Eisenbahntunnel

Eisenbahntunnel
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Alter und neuer Buschtunnel (Westportal)
Lötschbergtunnel (Nordportal)
Tunnel an der Pontebbana-Neubaustrecke
Vereinatunnel (Portal Sagliains)

Der Eisenbahntunnel ist die Bauform eines Tunnels für die Eisenbahn.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ehemaliger Eisenbahntunnel in Rheinland-Pfalz

Im Jahr 1836 wurde die 4,5 Kilometer lange Tollwitzer-Dürrenberger Eisenbahn auf einer Spurweite von 585 mm mit dem ersten, 133 m langen, Eisenbahntunnel Deutschlands eröffnet.[1] Der Oberauer Tunnel, der erste Eisenbahntunnel einer Vollbahn in Deutschland, entstand zwischen 1837 und 1839 an der Bahnstrecke Leipzig–Dresden. In größerer Anzahl wurden Eisenbahntunnel in Deutschland zwischen 1860 und 1880 errichtet. Von den heute über 900 Eisenbahntunneln in Deutschland stammen knapp zwei Drittel aus dieser Zeit[2]. Die frühen Tunnel wurden nach den Bauvorschriften der Länderbahnen erstellt, die inhaltlich sehr unterschiedlich waren. Tunnel wurden in der Regel nur trassiert, wo die Geologie eine längere Standzeit des Gebirges sicherstellte. Die damalige Tunnelbautechnik, deren Hauptsicherungselement der Holzverbau war, ließ weder oberflächennahe Tunnel noch Tunnel in verwittertem Gestein zu. Umgekehrt war deshalb damals auch ein Sohlgewölbe nicht erforderlich.

Zum 1. September 1988 schaffte die damalige Deutsche Bundesbahn den zuvor vorgeschriebenen Achtungspfiff vor Tunneln ab. Nachdem zuvor zahlreiche Ausnahmeregelungen (insbesondere im S-Bahn-Bereich) existierten, wäre eine Signalisierung der jeweiligen Regelung notwendig geworden, deren Nutzen in keinem Verhältnis zu deren Kosten gestanden hätten.[3]

Neubautunnel mit Beleuchtung und Notrufsäule (NBS Köln-Rhein/Main)
Rettungsübung mit Rollpaletten im Günterscheidtunnel, April 2008

Die Querschnittsflächen von Bahntunneln tendierten im Zuge der technischen Entwicklung zu immer größeren Werten: So war etwa im Dampflokzeitalter für zweigleisige Eisenbahntunnel in Deutschland ein Regelquerschnitt von 46 m² vorgesehen; Die für 300 km/h trassierten Schnellfahrstrecken der DB weisen einen Regelquerschnitt von 92 m² auf. Alle seit 1998 für den Mischverkehr geplanten Tunnel weisen zwei parallele, eingleisige Röhren auf.[4] In der Schweiz begnügte man sich beim 15 km langen Gotthardtunnel (Vmax 125 km/h) mit 38 m², erhöhte die Fläche aber beim Hauenstein-Basistunnel (Vmax 140 km/h) auf 48 m², beim Heitersbergtunnel (Vmax nach aerodynamischen Kriterien: 170 km/h) auf 58 m² und bei den Tunneln des Bahn-2000-Projekts (Vmax 200 km/h) auf etwa 70 m².

Im Zuge der Neubaustrecken werden seit Ende der 1970er Jahre in Deutschland wieder verstärkt Tunnel gebaut. So wurden für die 1991 in Betrieb genommenen Schnellfahrstrecken Hannover–Würzburg und Mannheim–Stuttgart insgesamt 87 Tunnel mit einer Gesamtlänge von rund 150 km errichtet. Bei der 2002 eröffneten Schnellfahrstrecke Köln–Rhein/Main konnten, als reine Personenverkehrsstrecke, Steigungen von bis zu 40 (statt vormals 12,5) Promille realisiert werden. Mit 30 Tunneln mit einer Länge von 47 km ging der Tunnelanteil an der Gesamtstrecke von 38 auf 27 Prozent zurück. Die für Personen- sowie schnellen (leichten) Güterverkehr trassierte Neubaustrecke Nürnberg–Ingolstadt weist mit neun, insgesamt 27 km langen Röhren, einen Tunnelanteil von etwa einem Drittel aus. Im Rahmen der geplanten bzw. im Bau befindlichen Strecken Nürnberg–Erfurt, Erfurt–Leipzig/Halle und Wendlingen–Ulm werden in den nächsten Jahren zahlreiche weitere Eisenbahntunnel errichtet werden[4]. Für den Neubau von Eisenbahntunneln ist heute in Deutschland die „Tunnelrichtlinie“ (EBA-Richtlinie: Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes an den Bau und Betrieb von Eisenbahntunneln)[5] des Eisenbahn-Bundesamtes maßgebend.

Für 22 Röhren des Altnetzes sowie alle 49 Tunnel über 1.000 m Länge auf den beiden 1991 eröffneten Neubaustrecken kündigte die Deutsche Bahn 2003 ein Programm zur Erhöhung der Sicherheit an. Für rund 150 Millionen Euro entstanden zusätzliche Zufahrten zu den Tunnelportalen sowie neue Rettungsplätze an den Portalen, eine verbesserte Beleuchtung und eine bessere Kennzeichnung der Fluchtwege. Von Fachleuten gefordert, aber nicht realisiert, wurden Trockenleitungen und zusätzliche Notausgänge.[6] Auch in der Schweiz sollten (Stand: 2004) mehr als 60 Eisenbahntunnel von mehr als 1000 m Länge mit Selbstrettungseinrichtungen versehen werden. Unter anderem war dabei die Einrichtung von etwa 60 cm breiten Fluchtwegen und Notbeleuchtungen vorgesehen.[7]

Die Deutsche Bahn betreibt 798 Eisenbahntunnel mit einer Gesamtlänge von 515 km (Stand: September 2011).[8]

Eisenbahntunnel werden durch Regelbegutachtungen in festgelegten Abständen auf ihre Standfestigkeit und Sicherheit hin untersucht.

Varianten hinsichtlich Streckenführung

Viktoriatunnel

Sporntunnel

Sporntunnel sind zumeist in Flusstälern zu finden. Da Flussläufe normalerweise eine moderate Steigung aufweisen, wurden viele Eisenbahnlinien durch Flusstäler verlegt. Viele Flusstäler weisen jedoch zum Teil große Flussschlingen auf. Dann ist zur Begradigung und Abkürzung der Trasse ein Sporn- oder Kopftunnel nötig. Normalerweise sind Sporntunnel kaum länger als 200 m. Bis zu seiner Sprengung im Jahre 2010 galt der Felstortunnel bei Etterzhausen mit nur 16 m Länge als der kürzeste Eisenbahntunnel Deutschlands. Als ungewöhnlich langer Sporntunnel erreicht der Kaiser-Wilhelm-Tunnel an der Moselstrecke eine Länge von 4.203 m. Besonders viele Sporntunnel besitzt die Elstertalbahn zwischen Thüringen und Sachsen.

Sporntunnel finden auch Verwendung, wenn für den Fall des vollständigen Abtrags eines Felssporns Instabilitäten der darüberliegenden Felsmassen befürchtet werden. Dies ist zum Beispiel bei dem nur 28 Meter langen Viktoriatunnel (nach Königin Victoria) an der Lötschberg-Südrampe der Fall.

An der SBB-Strecke Basel-Biel folgen einander zwischen Roches und Moutier in kurzen Abständen neun besonders kurze Sporntunnel. Auch hier war die Erstellung durch die Erhaltung der Stabilität der durchörterten Felsnasen motiviert.

Scheiteltunnel

Nordportal des Gotthardtunnels

Ein Scheiteltunnel ist ein Tunnel, der einen Berg unterhalb eines Passes durchquert. Kennzeichnend sind lange Rampen zu beiden Enden des Scheiteltunnels, die aus den Tälern entlang der Bergflanken bis auf die Höhe der Tunnelportale ansteigen. Je größer die auf der Rampe zu bewältigende Höhendifferenz ist, desto kürzer fällt der Tunnel zur Bergdurchquerung aus. Der älteste noch befahrene Eisenbahntunnel Deutschlands, der 691 m lange Buschtunnel (1838), durchsticht nach einer 2 km langen Steilrampe mit 27 ‰ einen Höhenrücken im Aachener Süden.

Basistunnel

Südportal des Simplontunnels bei Iselle

Ein Basistunnel führt auf einer Linie durch einen Berg, die ohne steile Auffahrtrampen aus dem Talgrund auskommt. Da die Strecke nicht an Bergflanken empor führt, fällt ein Basistunnel deutlich länger aus als ein Scheiteltunnel. Erste Basistunnel wurden Anfang des 20. Jahrhunderts erstellt. Während der 1905 eröffnete Simplontunnel aufgrund der unterschiedlichen Topografie der nördlichen und südlichen Alpen mit je einer flachen und einer steilen Zufahrt (und Überdeckungen von teilweise mehr als 2.000 Metern) nach der oben angeführten Definition noch als Mischform zwischen Scheitel- und Basistunnel bezeichnet werden muss, wurde 1916 am Hauenstein in der Schweiz der 2,5 km lange Scheiteltunnel von 1858 durch einen echten, 8 km langen Basistunnel entlastet. Weitere Beispiele sind der Apennin-Basistunnel, wohl auch der Furka-Basistunnel - welcher jedoch im Ursererntal schon auf über 1.500 Metern über Meer beginnt - und der Lötschberg-Basistunnel. Weitere Basistunnel sind der am 15. Oktober 2010 durchschlagene längste Tunnel der Welt am Gotthard in der Schweiz (57 km, Eröffnung 2017) sowie der in Bau-Vorbereitung stehende Brenner-Basistunnel und die in Bau befindliche Strecke unter dem Mont-Cenis zwischen Frankreich und Italien.

Wendetunnel (Kehr- und Spiraltunnel)

Im Gegensatz zu Tunneln, die ein vorhandenes Hindernis unterirdisch überwinden sollen, haben Wendetunnel eine andere Funktion. Bei der Durchquerung gebirgiger Gegenden kann für alle Verkehrsmittel, speziell aber für die Eisenbahn im schweren Güterverkehr die Steigung zum Problem werden. Dieses kann unter Umständen durch die geschickte Anordnung langer Rampen umgangen werden, was insbesondere in den USA weit verbreitet ist. Bei generell sehr steiler Topografie sind hingegen einschneidendere Maßnahmen nötig: Entweder müssen entsprechend große Steigungen in Kauf genommen (und technisch bewältigt) werden, oder die Strecke muss zur Begrenzung der Steigung künstlich verlängert werden.

Im ersten Fall muss das Prinzip der Adhäsion entweder besonders stark ausgereizt oder durch ein adhäsionsunabhängiges System der Zugkraftübertragung (etwa mittels Zahnrad und Zahnstange, Seilwinden oder Linearmotoren) ersetzt bzw. ergänzt werden. Im Personenverkehr sind die mit dem Adhäsionsprinzip beherrschbaren Neigungen wesentlich größer als allgemein angenommen. So erreicht etwa die Straßenbahn von Lissabon Werte bis 135 Promille. Zahnradbahnen und erst recht Seilwinden sind mit erheblichen betrieblichen Nachteilen verbunden. Der Einsatz von Linearmotoren für den Antrieb ansonsten herkömmlicher Eisenbahnen wurde in den 1970er-Jahren erprobt und findet unter der Bezeichnung Advanced Rapid Transit (ART) bei einer Reihe von Stadtbahnen in Kanada, den USA, Malaysia und Südkorea Anwendung.

Künstliche Streckenverlängerungen lassen sich entweder durch Spitzkehren oder durch Linienführungen mit Schleifen und/oder Spiralen erzielen. Letztere haben sich weitestgehend durchgesetzt, da sie einen flüssigen Betrieb mit relativ hohen Geschwindigkeiten (in der Größenordnung von 75 bis 100 km/h) erlauben.

Kreiskehrtunnel der Albulabahn

Beispiele einer offenen Linienführung mit 180°-Drehung sind die Blauseekurve der BLS und die Horseshoe Curve in den USA. Offene 360°-Drehungen sind etwa am Kreisviadukt der Berninabahn bei Brusio und beim Tehachapi Loop in den USA anzutreffen. Ein Beispiel aus Deutschland ist die Rendsburger Schleife.

In den meisten Fällen erfordern die topographischen Verhältnisse aber eine Tunnellösung. Tunnel, in deren Verlauf die Fahrtrichtung eine Ablenkung bis ungefähr 270° erfährt, werden als Kehrtunnel bezeichnet, solche mit größeren Drehwinkeln als Spiraltunnel oder Kreiskehrtunnel.

Aufgrund der örtlichen Verhältnisse (Krümmungen des Talverlaufs, Einmündungen von Seitentälern) ergibt sich in der Praxis eine Vielfalt möglicher Ausprägungsformen. So beschreiben viele Kehrtunnel im Berg zuerst eine 270°-Drehung, um anschließend mit einer 90°-Gegenkurve in einen gegenüber der ursprünglichen Streckenrichtung um 180° gedrehten Verlauf zu münden.

Das Prinzip des Kehrtunnels gelangte erstmals 1863 beim Bau der Schwarzwaldbahn zur Anwendung. Spiraltunnel gibt es in Deutschland nur einen einzigen, nämlich den 1.700 m langen Großen Stockhalde-Kehrtunnel der Wutachtalbahn („Sauschwänzlebahn“). In den Alpen finden sich Kreiskehrtunnel etwa an der Tenda-, Gotthard-, Simplon- und Albulabahn. Auf dem Balkan verfügt die Rhodopenbahn in Bulgarien über mehrere Kehrtunnel.

(vgl. Liste der Kehrtunnel)

Unterwassertunnel

Südportal des Seikan-Tunnels
Seikan: Nothaltestelle Yoshioka-Kaitei, 150 m unter Meeresspiegel

Unterwassertunnel dienen der Unterquerung von Gewässern. Bekannte Beispiele sind der Seikan-Tunnel mit einer Länge von 54 Kilometern (davon 23 unter dem Meeresboden), der 50 Kilometer lange Eurotunnel, der über 38 Kilometer unter dem Boden des Ärmelkanals verläuft, der unterirdische Teil der Öresundverbindung, der Tunnel unter dem Großen Belt und die sieben Kilometer lange Unterquerung der Severn-Mündung zwischen England und Wales.

Der Seikan-Tunnel war bis zum Durchschlag des Gotthard-Basistunnels der längste Tunnel der Welt.

Betriebliche Probleme längerer Tunnel

Beim Betrieb langer Eisenbahntunnel kommt es zu verschiedenen Erscheinungen, die allgemein als Tunnelproblem bezeichnet werden. Diese entstehen in erster Linie durch den begrenzten Raum des Tunnels und der dadurch eingeschränkten Luftmenge, sowie deren ungenügende Zirkulation. Die größten Probleme treten bei thermischen Fahrzeugen auf, also bei Dampflokomotiven und Lokomotiven mit Verbrennungsmotor (z. B. Diesellokomotiven). Weitere Probleme ergeben sich in der Bergung und Evakuierung von Personen und dem Einsatz von Rettungsmitteln nach Unglücksfällen im Bahnbetrieb.

Das „Tunnelproblem“ des Dampfzeitalters

Tunneltemperatur

Die Temperatur wird vor allem in Tunneln mit mächtiger Gebirgsüberdeckung zum allgemeinen Problem. Denn durch die Geothermie wird es immer wärmer, je tiefer der Tunnel unter der Erde liegt. Dies hat zur Folge, dass die Temperatur im Tunnel viel höher sein kann als außerhalb des Tunnels. Temperaturen über 40° Celsius werden in Basistunneln problemlos erreicht. Dieser Temperatursprung im Zusammenhang mit der relativ hohen Luftfeuchtigkeit stellt schon im Grundsatz hohe Anforderungen an das Rollmaterial, denn durch die hohe Umgebungstemperatur wird die Abgabe der Leistungswärme der Fahrmotoren erschwert. Dieses Grundproblem wird zusätzlich verstärkt, da durch den begrenzten Querschnitt des Tunnels auch keine große Luftmenge zur Aufnahme dieser Wärme zur Verfügung steht. Dies kann trotz niedriger Tunneltemperatur selbst zum Problem werden. Vor allem bei Diesellokomotiven kann es in einspurigen, steigungsreichen Tunneln problematisch werden, denn ihre Motoren benötigen unter Volllast viel Kühlluft, das heißt, sie bedürfen einer großen Kühlleistung. Dieses Problem verstärkt sich besonders, wenn sich mehrere Motoren hintereinander im Zug befinden. Hier steigt die Temperatur der Ansaugluft von Motor zu Motor steil an. So wurden bei der Dreifachtraktion der Krauss-Maffei ML 4000 C'C' in den Steigungen der Rocky Mountains, bei der Ansaugluft des 6. Motors Temperaturen von über 95 °C gemessen.[9]

Sauerstoffproblem

Da durch den Tunnelquerschnitt nur eine begrenzte Menge an Sauerstoff zur Verfügung steht, nimmt dieser beim Einsatz thermischer Fahrzeuge tendenziell ab. Der verminderte Sauerstoffgehalt der Luft nimmt direkt auf den Verbrennungsvorgang Einfluss, dadurch sinkt die Leistung der Fahrzeuge. Daneben können auch das Personal und die Fahrgäste durch Sauerstoffmangel gefährdet sein. Für diese ist aber das Kohlenmonoxidproblem die größere Gefahr.

Durch die unvollständige Verbrennung in Dieselmotoren kann auch Kraftstoff in die Abgasanlage gelangen, welcher sich beim Verlassen des Tunnels durch den nun wieder vermehrt zur Verfügung stehenden Sauerstoff entzündet. Dieses Problem des Kraftstoffes in der Auspuffanlage trat unter anderem bei den ersten sechs Maschinen der Krauss-Maffei ML 4000 C'C' auf.[9]

Vergiftungsgefahr durch Kohlenmonoxid

Dieses Problem hängt zum Teil direkt mit dem Sauerstoffproblem zusammen. Denn durch den verminderten Sauerstoffgehalt wird die unvollständige Verbrennung gefördert und es entsteht dadurch vermehrt Kohlenstoffmonoxid statt Kohlenstoffdioxid. Da es sich hierbei um ein giftiges Gas handelt, kann dies sehr schnell lebensbedrohlich werden. Das Problem tritt am häufigsten bei Dampflokomotiven und falscher Brennstoffwahl auf. Aber auch bei Diesellokomotiven können die Abgase zu viel Kohlenstoffmonoxid enthalten.

So ist der Unfall am 4. Oktober 1926 im Rickentunnel auf dieses Problem zurückzuführen. Hier blieb ein Zug im Tunnel stecken, wobei das Zugpersonal und ein Teil der Rettungsmannschaft erstickte.

Sichtproblem oder auch Rauchproblem

Vor allem bei Dampflokomotiven macht der vor dem Führerstand liegende Kamin Probleme, weil er die schädlichen Abgase in die meist offenen Führerstände bläst. Ebenfalls wird dem Lokomotivpersonal die Sicht auf die Tunnelstrecke und damit auch auf die Signale erschwert.

Lösungen

Förderung der natürlichen Belüftung und künstliche Belüftung

Kaiser-Wilhelm-Tunnel mit Belüftungsanlage

Teilweise fördert das Wetter selbst eine verbesserte Belüftung des Tunnels, so herrscht in den meisten Alpentunneln ein steter Luftzug, der vom unterschiedlichen Luftdruck zwischen den beiden Tunnelportalen hervorgerufen wird. Hingegen wird ein quer zur Hauptwetterrichtung liegender Tunnel, mit Scheitelpunkt im Tunnel, fast nicht natürlich belüftet.

Bei gleichmäßig in einer Richtung ansteigenden Tunneln unterstützt der Kamineffekt die natürliche Tunnelbelüftung. Dieser Effekt ist bei Eisenbahntunneln wegen der flachen Neigung eher schwach ausgeprägt.

Zwei nebeneinander liegende einspurige Tunnelröhren, welche nur in einer Richtung befahren werden, belüften sich besser als ein doppelspuriger, in beiden Richtungen befahrener Tunnel.

In Tunnel mit schwacher Überdeckung können auch Abluftkamine eingebaut werden. Dies war während des Dampfzeitalters bei Stadttunneln das normale Vorgehen.

Eine Lösung des Tunnelproblems ist, dass man den Tunnel mit einem Gebläse künstlich belüftet. Die Belüftung kann wegen der hohen Temperatur auch in der Anfangsphase bei elektrifizierten Tunneln notwendig sein.

Elektrische Zugförderung

Die meisten Probleme lassen sich durch Einführung der elektrischen Zugförderung in den Griff bekommen. Dies hat zumeist auch eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit zur Folge und erhält trotz der höheren Kosten deswegen oft den Vorrang.

Weil man im heißen, fast 20 Kilometer langen Simplontunnel Bedenken hatte, ob man die Probleme bei Dampfbetrieb in den Griff bekommen könne, wurde er von Anfang an elektrisch betrieben.

In Amerika wurden die Tunnelstrecken in Baltimore (Howard-Street-Tunnel) und New York (Park Avenue Tunnel sowie Zufahrten zur Pennsylvania Station) elektrifiziert errichtet. Auch der Cascadetunnel der Great Northern Railroad wurde 1909 und der Hoosac-Tunnel 1911 elektrifiziert.

Cab-Forward-Lokomotive

Bei den Dampflokomotiven brachte die Anordnung des Führerstandes an der Spitze der Lokomotive in Tunneln erhebliche Vorteile für die Lokomotivführer. Den Vorteil bei den Cab-Forward-Lokomotiven erkauft man sich aber durch Nachteile bei der Befeuerung und dem Brennstofftransport.

Mit Ölfeuerung bewährte sich das Konzept, dies war aber nicht billig im Betrieb. Cab-Forwards konnten sich dadurch nicht weit verbreiten und blieben Nischenbauarten. Bei der Südadriatischen Eisenbahn war mit den Gattungen Gr670 und Gr671 die größte Anzahl an Cab-Forward-Lokomotiven mit Kohlefeuerung im Betrieb. Die Southern Pacific Railroad, SP beschaffte sich eine größere Stückzahl mit Ölfeuerung. Die SP kaufte insgesamt 244 Cab-Forward-Lokomotiven, die sich auf die Klassen AC-1 bis AC-8 und AC-10 bis AC-12 verteilten.

Einspritzen von Kühlwasser in die Abgase

Diese Technik wird in Nordamerika bei Bahnstrecken mit längeren Tunnelstrecken verwendet. Dabei wird in den Abgasstrom oder in die Kühlerabluft von Diesellokomotiven Wasser gespritzt, um die Wärmeenergie darin an die Wassertropfen zu binden und abzuführen: Ein Liter Wasser kann verglichen mit einem m³ Luft mehr als die vierfache Wärmemenge aufnehmen.

Geänderte Kühlluftansaugung

Normalerweise befinden sich die Lufteintrittsöffnungen für Motor und Kühler so hoch wie möglich, um ein Ansaugen von Fremdkörpern und vor allem Flugschnee zu verhindern. Doch genau dies hat im Tunnel mehr Nachteile als Vorteile, da sich im oberen Bereich auch die Abgase der Motoren und Abluft der Kühler sehr schnell ausbreiten und sich in diesem Bereich, im Gegensatz zur freien Strecke, keine Frischluft befindet. Daher sind bei Lokomotiven, die Strecken mit hohem Tunnelanteil befahren, konstruktive Änderungen erforderlich (Beispiel: Die neuseeländische Klasse DX für den Betrieb durch den Otira-Tunnel). Die meisten dieser Änderungen lösen zwar das Problem der möglichen Überhitzung wegen des Ansaugens von heißer und verbrauchter Tunnelluft nicht endgültig, können aber die Fahrdauer bis zum Erreichen der kritische Grenze der Überhitzung erhöhen, womit sich die problemlos zu befahrenden Tunnellänge erheblich vergrößern kann.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Lüfter der Kühler so anzuordnen, dass man eine größere Luftmenge durch den Kühler bringt. Denn üblicherweise befinden sich die Lüfter für die Motorkühlung bei Diesellokomotiven über dem Kühler und saugen die Luft durch diesen. Um die Wirkung des Kühlers zu verbessern, verlegte man die Lüfter unter die Kühler und presst die Luft durch diese. Die Southern Pacific Railroad bestellte ab 1973 mit den Baureihen SD 45T-2 und SD 40T-2 solche Lokomotiven. Diese werden als „Tunnel Motors“ bezeichnet. Diese Bauweise ist vor allem sinnvoll, wenn entlang einer Strecke mehrere kurze Tunnel aufeinander folgen. [10]

Eine andere Möglichkeit ist die möglichst große räumliche Trennung der Ansaug- und Abluftöffnungen, was auch die Tieferlegung von Ansaugöffnungen von der Dachkante an die Seitenwände nahelegt. Dazu ist natürlich das Ermitteln der Luftströmungen entlang des Fahrzeuges im Tunnel, und vor allem der Verwirbelung der Abluft, sehr wichtig. Wenn man die Kühlluft aus einem Bereich ansaugt, in den noch keine Abluft hingekommen sein kann, ist die Wirkung am effektivsten.

Sicherheitskonzept

Der Notausgang des Günterscheidtunnels

Größere Tunnel mit nur einer Tunnelröhre neuerer Bauart sind mit Notausgängen ausgestattet. Diese Notausgänge führen über Leitern oder Treppen zu Rettungsplätzen im Freien. Hierdurch erhalten Rettungskräfte zusätzliche Zugänge, Personen können dadurch schneller geborgen und evakuiert werden.

Zur Unterstützung der Rettung und Bergung unterhalten die Bahnen Lösch- und Rettungszüge. Diese sind in der Regel mit Geräte-, Sanitäts- und Transportwagen ausgestattet. In regelmäßigen Übungen wird der Einsatz dieser Rettungszüge mit den vor Ort zuständigen Rettungskräften trainiert.

Bei neueren Tunneln sind Systeme vorhanden um die Oberleitung im Falle eines Unglücksfalls im Tunnelbereich ausschalten und bahnerden zu können. In einigen größeren Tunneln stehen Systeme des Behördenfunks, Notbeleuchtungen, Fernsprecher und Löschwasserleitungen zur Verfügung.

Betriebliche Probleme langer Tunnel: Gegenwart

Luftwiderstand

Aerodynamisch optimiertes Tunnelportal am Idsteintunnel

Unter Umständen kann sich auch der gegenüber offenen Strecken deutlich erhöhte Luftwiderstand als Problem erweisen. Der Luftwiderstand im Tunnel ist ein äußerst komplexes, mit Rechenmodellen nur schwer zu erfassendes Phänomen, da verschiedene Prozesse ineinandergreifen. So schiebt einerseits die Stirnfläche des Zuges eine Art „Luftpolster“ in Fahrtrichtung vor sich her (Kolbeneffekt). Andere Luftpakete werden durch den Druckunterschied zwischen Zugspitze (Überdruck) und Zugschluss (Unterdruck) tendenziell am Zug entlang nach hinten „gesaugt“. Beide Strömungen unterliegen einem mehr oder weniger starken Widerstand, je nachdem ob laminare oder turbulente Strömungsmuster vorherrschen. Der resultierende Luftwiderstand hängt somit von Länge, Querschnittsfläche und Oberflächenbeschaffenheit sowohl des Tunnels als auch des Zuges ab. Während sich der Luftwiderstand bei Hochgeschwindigkeitszügen dank aerodynamischer Formgebung bis zu relativ hohen Geschwindigkeiten in erträglichen Grenzen halten lässt, kann es bei Güter- und vor allem bei RoLa-Zügen infolge verwinkelter Oberflächen sehr leicht zu starken Wirbelbildungen und − vor allem bei langen Tunneln und bereits bei mäßig hohen Geschwindigkeiten − entsprechend hohem Luftwiderstand kommen. Für dessen Überwindung muss nicht nur unverhältnismäßig viel Energie aufgewendet werden; diese muss zudem − in Form von Wärme − wieder aus dem Tunnel abgeführt werden.

Druckschwankungen

Sollen lange Tunnel mit hohen Geschwindigkeiten durchquert werden, ist neben dem Energieumschlag auch anderen aerodynamischen Erscheinungen wie etwa den sprunghaften Luftdruckschwankungen bei der Tunneleinfahrt eines Zuges (Tunnelknall) Beachtung zu schenken.

Funktionen

Tunnelportal mit Schießscharten (Tendabahn)
  • Der Pfingstbergtunnel und der Forsttunnel im Verlauf der Schnellfahrstrecke Mannheim–Stuttgart wurden primär aus Umweltschutzgründen gebaut (zur Vermeidung der Trennwirkung der Bahnstrecke) und nicht, um einen Berg zu durchfahren. Sie weisen eine geringe Überdeckung auf und wurden im offenen Vortrieb erbaut.
  • Insbesondere im innerstädtischen Bereich lässt sich der Bau einer neuen Bahn oft nur im Untergrund realisieren, eben im Tunnel. Dies gilt speziell für U- und S-Bahn-Systeme.

Eine Auflistung von Eisenbahntunneln findet man in der Kategorie:Eisenbahntunnel.

Literatur

  • Pierre Brunner: Die Eisenbahnlinien in der Landschaft, insbesondere die Beziehungen zwischen Landschaft und Tunnel, in: Mitteilungen der Geographisch-Ethnographischen Gesellschaft. Zürich, Band 39, 1938–1939, S. 189–222 (Digitalisat)
  • Hartmut Freystein, Martin Muncke, Peter Schollmeier: Handbuch Entwerfen von Bahnanlagen. Linienführung, Oberbau, Ingenieurbauwerke, Tunnel, Personenverkehrsanlagen, Bahnübergänge, Container-Terminals, Schallschutz. 2. Auflage. Eurailpress, Hamburg 2008, ISBN 978-3-7771-0379-2
  • Joachim Seyferth: Das Tunnelbuch. (= Schiene-Photo; Bd. 6). Seyferth, Wiesbaden 2006, ISBN 978-3-926669-06-3

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dürrenberger Eisenbahn, in: Polytechnisches Zentralblatt, 3. Jahrgang (1837), S. 299–300, Digitalisat
  2. M. Breidenstein, Neues Tunnelbauverfahren zur Streckenmodernisierung unter laufendem Betrieb, in: Tunnel 2 /2007
  3. Meldung Kein Achtungspfiff vor Tunnel mehr. In: Eisenbahn-Kurier, Heft 10/1988, S. 43.
  4. a b Martin Muncke: Eisenbahntunnel in Deutschland (Fernverkehr). In: Unterirdisches Bauen in Deutschland (2005), Bauverlag, 2005, ISBN 3-9803390-3-3
  5. Richtlinie Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes an den Bau und Betrieb von Eisenbahntunneln mit Stand vom 1. Juli 2008.
  6. Rettungsausstiege sind der Bahn zu teuer. In: Frankfurter Rundschau. Nr. 101, 2003, 2. Mai 2003, S. 26.
  7. Der Kaiser-Wilhelm-Tunnel wird saniert. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 6/2004, ISSN 1421-2811, S. 250 f.
  8. Das macht die Deutsche Bahn für Sie – jeden Tag!. In: mobil. September 2011, S. 38 f.
  9. a b Jahrbuch des Eisenbahnwesens, 18. Folge, Hestra-Verlag Darmstadt 1967, S. 91-105
  10. Trains, November 2002, S. 86

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