hempel: Spannbetonschwellen – ein immerwährendes Problem? Ernst & Sohn, Berlin 2001, Bautechnik 78, S. 421–429

Einzelnachweise

  1. Meldung Aktuelles in Kürze. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 5/2001, ISSN 1421-2811, S. 224
  2. a b Meldung 25 Millionen Betonschwellen in 25 Jahren verlegt. In: Eisenbahntechnische Rundschau. August 1974, S. 533
  3. a b Heins Schultheiß: Dreißig Jahre Betonschwellen bei der Deutschen Bundesbahn. In: Die Bundesbahn. Jg. 57, Nr. 10, 1981, ISSN 0007-5876, S. 841–846
  4. Günther Leykauf, Walter Stahl: Untersuchungen und Erfahrungen mit besohlten Schwellen. In: EI - Eisenbahningenieur (55) 6/2004, S. 8-16
  5. Frank H. Müller-Borrutau: Betonschwellen mit elastischer Sohle. Erfahrungen und Erkenntnisse mit einem neuen Bauteil. Abgerufen am 9. Juli 2010 (PDF).

Weblinks

 Commons: Eisenbahnschwellen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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